Innovationen und Reproduktionen in Kulturen und Gesellschaften (IRICS) Wien, 9. bis 11. Dezember 2005

 
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Die Tradition des politischen Plakates im Zeitalter des Internets

Sascha Demarmels (Universität Zürich)

 

ABSTRACT:

Politische Werbung gestern und heute

In meiner diachronen Untersuchung von Schweizer Abstimmungsplakaten (1848 bis zur Gegenwart) komme ich mehr und mehr zum Ergebnis, dass sich in der politischen Werbung trotz des enormen Medienwandels nicht sehr viel verändert.

Politische Werbung fand schon immer auf Plakaten und in Zeitungsanzeigen statt, später auch im Fernsehen (soweit dies nicht verboten wurde) und in neuerer Zeit im Internet. Innerhalb der Abstimmungsplakate lässt sich ein Wandel in der formalen Gestaltung ausmachen. Während in früherer Zeit die Tendenz vor allem in Richtung von Textplakaten ging (wenig Bilder/bildliche Darstellungen), setzte sich nach einem Zwischenschritt über die Mischung von Text und Bild die Tendenz zu Bildplakaten fort, in denen nur noch der allernötigste Text vorkommt. Dieser Wandel ist auch vor dem Hintergrund der Entwicklung der Technik zu sehen, denn erst einmal müssen die technischen Voraussetzungen für die Einbindung von Bildern in Plakate gegeben sein. In neuster Zeit ist eine weitere Errungenschaft auf die politischen Plakate gedrungen: Die Animation. Ermöglicht wird sie durch das neue Medium "E-Board". Aber die Nutzung durch politische Parteien und Interessenverbände hat sich noch nicht Flächendeckend durchgesetzt. Betrachtet man den Codewandel vom Textplakat zur Animation, so ist zu berücksichtigen, dass nicht nur die Medienkompetenz des Betrachters, sondern auch jene des Produzenten hochgradig gefordert wird. Heute werden die meisten politischen Kampagnen in die Hände von professionellen PR-Beratern gegeben. Die Themenbehandlung bleibt dennoch stabil: Politische Werbung agiert nach wie vor auf der Ebene der Emotionalisierung.

Das Internet mit seinen neuen und speziellen Vorgaben (offener Zugang, Mischung von verbalem, visuellem und auditivem Code, Aktualität, Interaktivität, Hyperstruktur) wird in seinen Potentialen für politische Werbung kaum ausgeschöpft. Bis auf die offene Verfügbarkeit (Downloads) und in geringem Masse Animationen bleiben die Botschaften im Medienkontext nüchtern. Und dies obwohl das Internet im Vergleich zum Medium Fernsehen von wenigen staatlichen Regulierungen betroffen ist. Was die politische Werbung angeht, hat sich also bisher durch die Neuen Medien nicht viel verändert, sogar die "alten" Plakate sind noch im Einsatz.

Innovations and Reproductions in Cultures and Societies
(IRICS) Vienna, 9 - 11 december 2005

H O M E
WEBDESIGN: Peter R. Horn 2005-08-28