Ehrenschutz: Bundespräsident Dr. Heinz Fischer

KCTOS: Wissen, Kreativität und
Transformationen von Gesellschaften

Wien, 6. bis 9. Dezember 2007

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N.T. – New Testament / Not Testified
Essay zu einem Kalauer, der sich als metaphysisch erweist, sowie dem Niederschlag des Problems u.a. bei Klopstock

Martin A. Hainz (Universität Wien) [BIO]

Email: martin.hainz@univie.ac.at

 


 

ABSTRACT:

Das Kürzel N.T. ist eines, das sozusagen an sich häretisch ist, so häretisch, wie es der Text als solcher immer ist, weil er immer zu solcher Häresie bereit ist. Denn N.T. ist das geläufige Kürzel für das Neue Testament, aber auch für unbezeugte Aussagen bei Nachrichtenagenturen – not testified, non testatum. Beides steht nicht unverbunden nebeneinander; Jesus als „der »erhöhte Herr« ist alles – nicht der »historische Jesus«”(1). (2)

Das Performative ist in der religiösen Rede unvermeidlich, damit aber die Religion durch eine intentio scripturae kontaminiert – die zugleich ihre Hoffnung ist. Ein Fall von N.T. ist, so ließe sich sagen, Benoni, ein eigentümlicher Charakter im Messias Klopstocks. Es ist dies eine der Figuren, die Klopstock dem Geschehen hinzuerfindet – denn jener Benoni, von dem hier die Rede sein soll, kommt in der Bibel in jener Weise nicht vor. Die Basis für seine Fiktion ist ein einziger Bibelvers, der vom Tod einer Mutter unmittelbar nach der Geburt ihres Sohns erzählt: „Da jr aber die Seele ausgieng / das sie sterben muste / hies sie jn BenOni”(3), so heißt es in der Fassung Luthers. Auch wäre auf den Hl. Benno zu verweisen.

Gegeben ist in beiden als Vorlage Klopstocks zu denkenden Fällen jedenfalls ein problematisches Schicksal und eine Form der durch den (Gott-)Vater ermöglichten Wandlung; dies aber in einer Episode, die in der Heilsgeschichte bestenfalls peripher erscheint. Ganz anders ist es bei der Figur dieses Namens im Werk Klopstocks – jene wird im Messias im zweiten Gesang ermordet, um in der Folge Auferstehung mitzuerleben und zu bezeugen: ein exemplarisches Geschick, erdichtet um der gerade auch orthodoxen, geordneten, psychologischen Darstellung willen – eine getreuliche Fiktion neben manch Verstörenderem der Heiligen Schrift und der Überlieferung


1 Franz König: Gedanken für ein erfülltes Leben, hrsg.v. Annemarie Fenzl u. Heinz Nußbaumer. Wien: Styria 2004, S.30
2 cf. auch Martin A. Hainz: N.T. – New Testament / Not Testified. Panel-Einleitung. In: Wissen, Kreativität und Transformationen von Gesellschaften – KCTOS, 2007
3 Biblia / das ist / die gantze Heilige Schrifft Deudsch. Die Luther-Bibel von 1534. Vollständiger Nachdruck Köln: Taschen s.a., Genesis 35,18

 


 

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Wien, 6. bis 9. Dezember 2007