Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 12. Nr. Januar 2002

Das Trinser Konzept grenzüberschreitender Kooperationen

Kurt Wallasch (Trins)

 

Der Inhalt meines Referates sind nicht hauptsächlich wissenschaftlich fundierte Fakten, sondern vielmehr die Zusammenfassung von Gefühlen, Bedenken, Ängsten und Erfahrungen im Zusammenhang mit der Entwicklung des Dorfes, des Tales und der Region. Sie basieren auf Beobachtungen, Gesprächen mit vielen Personen verschiedenster Nationalität und gesellschaftlicher Stellung und persönlichen Eindrücken.

Um unser Konzept der "grenzüberschreitenden Kooperationen" näher zu erläutern, muss ich doch etwas ausholen.

Die Qualität eines Tourismuslandes, aber auch einer Tourismusgemeinde zeigt sich im Funktionieren der Zusammenarbeit zwischen Touristikern und jenen Leuten, die schon unendlich viele Jahre für die Pflege der Landschaft und Tiere, sowie für das Erhalten der Kultur verantwortlich waren - der bäuerlichen Bevölkerung. Gäbe es diese Leute nicht, würde es auch keinen Tourismus in der Form geben, wie er von unseren Gästen gewünscht wurde und immer noch gewünscht wird.

Sicher, die Zeiten und die Ansprüche der Gäste haben sich geändert und ändern sich immer wieder. Aber auch im Wandel der Zeit mit dem sich immer wieder ändernden Gästeverhalten zeigt sich immer wieder, dass ein paar Tage in einer funktionierenden Natur (nicht in einer künstlich erzeugten "Freizeitwelt") wirkliche Erholung bedeuten.

Die bäuerliche Bevölkerung und die Hirten und SennerInnen haben ihre eigene Kultur (heute kurz Brauchtum genannt) entwickelt, die oft auch heute noch nicht - oder besser nicht immer - die Wertschätzung erhält, die sie verdient. Wochenlang, oft sogar monatelang allein mit Gottes Werk, allein mit sich, den Tieren und der immer wieder erbarmungslosen aber auch unendlich herrlichen Natur. Immer darauf bedacht, Tiere und Landschaft zu pflegen, oft um des Überlebens willen. Und diese Jahrhunderte anhaltende Entwicklung prägt natürlich das Denken und Handeln des Menschen - auch hier im Tal, hier im Dorf.

Der Tourismus hat dann - nicht nur hier im Tal - die Menschen und Strukturen verändert. Mit dem Tourismus kamen nicht nur positive Entwicklungen und Geld, sondern auch Leistungsdruck, Konkurrenz und die Tatsache, dass nichts mehr ist, wie es einmal war. Eine interessante und vor allem rasante Entwicklung, deren Folgen nicht absehbar waren und wohl noch immer nicht absehbar sind. Aber eine Entwicklung, die vieles von früher vergessen ließ. Eine Entwicklung, die nicht für jeden gleich verlaufen ist und vor allem die bäuerliche Bevölkerung in ein Wechselbad der Gefühle riss.

Und diese Entwicklung hat hier im Gschnitztal nicht unbedingt den Lauf genommen, der vielleicht logisch und "vorprogrammierbar" war. Die bäuerliche und klein- und kleinstgewerbliche Struktur, aber vor allem die Weitsicht (manchmal auch als Sturheit oder Unwissenheit bezeichnet) der politischen Entscheidungsträger der letzten 30 Jahre hat die "touristische" Entwicklung verlangsamt. Geblieben ist eine Natur als Kulturlandschaft, gelebte Tradition und eine funktionierende bäuerliche Struktur. Schätze, deren Bestand und Wert wir nicht hoch genug einschätzen können.

Auch die Gäste wussten und wissen es zu schätzen. Bis 1995 waren die gewerblichen und privaten Betten sehr gut belegt. Trins konnte jährlich ungefähr 100.000 Nächtigungen verzeichnen. Und das bei ca 1.200 Gästebetten (übrigens liegt Trins auf ca. 1.200 m Seehöhe und hat ca 1.200 Einwohner). Erstmals gingen 1996 die Nächtigungen relativ stark zurück und sanken dann 1997 auf ein Rekordminus.

Was war die Ursache? An der Natur konnte es nicht liegen. Die Einheimischen waren auch alle freundlich? Die Qualität der Unterkünfte und das Angebot an natürlichen Produkten auf dem Speiseplan der Restaurants hat sich auch nicht wesentlich geändert? Ganz im Gegenteil, es wurde viel in die Infrastruktur der Vermietenden investiert.

Ursache war ganz einfach das Gästeverhalten, die Altersstruktur der Gäste, die Globalisierung in Form günstiger Flugpreise und vor allem die große Konkurrenz anderer Orte in Tirol, bzw. überhaupt im Alpenraum, die mit wesentlich mehr Infrastruktur als wir hier im Gschnitztal aufwarten konnten. Eine weitere Ursache des Rückganges war die Möglichkeit der Gäste, sich "virtuell" über das Internet zu informieren; und dabei sind sie wohl draufgekommen, dass es neben Trins, dem Gschnitztal, dem Wipptal noch viele andere schöne Orte und Täler im Alpenraum gibt. Und unsere Zeitungseinschaltungen hat dann auch niemand mehr gelesen. Ein bisschen haben wir wohl die rasant fortschreitende Entwicklung verschlafen.

Geld für riesengroße Investitionen in Infrastruktur war natürlich auch nicht vorhanden. Der Tourismus ist aber hier die einzige wirkliche Einnahmequelle. Also waren wir gezwungen, uns etwas zu überlegen. Aber was? Zuerst war es einmal wichtig, Kräfte und Wissen zu bündeln und bei allen Überlegungen die bäuerliche Bevölkerung mit einzubinden. Das beste Konzept hilft nichts, wenn nicht der Großteil der Bevölkerung mit ihren Strukturen (Gemeinde, Vereine usw.) dahintersteht.

Wir haben uns gemeinsam 1997 das Ziel gesetzt, einen Qualitätstourismus mit der Landschaft und der Kultur zu schaffen. Wir haben dann erstmals gemeinsam ein Konzept - ein sogenanntes touristisches Leitbild - mit dem Namen "Familiendorf" Trins erstellt und ausführlich diskutiert. Natürlich mit Argumenten und Gegenargumenten, mit heißen Diskussionen an den Stammtischen, mit den üblichen Interventionen pro und kontra vermeintlich unveränderbarer Strukturen.

Aber wir waren uns einig, dass wir nicht einen nächtigungsabhängigen, sondern einen wertschöpfungsorientierten Tourismus wollen. Unter den Überlegungen war die Frage ob es notwendig sei, auf jeden Trend "koste es was es wolle" aufzuspringen oder sinnvoller, mit neuen Ideen einen ökologisch, ökonomisch und soziologisch orientierten qualitätsvollen und nachhaltigen Tourismus zu "produzieren". Also einen Tourismus, der uns das Leben und nicht nur das Überleben sichert, einen Tourismus, der die Gefühle der ländlichen Bevölkerung berücksichtigt und nicht an ihnen vorbeigeht. Einen Tourismus, der darauf ausgerichtet ist, die Sozialstrukturen im Ort zu erhalten und das "Dorf" nachhaltig leben zu lassen.

Der Verkauf um jeden Preis bewirkt aufgrund mangelnder Wertschöpfung den langsamen, aber sicheren Verfall der Infrastruktur eines Dorfes. Jeder Betrieb wird zwangsläufig aufhören zu existieren, wenn die Wertschöpfung nicht mehr vorhanden ist. Und man kann keinem Kind z.B. zumuten, dass es den Betrieb der Eltern übernimmt, wenn er mit ansehen muss, wie die Eltern Tag und Nacht arbeiten und sich am Schluss ihres Arbeitslebens nicht einmal einen gesicherten Ruhestand leisten können. Und das wiederum bewirkt ein langsames Zusperren der Betriebe, vor allem jener für die Nahversorgung. Und mit dem Verfall der Infrastruktur bleiben dann die Gäste von selbst weg, was wiederum bewirkt, dass keine neue Infrastruktur aufgebaut werden kann (es fehlt ja dann die Einnahme aus dem Tourismus) und somit das Sozialgefüge des Dorfes kippt. Wer wohnt schon gerne in einem Hotel, das wohl jede Infrastruktur hat, das aber in einem "Geisterdorf" (Wohndorf) angesiedelt ist.

Das waren unsere Gedanken, und etwas neidisch blickten und blicken wir über die Grenzen zu unseren südlichen Nachbarn. In den Dörfern dort gibt es ein funktionierendes Sozialgefüge mit Nahversorgung wie Metzger, Bäckerei, Lebensmittel, Mechaniker usw.). Einkaufszentren entstehen nur außerhalb, weit außerhalb der Dörfer oder in größeren Städten. Haben die andere Vorstellungen von Raumordnung?

Das waren eigentlich die Überlegungen, eine selbst auferlegte Verantwortung und das Signal für uns, etwas (wie man heute gerne sagt) "anders" zu machen.

Dieses Konzept "Familiendorf" sah die Spezialisierung auf Familien (das macht ja heute fast jeder Ort) und die gleichzeitig intensive Einbindung der bäuerlichen Bevölkerung in eine Veranstaltungsstruktur nach dem Prinzip "Zurück zu den Wurzeln" mit dem Titel "NATUR & LEBEN" und "Begegnungen" vor. Und dem Bereich Begegnungen kommt hier eine ganz besondere Bedeutung zu. Es sollten Begegnungen mit fremden Kulturen werden, die die eigene Kultur aus dem Dornröschenschlaf wecken, ihr neues Leben geben.

Wichtig war uns, einen Tourismus zusammen mit den Einheimischen (mit der Gemeinde, mit den Bäuerinnen und Bauern, mit den Vereinen, mit der Jugend und allen interessierten Privatpersonen) und nicht an Ihnen vorbei zu entwickeln.

Und genau dieses "Miteinander" fehlt eigentlich in sehr vielen Tourismuskonzepten.

Eine Trennung, hier Tourismus - dort Landwirtschaft und Kultur ist kontraproduktiv und war daher nie eine Thema. Auch zu "NATUR & LEBEN" wurde ein (schriftliches) Konzept erstellt, das eigentlich aus "Bildern im Kopf" bestand, die zu Papier gebracht wurden.

Von Anfang an war geplant, mit der ersten Veranstaltung der Reihe "NATUR & LEBEN", der "Natur-Kreativ-Woche" eine Veranstaltung für die einheimische Bevölkerung zu organisieren, auch, um sie für die zweite Veranstaltung, das "Internationale Hirten- & Sennerforum" zu sensibilisieren und aufzuzeigen, dass Tourismus und Landwirtschaft kein Gegensatz sein muss und der Tourismus (als Organisation, die ja auch aus Einheimischen besteht) sehr wohl auch etwas für die Einheimischen, auch für die Bauern machen kann - womit umgekehrt auch die Bereitschaft zu mehr Kooperation eher vorhanden ist.

Die seit 1998 alljährlich im Juni stattfindende "Natur-Kreativ-Woche" steht unter dem Motto: "der Natur auf eine etwas andere Art auf der Spur". Um es am Beispiel der "Natur-Kreativ-Woche" 2001 zu beschreiben: Wanderungen, wie z.B. eine "Bergmahd"-Wanderung oder eine "Sternenhimmel"-Wanderung, ermöglichen neue Blicke auf und eine intensive Auseinandersetzung mit Kulturlandschaften und Naturschauspielen. Die Kultur kommt auch im Bereich der Musik (z.B. bei einer "Musikantenhoangarscht") oder der Küche (neben den vielen Möglichkeiten, Köstlichkeiten der Region zu verkosten, gibt es auch Einführungen in verschiedene Künste der Küche, wie z.B. ins Kräuterbrotbacken) nicht zu kurz.

Mit der 2. Veranstaltung des Projektes "NATUR & LEBEN", dem "Internationalen Hirten- und Sennerforum", das jeweils im September stattfindet und 2001 bereits die 4. "Auflage" erlebt, wollten wir ein Stück Kultur, Menschlichkeit und Emotionen zurückholen. Ein Treffen von Hirten und Sennern/Sennerinnen, Schäferinnen und Schäfern, Bäuerinnen und Bauern aus allen Teilen der Welt, um deren Philosophie des Lebens und Überlebens zu hören und daraus zu lernen, ist in ein vielfältiges Programm eingebettet, zu dem alle Interessierten eingeladen sind.

Bei beiden Veranstaltungen haben wir (die Projektmannschaft bestehend aus Gemeindefunktionären - wir haben Gott sei Dank mit Alois Mair, der sogar botanisch versiert ist, einen Bürgermeister und einen Gemeinderat, der voll hinter den Initiativen steht -, Tourismusfunktionären, bäuerlichen Organisationen, Vereinsvertretern und interessierten Privatpersonen) darauf geachtet, keinen Kitsch einfließen zu lassen und trotzdem interessante und lustige Programme zu organisieren.

Und wir konnten und können unsere eigene Kultur in allen Facetten den "Fremden", den Gästen, aber auch den Einheimischen zeigen. Es ist so eine Motivation für die Erhaltung der eigenen Kultur.

Beim Einladen der Hirten und Senner, Bäuerinnen und Bauern, Schäferinnen und Schäfer haben wir immer bewusst sogenannt ärmere und sogenannte reichere Länder eingeladen. Wir wollten und wollen ganz bewusst dieses Aufeinandertreffen und die damit verbundenen Emotionen und Widersprüche provozieren. Zum einen natürlich, um Diskussionen in Gang zu bringen, zum anderen natürlich auch aus marketingtaktischen Gründen.

Was im ersten Augenblick durch die Einladung "ärmerer Gäste" nicht gerade durch Wertschöpfung glänzt, ja eigentlich einen eklatanten Gegensatz zum wertschöpfungsorientierten Tourismus darstellt - wir werden kaum Gäste aus Ländern wie Kirgisien oder Peru bei uns als "zahlende" Gäste begrüßen dürfen -, zeigt sich beim zweitem Hinsehen als durchaus zukunftsweisend und wertschöpfungsorientiert. Zum ersten bewirkt die Anwesenheit solcher Nationen, eine ungeahnte Steigerung der zweifellos noch natürlich vorhandenen Gastfreundschaft der heimischen Bevölkerung gerade gegenüber diesen Leuten. Zum zweiten entwickelt diese Gastfreundschaft Emotionen und eine Atmosphäre, die nicht gespielt, sondern ehrlich, einzigartig und herzlich ist. Eine Atmosphäre, die niemanden "kalt" lässt und die dann wieder das "Markenzeichen" dieser Veranstaltung und unsere Botschaft nach außen ist. Dieser Multiplikator hat dem kleinen Ort Trins in den vergangenen 3 Jahren insgesamt 500 redaktionelle Berichte in deutschsprachigen und internationalen Medien (Printmedien, Radio und TV), österreichweite Preise und Anerkennungen (auch im Marketingbereich) und unter anderem einen Preis vom Land Tirol, der Tirol Werbung und dem ORF für "besondere Gastfreundschaft" eingebracht. Und hier sehe ich persönlich einen Teil der Nachhaltigkeit. Es lässt sich auch ohne Kitsch und "Trendjumping" Tourismus machen.

Ziel der Veranstaltungsreihe und des Gesamtkonzeptes war es auch, Synergien zu schaffen. Synergien durch die Kontakte mit den eingeladenen Ländern, Kontakte mit "ähnlich" denkenden Leuten, Kontakte mit Wissenschaftlern und Organisationen. Wir wollten und wollen im Gespräch bleiben und die entstandenen Kontakte zu nutzen - was z.B. mit dem Filmfestival und Kulturseminar "Bauern im Film", das heuer bereits zum dritten Mal in Trins stattfinden wird, und die jetzt stattfindende Konferenz Auswirkungen zeigt.

Zudem durften wir letztes Jahr die Jahresfachtagung der CIPRA (Alpenschutzkommission) Österreich bei uns begrüßen und waren mit unseren Krippen (Krippen des Krippenbauvereines Steinach-Trins) zu Gast in Cesenatico in Italien. Gleichzeitig konnten wir mit unserer Philosophie international tätige ökologisch orientierte Reisebüros davon überzeugen, uns kostenlos in ihr Programm aufzunehmen.

Grenzüberschreitende Kooperationen, Gespräche und Erfahrungsaustausch öffnen uns manchmal die Augen und manchmal auch den Mund (den wir dann nicht so leicht wieder zubekommen). Um nochmals kurz auf die Veranstaltungsreihe "Natur & Leben" zurückzukommen. In all den Jahren gab es mit niemanden einen Vertrag. Wort und Handschlag ersetzen hier Brief und Siegel.

Ebenfalls hervorzuheben ist eine Synergie innerhalb des Ortes, die "global" betrachtet eigentlich auch grenzüberschreitend ist. Die "Trinser" haben ihre eigene Website im Internet (http://www.trins.at), die nicht nur den Tourismus umfasst, sondern neben den Infos über Gemeinde und Vereine mit dem "Bauernklick" einen eigenen Schwerpunkt für die ländliche Bevölkerung hat, der noch ausgebaut werden wird. Und dass sich Tradition und Informationstechnologie gegenseitig nicht unbedingt ausschließen müssen, zeigt auch die Bereitschaft der Bevölkerung, das Medium Internet zu nutzen und "ihre" Homepage auch ungewöhnlich zu bewerben.

Die Veranstaltungsreihe und das Konzept sind gewachsen. Ich habe das Gefühl, dass es nicht mehr "meine" Veranstaltung, mein Konzept ist, sondern die Veranstaltung des Dorfes - und ich darf sozusagen die Organisation machen. Und ich bin glücklich über diese Entwicklung. Es ist ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung hinter diesen Initiativen steht und aktiv mitgestaltet.

Die durchaus angenehmen Nebenerscheinungen dieser Bemühungen aller Kräfte im Ort bzw. im Tal zeigt ein kräftiges Nächtigungsplus gegenüber dem Jahr 1997 in Trins im Jahr 1998 (ca. 20 %) und immer noch Nächtigungssteigerungen von ca 8 % in den Jahren 1999 und 2000. Und im Gegensatz zu anderen Orten haben wir auch eine Zunahme an Kleinvermietern und Gewerbebetrieben zu verzeichnen.

Ein riesiges Problem stellt nicht die Organisation derartiger Konzepte und Veranstaltungen dar, sondern die Finanzierung. Während z.B. das Land Tirol derartige Initiativen nicht nur logistisch und organisatorisch, sondern auch finanziell stark unterstützt, fehlt die Akzeptanz für den Versuch eines nachhaltigen ökonomisch, ökologisch und soziologisch orientierten Tourismus sehr oft in den eigenen Reihen (sprich: angeblichen Tourismusexperten mit wenig Gefühl für die Gefühle der Bevölkerung aber auch der Gäste) und leider auch an der Bereitschaft größerer Tiroler Firmen und Organisationen (interessanterweise gerade solcher, die von der Arbeit der bäuerlichen Bevölkerung direkt oder indirekt profitieren) finanziell zu unterstützen. Ein Lob dagegen den kleinen und kleineren Betrieben in der Region, die den Wert derartiger Initiativen erkennen und diese auch mit Geldmitteln fördern. Jeder, der eine solche Initiative "ehrenamtlich" startet, weiss nachher genau, wie sich ein "Bettler" fühlt, egal welchen Beruf er ausübt und ob er es überhaupt notwendig hat, betteln zu gehen. Die Erfahrungen sind manchmal erniedrigend.

Trotzdem werden wir versuchen, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Wir wollen kein reines Wohndorf werden, in dem keiner keinen kennt, in dem die sozialen Strukturen langsam, aber sicher verschwinden, und in dem das "Dorf" aufhört zu leben.

Wir wollen nicht nur überleben, sondern leben. Mit der Natur und in der Natur. Wir wollen nicht nur Wohnqualität, sondern Lebensqualität. Und dafür lohnt es sich, Zeit und Geld zu investieren. Das sind wir unserer Natur, unserer Kultur, der Bevölkerung, aber vor allem unseren Kindern schuldig.

"Wellness-Zentren", Golfplätze und künstliche Welten entstehen rundherum und sind sicher in vielen Fällen von enormer touristischer Bedeutung (aber mit Ausnahme der Kristallwelten in Wattens kenne ich in Tirol kein Projekt, das sich wirklich "rechnet"). Wir haben im Gschnitztal ein Stück Natur, um das uns viele beneiden. Unser Wellness-Urlaub beginnt dann, wenn wir und unsere Gäste die Haustüre öffnen und in die Natur unseres herrlichen Tales gehen.

Das Gschnitztal ist eines der letzten unberührten Täler Tirols. Den Weg zur Natur, den Weg in die Natur, den Weg mit der Natur - das wird die Zukunft sein, und wir wissen alle, die Zukunft hat bereits begonnen. Jeder größere künstliche Eingriff in die Natur zur angeblichen touristischen Nutzung in diesem Tal bedeutet einen Schritt in die Vergangenheit. Die Natur lässt sich nicht permanent ausnutzen, aber durchaus ökonomisch nutzen. Und daran sollten wir weiter arbeiten.

© Kurt Wallasch (Trins)

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Zitierempfehlung:
Kurt Wallasch: Das Trinser Konzept grenzüberschreitender Kooperationen. In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. Nr. 12/2002. WWW: http://www.inst.at/trans/12Nr/wallasch12.htm.

TRANS     Webmeister: Peter R. Horn     last change: 13.1.2002     INST