Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 15. Nr. August 2004
 

5.2. Exile and Literature
HerausgeberIn | Editor | Éditeur: Helmut F. Pfanner (Vanderbilt University in Nashville)

Buch: Das Verbindende der Kulturen | Book: The Unifying Aspects of Cultures | Livre: Les points communs des cultures


Die Identität des "exterritorialen Menschen". Hans Sahl zwischen Exil und Diaspora

Andrea Reiter (University of Southampton) [BIO]

 

Armin Wallas gewidmet
 

Das theoretische Interesse an Identität entwickelte sich in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, parallel zu ihrer, bedingt durch die technologische Entwicklung, zunehmenden Komplexität. Obwohl der Diskurs über Identität somit zurecht als ein Phänomen der Moderne gilt,(1) das erst die Post-Strukturalisten beschäftigt, ist die Sache selbst natürlich ein Merkmal unseres Menschseins schlechthin und als solches ein mehr oder minder bewusst wahrgenommenes Problem des Individuums. Während die ältere soziologische Rollen-Theorie noch annahm, dass "a kind of ontological independence of the individual from her/his various roles" bestehe (Calhoun: 13), sehen Derrida und seine Schüler das Individuum als Produkt seiner unterschiedlichen Identitäten. Diese seien sozial konstruiert und nicht natürlich gegeben, also nicht-essentiell. Aufgegriffen und weiterentwickelt wurden diese Standpunkte von der Gay und Lesbian Theory (Calhoun: 14), die ironischer Weise in ihren Überlegungen auch wieder auf den Essentialismus zurückgriff. Dies setzt ihr Theorieverständnis allerdings nicht nur der Kritik aus, sondern wies der Identitätstheorie auch neue Wege: Da unser Weltverständnis nicht ganz ohne die Vorstellung von fixen Identitäten auskomme, sei es nämlich besser, dies selbstkritisch zu reflektieren (siehe dazu Calhoun: 19). In unseren unterschiedlichen alltäglichen Aktionen und Reaktionen sehen wir uns ja nachwievor als einheitliche Persönlichkeiten, können wahrscheinlich auch nur deshalb als soziale Wesen bestehen. Im folgenden wollen wir daher nicht nur davon ausgehen, dass dieses als Einheit erlebte Ich auch der jeweiligen Situation entsprechende soziale Rollen ausfüllt.(2) Wir wollen vielmehr auch berücksichtigen, wie das Individuum, also unser Autor, Hans Sahl, sich selbst einschätzte.

Sahl, 1902 in Dresden geboren, in einem assimilierten Elternhaus in Berlin aufgewachsen, sozialisiert in der politischen Linken von Weimar, Journalist und Theaterkritiker in Berlin, bevor er 1933 von Hitler vertrieben wurde; Flucht über Prag, Zürich und Paris in die Vereinigten Staaten, von wo er erst 1989 zurückkehrte; wandte sich früh vom Kommunismus ab, trat 1937 aus dem SDS (Sozialistische Deutsche Schriftsteller) aus und mutierte zum überzeugten Antikommunisten, unterwarf sich als solcher einer neuen Gruppenidentität, die insbesondere sein Verhältnis zur deutschen Emigration in New York prägte und ihn bereits Mitte der 40er Jahre als Kalten Krieger auswies. Aus diesem stichwortartigen biographischen Abriss lässt sich bereits erkennen, dass Sahls situative Identitäten von den historischen bzw. existentiellen Gegebenheiten geprägt waren. Um den Blick auf seine Persönlichkeit zu schärfen, wollen wir im folgenden versuchen, diese Identitäten getrennt voneinander zu betrachten, obwohl sie sein Wesen natürlich nicht in dieser Isolation bestimmten. Wohl kann man beobachten, dass in den einzelnen Lebensabschnitten sich immer wieder ein Rollenverständnis als dominant gegen die anderen absetzte, ab 1933 ist es die Exilidentität, die zumindest unterschwellig seine Weltsicht prägte.

Sahls Selbstverständnis, war, wie das jedes anderen Menschen, abhängig von und beeinflusst durch entsprechenden Institutionen zugeordneten sozialen Diskursen (Woodward: 21), die jeweils angeben, wer man sein könne, sein sollte oder müsse. Diese auch als politisch zu verstehende (siehe Calhoun: 20), soziale Präskription konditioniert nicht nur das Selbstbild des Individuums, sondern auch dasjenige ganzer Gruppen. Deren Mitglieder teilen bestimmte Wertungen, was dazu führt, dass Identitätsvorstellungen in Übereinstimmung mit dem Gruppenverständnis unterdrückt, andere dagegen hervorgekehrt werden. Diese Unterwerfung individuellen Rollenverständnisses unter eine Gruppenidentität, die sowohl freiwillig als auch erzwungen sein kann (Calhoun: 28), führt zu einer Art "in-group essentialism" (Calhoun: 26), der sich insbesondere in politischen Ideologien bemerkbar macht, wo er für das binäre Freund-Feind Schema instrumentalisiert wird.(3) Für Sahl wurde dies zur existentiellen Erfahrung, als er sich 1937 in Paris von seinen kommunistischen Weggefährten trennte und dadurch mit einem Schlag vom Freund zum Feind der mächtigsten Exilgruppe mutierte.(4) Dass sein Gesinnungswandel sich auf der Flucht vollzog, machte diesen nicht nur für sein physisches Überleben brisant. Der Wechsel seiner Loyalität führte, wie bei anderen Renegaten auch, zu einer Identitätskrise, über die sie in schriftlichen Zeugnissen gegenüber sich selbst, aber auch gegenüber ihrer nicht-kommunistischen Mitwelt Rechenschaft ablegten.(5)

In einem knappen Exkurs wollen wir nun einige theoretische Überlegungen zur Exil- bzw. zur jüdischen Identität anstellen. Im Rückgriff auf den hebräischen Begriff entwickelten schwarze MigrantInnen die Diaspora-Theorie "to illuminate the trans-national workings of identity-formation and to challenge fixed and essentialist conceptions (...) (Gilroy: 304). Diese Begriffsbedeutung wird meines Erachtens allerdings seiner Stellung im jüdischen Diskurs nicht ganz gerecht. Wo Paul Gilroy, auf den ich mich hier exemplarisch beziehe, auf eine nicht immer nachvollziehbare Weise die Bedeutung von Diaspora essentialistisch in der Lautstruktur des Begriffs zu lokalisieren sucht (siehe Gilroy: 331-332), entwickelt die jüdische Theoriebildung den Begriffsinhalt durch die Konfrontation von "Diaspora" mit den zwei verwandten Begriffen: "Exil" und "Galut".(6) Beide sind negativ konnotiert: "Galut", ursprünglich die biblische Vertreibung Adams und Evas aus dem Paradis, steht heute allgemeiner für "am falschen Ort sein", "Exil" schließt immer bereits die erwünschte Rückkehr in die Heimat ein. Der Begriff "Diaspora" dagegen kommt im jüdischen Diskurs ohne diese Fixierung auf die Wiederherstellung eines "Urzustandes" aus. Heimat in diesem Begriff ist denn auch kein geographischer Ort (das Paradis, Jerusalem), sondern eine geistige Größe: nämlich der Text.(7)

Das Verständnis von Diaspora ist in der jüdischen Theoriebildung also nicht zu trennen von der Vorstellung des Judentums als dem Volk des Buches. Auf den Juden und Schriftsteller Hans Sahl, so könnte man meinen, müßte diese Darstellung nun in doppeltem Sinne passen. Dass Sahls Lebenspraxis, wie im übrigen auch die anderer von Hitler verfolgter Schriftsteller mit jüdischen Wurzeln, diese Annahme allerdings nicht unqualifiziert zulässt, wird hoffentlich im folgenden noch deutlich werden.

Wenden wir uns zunächst Sahls Einstellung seinem geographischen Exil gegenüber zu. Sahl sah dieses schon in der Pariser Emigration in den 30er Jahren eng verknüpft mit seinem Schriftsteller-Dasein. Entsprechend mischte er sich in eine Debatte ein, die zur Jahreswende 1934/35 im Neuen Tage-Buch vom niederländischen Schriftsteller Menno ter Braak mit dem Aufsatz "Emigranten Literatur" initiiert worden war.(8) ter Braak beklagte, dass die Emigranten Literatur, insbesondere was ihre Form betreffe, sich nicht wesentlich von der "vorhitlerischen Produktion" (1245) unterscheide. Während Erich Andermann eine Woche später und Ludwig Marcuse im darauffolgenden Heft die emigrierten Schriftsteller gegen ihren Kritiker in Schutz nahmen, indem sie diesem vorhielten, dass die neue Situation weder eine einheitliche Literatur hervorgebracht habe, noch dem Schreiben überhaupt förderlich gewesen sei, greift Sahl ter Braaks Anregung auf. Emigration sei eine "geistige Haltung", behauptet er. Neben neuen Inhalten habe sie sehr wohl bereits "neue Erkenntnisse und Gestaltungsmöglichkeiten" entwickelt, wie man unter anderem an den Sonetten Johannes R. Bechers oder den politischen Kampfgedichten Brechts erkennen könne. Sahl plädiert dafür, dass die Emigration "versucht, den geographischen Abstand, der sie von den deutschen Ereignissen trennt, durch geistige Nähe (Hervorhebung im Original; AR) zu überwinden (...)". Exil wird von Sahl also bereits zu Beginn nicht nur negativ, als Vertreibung aufgefasst, sondern als Autor sieht er darin auch eine Chance, zu neuen Ufern aufzubrechen. Dass er dieses Potential selbst nur mit großer Mühe realisierte, beweist die Produktions- und Publikationsgeschichte seines Romans Die Wenigen und die Vielen. Im Laufe seines langen Exildaseins, aber insbesondere nach dem Krieg, modifizierte er denn auch diesen Anspruch. In den 60er Jahren nannte er sich einen "Gast in fremden Kulturen", einen "exterritorialen Menschen" und einen "Reisende(n) zwischen Abfahrtszeiten". Diese Epitheta stammen aus einem Beitrag, den Sahl für einen Band von Hermann Kesten mit dem Titel Ich lebe nicht in der Bundesrepublik verfasste.(9) Er rationalisiert und, beinahe möchte man sagen, ideologisiert dort seine Entscheidung, nach dem Krieg nicht nach Deutschland zurückgekehrt zu sein: "ich brauche die Distanz zu dem Land, in dem meine Muttersprache gesprochen wird, um Distanz zu mir selbst zu finden". In den 50er Jahren war Sahl für einige Jahre nach Deutschland gekommen, arbeitete dort wieder als Kultur-Journalist, konnte sich aber nicht mehr in die Szene einfügen. Mit Korrespondentenverträgen für die Neue Zürcher Zeitung und Die Welt ging er daher wieder nach New York, wurde Amerikanischer Staatsbürger und besuchte Deutschland in Hinkunft nur noch jährlich anlässlich der Buchmesse. Als Berichterstatter über New Yorker Kunst- und Theaterereignisse und als Übersetzer von Stücken Tennessee Williams, Thornton Wilders und anderer, vermittelte er über Jahre den Deutschen die Neue Welt. Eigene literarische Ansprüche zurückstellend verstand er sich während dieser Zeit mehr als "Mittler zwischen den Kulturen". Als solcher durfte er selbst aber nur außerhalb dieser Kulturen stehen. Auch eine Rückkehr nach Deutschland, zu der es dann ja 1989 tatsächlich noch kam, konnte er sich in den frühen 60er Jahren folgerichtig nur als "lebenslänglicher Gast" vorstellen (Kesten: 146).

Zunehmend begriff Sahl sein Exil auch als ein umfassenderes Phänomen: Am 6.3.1976 bekennt er gegenüber dem deutschen Literaturwissenschaftler Fritz Martini: "Ja, fast möchte ich behaupten, dass bei mir das Exilserlebnis einmündet in die größere, universale Erkenntnis, dass der Mensch des 20. Jahrhunderts schlechthin ein Verbannter ist, ein Mensch im Exil, vertrieben aus einer Welt gesicherter Maßstäbe und Wertsetzungen in ein unabsehbares, unkontrollierbares Niemandsland."(10) Obwohl Sahl diese Überlegungen seiner Erfahrung in Amerika zuschreibt, wo "der Dichter als ein Außenseiter der Gesellschaft a priori" gelte, erinnert sie auch an Georg Lukács berühmtes Urteil über den Roman, als Ausdruck der "transzendentalen Obdachlosigkeit" des Menschen im frühen 20. Jahrhundert.(11) Entwickelt Lukács 1920 sein Urteil noch ausdrücklich im Vergleich mit der Situation im klassischen Griechenland, so wird Sahl allerdings nur noch durch die Geschichte seines eigenen Jahrhunderts geleitet. Der Schriftsteller, der nach eigenem Bekunden sein "'subjektives' Exilerlebnis" zum "Zeiterlebnis (...) 'objektiviert'",(12) zelebriert auch nicht mehr sein Werk als wahre Heimat, sondern dieses gilt ihm vielmehr als Ausdruck der Zeit. Dem widerspricht nur scheinbar Sahl Insistenz darauf, dass die Biographie des Schirftstellers wieder hinter seinem Werk stehe, insbesondere in der Exilliteratur. Umgekehrt galt ihm die Nichtbeachtung seines Werkes als Geringschätzung seiner Person. Die Klage über den Kampf um die Publikation seines Romans Die Wenigen und die Vielen - er wurde von mehreren Verlagen abgelehnt, bevor er 1959 bei Fischer erschien - und die seiner Ansicht nach mäßige bzw. falsche Rezeption füllt zahlreiche seiner Briefe an Freunde, Herausgeber und Verleger. Die Kritik war lauwarm, und von der ersten Auflage wurden lediglich 900 Exemplare verkauft. Sahl führte dies darauf zurück, dass er entweder zu spät gekommen sei mit seinem Buch oder zu früh. Auch nach zwei weiteren Veröffentlichungen (1977 bei Goverts und 1992 bei Luchterhand) und trotz des enthusiastischen Urteils Fritz Martinis, der das Buch als "den Exilroman" bezeichnete,(13) blieb es weitgehend ein Geheimtip. In den Neuziger Jahren, als Sahls Roman zum dritten Mal und die beiden Memoiren-Bände erscheinen, greifen sogar die Rezensenten seinen Argwohn über seine angebliche Unzeitgemäßheit auf.(14)

Sahl verstand sich, zumindest zeitweise, aber auch durchaus als politischer Schriftsteller, der besonders mit seinen Gedichten versuchte, nicht nur "eine historische Situation zu fixieren, Meldung zu erstatten, Bekenntnisse abzulegen", sondern auch "einzugreifen in ein Geschehen und es womöglich mit den Mitteln des Wortes zu beeinflussen oder sogar zu verändern."(15) Diese idealistische, einem marxistischen Literaturverständnis verpflichtete Haltung,(16) glaubte Sahl 1938 durch den Erfolg der Aufführung seines Oratoriums Jemand in Zürich bestätigt. Damals war er bereits aus dem von Kommunisten dominierten Schutzverband Deutscher Schriftsteller ausgeschieden und hatte sich von der linken Ideologie abgewendet. Literarisch sollte er dem Brechtschen Vorbild aber noch länger verhaftet sein.(17) Ende der 70er Jahre muss ein solches Bekenntnis allerdings erstaunen. Nicht nur hatte Sahl eine Wiederaufführung des Jemand nach dem Krieg abgelehnt, weil er ihm als zu Brechtisch erschien,(18) sondern auch seine politsche Erfahrung in Amerika und die Rezeptionsgeschichte seines Romans haben ihn gelehrt, in der politischen Einflussnahme des Schriftstellers eine vernachlässigenswerte Größe zu sehen. Trotzdem scheint Sahl doch immer wieder darauf gehofft zu haben, dass seine Werke Wirkung zeigten. Unermüdlich wirbt er bei deutschen Freunden, Verlegern und Literaturagenten für seine Bücher. So auch in zwei gleichlautenden Briefen an eine Frau Schöller vom 8.2.1979 und vierzehn Tage darauf an Dr. Herbert Kundler vom Rias Berlin (22.2.1979, beide DLA Sahl:A, Briefe) mit dem Vorschlag, die durch die Hollywood Serie Holocaust erzeugte Sensibilisierung der Deutschen für die Vergangenheit dazu zu nützen, auch die Exilliteratur im Allgemeinen, und seinen Roman und sein neues Stück Hausmusik im besonderen "erneut der Öffentlichkeit anzubieten." Spätestens 1987 resigniert Sahl dann aber in einem Interview: "Dieser Welt ist mit Worten nicht mehr zu helfen." Vielmehr schreibe er nun, um die "Angst vor dem Tod zu beschwichtigen". Das Wort sei nicht mehr "Verständigungsmittel (...), aber es ist ein Mittel zu wissen, ich existiere noch; ich spreche, also bin ich."(19) Damit modifiziert er eine Position, die er bereits in einer früheren Phase seines Exildaseins vertreten hatte:

"Schreiben im Exil hat eine ganz eigene Gesetzlichkeit. Man schrieb, um einander zu verständigen. Wo stehst du, wo stehe ich, wie steht der Kampf gegen Hitler? Diese Verständigung hat uns gegenseitig geholfen, weiterzuarbeiten und weiterzuleben. (...) Man schrieb im luftleeren Raum, ohne Publikum, das Publikum waren wir selber."(20)

Wie im bisher Gesagten klar geworden sein sollte, entspricht also Sahls Auffassung seiner Vertreibung anscheinend in vielem einem Diaspora-Verständnis. Differenziert steht er dem Volk gegenüber, aus dem seine Verfolger kamen; seine Flucht fasste er zuerst als Bewährungsprobe auf und später als Bedingug für seine kreative Tätigkeit. Das Leben in der Fremde wird ihm, zumindest ab den späten 50er Jahren, schlechthin zur raison d etre. Welche Rolle, so müssen wir nun weiter fragen, spielten in all dem Sahls jüdische Wurzeln? Es besteht zurecht ein Konsens darüber, dass es eine spezifisch jüdische Identität nicht gibt. Es wird daher immer wieder versucht, diese an bestimmten, die jüdische Geschichte prägenden kollektiven Erfahrungen festzumachen: etwa an der Shoah, an Israel, am Minderheitenstatus der Juden in Christlichen Gesellschaften, bzw. an der gemeinsamen Sprache oder Religion (Wettstein, 9). Spezifischer haben französische Denker, wie Alain Finkielkraut oder Emmanuel Lévinas die jüdische Identität in der Yiddischen Kultur bzw. in der jüdischen Ethik des Talmuds gesucht.(21) Auch die Behauptung, dass jüdische Identität durch Konflikte und Verfolgung verstärkt werde, gibt es.(22) Da die Geschichte aber lehrt, dass es häufig gerade diese waren, die zu Assimilation führten, ist kaum anzunehmen, dass Pogrome eine zeitgenössische jüdische Identität fördern, ja auf lange Sicht das Überleben des jüdischen Volkes gewährleisten können (Wettstein: 12). Einen bescheideneren und darum vielleicht auch realistischeren Vorschlag machte der jüdische Medientheoretiker Vilèm Flusser, der in Auseinandersetzung mit Sartre meinte, dass sich jüdische Identität in der Kommunikation mit anderen konstituiere - und zwar je spezifisch, ob diese mit anderen Juden oder mit nicht-Juden erfolgt.(23) Diese Überlegung scheint mir am ehesten den Weg zu Sahls jüdischer Identität zu weisen. Als assimilierter Jude, der seine Söhne protestantisch taufen ließ, positionierte er sich kaum in seinem Werk, dafür aber umso mehr im Dialog mit seiner Mitwelt.

Sahl, der seinen Geburtsnamen Salomon bereits in den 20er Jahren ändern ließ, bestand darauf, dass er Deutschland 1933 aus politischen Gründen verlassen musste und nicht aus rassischen.(24) Auch wollte er später nicht als "jüdischer Autor" bezeichnet, sondern als deutscher Schriftsteller geschätzt werden. "Darf ich Sie ersuchen, mich nicht mehr als 'jüdischen Schriftsteller vorzustellen'?" bat er einmal einen Journalisten.(25) An der großen deutschen Dichtung sollte man seine eigenen Werke messen und nicht an einer "kleinen Literatur". Er wehrte sich damit nicht zuletzt gegen den Nimbus "eines totalen Andersseins", den er im Attribut "jüdisch" vermutete. Sahl will auch keinen Unterschied machen zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Emigranten. Er schien zwar den (autobiographisch angelegten) Protagonisten Kobbe in seinem Roman Die Wenigen und die Vielen durchaus als jüdisch gesehen zu haben, wie seine Reaktion auf die Anmerkung eines Verlagsredakteurs erkennen lässt,(26) deutlich wird dies allerdings im Text nicht unbedingt.

Während und besonders nach dem Krieg zeigte er viel Empathie mit den Deutschen. Mit zahlreichen Weggefährten, nicht zuletzt den Geschwistern Mann, war er überzeugt von der Existenz eines "anderen Deutschlands" und ließ sich trotz seiner antikommunistischen Einstellung nicht von dem in diesen Kreisen grassierenden Vansittartismus infizieren (siehe Reiter: Dopplete Verbannung). In Gedichten, wie "Der verlorene Sohn" oder im Hörspiel "Urlaub vom Tode" verteidigte er vielmehr die Unschuldigen unter den Deutschen, die auf ihre Art Opfer gewesen seien, "nämlich sie mußten drinbleiben (in Deutschland; AR), sie mußten mitansehen, was sie nicht billigen konnten ..." (Nagel: 24). Mit dieser Ansicht befand Sahl sich wohl auf einer Linie mit einer Reihe von politischen Emigranten, Juden fiel es dagegen schwerer, an ein "anderes Deutschland" zu glauben. Der Briefwechsel zwischen Hermann Broch und Volkmar von Zühlsdorff macht dies auf exemplarische Weise augenscheinlich.(27) Die Shoah galt Sahl nicht als die zentrale Tragödie des jüdischen Volkes. In Die Wenigen und die Vielen habe er nach eigenem Bekunden versucht, "das jüdische Problem in einen größeren historischen auch soziologischen oder sozialpsychologischen Prozess einzubauen und es gleicherweise auch als ein deutsches Problem zu sehen".(28) Später stieß er mit Bemerkungen, wie z.B. Auschwitz sei nicht bloß eine jüdische, sondern eine "Menschheitstragödie" gewesen, selbst wohlmeinende jüngere Deutsche vor den Kopf (Armin: 28-29).

Zum literarischen Sujet macht Sahl seine eigene jüdische Herkunft erst spät in seinem Leben und da in jenem Genre, das dem Autobiographischen am entferntesten ist. Ende der 70er Jahre verfasst er das Stück Hausmusik, das die Geschichte einer wohlhabenden jüdischen Familie des gehobenen Bürgertums in Berlin zwischen Kaiserreich und Holocaust zum Inhalt hat. In seinem zweiten Stück Rubinstein (1991 uraufgeführt), in dem es um Richard Wagner und dessen Beziehung zu jüdischen Mitarbeitern geht, kommt das Thema erneut zur Sprache. Beide Werke wurden zwar in Deutschland aufgeführt, Hausmusik in englischer Fassung auch in New York, keines aber zeigte größere Wirkung.

Anlässlich des ersten Golfkrieges schrieb Sahl 1991 eine "Ode an Israel".(29) Meines Wissens stellt dieser Text das einzige Beispiel in seinem Werk dar, das sich bekenntnishaft mit dem jüdischen Schicksal auseinandersetzt. Appellativ beschwört dieses Gedicht ein "wir", mit dem sich das lyrische Ich zum jüdischen Volk zählt. Allerdings tut es dies unter Verwendung derselben sprachlichen Versatzstücke (Mutter, verlorener Sohn, Zeuge) und derselben Brechtschen Gestik ("Wir, die wir verstreut in der Disapora/deiner gedenkend in vielen Sprachen"), die sein Schöpfer in früheren Gedichten noch auf seine nationale und politische Herkunft bezogen hat. Die Selbstzitate und die formale Epigonalität des knapp 90jährigen lassen dieses Gedicht daher mehr als Pflichtübung erscheinen, denn als tief gefühltes Anliegen.

Was die Diaspora-Idee betrifft, so müssen wir also unsere frühere Annahme präzisieren, würde Sahl wohl nur bedingt sein Schicksal in ihr wiedererkennen. Die jüdische Erfahrung wollte und konnte er nicht als seine eigene akzeptieren. Sie war dem an Marx geschulten Linken zu subjektiv und zu eng. Er fühlte sich dagegen immer leidenschaftlicher als Epochenvertreter. Dieses Selbstverständnis bildet gegen sein Lebensende die Synthese von Sahls verschiedenen Identitäten, insbesondere seiner politischen, der Exils- und der Schriftstelleridentität. Mit fortschreitendem Alter und zunehmender Vereinsamung durch den Tod von Weggefährten einerseits und durch die steigende Beachtung, die ihm die Enkelgeneration in Deutschland schenkte, andererseits verfestigte sich dieses Selbstbild. Sahls Biographie reicht ja tatsächlich zurück an den Beginn des 20. Jahrhunderts; das Selbstbewußtsein, das er aus dieser Tatsache schöpfte, scheint er dabei bereits früh entwickelt zu haben. Als er 1928 26-jährig Ernst Glaesers Jahrgang 1902 rezensierte, blitzte es bereits einmal auf.(30) Als 70jähriger und noch im amerikanischen Exil beschreibt er das Schicksal der Überlebenden seiner Generation dann in dem oft zitierten Gedicht "Wir sind die Letzten":

Wir sind die Letzten.
Fragt uns aus.
Wir sind zuständig.
Wir tragen den Zettelkasten
mit den Steckbriefen unserer Freunde
Wie einen Bauchladen vor uns her. (...)

Auch in diesem 1973 aus Anlaß einer Begegnung mit Schülern eines deutschen Gymnasiums entstandenen Text geht es - wie bei Glaeser - um das Bezeugen eines Krieges. Diesmal "absolvieren" zwar ebenfalls wieder "die anderen mit Gasmasken und Handgranaten den Krieg" (Essays, 83), wie Sahl in seiner Rezension von Glaesers Buch formulierte, aber aus den hungernden minderjährigen Zusehern an der Heimatfront hat dieser neue Krieg Vertriebene gemacht, die nun bereit sind, eine andere Geschichte zu erzählen. War Jahrgang 1902 noch eine Verständigung mit den Angehörigen der eigenen Generation, so wendet sich das Gedicht nunmehr an die übernächste. Diente Glaesers Text noch der Selbstverständigung, so versucht "Wir sind die Letzten" aufzuklären, Auskunft zu geben über den Verbleib eben jener Generation, die der Roman beschwört.

Die Theorie lehrt uns zwar bekanntlich, dass wir unser Verhalten auf die Situation oder den jeweiligen Interaktionspartner abstimmen (siehe Woodward: 22), oder anders gesagt, dass wir kontextbedingte Selbstbilder entwickeln. Unsere Erfahrung mit der Vita Hans Sahls lässt die Unterschiede zwischen den Rollenbildern aber als marginal erscheinen. Es sieht so aus, als habe die Authentizität von Sahls Persönlichkeit auf fundamentalen Überzeugungen beruht, auf einer Art Privatmythos sozusagen, der sein Handeln in jeder Situation bestimmte.

Dominiert wurde sein Selbstverständnis nämlich zeitlebens von der Vorstellung menschlicher Integrität, die quer durch alle seine Rollenidentitäten ging. Schon sein Entschluss, mit dem Kommunismus zu brechen, war ethisch motiviert. In New York traf er dann den Religionsphilosophen Hans Jonas,(31) in dessen "Prinzip Verantwortung" Sahl die theoretische Fundierung für sein eigenes Denken fand. Dieses entwickelte und verstärkte er in unterschiedlichen - politischen wie auch persönlichen - Erfahrungen. Jede neue Erfahrung empfand er gleichzeitig als geprägt durch die Erinnerung an die vorhergehende.(32) In einem unveröffentlicht gebliebenen Text "Mein Testament" stellt Sahl diesen Zusammenhang zwischen seinen "Identitäten" her: "ich bin einer der wenigen Menschen, denen ich begegnet bin, die versucht haben, das Wort beim Wort zu nehmen. (...). Ich habe die Dichter, die Dichtung beim Wort genommen, ich habe die Frauen beim Wort genommen, ich habe die Freunde, die Freundschaften beim Wort genommen, ich habe die Politik beim Wort genommen, den Kommunismus, ich habe mich selbst beim Wort genommen (...)". Und obwohl er den Nachteil dieser Einstellung im Rückblick einsieht, hält er doch daran fest, dass sein "Kampf" an den verschiedenen Fronten auch einer war, "das Rechte zu tun, wo so viele, so viele Möglichkeiten da sind, das Falsche zu tun und man immer an der Grenze ist, ja, es schon zu dreivierteln falsch gemacht hat." (DLA Sahl: A, Posa) Hier spricht der Moralist, als den sich Sahl auch im Buchtitel seines ersten Memoirenbandes verewigte. "Ein Moralist", so definierte er einmal, "ist ein Mensch, der mit der Welt, so, wie sie ist, nicht einverstanden ist und sie verbessern will. Den berühmten Fortschrittsglauben habe ich allerdings längst aufgegeben." (Arnim: 28f). Das Selbstverständnis als Moralist deckt sich auch mit der von Sahl bis zu seinem Lebensende gehegten Überzeugung, einer der Wenigen zu sein, die sich gegen die Vielen behaupten müssten. "Ich bin ein Minoritätsfanatiker," erklärte er einem Journalisten, "ich liebe Minderheiten, und ich bin mißtrauisch den Mehrheiten gegenüber. Ich schreibe gegen den Strich, und ich lebe gegen den Strich (...)" (Nagel: 24). Diese apodiktischen Statements und die programmatischen Titel seiner Werke könnten fast den Eindruck erwecken, Sahl sei eine dogmatische Persönlichkeit gewesen. Wie andere Aussagen und der Inhalt seiner Texte erkennen lassen, war das aber keineswegs der Fall. Vielmehr betonte er bis kurz vor seinem Tode die Notwendigkeit der Kompromissbereitschaft, auch in politischen Belangen.(33) Dieses Verständnis für Kompromiss habe er aus New York mitgebracht.(34) Sahls undogmatische Einstellung paart sich mit einer Bescheidenheit, die schon Jean Améry in Die Wenigen und die Vielen auffiel.(35) In den Gedichten entspricht ihr eine Poetik der Annäherung, die Sahl besonders in den Jahren nach seiner Erblindung perfektionierte. Das eindrucksvollste Beispiel dafür stellt wohl das kurz vor seinem Tode entstandene und dann auch in mehreren Nachrufen zitierte Gedicht "Strophen" dar, in deren letzter Strophe es heißt:

Ich gehe langsam aus der Zeit heraus
in eine Zukunft jenseits aller Sterne,
und was ich war und bin und immer bleiben werde,
geht mit mir ohne Ungeduld und Eile,
als wär ich nie gewesen oder kaum.(36)

In dem relativierenden Adverb "kaum" der letzten Zeile drückt sich allerdings nicht nur die Bescheidenheit des Schöpfers dieses Gedichtes aus. Seine exponierte Stellung als Schlusswort (die es übrigens erst in der Endfassung erhielt; in einer früheren Fassung schloss es noch die erste Strophe ab, siehe DLA Sahl:A, Gedichte) manifestiert auch das Selbstbewusstsein Sahls, mit dem er seinen "Wert" als Schriftsteller und Mensch beurteilte. In diesem "kaum" liegt, ähnlich wie in dem "beinahe" eines anderen Gedichts ("Aufreibend ist es und beschwerlich", das er seinem zweiten Memoirenband Exil im Exil als Motto voranstellte) Sahls Weltverständnis. Diese scheinbar gewichtslosen Adverbien komprimieren Sahls in den neun Jahrzehnten seines Lebens gewonnene Erfahrung. Mit den Grad-Adverbien verrät Sahl daher mehr über sein Selbstverständnis als in den langen Interviews, die er in seinen späten Lebensjahren gab. Dies ist nicht zuletzt auch deshalb der Fall, weil ihm von den Journalisten nicht selten dasjenige Bild aufgedrängt wurde, das sie sich selbst jeweils von ihm machten. Diverse Zeitungsartikel, die in den 80er Jahren über ihn erschienen, porträtieren ihn als Rebellen, als Unangepassten, der in dieser Eigenschaft von jungen DDR Schriftstellern, wie Lutz Rathenow, zum Vorbild erkoren wird.(37) Mit Vorliebe wurde Sahl auch als idealtypischer Emigrant hingestellt, wie auf einem Photo im Stern neben einem offenen Koffer auf dem Bett sitzend. Gundolf S. Freyermuth, der Autor des dazugehörenden Artikels, beschreibt Sahls Wohnung in New York als "ein sparsam möbliertes Zimmer, das in seiner fast studentischen Kahlheit an Berliner Wohngemeinschaften erinnert".(38) Er bezeichnet damit Sahls amerikanische Existenz als etwas Ephemeres, das sie aber in dessen eigenem Verständnis, wie wir gesehen haben, so nicht war. Während der Eindruck, den Sahls deutsche Rezipienten von ihm hatten, eher deren eigene eindimensionale Vorstellung vom Exil erkennen lässt, war das Selbstbild des alternden Schriftstellers um einiges differenzierter. Es wurde von einem Diaspora-Verständnis geleitet, wenn auch nicht in dessen spezifisch jüdischem Sinn. Was ihn dennoch etwa im Sinne von Lévinas "sich verpflichtende(r) Hinwendung zum anderen Menschen"(39) einer jüdischen Identität aufschließt, ist seine ethische Grundhaltung, die ihn schon früh gegen "Brechts Mitleidslosigkeit" aufbrachte, und ihn den Kommunismus als Gesellschaftsform ablehen ließ. Das "Prinzip Verantwortung"(40) über das "Prinzip Hoffnung" stellend, die tätige Hilfe gegen die Ideologie, tritt uns dieser "exterritoriale Mensch" als Mittler entgegen zwischen den Welten seiner Wrikung, als Mittler zwischen den Generationen und als Vermittler eines anderen Deutschlands.

© Andrea Reiter (University of Southampton)



ANMERKUNGEN

(1) Siehe Craig Calhoun (Hg.): Social Theory and the Politics of Identity, Oxford: Blackwell 1994, S 9.

(2) Siehe dazu Kathryn Woodward (Hg.): Identity and Difference, London: Sage 1997, S. 22.

(3) Siehe z.B. Paul Gilroy: Diaspora and the Detours of Identity, in ebda. S.301-346, hier: 313.

(4) Siehe Andrea Reiter: Hans Sahl im Pariser Exil", in: Anne Saint Sauveur-Henn (Hg.): Fluchtziel Paris. Die deutschsprachige Emigration 1933-1940, Berlin: Metropol 2002, S. 230-242.

(5) Siehe Andrea Reiter: Dopplete Verbannung: Politisches Renegatentum im Exil, in: John M. Spalek, Konrad Feilchenfeldt und Sandra H. Hawrylchak (Hg.): Deutschsprachige Exilliteratur seit 1933, Bd. 3 USA (Teil 4), Zürich/München: Saur 2003, S. 469-499. - Zur Identitätstheorie wie sie die neuere Migrationsforschung entwickelt hat, vgl. z. B. Kathryn Woodward (1997) und besonders die bahnbrechende Studie Benedict Andersons Imagined Communities, London: Verso 1983.

(6) Auf den Unterschied zwischen Exil und Diaspora im jüdischen Identitäts-Diskurs weist Gilroy hin, ohne allerdings genauer darauf einzugehen (siehe 330).

(7) Siehe Erich S. Gruen: Diaspora and Homeland, in: Howard Wettstein (Hg.): Diasporas and Exiles. Varieties of Jewish Identity, Berkley/Los Angeles/London: Univ. of California Press 2002, S. 18-46.

(8) Menno ter Braak: "Emigranten-Literatur", in: Neues Tage-Buch, 2.Jg. Nr. 52, 29.12.34, S. 1244-1245. Erich Andermann: "Größere Strnge gegen die Dichter?" in: Neues Tage-Buch, 3. Jg, Nr. 1, 5.1.35, S. 1267-1268. Ludwig Marcuse: "Zur Debatte über die Emigranten-Literatur", in: Neues Tage-Buch, 3..Jg., Nr. 2, 12.1.35, S. 43-45. Hans Sahl: "Emigration - eine Bewährungsfrist", in: ebda. S. 45.

(9) Müchen: List 1964, S. 144-146.

(10) DLA Sahl:A, Briefe.

(11) Georg Lukács: Die Theorie des Romans. Ein geschichtsphilosophischer Versuch über die Formen der großen Epik (1920), Darmstadt: Luchterhand 1971 (=SL 36), S. 32.

(12) Brief an Martini 6.3.1976 DLA Sahl:A, Briefe.

(13) Siehe Fritz Martinis Nachwort zu Wir sind die Letzten. Heidelberg 1976; 21986, S. 79-83.- Vgl. dazu auch Sigrid Kelletner: Hans Sahls Roman Die Wenigen und die Vielen. Der Roman des Exils überhaupt? In: Exil (1982), H.1, S.26-38.

(14) S. z.B. "Trotz allem ein Menschenfreund. Endlich liegt Hans Sahls Roman des Exils wieder vor", in: Der Tagesspielgel, Nr. 14122, 23.2.1992, S. IX.

(15) Brief an Fritz Martini, 4.2.1976, DLA Sahl:A, Briefe.

(16) Eine Woche später präzisiert Sahl die Wirkung, die er sich mit seinem Werk erhoffte, indem er ein Beispiel nennt: "In seinen soeben im Hanser-Verlag erschienenen Tagebüchern berichtet Werner Vordtriede, dass eine Zeile in meinem Deutschland-Gedicht, "Ich habe mich nicht bereichert an deinen Tränen", ihn dazu bewogen habe, sich nicht vom "Office of Strategic Services" nach Europa schicken zu lassen, ich hätte ihm damit einen großen "Dienst" geleistet." (Brief an Fritz Martini, 13.2.1976, DLA Sahl: A, Briefe).

(17) Siehe Reiter: Doppelte Emigration.

(18) 1988 stimmte Sahl allerdings einer Wiederaufführung dieses Stücks im Rahmen der Zürcher Festwochen zu. (Helmut Hornbogen: Wir sind die Letzten. Fragt uns aus, in: Schwäbisches Tagblatt (Lokale Kultur), N.87, S. 14.4.1990, o.S.)

(19) Gabriele von Arnim, "Warum können Sie nicht hassen, Herr Sahl?" Zeitmagazin, H. 357, 2. Jan. 1987, S.28-29.

(20) Wolfgang Nagel: "Fliehen - wie geht das überhaupt?" Gespräch in: Die Zeit, 22, 22.5.1987, S.24.

(21) Siehe Irwin Wall: Remaking Jewish Identity in France, in: Wettstein S. 164-190.

(22) Siehe z.B. Alan M. Dershowitz: The Vanishing American Jew. In Search of Jewish Identity for the Next Century, Boston/New York/London: 1997. Bernard Susser: The Ideology of Affliction: Reconsidering the Adversity Thesis, in: Wettstein S. 221-233.

(23) Vilém Flusser: "Jude Sein (1) - existentieller Aspekt", in: Ders: Jude Sein. Essays, Briefe, Fiktionen, Mannheim: Bollmann 1995, S. 57-66.

(24) Momme Brodersen hält diese Einstellung Sahls zurecht für problematisch, da die Verfolgung der Juden von Anfang an von der politisch motivierten nicht zu trennen war (Brodersen: Schreiben nach Auschwitz: Hans Sahl, in: Exil Nr.2 (1994), S. 5-12, hier: 6). Allerdings gibt Sahl hier die subjektive Haltung seines historischen Ichs wieder, die er durchaus mit anderen assimilierten Juden teilte.

(25) Ebda.

(26) Brief an Herrn von Schwerin vom 16.3.1959, DLA Sahl:A, Briefe.

(27) Siehe Hermann Broch: Briefe über Deutschland 1945-1949. Die Korrespondenz mit Volkmar von Zühlsdorff, hg. und eingeleitete von Paul Michael Lützeler, Frankfurt: Suhrkamp1986

(28) Brief an Helmut Jaesrich, 8.12.1960, DLA Sahl:A, Briefe.

(29) Luchterhand Flugschrift "Ich will reden von der Angst meines Herzens". Autorinnen und Autoren zum Golfkrieg, Frankfurt/Main: Luchterhand 1991, S. 82-83.

(30) Hans Sahl: Ernst Glaeser: "Jahrgang 1902", in: Ders."Und doch..." Essays und Kritiken aus zwei Kontinenten, hg. von Klaus Blanc, Frankfurt: Luchterhand 1991 (=SL980), S. 83f).

(31) S. Cornelia Staudacher: "Immer noch neugierig und streitbar. Gepräch mit Hans Sahl, einem Zeugen des Jahrhunderts", in: Der Tagesspiegel, Nr. 14070, 2.1. 1992, S. 19.

(32) In einem anderen Aufsatz habe ich dies als Privatmythos zu beschreiben und anhand verschiedener Texte Sahls nachzuweisen versucht (siehe Reiter: Doppelte Verbannung).

(33) Joachim Zepelin: "Ein Prediger der Zivilcourage", in: Schwäbisches Tagblatt, Nr. 99, 29. April 1992, o.S.

(34) Philipp Maußhardt: "Die Rückkehr des Allerletzten", in: Schwäbisches Tageblatt, Nr. 232, Samstag, 7. Oktober 1989, o.S.

(35) Améry Jean: Hans, Prosa "Die Wenigen und die Vielen" Rezension "Stimme aus der Nacht" 197 (4 Blätter Durchschlag; DLA Améry: A).

(36) Hans Sahl: Wir sind die Letzten. Der Maulwurf. Gedichte, Frankfurt/Main: Luchterhand 1991, S. 169.

(37) Siehe Lutz Rathenow: "Mehr als ein Verweigerer jeglicher Anpassung. Der Schriftsteller Hans Sahl", in: Freitag (Kultur), Nr. 50, 7.12.1990, S. 19.

(38) "Ein Leben aus dem Koffer", Stern, 41. Jg. Nr. 25, 15.Juni 1988, S. 93-104.

(39) 39 Bernhard H.F. Tauerck: Emmanuel Lévinas zur Einführung, Hamburg: Junius 1997, S. 12.

(40) Hans Jonas: Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation, Frankfurt: Insel 1979 (=STB 3492).


5.2. Exile and Literature

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For quotation purposes:
Andrea Reiter (University of Southampton): Die Identität des "exterritorialen Menschen". Hans Sahl zwischen Exil und Diaspora. In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 15/2003. WWW: http://www.inst.at/trans/15Nr/05_02/reiter15.htm

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