Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 15. Nr. Mai 2004
 

5.13. Geschlecht und Nation: Narrative kollektiver Identitäten
HerausgeberInnen | Editors | Éditeurs: Andrea Horváth (Debrecen / Ungarn) / Eszter Pabis (Debrecen)

Buch: Das Verbindende der Kulturen | Book: The Unifying Aspects of Cultures | Livre: Les points communs des cultures


Bericht zur Sektion Geschlecht und Nation: Narrative kollektiver Identitäten

Andrea Horváth [BIO] (Debrecen / Ungarn) / Eszter Pabis (Debrecen) [BIO]

 

Ausgehend davon, dass Nation und Geschlecht als diskursiv und soziokulturell konstruierte Gebilde zu betrachten sind, wurde in den Beiträgen dieser Sektion der Versuch unternommen, Nationalismusforschung und Geschlechtergeschichte zu verbinden und ihre Ergebnisse in der Interpretation literarischer Texte zu gebrauchen.

Dadurch wurden einerseits die Grundstrukturen des imaginativen Prozesses der Identitätskonstruktion vermittelt: kulturelle Symbole, diskursive Formationen, Strategien der Naturalisierung und der Grenzziehung durch Differenzkategorien wie Geschlecht oder Ethnizität. Im Zentrum standen somit die Zusammenhänge zwischen narrativen Texten, narrativen Strategien der Sinnbildung und der Identität von Individuen und Gemeinschaften. Andererseits wurden in den Beiträgen diverse Problemfelder der nationalen Identität und der Geschlechtsidentität erläutert, die sich in transdisziplinären, theoretischen Annäherungen und in literarischen Texten erfassen lassen. Hierzu gehörten auch die Verknüpfungen, die Wechselwirkung dieser beiden Formen kollektiver Identität, d.h. die Frage nach der konstitutiven Rolle geschlechtlicher Identitätsmuster und Alteritätskonzepten für den nationalen Diskurs in unterschiedlichen Epochen.

Theoretisch stützten sich die Untersuchungen der Sektion zu Geschlecht und Nation u.a. auf Texte von Ute Frevert (Bürgerinnen und Bürger), Julia Kristeva (Women's Time), George Mosse (Nationalismus und Sexualität. Bürgerliche Moral und sexuelle Normen), Nira Yuval-Davis (Gender and Nation) und Judith Butler (Antigones Verlangen: Verwandschaft zwischen Leben und Tod). Auf dem Hintergrund der diskutierten Theorien wurden in den Beiträgen Texte und Bilder (der nationalen Ikonographie) auf den Zusammenhang zwischen Geschlecht und Nation, zwischen der narrativen Struktur des literarischen Textes und soziologisch-historischen Kategorien hin untersucht.

Zu den Problemfeldern in den Diskussionen gehörten u.a. die Leistungen konstruktivistischer Nationalismustheorien, sowie die Geschlechtertheorien von Georg Simmel, Simone de Beauvoir, Judith Butler und Silvia Bovenschen. Diese wurden in den Referaten theoretisch betrachtet, oder in der Interpretation literarischer Texte (wie Wedekinds Lulu, Friedrich Schlegels Lucinde, Kleists Prinz Friedrich von Homburg und Fontanes Effi Briest) kritisch erörtert. Besonders erfreuerlich war dabei, dass die Referate von der medialen Bedingtheit und Narrativität der Identitätskonstruktionen ausgingen, und damit unseren ,Untersuchungsgegenstand' kulturwissenschaftlich ausgebreitet haben, ohne jedoch das Literarische vernachlässigt zu haben.

Die Beiträge wurden von Studenten und Doktoranden der Universität Debrecen vorgetragen. Zu hoffen ist daher auf eine ähnlicherweise anregende und erfolgreiche Fortsetzung der Sektion in Form von Seminaren und ebenfalls an einem Graduiertenkolleg unserer Universität.

© Andrea Horváth (Debrecen / Ungarn) / Eszter Pabis (Debrecen)

5.13. Geschlecht und Nation: Narrative kollektiver Identitäten

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For quotation purposes:
Andrea Horváth (Debrecen / Ungarn) / Eszter Pabis (Debrecen): Bericht zur Sektion Geschlecht und Nation: Narrative kollektiver Identitäten. In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 15/2003. WWW: http://www.inst.at/trans/15Nr/05_13/horvath_pabis_report15.htm

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