Das Verbindende der Kulturen

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Apocalypse Now? Eschatologische Tendenzen in der Gegenwartsliteratur

Uwe Steiner (Rice University, Houston, USA)
Apocalypse - not yet. Joseph Conrad - Thomas Mann - Francis Ford Coppola

Die Schlußszene aus Francis Ford Coppolas 1979 uraufgeführtem Film Apocalypse Now dient als Ausgangspunkt einer komparatistischen Lektüre, die Coppolas Film zu zwei Erzählungen in Beziehung setzt: zu Joseph Conrads Heart of Darkness und zu Thomas Manns Das Gesetz.

Bekanntlich gilt Conrads gegen Ende der 19. Jahrhunderts erschienene Erzählung als die wichtigste literarische Vorlage des Films. Demgegenüber scheint wenigstens auf den ersten Blick nichts Thomas Manns biblische Nacherzählung mit Coppolas Film zu verbinden, selbst wenn man bedenkt, daß ein Filmprojekt den Anlaß zur ihrer Niederschrift im Jahre 1943 gab.

Die entscheidende Gemeinsamkeit läßt sich daraus ersehen, daß die beiden Erzählungen und der Film erzählerisch in die Abgründe der Zivilisation eintauchen. Ihre narrativen Erkundungen fördern ganz ähnliche Einsichten zutage, denen sie auf je spezifische Weise Gestalt geben. Die Gewalt, die sie am Ursprung der Zivilisation entdecken, scheint zugleich deren Ende vorzuzeichnen. In dieses apokalyptische Licht jedenfalls ist die jeweilige Gegenwart getaucht, zu der unmittelbar Bezüge hergestellt wird: Thomas Mann richtet den alttestamentarischen Fluch seines Mose wörtlich an die deutschen Radiohörer im vom alliierten Bombenkrieg heimgesuchten Hitler-Deutschland. Conrad versetzt den Erzähler seiner autobiographisch inspirierten Geschichte über die Greuel des europäischen Kolonialismus in Afrika in dessen imperiale Hauptstadt London zu Beginn des Jahrhunderts. Und Coppola konnte gegen Ende desselben Jahrhunderts wohl keinen passenderen Schauplatz als Vietnam finden, um Conrads Erzählung in seine Gegenwart zu übersetzen.

Diesen Gemeinsamkeiten zum Trotz sind, wie zu zeigen sein wird, die medialen Differenzen zwischen traditioneller und Filmerzählung nicht weniger bedeutsam.

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