Ehrenschutz: Bundespräsident Dr. Heinz Fischer

KCTOS: Wissen, Kreativität und
Transformationen von Gesellschaften

Wien, 6. bis 9. Dezember 2007

<<< Wissensvermittlung in Asien mittels der deutschen Sprache

 

Der Weg zum Bau eines “Kulturstaates“ –
Die Rolle der „Kultur“ bei der Rezeption der „deutschen“ Kulturwissenschaften in Japan von 1900 bis 1945

Masao Sugiyama (Osaka)

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ABSTRACT:

Im Vergleich zur heutigen amerikanischen Dominanz in der japanischen Gesellschaft war Deutschland wohl das einflussreichste Land für Japan von der Meiji-Ära bis zum Zweiten Weltkrieg in vieler Hinsicht, besonders in politischer oder akademischer. Immer noch lassen sich Zitate von Kant, Hegel oder Heidegger usw. in vielen geisteswissenschaftlichen Veröffentlichungen in Japan ungewöhnlich häufig finden.

Deutschland war lange Zeit ein ideales „Kulturland“ für das zukünftige Japan, das auf Etablierung einer modernen, europäischen Monarchie in Asien zielte. In diesem Sinne war für japanische Eliten die Aneignung europäischen Kulturerbes eine unabdingbare Voraussetzung für ihre politische Orientierung oder ihre Karriere. Ein Kulturstaat ist zu diesem Zweck zur Parole der damaligen Eliten geworden. Dabei entstand um den Anfang des 20. Jahrhunderts eine neue Diskussion über die Kultur, die stark europäisch - genauer deutsch - geprägt ist, wie man etwa in den Werken von Watsuji Tetsuro sehen kann, auch wenn sie keine klare Form einer akademischen Disziplin annahm. Das basierte auf einer interdisziplinären Vorstellung einer Kultur auf Grund von damals benötigten Staatsinteressen Japans. Kulturell hierarchisierte Weltbilder, die Kulturdiskussionen anbieten konnten, waren direkt oder indirekt mit der Legitimierung der Eroberung anderer asiatischen Länder mittels Gewalt verbunden. Die Kulturdiskussion verlor jedoch die ursprüngliche Komplexität der Realität und wurde zu einer reinen Ideologie, die Japan als eine asiatische führende Großmacht positionierte, vereinfacht. Die Kultur musste staatlich und einheitlich sein.

Der Begriff der „Kultur“ wird jedoch immer mehr hinterfragt, seit Kulturforschungen, die den Aspekt der Peripherie hervorheben wie in Kolonial- oder Subkulturforschungen, den Anspruch auf die Bedeutung der lokalen oder untergeordneten Kultur erheben. Dies hat zur Folge, den Begriff „Kultur“ radikal zu relativieren. Deshalb fragt man heute immer mehr, wer überhaupt das Recht hat, über die Kultur eines Staates oder Volkes repräsentativ zu reden, wenn es verschiedene Kulturen in einem „Kultur“raum gibt.

In meinem Referat sollte überlegt werden, wie die Japaner mit Hilfe von deutschen Kultur-Diskussionen ihr neues modernes „europäisches“ Reich kulturell zu begründen und zu gründen versuchten. Es sollten auch diskutiert werden, wie alte lokale Subkulturen dabei durch offizielle einheitliche Ideologien ersetzt wurden.


Ehrenschutz: Bundespräsident Dr. Heinz Fischer

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Wien, 6. bis 9. Dezember 2007