Ehrenschutz: Bundespräsident Dr. Heinz Fischer

KCTOS: Wissen, Kreativität und
Transformationen von Gesellschaften

Wien, 6. bis 9. Dezember 2007

<<< Ordnung im Übergang. Das Farbwort Blau im modernen Gedicht

 

“wie ein enzianblaues kleid”: Das Farbwort Blau in H. C. Artmanns Lyrik

Marc-Oliver Schuster (Universität Wien)

Email: schuster@chass.utoronto.ca

 


ABSTRACT:

Das lyrische Werk von H. C. Artmann erstreckt sich über ein halbes Jahrhundert und umfasst in seiner stilistischen Vielfalt unterschiedliche Gattungen und Formtraditionen. Die Frage nach dem Wert des Farbwortes Blau erfordert neben der textimmanenten Funktionsbestimmung die Berücksichtigung der jeweiligen Textzusammenhänge einschließlich kulturgeschichtlicher Werte der Farbe Blau. Artmanns intertextuelle Arbeitsweise lädt zahlreiche seiner Blau-Versionen mit zusätzlichen Bedeutungen auf, die sich nicht nur auf deutschsprachige und europäische Literatur- und Kultursysteme beziehen (z.B. christliche Symbolik, Symbolismus, Surrealismus), sondern auch außereuropäische Deutungssysteme integrieren (z.B. nordamerikanische Lyrik und Mythen). Zudem situiert sich Blau in Artmanns Werk im verbindlichen Rahmen einer radikalen Autonomie-Poetik (“dichtung um der reinen dichtung willen”). Der Wortgebrauch von Blau unterliegt damit komplexen Verweisen zu alltagsüblichen, literarischen und allgemein-kulturellen Ordnungszuschreibungen, wobei diese Verweise in den jeweiligen Textzusammenhängen oft ordnungsüberschreitend wirken. Als spezifisch moderne Geste zeigt sich das Zusammenspiel von Ordnung und Überschreitung gerade in solchen ästhetischen Bedeutungen des Farbwortes, wo Artmann die christliche Blau-Symbolik, etwa in Gestalt der Jungfrau Maria, in Richtung auf eine textzentrierte, strukturalismusnahe Kunstautonomie umdeutet.

 


 

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