Das Verbindende der Kulturen

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Sprachenvielfalt, kultureller und literarischer Kontakt im Europa des Mittelalters - abschreckendes Beispiel oder Vorbild für die Gegenwart?

Holger Klatte (Otto-Friedrich-Universität Bamberg)
Anfänge des Deutschunterrichts - Lehrbücher für Tschechen aus der frühen Neuzeit

In den Ländern Mittel- und Osteuropas hatte die deutsche Sprache jahrhundertelang eine besondere Stellung inne. Die Geschichte der intensiven Beziehungen zwischen Deutschen und ihren östlichen Nachbarn begann bereits im 11. Jahrhundert, als deutschsprachige Kaufleute, Bauern und Handwerker einwanderten, um Handel zu treiben oder sich dort niederzulassen.

Gerade die böhmischen Länder geben ein gutes Beispiel für die Stellung des Deutschen ab, das bei der Gründung von Städten in der Verwaltung und am Hof eine wichtige Rolle spielte. Das führte dazu, daß große Teile der Bevölkerung zweisprachig wurden. Das Deutsche wurde auch im alltäglichen Umgang der Menschen wichtig, man trieb Handel miteinander - es entstanden Ausgleichvarietäten. Darüber hinaus bestanden umfangreiche Handelsverbindungen in den deutschsprachigen Raum (Prag - Nürnberg -Wien). Es gab demnach für Tschechen Bedarf an Kenntnissen des Deutschen (übrigens umgekehrt auch für Deutsche des Tschechischen), auch wenn diese nicht durch das familiäre Umfeld erworben wurden.

Das Referat beleuchtet den Aspekt des Fremdsprachenerwerbs seit dem 15. Jahrhundert. Aus dieser Zeit sind die ersten schriftlichen Materialien zum Deutschunterricht für Tschechen erhalten. Es handelt sich um zwei- oder mehrsprachige Lehr- und Gesprächsbücher, die das Deutsche und Tschechische miteinander verbinden. Es soll gezeigt werden in welchen gesellschaftlichen Domänen es erforderlich war, eine Fremdsprache zu lernen, welche Personen(gruppen) Unterrichtsmaterialien aus welchen Gründen verwendeten und nach welchen Methoden im Unterricht dabei vorgegangen wurde. Fremdsprachenlehrer der frühen Neuzeit waren erstaunlich fortschrittlich. Sie kannten bereits die kontrastive Vorgehensweise, legten phonetische Probleme dar und wußten die Vorzüge eines Auslandsaufenthalts oder des Tandemunterrichts zu schätzen.

Nicht die lingua franca Latein war demnach allein das über die Sprachgrenzen hinweg verbindende Medium der frühen Neuzeit. Die Volkssprachen hatten einen höheren Stellenwert als häufig vermutet wird und wer sie nicht beherrschte, hatte Möglichkeiten sie zu erlernen.

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