Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 15. Nr. April 2004
 

9.1. Kulturtourismus Kultur des Tourismus: eine Verbindung von Kulturen?
HerausgeberIn | Editor | Éditeur: Ingo Mörth (Universität Linz)

Buch: Das Verbindende der Kulturen | Book: The Unifying Aspects of Cultures | Livre: Les points communs des cultures


Fremdheit, wohldosiert. Tourismus als Kultur der kontrollierten Begegnung mit dem Fremden

Ingo Mörth (Linz)
[BIO]

 

Abstract

Reisen bedeutet Begegnung mit anderen Menschen, anderen Kulturen, anderen Gewohnheiten und Lebensumständen. Die Möglichkeit, Fremdes aus erster Hand kennenzulernen, ist ein zentrales Motiv, das die Kulturgeschichte des Reisens durchzieht und auch das Tourismusgeschehen der Gegenwart wesentlich beeinflusst. Die abenteuerliche Entdeckungslust am Fremden lebt heute einerseits in spezifischen Formen des (Individual- und Abenteuer-)Tourismus direkt fort, andererseits haben sich im Getriebe des organisierten Massentourismus eine Reihe von sozialen Formen entwickelt, die die Begegnung mit Fremdem "zähmen", kanalisieren, kontrollieren, mit Verhaltensmustern und Rollenstrukturen gestalten. Neben der Herausarbeitung solcher sozialer Muster der kontrollierten Begegnung mit Fremdem wird im Referat auch auf die kognitiven und kommunikativen Aspekte kontrollierten touristischen Fremdverstehens eingegangen. Verschiedene Modi des Fremdverstehens lassen sich auch im touristischen Kontext identifizieren und reichen von bestimmten Stereotypen einerseits bis zur Sehnsucht nach der Erfahrung des "authentisch Anderen" andererseits. Die Kultur des heutigen Massentourismus hat, so die abschließende These, vor allem drei Modelle der sozialen, kommunikativen und kognitiven Kontrolle der Begegnung mit Fremdem entwickelt: (1) das "Modell der Einverleibung", bei dem "Heimat" in die Fremde exportiert wird, und (2) das "Modell der exotischen Verklärung", bei dem Fremdes zur einer stereotypen Gegenwelt stilisiert wird. Dieser Kontrolle von Fremdheit durch die Reisenden stehen Strategien der Bereisten gegenüber, die ihre Erfahrung und Begegnung durch das (3) "Modell der Trennung von Vorder- und Hinterbühne" (Goffman) zu bewältigen versuchen.

 

  "Du kennst mich doch, ich hab' nichts gegen Fremde. Einige meiner besten Freunde sind Fremde.
Aber diese Fremden da sind nicht von hier."
Methusalix, in: "Das Geschenk Cäsars"

"Der Tourist ist eine seltsame Erscheinung. Er gehört, wie früher das ziehende Kriegsvolk, die Kaufleute oder die Künstler, zu den Reisenden. Andererseits ist er auf Urlaub, frei von allen Verpflichtungen des Berufs und des Alltags", meint Paquot (2001, online). Touristen sind nach wie vor Reisende, fahren in fremde Länder, angelockt von Exotik und Abenteuer, möchten aber als Urlauber Überraschungen und Unwägbarkeiten vermeiden. Touristen wollen wissen, was sie erwartet, und ihre Freude besteht oft darin, vorzufinden, was sie ohnehin schon wissen. Eine Reise zu tun, ist für Touristen ein kontrollierter Umgang mit der Fremde.

 

1 Touristen - flüchtige Fremde in der "global city"?

Anfang des vergangenen Jahrhunderts veröffentlichte der deutsche Soziologe und Philosoph Georg Simmel einen kleinen Essay mit dem Titel "Exkurs über den Fremden" (Simmel 1908). Simmel reflektierte als einer der ersten über gesellschaftliche Formen, die von der "Groß-Stadt" hervorgebracht werden. Es ist die Stadt der Mobilität und Anonymität, der radikalen Veränderungen auf demografischer, ökonomischer, territorialer und kommunikativer Ebene. In diesem neuen sozialen Raum entdeckt Georg Simmel einen neuen Typus: den Fremden. Der Fremde ist ein Mensch, der sich hier bewegt, aber kein Hiesiger ist, der "die Einheit von Nähe und Entferntheit" darstellt. So "verkörpert der Fremde die Mobilität, eine Mobilität, die uns neugierig macht (die wir ihm vielleicht sogar neiden) und uns doch gleichgültig lässt" (Paquot 2001, online); er gehört nicht zu uns, es ist uns unmöglich, ihn so weit kennen zu lernen, dass wir ihn anerkennen. Dieses Verhältnis nennt Georg Simmel eine "Nicht-Beziehung":

"Andrerseits gibt es eine Art von »Fremdheit«, bei der gerade die Gemeinsamkeit auf dem Boden eines Allgemeineren, die Parteien Umfassenden, ausgeschlossen ist; hierfür ist etwa das Verhältnis der Griechen zum »barbaros« typisch, all die Fälle, in denen dem Andern gerade die generellen Eigenschaften, die man als eigentlich und bloß menschlich empfindet, abgesprochen werden. Allein hier hat »der Fremde« keinen positiven Sinn, die Beziehung zu ihm ist Nicht-Beziehung, er ist nicht das, als was er hier in Frage steht: ein Glied der Gruppe selbst. Als solches vielmehr ist er zugleich nah und fern, wie es in der Fundamentierung der Beziehung auf eine nur allgemein menschliche Gleichheit liegt. Zwischen jenen beiden Elementen aber erhebt sich eine besondere Spannung, indem das Bewusstsein, nur das überhaupt Allgemeine gemein zu haben, doch gerade das, was nicht gemeinsam ist, zu besonderer Betonung bringt. Dies ist aber im Falle des Land-, Stadt-, Rassefremden usw. auch wieder nichts Individuelles, sondern eine fremde Herkunft, die vielen Fremden gemeinsam ist oder sein könnte." (Simmel 1908, S. 511, Hervorh. I.M.)

Dieser Typus des Fremden in der Großstadt löst keineswegs den weit älteren Typus des Reisenden ab, scheint aber Züge des Touristen zu verkörpern. Gehört der Fremde in der Großstadt daher zur selben Gattung wie der urlaubende Tourist in entfernten Gestaden, ein Fremder also in der "global city"?

50 Jahre nach Georg Simmels Überlegungen zum "Fremden" veröffentlichte die deutsche Zeitschrift "Merkur" einen zuvor im Rundfunk gesendeten Beitrag des jungen Hans Magnus Enzensberger mit dem Titel "Vergebliche Brandung der Ferne. Eine Theorie des Tourismus" (Enzensberger 1958). "Das genormte Grundelement der Reise ist die ,sight', die Sehenswürdigkeit", schreibt Enzensberger, "sie wird nach ihrem Wert durch einen, zwei oder drei Sterne klassifiziert." Ziel der touristischen Reise sei es, die Richtigkeit der Informationen aus dem Reiseführer zu überprüfen und möglichst ein fotografisches Beweisstück mit nach Hause zu bringen. Wir besichtigten "anderswo" etwas, um nicht länger das "Hier" sehen zu müssen, das wir nicht mehr ertragen, das uns langweile.

Der Tourismus habe sich, so Enzensberger, parallel zur Entwicklung der bürgerlichen und der Industriegesellschaft entfaltet und gehe, wie diese, am Anfang des 19. Jahrhunderts von England aus. Seine Leitbilder, unberührte Landschaft und unberührte Geschichte, gingen auf die Freiheits-Projektionen der Romantik zurück, die eine Flucht vor der politischen Restauration nach der bürgerlichen Revolution, mehr noch vor der Entfremdung der Arbeitswelt verhießen. Die TouristInnen flüchteten vor der Disziplinierung des Alltags in der Industriegesellschaft (vgl. dazu ausführlicher Pagenstecher 1999).

Dieser Fluchtversuch sei jedoch zum Scheitern verurteilt, denn der Tourismus als "Befreiung von der industriellen Welt habe sich selbst als Industrie etabliert, die Reise aus der Warenwelt sei ihrerseits zur Ware geworden", wie Enzensberger meint. Der Tourismus sei charakterisiert durch drei Elemente jeder industriellen Produktion: Normung, Montage und Serienfertigung. Seit den 1830er Jahren normierten die Reiseführer die Sehenswürdigkeiten, deren Besichtigung auf der vermeintlich zweckfreien Reise Pflicht sei. Wenig später habe mit der Montage der genormten Reiseziele in Pauschalarrangements und ihrer Serienfertigung als Gruppenreisen die Massenproduktion des Konsumguts Tourismus begonnen.

Insgeheim sei sich, so Enzensberger, der Tourist seines Scheiterns bewusst. Dass er "im Grunde von der Vergeblichkeit seiner Flucht weiß, noch ehe er sie unternimmt", mache seine "Trostlosigkeit" aus. Doch könne er seine Enttäuschung nicht eingestehen, denn neben der Freiheitsverheißung sei die Hebung des Sozialprestiges der zweite Hauptgrund des Reisens. Der Urlauber suche "nicht nur die Geschichte als Museum, nicht nur die Natur als Botanischen Garten, sondern auch gesellschaftliche Entrückung im Bilde des high life" etwa eines luxuriösen Hotels.

Zuhause wiederum dienten Fotos und Souvenirs zum Beweis des Reiseerfolgs gegenüber den Daheimgebliebenen. Gleichzeitig bestätigten seine Bilder die bunte Reklame der Tourismusindustrie: "Diese Bestätigung des Vorgespiegelten als eines Wahren ist die eigentliche Arbeit, die der Tourist ableistet." Trotz seiner Vergeblichkeit sei der massenhafte Reisewunsch im Grunde eine ständige, allerdings unausgesprochene Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen: "Jede Flucht aber, wie töricht, wie ohnmächtig sie sein mag, kritisiert das, wovon sie sich abwendet", so Enzensberger abschließend. Reisen wird demgemäß als Differenz zum eigenen Alltag, als Distanzierung durch Spiegelung und Verfremdung, jedenfalls aber als "Grenzerfahrung" erfahren:

"Reisen heißt Differenz herstellen. Die Ferne dient dabei der Abgrenzung vom Eigenen und wird zum Ort, an dem das reisende Subjekt über sich selbst und seine Welt nachdenken kann. So besteht Reisen aus einem Zusammenspiel daraus, wie das Ich sich selbst und andere, also die Fremde wahrnimmt." (Magg 2000, S. 33)

TouristInnen nehmen Projektionen auf die Fremdheit vor, die sie zugleich definieren und erfahren. Als ein Beleg unter vielen kann die Untersuchung von Bereswill/Ehlert (1994) über reisende Frauen dienen, die Vogel (2002, S. 93-95) referiert. Anhand der Auswertung von qualitativen Interviews belegen die Autorinnen, dass gerade Kultur zur Markierung von Differenz herangezogen wird:

"Das Verständnis von kultureller Differenz, das sich in den Interviews findet, lässt sich exemplarisch in folgender Aussage lesen: 'Und das is´ irgendwie ´ne ganz andere Kultur, und das Leben is´ ganz anders.' Diese Feststellung macht Tanja S. über Thailand; die 'Rede über das Anderssein' findet sich aber in den meisten Reiseschilderungen, und zusammenfassen lässt sich diese Auffassung folgendermaßen: 'Die Anderen'sind vollkommen anders als wir, es gibt etwas bei ihnen und bei uns, das unvereinbar ist.' (Bereswill/Ehlert 1994, S. 241)

Dieses Anderssein wird dann laut Bereswill und Ehlert an folgenden Faktoren festgemacht: Die Anderen sind (1) "ürsprünglicher", haben (2) mehr Zeit und Gelassenheit, und sind (3) offen und freundlich. All diese den Bereisten zugeschriebenen Erfahrungen sind Kontrast zum "Eigenen" und letztlich im Sinne von Enzensberger auch Kritik am Fehlen solcher Eigenschaften im Alltag zuhause, sind Projektionen auf das Fremde, wie Vogel (2002) dann anhand von verschiedenen Forschungen zur Reiseerfahrung in Dritte-Welt-Ländern hinsichtlich aller drei o.a. Faktoren nachweist (Vogel 2002, S. 93-100).

Das Fremde ist also für den Touristen aus dieser Sicht gezähmte Grenzerfahrung, vorgefertigte Flucht, flüchtige Berührung mit Fremdem als Kontrast zum Eigenen. Touristisch erfahrene Fremdheit ist aus dieser Sicht vornehmlich Auseinandersetzung mit dem Eigenen - ist das der Typus der Fremderfahrung, die für den Tourismus charakteristisch ist ?

 

2 Das Fremde und das Eigene

Fremdheit erwächst grundsätzlich aus Unterscheidungen, die jedoch nicht als solche, sondern als Aus- und Abgrenzungen gedeutet werden. Immer führt dabei die Frage nach dem Fremden zurück auf die normierende Idee einer Ordnung im Eigenen. Je einheitlicher und geschlossener sich dieses "Eigene" darstellen soll, um so mehr bedarf es des Fremden als seines Gegenbildes - und um so weniger verträgt es dessen Auftauchen im Eigenen. Diese Schwierigkeit ist nicht neu (vgl. Arbeitsgruppe 'Die Herausforderung durch das Fremde' 1998):

Bereits im Mittelalter warfen die an den Rändern der Welt vermuteten monströsen Wesen das Problem auf, die Existenz des augenscheinlich Bösen und Häßlichen mit der Güte Gottes in Einklang zu bringen. Mit dieser Schwierigkeit, das Fremde in (die) Ordnung zu bringen, haben sich damals Theologen und scholastische Philosophen intensiv beschäftigt. Die Auflösung erfolgte nicht auf dem Pfad der Deduktion, sondern auf praktischem Wege: Mit der Erschließung der Welt durch Eroberung, Handel und Tourismus ist der Glaube an Monstra und Mischwesen geschwunden. Dadurch allerdings ist das Fremde nicht einfach verschwunden; vielmehr hat es sich vervielfältigt:

"An die Stelle des Ganz Anderen ist eine Pluralität von Anlässen für die Vermutung getreten, die Dinge könnten auch anders sein, als sie sich uns darstellen. Die Allgegenwart des Fremden führt uns die Kontingenz unserer Gewißheiten und Erwartungen vor Augen. Doch handelt es sich nicht länger um das schlechthin Unvertraute, sondern um ein Unvertrautes, mit dem wir auf einer höheren Stufe wiederum vertraut sind: Wir haben ständig mit Fremdem zu rechnen, obgleich wir mit ihm nicht rechnen können, weil das Fremde die Anschlußfähigkeit unserer Operationen immer wieder in Frage stellt. Darin liegt die Gefahr der Überforderung, aber auch die Möglichkeit des Lernens." (Arbeitsgruppe 'Die Herausforderung durch das Fremde' 1998, online)

2.1 Psychoanalytische Grundlagen

"Was fremd ist, erklärt sich nicht automatisch aus sich selbst heraus, sondern macht nur Sinn in der Unterscheidung vom Vertrauten." (Vogel 2002, S. 12) In der Psychoanalyse (siehe z.B. Freud 1947, Erdheim 1993 oder Kristeva 1990) wird grundsätzlich dargelegt, wie das Bild des "Fremden" beim Individuum entsteht. Das Unheimliche, sagt Freud, "ist nichts Neues oder Fremdes, sondern etwas dem Seelenleben von alters her Vertrautes, das ihm nur durch den Prozess der Verdrängung entfremdet worden ist" (Freud 1947, S. 254). Das Fremde ist damit, so die Grundthese Freuds, eine Konstruktion des Subjekts. (vgl. Rommelspacher 1999, S. 24) Es leitet sich aus dem 'Un-heimlichen' ab, in Abgrenzung zum 'Heimeligen', also dem Vertrauten; Es erscheint dem Individuum, so Freud, oft unheimlich, wenn die Grenze zwischen Phantasie und Wirklichkeit verwischt wird, wenn etwas real vor uns tritt, was wir bisher für phantastisch gehalten haben, wenn ein Symbol die volle Leistung und Bedeutung des Symbolisierten übernimmt und dergleichen mehr. Das Infantile daran, was auch das Seelenleben der Neurotiker beherrscht, ist für Freud die Überbetonung der psychischen Realität im Vergleich zur materiellen. Das Unheimliche des Erlebens kommt zustande, wenn verdrängte infantile Komplexe durch einen Eindruck wieder belebt werden oder wenn überwundene primitive Überzeugungen wieder bestätigt scheinen.

Demnach erinnert uns das Fremde an verdrängte und "abgespaltene" Anteile, allerdings nicht neutral, sondern eben angstbesetzt und unheimlich (vgl. ausführlicher Vogel 2002, S. 13f.). Das Fremde als "Unheimliches" erfüllt für das Individuum in der auf Freud aufbauenden psychoanalytischen Forschung die Funktion, das Bild vom Selbst als einheitlich und gut zu strukturieren. "Die Projektion nimmt dem Ich die Ambivalenz und macht es zu einem 'reinen' Ich, lässt Grenzen als fest, als nicht verschiebbar, 'natürlich' erscheinen." (Bielefeld 1991, S. 105) Positive Anteile verbleiben so bei einem einheitlichen Selbst und definieren das Eigene. Unangenehme Anteile und Eigenschaften werden verdrängt und auf das Fremde projiziert. Andererseits macht das Fremde auch neugierig und bietet Anlass zur Faszination:

"Gerät die 'Eigenheit' über fortschreitende Prozesse der Ausgrenzung und Abspaltung zu immer höherer 'Reinheit' und 'Perfektion' in eine Stagnation ihrer Entwicklung, so kann der Komplex des Verdrängten und ausgegrenzten die Bedeutung einer positiven Alternative erhalten." (Schäffter 1991b, S. 21)

So erlangt das Fremde - fast paradoxerweise - eine Reinheit und Unverfälschtheit, die das Selbst oder die eigene Gesellschaft nicht (mehr) zu bieten hat. Dies erscheint die Quelle für vielfältige Formen von Zivilisationskritik und Natürlichkeitssehnsucht zu sein, die die Lebensumstände hier als 'entfremdet' und anonym beschreiben.

2.2 Varianten des Fremdverstehens

Menschen handeln - vertrauten wie fremden - Dingen oder Menschen gegenüber jedenfalls auf der Grundlage von Bedeutungen, die im Prozess der sozialen Interaktion auch verändert werden (s. hier Herdin/Luger 2001, S. 8ff.). Fremdes wird zuerst als etwas andersartiges wahrgenommen, markiert eine Differenz, einen Unterschied, der auf verschiedene Weisen erfahren werden kann: als räumlich fremd, als Kontrast zum Eigenen und Normalen, als das noch Unbekannte, als letztlich Unerkennbares und als Gegensatz zum Vertrauten, als das real oder potentiell Unheimliche. In jedem Fall verlangt es vom Touristen eine Auseinandersetzung, es entsteht ein "Bedarf an Ordnungsleistung im Kopf". Ortfried Schäffter (Schäffter 1991b) unterscheidet vier Ordnungsschemata, sogenannte "Modi des Fremdverstehens", die das Spektrum von Erfahrungsmöglichkeiten zwischen Faszination und Bedrohung abdecken (dargestellt nach Herdin/Luger 2001, S. 8-9):

(1) Das erste Schema interpretiert Fremdheit als Resonanzboden des Eigenen und geht von einem fundamentalen Gleichklang von Unterschiedlichem aus. Die Deutung des Anderen besagt, dass dieser zwar anders ist als ich selbst, aber der gleichen Wurzel entstammt, somit eine gemeinsame Allgemeinheit teilt.

(2) Das zweite Schema versteht die Fremdheit als Gegenbild, als Negation von Eigenheit, das auf die Ausgrenzung des Andersartigen hinausläuft. Es stört als Fremdkörper die Integrität der eigenen Ordnung oder stellt sie in Frage, wirkt daher bedrohend. Dieser Modus ruft notwendigerweise konflikthafte Gegensätzlichkeiten hervor, das Fremde wird zum "natürlichen Feind". Die Aufmerksamkeit richtet sich nicht auf das Gemeinsame, sondern auf das Gegensätzliche, auf die Grenzlinien.

(3) Das dritte Schema interpretiert Fremdheit als Chance zur Ergänzung und Vervollständigung. Damit verflüchtigt sich die Eindeutigkeit in der Abgrenzung des Eigenen nach außen. Für die Identitätsbildung werden Assimilation und Akkomodation wichtiger, das Fremde wird als strukturelle Ergänzung funktionalisiert. Dem geht ein Selbsterfahrungsprozess voraus, in dem eigene Mängel und Lücken aufgedeckt werden, das Fremde wird als Lernfeld gesehen und die "relevante" Fremdheit in Form von Informations- und Lernprozessen, die eine gewisse Neugierde und Risikobereitschaft voraussetzt, zur Entfaltung latenter Potenziale genützt.

(4) Das vierte Schema fasst Fremdheit als Komplementarität auf und geht von einer prinzipiellen Andersartigkeit und Nicht-Aneignungsfähigkeit aus. Es bleibt bei einer Fixierung auf den internen Standpunkt bei gleichzeitiger Anerkennung einer komplementären Ordnung wechselseitiger Fremdheit. Das Fremde wird als Ergebnis einer Dauerreflexion des Fremderlebens, einer Unterscheidungspraxis in wechselseitiger Interaktion erkennbar, wenngleich nie endgültig bestimmbar. Gegenseitige Fremdheit bezieht sich auf das Verhältnis zwischen einander auf fremdartige Weise fremde Positionen. Es bleibt letztendlich nur die Möglichkeit, die Verwurzelung in der eigenen Kultur klar zu erkennen, und ein Gespür zu entwickeln für die Abhängigkeit von den eigenen gesellschaftlichen Normen, im Denken, Empfinden und Handeln. Der eigenen Perspektivität bewusst, kann man das Fremde als Fremdes belassen. Erst so lernt man verstehen, was man nicht versteht. Aus dieser Erkenntnis des Andersseins und dessen Akzeptanz entstehen möglicherweise neue Formen von Gemeinsamkeit.

2.3 Die Einverleibung des Fremden

In der Fremde zu sein bedeutet demgemäß im Sinne der Schemata (3) und (4) nicht mehr grundsätzlich, von der Heimat "abgeschnitten" zu sein:

"Die Dichotomie Fremde - Heimat hat sich aufgelöst. Die Fremde hat an Exotik eingebüßt. Heute ist es möglich, beide Plätze gleichzeitig einzunehmen, zumindest in der Fremde die Heimat zu erleben. Der Tourist wird von der Heimat eingeholt, zum Teil freiwillig, zum Teil unfreiwillig. Der Grund dafür liegt in der Zeit-Raum-Verdichtung. Die Beschleunigung globaler Prozesse lässt die Welt immer kleiner werden und die Distanzen schrumpfen. Verantwortlich dafür sind insbesondere drei Faktoren: neue Kommunikationstechnologien, globale Produkt- und Distributionspolitik und die fortschreitende kulturelle Homogenisierung." (Herdin/Luger 2001, S. 9-10)

Billige und schnelle Kommunikationstechnologien haben, so Herdin/Luger, die interpersonelle Kommunikation nachhaltig beeinflusst und die angesprochene Raum-Zeit-Verdichtung bewirkt. Email, SMS (short message service), sinkende Telefongebühren, Telefonieren via Internet und das weltweit funktionierende Handy vereinfachten die Kontakte zur Heimat und ließen sie dadurch zahlreicher werden, wo auch immer man im Ausland ist:

"Die tägliche Kontaktaufnahme mit den Lieben zu Hause wird auch an der weit entfernten "Playa von Pattaya" so normal wie der tägliche Telephontratsch zwischen dem 7. und 17. Wiener Gemeindebezirk. Auch die Mediatisierung der Gesellschaften trägt zu ihrer Ent-Exotisierung bei. Satelliten-TV bringt die Katastrophen und Großereignisse in die Wohn- oder Hotelzimmer, ein Druck auf die TV-Steuerung und man ist bei den aktuellen Nachrichten auf der "Deutschen Welle" oder beim ORF digital, bleibt im Ausland à jour mit den Spielständen in der Fußball-Bundesliga. Weltweite Distribution bringt nicht nur grüne Bohnen aus dem Sahel im Winter auf die hiesigen Speisekarten, sondern ermöglichen den Genuss von Wachauer Weinen und französischem Weichkäse unter dem Stern des Südens. In den Supermärkten von Bangkok findet man deutsche Mettwurst und in Kathmandu Manner Waffeln, "german bread" und Leberkäse. Verbleibt der Gast zwei Wochen auf der fernen Urlaubsinsel, kann er sich den neuesten Bestseller von einem deutschen Buchladen via Internet ordern." (Herdin/Luger 2001, S. 10)

Der dritte oben genannte Faktor (fortschreitende kulturelle Homogenisierung) bedarf nach Ansicht von Herdin/Luger (2001, S. 10) einer Erläuterung, die mit Wolfgang Welsch's Begriff der "Transkulturalität" (Welsch 1994) geleistet werden kann. Welsch hält den Begriff Interkulturalität für überholt, da er von einem Bild hermetisch wohlabgegrenzter und eigenständiger Kulturen ausgehe. Durch Globalisierung komme es aber zu Assimilationsprozessen, was zu einer massiven Durchdringung der Kulturen untereinander und zur Bildung von Mischformen, sogenannten "Dritten Kulturen", geführt habe. Es komme zu "Monadisierungen", weil in den Kulturen fortan auch Aspekte anderer Kulturen enthalten sind, sich diese also tendenziell annähern. Auslöser u.a. sind Immigrationsprozesse, technologische Entwicklungen, die Konsumkultur und die Unterhaltungs- und Freizeitindustrie.

Es gibt also aus dieser transkulturellen Perspektive kein striktes Fremdes, aber auch kein striktes Eigenes mehr, die Trennschärfe ist verloren gegangen. Gleichartige Lebensformen durchziehen die Kulturen:

"Lebens- und Arbeitsformen der Manager in Wien und Buenos Aires ähneln sich, wie sich auch die exzentrischen Ausdrucksformen österreichischer Künstler derjenigen aus dem frankophonen Raum angleichen. Durch internationale Moden lässt sich auch eine Homogenisierung von Konsum- und Freizeitstilen ausmachen, die Generation der "Nike Kids" mit ihren Markenuniformen zwischen New York und Hongkong visualisieren dies uniform und eindeutig." (Herdin/Luger 2001, S. 10-11)

Diese drei Faktoren (neue Kommunikationstechnologien, globale Produkt- und Distributionspolitik und die fortschreitende kulturelle Homogenisierung), und v.a. das vermeintliche Wissen um die globalen Abläufe und Geschehnisse sowie das Vertrauen in eigene Weltläufigkeit wiegen nach Herdin/Luger (2001, S. 11) die Touristen in Sicherheit, und irgendwie scheint das Fremde ja bekannt. Sie fühlen sich in der Fremde fast zu Hause und sie haben nun die Annahme, das Lebensumfeld und das Land - ähnlich wie früher durch die Reiseliteratur und die Reiseführer - durch die medialen Imagekampagnen eigentlich schon zu kennen. Die Notwendigkeit, sich auf das "echte" Fremde vor Ort einzulassen, erscheint gering.

Das Fremde erscheint durch kulturelle Globalisierung seiner Distanz einerseits beraubt, andererseits aber eben deshalb (weil dem Simmel'schen Verhältnis der Nicht-Beziehung entrissen) besonders interpretierungsbedürftig. Das derart nähergerückte Fremde wird ohne Kontrollmechanismen wieder unheimlich, bedrohlich und "allzu fremd".

 

3 Grundmuster einer Kontrolle des Fremden

Kontrollmöglichkeiten des Fremden (mit - auch - touristischer Relevanz) ergeben sich grundsätzlich durch sprachliche Typisierung (vgl. Quasthoff 1973, S. 28ff.). Mit Hilfe der Sprache werden generell individuelle wie kulturelle Einstellungen gegenüber Anderen (Fremden) zum Ausdruck gebracht. Verbale Äußerungsformen, die sich auf Fremde als soziale Gruppen beziehen, werden als (1) Stereotype bezeichnet. Sie haben die logische Form eines Urteils, vereinfachen in "ungerechtfertigt generalisierender Weise und sprechen einer Klasse von Personen bestimmte Eigenschaften oder Verhaltensweisen zu oder ab" (Herdin/Luger 2001, S. 11). Im Tourismus sind Stereotype vor allem als Selektion der möglichen Reiseerfahrungen relevant.

Diese Stereotype können sich (2) kognitiv zu Vorurteilen verfestigen und damit die gegenseitige Wahrnehmung von "Andersartigkeit" kontrollieren. Sprachliche und informationelle Stereotype werden in diesem Sinne zu Handlungsorientierungen gegenüber "Fremden" (Einheimische als Fremde für Reisende, Touristen als Fremde für Bereiste).

Die Erfahrung der Andersartigkeit kann sich für Reisende im Kulturkontakt als (3) "Kulturschock" verdichten und verschiedene Reaktions- und Verarbeitungsformen (Larcher 1992) auslösen. Kontaktvermeidung und offene Lernsituationen sind die beiden Pole der Bewältigung und Kontrolle der Realität und möglichen bzw. antizipierten Bedrohung durch diesen Kulturschock.

In der psychoanalytischen Konstitution von "Eigenem" und "Fremden" wurzelt (4) die Xenophobie (Erdheim 1988) als grundsätzlich bedeutsames Muster des Umgangs mit dem "Fremden". Xenophobie tendiert dazu, unheimliche Fremdheit durch Exklusion abzuwehren. Dementsprechend gibt es exkludierende Formen des Tourismus.

Dort, wo notwendigerweise Interaktion zwischen einander "fremden" Gruppen stattfindet - wie insbesondere und konstitutiv im Tourismus - wird dies durch Varianten einer (5) Inszenierung (Goffman) der touristischen Erfahrung des Fremden durch Agenten der existenziell Betroffenen (also im wesentlichen durch Tourismusanbieter) kontrolliert und gestaltet. Die Trennung und folgende Beziehung zwischen "Vorderbühne" und "Hinterbühne" ist das auch für den Tourismus zentrale Kriterium dieser Inszenierung.

3.1 Stereotype und Vorurteile

Stereotype sind an sich hilfreich bei der Einordnung und nicht notwendigerweise a priori negative Einschätzungen. Sie besitzen aber gem. Herdin/Luger (2001, S. 11) die "Eigenschaft, schwer korrigierbar zu sein, da sie schon vor der Begegnung mit Fremden bestehen und - der Theorie der kognitiven Dissonanz zufolge - eher eine Bestärkung finden, weil Menschen ihre Einstellungen lieber bestätigt sehen und daher eher vertraute Übereinstimmung mit neuer Erkenntnis als in Widerspruch dazu erfahren wollen." Widerspruch, der eine Umorientierung nach sich ziehen könnte, wird vermieden. Gudykunst/Kim folgern daher, dass eine Stereotypisierung das "natürliche" Resultat jedes Kommunikationsprozesses ist: "We cannot not stereotype." (Gudykunst/ Kim 1992, S. 91)

Im Tourismus werden Stereotype immer wieder und fast notwendigerweise von Reiseführern in ihrer Funktion als vorbereitende Literatur für den touristisch Reisenden definiert und vermittelt. Reiseführer sind Gebrauchsliteratur (Gorsemann 1996). Sie geben Auskunft über eine Stadt, eine Region oder ein Land, informieren über Sehenswürdigkeiten, wie zum Beispiel Kunst- und Kulturdenkmäler, über Geschichte und Länderkunde. Des Weiteren sind praktische Hinweise zu Übernachtungs- und Einkaufsmöglichkeiten, zu Ein- und Ausreiseformalitäten, wichtigen Kommunikationsthemen (Glossare) etc. vorhanden. Sie sind abzugrenzen von Reiseberichten, Reisetagebüchern, Reiseromanen (Link 1963).

Reiseführer sind definierte Routen des Fremderlebens. Sünwoldts (1992) Analysen zur Stereotypenvermittlung auf Stadtrundfahrten lassen sich daher unmittelbar auf das ganze Genre der Reiseführerliteratur übertragen. Sie stellt sie die These auf, daß es sich bei "Stadtrundfahrten" um eine sehr kompakte Situation von Stereotypenvermittlung handelt (Sünwoldt 1992, S. 73): Stadtrundfahrten bringen die Stadt nicht als Lebenswelt ihrer Bewohner nahe, sondern eben nur in stereotyper Weise. Auf der Rundfahrt werden nur Orte angefahren und kommentiert, die auch in der Fremdenverkehrswerbung präsentiert werden. Die Gebiete zwischen den Sehenswürdigkeiten werden ignoriert, als Verbindungsstrecken degradiert. So fügen sich die sehenswerten Teile des Stadtbildes zusammen zu einem Bild der Stadt, das mit dem bewohnten, belebten Raum der BewohnerInnen kaum Gemeinsamkeiten hat. Ähnliches wird in den Arbeiten zur kritischen Reiseführeranalyse (Lauterbach 1992a/b, Fendl 1993, Heydenreich 2000, Poenicke 2001, Schmid 2003) nachgewiesen: Reiseführer vermitteln Stereotype durch ihre (a) Vorauswahl des Sehenswerten (nicht Ausgewähltes wird als unerheblich definiert, vgl. Fendl 1993); darüber hinaus (b) durch Vorinformation über Land und Leute (diese werden dann so wahrgenommen, wie es im Reiseführer vorweg genommen wurde, vgl. Lauterbach 1992b, S. 55), und (c) durch die Projektion eigener Interpretationsmuster auf fremde Kulturen und Kontexte (Heydenreich 2000, Schmid 2003).

Helfen Stereotype im Diskurs der Differenzierung als kognitive Formeln der Umweltbewältigung und damit zur Verhaltensstabilisierung, so drücken Vorurteile (s. Herdin/Luger 2001, S. 12f.) in affektiv-emotionaler Weise eine Antipathie gegenüber einer Gruppe oder einzelner ihrer Mitglieder aus. Ein an sich ebenfalls neutrales "Vor-Urteil" kann ebenso wie ein Stereotyp auf stabilisierte Erkenntnis abzielen, in den Prozess der Erkenntnisgewinnung eingebunden sein und ist per se nicht negativ zu sehen. Die negative Konnotation erfährt der Begriff "Vorurteil" erst ab dem Zeitpunkt, wenn die Bereitschaft zum Verstehen aufgegeben wird und das Vorurteil anstelle des Endurteils tritt. (vgl. Ehlich 1998, S. 17): Vorurteile sind dann "auf negativen Einstellungen basierende, hochgradig verfestigte, generalisierende und nur auf Minimalinformation beruhende Urteile und Aussagen über Personen, Gruppen oder Objekte." (Herdin/Luger 2001, S. 12)

Persönliche Kommunikation bildet nach Herdin/Luger (2001, S. 12-13) in der Vermittlung und Festigung von Vorurteilen die wichtigste Quelle. Erzählungen und Alltagsgespräche bilden die Grundlage von vorurteilsverzerrten Einstellungen gegenüber Anderen, die in vielen Fällen den realen Kontakt mit der Fremdgruppe ersetzen. Je weniger unmittelbarer Kontakt mit einer solchen besteht, umso besser können sich Vorurteile in "reiner" Form erhalten. Aber auch der unmittelbare Kontakt führt nicht grundsätzlich zum Abbau von Vorurteilen. Das zweitwichtigste Medium der Vorurteilsvermittlung stellen sicherlich die Massenmedien dar, da sie über gesellschaftliche Eliten (Politiker, Prominente, Journalisten etc.) Formen und Intensität des Vorurteilsdiskurses mitbestimmen. Fast immer ist die Vorurteilskommunikation gegenüber Anderen mit positiver Selbstdarstellung und Selbst-Stereotypen verbunden.

Vorurteile im Tourismusgeschehen sind einerseits Teil derselben Vor-Strukturierung, die über Medien, Reiseführer und genormte Tourismusrouten (s.o.) die Informationen über die fremde Wirklichkeit vordefinieren. Vorurteile haben jedoch stärker als letztlich "nur" selegierende Stereotype einen konkrete Interaktionen prägenden Effekt. Vorurteile definieren vor allem ein hierarchisches Bild der Relation Reisende - Bereiste, das für Touristen eine Position der Überlegenheit bei konkreten Begegnungen definiert. Martina Backes (2003) bringt dies (mit Blick auf mögliche positiv-verklärende Wahrnehmungen hinsichtlich der Bereisten) auf den folgenden Punkt:

"Auch das positive Vorbild eines naturharmonischen Lebensstils ändert nichts an der Tatsache, dass man aus einer Art Überlegenheitsgefühl heraus urteilt. Der auf Exotik ausgerichtete Blick ignoriert, dass die eigene soziale und ökonomische Absicherung den romantisierten Einheimischen meist nicht zuteil wird. Zudem verschwindet hinter einer selbstbezogenen Wahrnehmung das Individuelle des Gegenübers. Der selektive Blick auf eine schöne bunte Welt, auf pittoreske Dörfer und harmonische Lebensweise macht ein gegenseitiges Kennenlernen schwierig. Das ständige Wiederholen dieser Muster, die nicht selten auf exotistische und rassistische Vorurteile rekurrieren, bewirken eine wenngleich unbewusste Verweigerung gegenüber anderen Realitäten. Der Tourist mit seiner auf exotische Fremdheit geprägten Sicht erkennt nicht, dass der Student im Trainingsanzug auf dem Busbahnhof in Nairobi der gleiche ist wie der "stolze Krieger" vor der Massai Mara Lodge im Safaripark. Und noch etwas ist wichtig: Viel mehr als kulturelle Prägung schaffen soziale und materielle Ursachen tiefe Gräben zwischen Bereisten und Reisenden. Die exotische Symbolik im Tourismusgeschäft verstärkt die Ignoranz dieser Wirklichkeit gegenüber." (Backes 2003, online)

3.2 Kulturschocks und ihre Bewältigung

Durch die Begegnungen mit einer anderen Kultur kann - trotz stereotypisierender Vorinformation und Fremdkontrolle durch Vorurteilsbildung - auch beim Touristen ein Gefühl der Hilflosigkeit, der Angst und Aggression hervorgerufen werden. Es prallen verschiedene kulturelle Perspektiven aufeinander, die eigenen vertrauten Codes haben plötzlich keine Gültigkeit mehr. Die Handlungen der Fremden erscheinen kaum Sinn zu geben und die eigenen Möglichkeiten sich auszudrücken, schlagen noch fehl. Es kommt zu Missverständnissen, solange nicht die Abstimmung aufeinander möglich ist. Dies hat schon 1959 der amerikanische Anthropologe Edward T. Hall (hinsichtlich der Wahrnehmung japanischer Kultur durch amerikanische Reisende) auf den Punkt gebracht:

"Zuerst sehen die Dinge in den Städten ganz gleich aus. Es gibt Taxis, Hotels mit heißem und kaltem Wasser, Theater, Neonlichter, sogar hohe Gebäude mit Fahrstühlen und ein paar Leute, die Englisch sprechen können. Ziemlich bald entdeckt der amerikanische Besucher, dass unter der bekannt scheinenden Oberfläche sehr starke Unterschiede existieren. Wenn jemand "ja" sagt, dann heißt das oftmals keineswegs "ja", und wenn die Leute lächeln, heißt das nicht immer, dass sie erfreut sind. Wenn der amerikanische Besucher eine hilfesuchende Geste macht, könnte er schroff abgewiesen werden; wenn er versucht, freundlich zu sein, passiert nichts. Leute sagen ihm, dass sie Dinge tun werden, aber sie tun sie nicht. Je länger er dort ist, desto rätselhafter sieht für ihn das neue Land aus ..." (Hall 1959, S. 59, Übersetzung zitiert nach Zeuner 1998, online)

Dieses Phänomen, das seit der Analyse der amerikanischen Anthropologen Oberg (Oberg 1960) als "Kulturschock" bezeichnet wird, definierte in neuerer Zeit und in einer für den touristischen Kontext brauchbaren Weise Dietmar Larcher (1992) als:

"mein unvermitteltes Bekanntwerden mit jedem sozialen Phänomen in einer mir wenig vertrauten Gesellschaft oder Teilgesellschaft, das in mir spontan alle möglichen Arten von Irritation, Erschrecken und Abwehr hervorruft, weil es meinen tiefsitzenden Vorstellungen über die angemessene Deutung der Welt, die Normen des vernünftigen Zusammenlebens und des richtigen Handelns ziemlich genau entgegengesetzt ist." (Larcher 1992, S. 24)

Ein Kulturschock und seine Verarbeitung ist ein Prozess der Begegnung mit, der Reaktion auf und schließlich der Kontrolle von Fremdheit. Larchers Konzept ist eigentlich auf längerdauerende Auslandsaufenthalte hin entwickelt, lässt sich jedoch m.E. auch auf touristisches Fremd-Sein während kürzerer Reisen übetragen. Larchers Phasenmodell lässt sich daher wie folgt im Kontext touristischer Fremdkontakte modifizieren (vgl. auch Ungermann 2003):

Phase 1 (Ankunftseuphorie):
Am Zielort ist vieles anders, interessant und anregend. Der/die Reisende ist wissbegierig, begeistert und fühlt sich wie ein Ethnologe, der das tägliche Leben an allen Fronten erforscht. In dieser Phase stehen eher die positiven, angenehmen Seiten der unbekannten Kultur im Vordergrund, ein allgemeiner Optimismus bis hin zur Euphorie kann vorkommen.

Phase 2 (Ernüchterung und Irritation):
Nach einer Zeit des Hochs beginnt die unangenehme, störende Seite des Da-Seins und Lebens am neuen Ort aufzufallen. Larcher grenzt körperlich-wahrnehmbare Unterschiede (Lebenswelt im Sinne von Infrastrukturen, Vegetation etc.), sinnliche (Lebenswelt im Sinne von Klima, Hygiene etc.) und kulturelle Differenzen (Lebenswelt im Sinne von vorherrschenden Gesellschaftsstrukturen, Sitten etc) ab. Die eigene Gemütslage verschlechtert sich und die Zufriedenheit nimmt ab.

Phase 3 (der eigentliche Kulturschock):
Dieser ist die irritierte und stressgeladene Reaktion des in die nunmehr als befremdlich empfundene Kultur versetzten Menschen. Je nachdem, in welchem Ausmaß die drei o.a. Dimensionen auf den Einzelnen einwirken und in wie weit dieser in der Lage ist, die neuen Erfahrungen zu verarbeiten, werden unterschiedliche Reaktionen sichtbar, und Kulturschock ist auch eine individuelle Angelegenheit hinsichtlich Zeit, Intensität und Symptomen, wobei auch die persönliche Einstellung und der Umgang mit dem Kulturschock eine große Rolle spielen. Kulturschock-Symptome äußern sich sowohl in auf die eigene Person als auch in auf die Umwelt gerichteten psychische Reaktionen. So kann es (1) zu einer starken Abgrenzung gegenüber der Umgebung kommen, da sich eine Flucht nach Innen vollzieht, die bei längeren Aufenthalten mit Selbstzweifeln, Minderwertigkeitsgefühlen etc. einhergehen können. Ein starkes Verlangen, wieder in eine vertraute Umgebung zu gelangen, stellt sich zumeist ein (und wird im touristischen Kontext mit dem "tourist bubble" (s.u.) und der Gestaltung der Unterkünfte als "Heimat-Oase" bewältigt). Andererseits können aber auch (2) äußerlich sichtbare Reaktionen, wie z.B. Unbeherrschtheit oder zwanghafte Verhaltensmuster, wie z.B. übertriebene Hygiene, auftreten. All diese Symptome erzeugen wiederum Stress, da sie in gegenseitiger Wechselwirkung stehen somit die ohnehin überspitzte Gefühls- und Erfahrungswelt auf Grund der neuen Umgebung noch verschlimmern können.

Phase 4 (Anpassung und Überwindung des Kulturschocks):
Die Anpassung an die fremde Kultur beginnt bei längeren Aufenthalten nach einigen Monaten. Man ist wieder positiver eingestellt, fühlt sich besser, beherrscht wesentliche Verhaltensregeln und Umgangsformen, kann sich verständigen, lernt Leute kennen, beginnt sich zu Hause zu fühlen. Man empfindet gewisse Aspekte des Lebens vor Ort einfach als angenehmer oder unangenehmer als in der Heimat und sieht mit einem realistischen Blick die Vor- und Nachteile des Gastlandes. Bei kürzeren Aufenthalten in der Fremde kann durch Antizipation von Kulturschock-Erfahrungen und -Gefühlen und durch bewusste Toleranz und Aufgeschlossenheit gegenüber dem Fremden und Neuen eine Anpassung durch "Vermeidung von Kulturschock" erreicht werden. Dies ermöglicht einen von Anfang an realistischen Kontakt mit den fremden Kultur- und Gesellschaftsformen und fördert letztlich die Integration, da man hierbei lernt, die guten Seiten andersartiger Lebensweisen zu sehen und zu probieren, ohne seine eigene Haltung aufgeben zu müssen.

Gleichzeitig ist die sozialwissenschaftliche Interpretation des Kulturschock-Konzeptes ein wichtiger Weg zur verstehenden Deutung von Alltagskultur. Kulturschock kann zu einer positiven Herausforderung werden, die ein Nachdenken über das Eigene und Fremde in Gang setzt und vorantreibt. Dieser Lernprozess führt zu einem psychischen Wachstum und größerem Selbstverständnis. Reflektierte Kulturschocks gehören unvermeidlich zum Weg der Verständigung überall dort, wo Menschen unterschiedlicher Sprachen und Kulturen zusammentreffen oder zusammenleben.

3.3 Xenophobie: Kulturschock-Vermeidung durch Stereotypie

"Unbeholfenheit im Umgang mit Menschen anderer Kulturen und Angst vor dem Fremden, die Auslöser von Kulturschock sein können, schlagen sich als Xenophobie nieder" (Herdin/Luger 2001, S. 15), die Gegenstand ethnopsychoanalytischer Forschung ist. Mario Erdheims (Erdheim 1988) Analysen entsprechend gründen xenophobe Angstphantasien bereits in der frühkindlichen Entwicklung. Säuglinge entwickeln ein Bild der Mutter, aber auch ein solches der Nicht-Mutter, als "Prototyp" des Fremden, das als Bedrohung empfunden werden kann und mit Trennung in Verbindung gebracht wird. Das Fremde kann als etwas Anziehendes, Begehrenswertes, Exotisches interpretiert werden, wenn eine grundsätzliche Vertrauensbasis gelegt wird (s.u.). Aber es kann auch als etwas Furchterregendes empfunden werden, als "Böses von außen". So wird schon früh der Grundbaustein für eine offene oder geschlossene Geisteshaltung gelegt: "Erhalten sich in der Ablösung von der Mutter die Grundmuster der psychischen Abwehr, baut sich die Fremdenrepräsentanz zum Monsterkabinett auf. Das Fremde wird zum Inbegriff des Bösen, Gemeinen, Hässlichen, das Verhältnis zu ihm in erster Linie ein xenophobes Macht- und Verteidigungsverhältnis, als ob vom Fremden nur Zerstörung drohen könnte." (Herdin/Luger 2001, S. 15)

Herdin/Luger weisen auch darauf hin, dass eine xenophobe Grundstimmung nicht nur anderen Kulturen feindlich und ablehnend begegne, sondern auch jenen Bereichen der eigenen Kultur, die "anders" sind - was Freud als "inneres Ausland" bezeichnete - oder als "entartet" betrachtet werden, wie etwa tabuanrührende Kunst, weil eine damit stattfindende Auseinandersetzung eine Identitätsbedrohung bilden und das "Volksempfinden" stören könnten.:

"Xenophobie hat daher eine Psychogenese und eine Soziogenese, wobei letztere im Rahmen des Enkulturationsprozesses erst erworben wird, weil z.B. Vorurteile als Teil der Erziehung von den Eltern an die Kinder weitergegeben werden. Angstphantasien, die auf Fremde projiziert werden, gehören zu den Ursachen für die Produktion von Fremd- und Feindbildern, von deren Existenz man auf die Veränderungspotenziale einer Gesellschaft schließen kann. (Herdin/Luger 2001, S. 15)

Je stärker sie historisch verwurzelt sind und durch den Sozialisationsprozess eingelernt wurden, desto schwieriger werden nach Erdheim (1984) Vergangenheitsbewältigung und in der Folge Gegenwartsbewältigung.

Die xenophobe Variante der Kontrolle des Fremden hat gewiss zu ganz spezifischen Formen des Tourismus mit beigetragen, die das Element einer "Kontrolle durch Exklusion" beinhalten. Bedrohlich-Fremdes wird etwa von vornherein (1) durch Einschränkung des Reisens auf das eigene Land oder zumindest den vertrauten Kulturkreis vermieden. Für solche Reiseentscheidungen sind sicher auch etliche andere Faktoren maßgeblich, wie Urlaubsmotive (vgl. Mörth et al. 2002), Erreichbarkeit mit dem PKW, Wunsch nach individueller Planung und Gestaltung des Arrangements etc., doch sind xenophobe Bewusstseinslagen als Hintergrund für ansonsten nicht mehr erklärbare Unterschiede der Präferenz für einen Urlaub im eigenen Land anzusprechen. So machten z.B. 2001 17 % der Belgier, aber 37 % der Niederländer Urlaub zuhause, und auch Portugiesen (80 % Urlaub zuhause) unterschieden sich signifikant von den vergleichbaren Spaniern (92% Urlaub zuhause; s. Schmidt 2003).

Bedrohlich-Fremdes wird (2) durch bestimmte Reiseformen exkludiert. Dazu gehören (a) der Club-Urlaub und (b) die Kreuzfahrt. Wer - noch dazu zumeist "all inclusive" - in den modernen, im wahren Wortsinn "exklusiven" Feriendörfern oder an Bord eines Kreuzfahrtschiffes urlaubt, kann sicher sein, dass Fremdes nicht in bedrohlicher Weise das Urlaubsidyll animierter Unterhaltung unter Gleichgesinnten und kulturell Vertrauten stören kann. (Land-) Ausflüge, die Fremdes in homoöpathischen Dosen vermitteln, sind frei wählbare Zusätze, nicht aber Kern des gesuchten Reiseerlebnisses.

3.4 Interaktive Inszenierungen

Zu den Grundmustern einer "kontrollierten Begegnung" im touristischen Kontext gehört sicher das Problem des Umgangs der Einheimischen (Bereisten) mit den TouristInnen (Reisenden, Fremden).

Um diese konstitutive Beziehung zwischen Touristen und Einheimischen zu charakterisieren, bietet sich als Erklärungsmuster Erving Goffmans Metaphorik und Interaktionsmodell (Goffman 1983) an. Um menschliche Interaktionen in ihren Grundsätzen darzustellen, bedient sich Goffman der "Theateranalogie" und verficht radikal Shakespeare's Diktum "all the world's a stage and all the men and women merely players". Metaphern wie Vorderbühne ("frontstage"), Hinterbühne ("backstage"), Selbstdarstellung, Publikum etc. werden in seiner Analyse verwendet. Goffman geht wesentlich davon aus, dass "Wir alle" im Alltag Theater spielen, uns notwendigerweise inszenieren. Beispiele, die Goffman selbst bringt, um seinen Theater-Begriff zu erläutern, haben nicht zufällig auch mit dem Tourismus zu tun. Da ist von einem in Spanien urlaubenden Engländer die Rede, der am Meeresstrand alle möglichen Identitäten ausprobiert, um sich als Fremder Respekt zu verschaffen, und da ist die geschickte Kellnerin auf Goffman's für seine Interaktionstheorie untersuchten Shetland-Insel, die sich als strenge Herrin geriert, um nicht die Kontrolle über die Gäste zu verlieren. Begriffe aus der Welt des Theaters, so scheint es, lassen sich besonders dort aktivieren, wo es zu Verhaltensunsicherheiten kommt, wo Fremdheiten aufeinander treffen und soziale Widersprüche raffinierte Kodierungen nötig machen, wie eben notwendigerweise im Feld des Tourismus.

3.4.1 Touristen als Publikum und Mitspieler

Die "Inszenierungsthese" konkret und gezielt auf den Tourismus übertragen heißt, so Herdin/Luger (2001, S. 16f.), dass Touristen das Publikum in einer Inszenierung der einheimischen Darsteller spielen. Diese einheimischen Protagonisten agieren als freundliche Gastgeber auf der Vorderbühne. Ihre wahre Identität geben sie nur auf der Hinterbühne preis. Diese Hinterbühne bietet den Zufluchtsort, an dem man sein eigenes Leben lebt, der eigenen Identität bewusst wird und sich auch zum Schutz vor Gästen zurückzieht. Deshalb grenzen die touristischen Akteure die Hinterbühne vom Publikum der fremden Gäste ab, um einerseits ihren persönlichen Freiraum zu sichern und andererseits die Perfektion touristischer Inszenierung nicht zu stören. Aber auch die Grenze zwischen Hinter- und Vorderbühne ist Teil der touristischen Inszenierung:

"Der Schutz dieser Hinterbühne ist dort wichtig, wo Touristen in großer Zahl auftreten, "Gäste" zu zahlenden "Kunden" werden, und ein entsprechend professionelles Management der Klientel notwendig ist. ... Zugang zu dieser Hinterbühne zu haben gilt daher als "besondere Auszeichnung", die beispielsweise in Tirol nur den treuesten Stammgästen gewährt wird. Über die Jahre entwickelte Beziehungen, speziell im Segment des Familienurlaubs in Ferienpensionen, werden seitens der Vermieter mit der Preisgabe ihrer Privatheit und der Aufnahme gewissermaßen freundschaftlicher Beziehungen zu den "lieben Gäschten" belohnt." (Herdin/Luger 2001, S. 17)

Wenn Touristen zu "Stammgästen" werden, wird also die Grenze zwischen Vorder- und Hinterbühne durchlässig, und Besucher wie Gastgeber inszenieren gemeinsam so etwas wie eine "Zwischenbühne", auf der das neue Spiel "freundschaftliche Einbeziehung" der Stammgäste stattfindet. Seán Damer hat diese fortgeschrittene Variante des touristischen Spiels für die griechische Insel Symi in einer auch sonst interessanten Studie herausgearbeitet:

"In interviews tourists, especially repeat tourists, also spoke equally frequently of the "friendliness" of the natives. More mantras were chanted: "the locals are so friendly;" "they were very friendly people;" and "90% of the locals are kind and helpful people." ... what is going on here is a negotiation of friendships which apparently transcend local/incomer dichotomies. These repeat tourists are negotiating an insider status which allows them to become part-time, or 'honorary' members of the Symiaki community, and thus lose their anonymity as 'tourists'. The Symiaki, for their part, are perfectly willing to accommodate such negotiations, and temporarily allocate local status to known repeat tourists. They greet them like old friends, enquire after their families, exchange local gossip, give them a free beer or free wine with their first meal, and include them in all the repertoire of small gestures which makes a tourist feel that s/he is 'on the inside' of the action. The Symiaki are very skilled performers in these roles. But it would be a mistake to think that it was all staged. Some locals - a few - are indeed friends with some tourists." (Damer 2002, S. 7-8, Hervorh. I.M.)

3.4.2 Grenzüberschreitungen auf der Suche nach dem "Authentischen"

Aber auch für die "flüchtigen" Touristen (das "normale" Publikum einer dichotomen Inszenierung im Sinne Goffmans) ist es auf der Suche nach vermeintlich "Echtem", "Authentischen" zunehmend interessanter geworden, einen Blick hinter die Kulisse zu werfen, um das "wahre" Leben zu erleben. Es genügt vielfach auch bei der ersten Reise in eine fremde Welt nicht mehr, die angebotenen Vorstellungen - vom schuhplattelnden Schaubrauchtum in den Tiroler Bergen bis zum auf tourismusgerechte Länge gekürzten Kriegstanz der Massai in Kenia - die Vorderbühnenshow staunend zu konsumieren. Ein Gefühl der Echtheit ist immer wieder gefragt, das durch einen realen oder nur vermeintlichen (weil wiederum geschickt inszenierten) Blick auf die Hinterbühne abgestrebt wird.

Diese angestrebten und im touristischen Alltag immer wieder versuchten Grenzüberschreitungen können aber, wie Herdin/Luger (2001, S. 17) feststellen, neuerliche Missverständnisse und Probleme provozieren. So stellt in vielen Kulturen schon das Fotografieren eine Verletzung des Intimbereiches der Einheimischen dar. Ablehnung und Aggression seitens der Bereisten und Irritation wie Schock bei den Touristen können Folgen derartiger Probleme bei unmittelbaren Grenzüberschreitungen sein.

Eine Fülle von entsprechender, die Grenze der Vorder- und Hinterbühne thematisierender "Reise-Knigge-Literatur" bzw. auch andere spezielle Medienhilfen versuchen diesen Defiziten ein Abhilfe zu verschaffen (allgemein im Sinne von "Respektvoll reisen" siehe z.B. Friedl 2002a/ 2002b, speziell zu Nordafrika s. Baumgartner (2003), zu Indien s. Krack (2002), zu verschiedenen Regionen siehe die "SympathieMagazine" des Studienkreises für Tourismus und Entwicklung (inzwischen 43 Editionen; (2000f.)). Da es eben die Touristen sind, die in geschützte Bereiche der bereisten Kulturen vordringen, müssen sie entsprechende Vorleistungen, d.h. Vorbereitung auf die Fremdheit ihres Reiseziels und den angemessenen Umgang mit der Bühne touristischer Inszenierung, leisten. Sie müssen sich, gerade wenn sie die "echte" Kultur der Gastgeber ernst nehmen wollen, auf ihre Rolle im Theaterspiel der touristischen Begegnung vorbereiten. In touristischen Unternehmen sind insbesondere Reiseleiter als "Zeremonienmeister" dafür verantwortlich, die Grenzen der Bühnen sichtbar zu machen oder sie für beide Seiten zu entschärfen und Konflikten vorzubeugen (vgl. hier Hennig 1997).

Um Verhaltens- bzw. Erwartungssicherheit zu geben und das Risiko von Missverständnissen zu reduzieren, haben die Kulturen ihre eigenen Rituale der Begegnung und der Abgrenzung entwickelt (vgl. Vester 1999). Auch im Tourismus beschränken typische Begegnungsrituale und Inszenierungen die Risiken der Interaktion auf ein erträgliches, Tourismus insgesamt defnierendes Maß:

"Geschenke überreichen, Begrüßungen beim Einstieg in das Flugzeug, Glücksschals um den Hals beim Abschied vom Himalaya, Welcome Drinks an der Hotel-Rezeption, Zeremonien und Stammeskultur in Clubhotels wie Spiele, Animation, Wettbewerbe und die Anrede beim Vornamen, der Empfang der Allerliebsten nach dem Urlaub, die soziale Anerkennung als Weltreisende durch die Freunde, die Urlaubsvideos und -dias über sich ergehen lassen - das System der symbolischen Ordnung zeigt, wie fest Urlaub und Reise in den Gesellschaften kulturell verankert ist" (Herdin/Luger 2001).

 

4 Zentrale Muster kontrollierter Fremdheit im Tourismus

4.1 Exotismus und exotistische Verklärung

Das erste früher wie heute spezifisch als touristisch im engeren Sinne definierbare Muster der Kontrolle des Fremden ist der Exotismus. Im Exotismus übt - in Antithese zur Xenophobie - das Andere eine (exotische) Anziehungskraft aus, in der Phantasie wird das Fremde zur positiven Projektion zum Schönen und Besseren. Eine solche Grundhaltung entwickelt sich psychoanalytisch gesehen während der Adoleszenz mit der Ablösung vom Elternhaus, in das eine Rückkehr aber jederzeit möglich ist. Im Tourismus findet sich diese Haltung als zentrales Reisemotiv wieder (Herdin/Luger 2001, S. 15). Die Überschreitung der eigenen Kulturgrenzen, aber doch im Rahmen des Sicherheitsnetzes, das die - organisierte - Reise bildet, die affektive Zuneigung zu den fabelhaftesten und attraktivsten Seiten der Fremde, ohne diese in ihrem vollen Umfang mit allen möglichen negativen Seiten akzeptieren zu müssen - das ist eine zentrale Verheißung der gegenwärtigen touristischen Illusionsproduktion und eben deshalb ein wirksames Mittel der Kontrolle von Fremdheit im Tourismus.

Exotismus und exotistische Verklärung ist auch Teil einer langen Kulturgeschichte der "europäisch-überseeischen Begegnung" (Bitterli 1976), in der die Projektion des "edlen Wilden" (Stein 1984) und die Illusion einer ursprünglichen, unzivilisierten Gesellschaft die frühe Reiseliteratur vom 16. bis zum 19. Jahrhundert (s. Koebner 1987) ebenso prägte wie die wissenschaftliche Bestandsaufnahme der aufkommenden Ethnologie, Ethnographie, "Missionswissenschaften" und Anthropologie vom 18. bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (vgl. z.B. Schwarz 2001). Nicht eine "dichte Beschreibung" der Realität einer fremden Kultur, wie dies später der amerikanische Kulturanthropologe Cliffod Geertz als Methode der Erkenntnis vorschlug (Geertz 1991 (zuerst 1973); vgl. hier auch Fröhlich/Mörth 1998), sondern nach wie vor eine "dünne", plakative Abbildung wie schon in den allerersten "exotistischen" Reiseberichten (s. z.B. Staden 1556) mit Augenmerk auf vermarktbare Sensationen prägt daher die gegenwärtige Tourismuswerbung und -darstellung.

Fremde Kulturen werden aus Marketinggründen und zur Befriedigung einer exotischen Verklärung wie einst als Teil einer exotistischen Reiseliteratur als "Gegenwelt" stilisiert, damit sie als Reiseziel und als ästhetische Faszination verwertbar bleiben. Die Chance, als Reisender sein Gegenüber im Sinne eines proaktiv bewältigten Kulturschocks (s.o., Phase 4) wirklich zu "erfahren", wird damit aber verkleinert. Denn das echte Verstehen der Kultur eines Volkes würde dazu führen, seine Normalität zu enthüllen, ohne dass seine Besonderheit dabei zu kurz kommt. Das machte sie gewissermaßen "erreichbar" (Herdin/Luger 2001, S. 16). In den Kontext ihrer eigenen Alltäglichkeit gestellt, schwindet dann die Unverständlichkeit fremder Kulturen. Genau dies verhüllt aber die exotistische Verklärung im Tourismus, ihre "utopische Projektion" ist von einer Ambivalenz zwischen Abwertung und Überhöhung geprägt, und "diese Ambivalenz macht aus dem Fremden eine ideale Projektionsfläche." (Erdheim 1993, S. 168). Andreas Obrecht (1995) hat diese besitzergreifende Projektion auf eine exotische Fremdheit im Anschluss an Michel Foucault ("Überwachen und Strafen") und M. de Sade auch treffend als "kolonialen Panoptismus" bezeichnet: ein Zustand permanenter (exotisierender) Sichtbarkeit der fremden Kultur ist wie die überwachende Sichtbarkeit in einem Gefängnis zu sehen und stellt dergestalt auch das automatische Funktionieren der (kolonialen) Macht des projizierenden Touristen sicher, der etwa als "wandelnder Fotoapparat" fremde Kultur "panoptisch" defniert (s.u.).

In einer Untersuchung über deutsche Reiseführer zu Ländern Afrikas kommt dementsprechend Anke Poenicke (Poenicke 2001, zit nach dem Vorbericht in Goethe 2000) zu dem Resultat, dass vor allem die Projektionen, Sehnsüchte und Klischees der Reisenden bedient (und damit panoptisch ausformuliert) werden, anstatt ein einigermaßen realistisches Bild der betreffenden Länder zu zeichnen. Am Beispiel Kenia wird gezeigt, dass die Fotoauswahl, die in der Hauptsache aus Löwen, Elefanten etc. besteht,

"beim schnellen Durchblättern den Eindruck relativ menschenleerer Gebiete (erweckt), und wenn dann Menschen vorkommen, sind es meist Massai oder ähnlich traditionell gekleidete Menschen - Städter oder Städterinnen sind bei den Großaufnahmen rar." (Poenicke 2001, zit. nach Goethe 2000, S. 30)

Touristinnen werden demgegenüber selbstsicher, gut gelaunt und zum Teil in einem an die Kolonialzeit erinnernden Tropenoutfit gezeigt. Kaum ein Reiseführer zu Kenia kommt ohne den Hinweis aus, dass es etwas zu 'entdecken' bzw. zu 'erobern' gäbe, was ebenfalls an koloniale Herrschaftsverhältnisse erinnert. Die Bewohnerinnen des Reiselandes werden in Ethnien, Stämme und Völker unterteilt und mit Attributen versehen:

"Man erfährt von 'flinken Kikuyus', 'stolzen Massai' und 'kriegerischen Turkana'. Kriegerisch scheinen aus deutscher Sicht überhaupt viele Kenianer zu sein, was aus der Geschichte der eigenen Gesellschaft einigermaßen bizarr anmutet." (ebenda)

Menschen und Tiere werden häufig vergleichend dargestellt und Parallelen zwischen dem Artenreichtum der Fauna und der Mannigfaltigkeit der Ethnien gezogen. Poenicke kommt deswegen zu dem Schluss:

"Das Bild, das bleibt, ist sonst weiterhin das eines Landes (bzw. in der üblichen Verallgemeinerung eines Kontinents), in dem nur oder vor allem die Europäer agiert haben und agieren, die Kenianer (bzw. die Afrikaner) aber als passive und anonyme Masse in statischen Gesellschaften schon immer gelebt haben und am liebsten weiterhin leben." (ebenda)

Auch in anderen Ländern scheinen Menschen mit Tieren verwandt. So heißt es z.B. in einem Indienführer: "Die Frauen, farbenfroh wie Papageien, weben prächtige Blusen, Röcke und Umhänge." (Merian 1999, zit nach Vogel 2002). Die Farbenvielfalt legt ein verbreitetes Bild nahe: Die Menschen in der Dritten Welt sind arm, aber glücklich. Im selben Reiseführer heißt es treffend (s. Vogel 2002, S. 81): "Wenn es regnet, schimmert der Marmor des Taj (Mahal, C.V.) wie Milch und alle sind glücklich." Vogel meint zu Recht, dass angesichts der gesellschaftlichen Verhältnisse gerade in Indien solche Ausführungen getrost als pure (exotistische) Projektionen gekennzeichnet werden können.

Vogel (2002, S. 81ff.) zeigt auch, dass in Reisekatalogen, einer weiteren wichtigen Quelle zur Information über eine Reiseland (s. Bertram 1997, S. 106), das Reiseziel als Projektionsfläche der Reisenden dient. Menschen tauchen entweder erst gar nicht auf, wie in einer Broschüre der Donauschifffahrtsgesellschaft Arosa, wo zwar viel von Kultur, der "stolze(n) Puzsta" und Städten, "deren Weltoffenheit schon Geschichte gemacht hat" die Rede ist (Vogel 2002), aber nie von den BewohnerInnen der beschriebenen Reiseziele, oder sie dienen allein

"'the desire to gaze, analyse, but ultimately subordinate those who are the Other in order to confirm one's own identity and reinforce the comforting discourse of superiority', wie J. Olsen schreibt." (zit nach Vogel 2002, S. 81)

In einer Arbeit über den (exotistischen) 'weißen Blick', der sich in Reisekatalogen manifestiert, beschreibt Jess Olsen (1998), wie Bilder und damit auch die erwartete Reiserealität produziert werden. Menschen und Länder werden so zur leicht konsumierbaren Ware, auch wenn dies nur im heimischen Sessel geschieht:

"The consumer can simultanously experience not only the delights of Tunesia and Turkey at a flick of the page but also view the same standardised sun, sand and sea image in virtually every location." (Olsen 1998, S. 2)

Frauen scheinen in den Katalogen eine zentrale Rolle für die exotistische Verklärung der Fremde zu spielen. Sie erscheinen insbesondere als Symbol lockender Gastfreundschaft:

"Wer kennt nicht die Bilder von traditionell gewandeten, attraktiven Frauen, die mit einem Blumenschmuck (z.B. in Hawaii) oder Früchten auf den Titelseiten von Katalogen und Reiseführern prangen. Bei solchen Bildern fragt man sich unwillkürlich, ob die dargebotenen Pflanzen oder die Frauen zum Konsum bereit stehen. Ganz im Einklang mit dem verbreiteten Klischees von Reise als Entdeckung und Eroberung, dienen auch die Frauen als Konsumobjekt und das nicht allein im Sextourismus." (Vogel 2002, S. 82).

4.2 Einverleibung und "tourist bubble"

Neben der exotistischen Verklärung und Vermarktung des Fremden ist die Einverleibung der Fremde und die Produktion einer touristischen Sonderwelt ("tourist bubble") eine weitere wesentliche touristische Kontrolle von Fremdheit.

46 % der deutschen TouristInnen buchten 2001 ihren Urlaub mit einem Veranstalter, und über 70 % verbringen ihren Urlaub inmitten von anderen TouristInnen, d.h. sie wohnen in Hotels, Ferienwohnungen, Pensionen oder auf Campingplätzen (ÖsterreicherInnen wählten sogar zu 74 % eine touristische Unterkunft; siehe insgesamt Schmidt 2003, online). Damit befinden sich die Reisenden mehrheitlich in einem Ambiente, dass ausschließlich für sie und ihre Bedürfnisse ausgerichtet ist. Sei es in der Hotelanlage, dem Apartmentkomplex, dem Campingplatz oder dem Backpackerhostel: TouristInnen halten sich einen großen Teil ihrer Urlaubszeit an Orten auf, die ausschließlich für sie bestimmt sind und zu denen Einheimische nur als Bedienstete Zugang erhalten:

"Gerade größere Hotelanlagen und hier vor allem die all inclusive resorts bieten jeglichen (importierten) Komfort und 'unberührte' Strände. Die touristische Infrastruktur soll den Gästen eine Umgebung bieten, wo sie sich frei von womöglich störenden Einflüssen, wie etwa Einheimischen, die Souvenirs verkaufen, in aller Ruhe erholen können." (Vogel 2002, S. 84)

4.2.1 The "tourist bubble"

In der englischsprachigen Literatur ist deswegen von einer tourist 'bubble', also einer "touristischen Blase", die Rede (vgl. Urry 1990, Craik 1997, Aziz 2000). In ihr können TouristInnen selbst in der Fremde eine vertraute Umgebung in Anspruch nehmen, von der aus kontrollierte Erkundungen der Umwelt vorgenommen werden:

"Although tourists think that they want authenticity, most want some degree of negotiated experiences which provide a tourist 'bubble' (a safe, controlled environment) out of which they can selectively step to 'sample' predictable forms of experiences." (Craik 1997, S. 115)

Das bedeutet, dass Menschen auch im Urlaub eine Atmosphäre bevorzugen, wo sie die Annehmlichkeiten, die sie von Zuhause gewohnt sind nicht missen möchten, wie Bier, Semmeln und andere Nahrungsmittel aus der Heimat, klimatisierte Zimmer etc.; selbst dann, wenn dies dem Wunsch nach Begegnung mit Einheimischen und dem Kennenlernen von Land und Leuten zunächst entgegensteht. Bei organisierten Touren, wie Kreuzfahrten oder Busreisen macht die gemeinsame Urlaubserfahrung sogar einen Großteil des Gelingens eines Urlaubs aus, wie Vogel (2002, S. 84) mit Verweis auf Quiroga (1990) meint:

"... the way in which tourists evaluate shared group experience has a significant influence on their final satisfaction." (Quiroga 1990, zit. nach Nash 1996, S. 47)

Die "tourist bubble", sei es in Form von Reisegruppen, sei es in einer Hotelanlage, ist nach Vogel (2002, S. 84f.) eine"short-lived, little community", die die Reisenden von einer verunsichernden Umgebung trennt. Hier kann man sich über gemachte Erfahrungen austauschen und den Urlaub genießen. Aufgrund der gemeinsamen Erfahrung (Urlaub in der Ferne) und des gemeinsamen sozialen Status (als deutscher bzw. westlicher Tourist in einem Dritte Welt Land) schirmt man sich von den als fremd erlebten Einheimischen und ihrem ebenfalls als fremd erlebten Alltag ab. Exkursionen in die Umgebung finden meist nur in Form von organisierten Touren statt, die von ReiseleiterInnen begleitet werden (was einen großen Teil des Gewinns von Reiseveranstaltern bei den ansonsten sehr knapp kalkulierten Urlaubsangeboten ausmacht). Aus sicherer Entfernung kann so die 'einheimische Kultur' - erläutert durch die Ausführungen von 'ExpertInnen'- erkundet werden:

"Surrogate parents (travel agents, couriers, hotel managers) relieve the tourist of responsibility and protect him/her from harsh reality. Their solicitude restricts the tourist to the beach and certain approved objects of the tourist gaze." (Urry 1990, S. 7f.)

Auch "alternative" TouristInnen können sich von der 'tourist bubble' nicht lösen:

"Die Ausbreitung von Reiseführern wie Lonely Planet, The Rough Guide und andere, haben tatsächlich eine andere Form des institutionalisierten Tourismus geschaffen: Rucksacktouristen treffen sich in Restaurants, Internetcafés, Herbergen und sogar Schönheitssalons, die in diesen Führern empfohlen werden. Obwohl die landläufige Vorstellung von Rucksacktouristen dahin geht, dass sie Begegnungen mit anderen Touristen scheuen, habe ich einen gegenteiligen Eindruck - Rucksacktouristen schließen sich zu einer Art Gemeinde zusammen und leben in einer Luftblase, in der sie gemeinsame Werte und Verhaltensmuster teilen." (Aziz 2000, S. 16)

Auch wenn die RucksacktouristInne sehr mobil sind, so sind nach Vogel (2002, S. 86) auch ihre 'bubbles' starre Gebilde an festen, von Reiseführern empfohlenen Orten. An bestimmten Orten halten sich immer Backpacker auf, auch wenn die einzelnen Individuen weiterziehen. Bisweilen führt das dazu, dass die Anwesenheit von Rucksackreisenden so dominant wird, "dass die Kultur, die Rucksacktouristen repräsentieren, bekannter wird, als die örtliche Kultur, die sie ursprünglich entdecken wollten" (Vogel 2002, S. 86). Berühmte Beispiele sind hier Goa/Indien, Antigua/Guatemala oder Dahab/Ägypten. Dementsprechend meint Eder (1991):

"Der moderne Tourismus und seine technische Basis erlaubt es, an jedem beliebigen Punkt und aus jeder Situation zu eskapieren, sich in der Fremde aus der Fremde zurückzuziehen, ohne dabei das fremde Land verlassen zu müssen. Die Leichtigkeit des Rückzugs in eine Enklave, sei es nun das Hotel, der Wohnwagen oder auch nur das Auto, hilft jede Situation vermeiden, in der sich der Tourist mit den Eigenheiten und Gewohnheiten des Gastlandes reflektierend auseinandersetzen, Entscheidungen fällen und sie durchstehen müsste." (Eder 1991, S. 168)

Der touristische Blick aus den Hotelkomplexen, den Backpackerhostels oder dem klimatisierten Reisebus heraus lässt dann nach Meinung von Vogel (2002, S. 87) die Einheimischen als gesichtslose, ihrer potentiellen Bedrohung entkleidete Masse wirken, denen es an Individualität zu fehlen scheint. Während Mitreisende wie selbstverständlich Subjektstatus besitzen (auch wenn aus dem bildungsbürgerlichen Bereich oftmals Kritik an den "reisenden Massen" laut wird) erscheinen die Menschen in den Reiseländern als Objekte. Yuri Kageyama hat diesen Blick folgendermaßen beschrieben:

"I worked out a fairly effective way of dealing with Japanese - making them part of the landscape. It's a trick of the eye that negates the individualism of the people with whom you interact, making them a big blur of faceless faces. The Japanese have an expression for it: 'treating people as a pumpkin patch', generally used to comfort those who get stage fright before a speech or a performance. And it's likely the way the West has viewed Japanese all along." (Kageyama 1997, S. 69, Hervh. I.M.)

4.2.2 Einverleibung durch Konsum und Sightseeing

Die Tatsache, dass TouristInnen, die die Vertrautheit des eigenen Landes verlassen (ein allderdings oft gescheuter Schritt, s.o.), meist nur unzulängliche Sprachkenntnisse der bereisten Länder besitzen, führt nicht nur zu einem Rückzug in die vertraute Umgebung der Mitreisenden. Barry Curtis und Claire Pajaczkowska (Curtis/Pajaczkowska 1994) gehen davon aus, dass der Verlust der (im eigenen Alltag unsichtbaren) Sicherheit der sprachlichen Kommunikation durch drei "Paradigmen des Tourismus" kompensiert wird: Essen, Einkaufen und Sightseeing:

"If the experience of difference creates anxiety, then this can be compensated by a quest for food that is as commonplace as possible: the friendly safety of finding chips, a recognized brand of beer or Coca-Cola; or contributing to the global success of Mac Donald's with its slightly inflected but predictable range of food offered in proximity to tourist attractions in cities throughout the world." (Curtis/Pajaczkowska 1994, S. 207f).

Neben der Sicherheit von vertrauten Konsumprodukten können im nonverbalen, im kulinarischen Bereich auch kontrollierte Erkundungen der lokalen Küche gewagt werden, die das Gefühl vermitteln, an der fremden Kultur trotz grundsätzlicher Distanz durch physische Einverleibung teilzunehmen:

"Eating the 'Other' is partly a regressive pleasure, enabling the returned visitor to experience the innocent sensuosness of pure appetite. It also, perhaps, functions as an alternative method of assimilating the otherness of a culture which cannot easily be apprehended and negotiated by language." (Curtis/Pajaczkowska 1994, S. 208).

TouristInnen wenden sich insgesamt in einer für sie fremden und verunsichernden Umgebung der daheim im Alltag meist souverän absolvierten Praxis zu: dem Konsum (vgl. Vogel 2002, S. 89): Damit kann Sicherheit erworben, aber auch ein Herrschaftsverhältnis praktiziert werden, welches sonst durch mangelnde Sprachkenntnisse und Verhaltensunsicherheit angesichts anderer Kulturstandards in Gefahr scheint. Dazu kann durch die privilegierte ökonomische Position Macht über Einheimische ausgeübt werden:

"Shopping always activates the fantasy of aquisition and thus of 'incorporation' of a fragment of the Other. The goods 'abroad' can be sampled without concern for utilitarian constraints which may be in operation at home." (ebenda)

Dies erklärt die oft scheinbar völlig unsinnigen Souvenirs aus dem Urlaub, die keinen anderen (aber derart wesentlichen) Gebrauchswert haben, als ein Beweis zu sein, dass man "dort" war und sich ein Stück fremder Kultur angeeignet hat.

Die Kompensierung eines intensiven Sich-Einlassens mit einer fremden Kultur durch "kompensatorischen Konsum" kann nach Curtis und Pajaczkowska noch durch die Besichtigung erweitert werden. Sightseeing und Fotografieren sind weitere zentrale Bestandteile des Fremdheit bewältigenden Urlaubserlebnisses:

"Sightseeing is the main activity of tourism, because, with seeing, reality remains external and in its place, leaving the spectator equally free from transformation by the encounter." (Curtis/Pajaczkowska 1994, S. 209)

Betrachten setzt demgemäß immer eine gewisse Distanz voraus, und diese bleibt sowohl bei der Besichtigung von Sehenswürdigkeiten und Landschaften, als auch insbesondere beim Fotografieren erhalten. Der Besuch von "Sehenswürdigkeiten" erhält somit eine zentrale, Fremdheit durch den typischen "touristischen Blick" bewältigende Funktion:

"The tourist gaze is directed to features of landscape and townscape which separate them off from everyday experience. Such aspects are viewed because they are taken to be in some sense out of the ordinary. ... People linger over such a gaze which is then normally visually objectified or captured through photographs, postcards, films, models and so on." (Urry 1990, S. 3)

Sehenswürdig sind in diesem Kontext Orte, die im Reiseführer, aber auch in Filmen und sonstigen Bildern über ein bestimmtes Land als "typisch" oder allgemein, also als stereotype "must-sees" beschrieben werden (s.o.). Es findet schon vorher eine stereotypisierende Selektion statt, was sehenswürdig ist und was nicht. Daher fehlen normalerweise in Reisebeschreibungen und -führern Hinweise auf Orte, wo sich das 'normale' Alltagsleben des bereisten Landes abspielt und die unter Umständen große Ähnlichkeit mit zuhause aufweisen:

"Reference to hospitals, schools, non-historical civic buildings - all aspects of the social infrastructure of everyday life - is absent except for the phonetic translation of 'useful' phrases that indicate an instrumental use of whatever medical, banking, police, transport or administrative facilities are needed by the tourist to sustain his or her more validated experiences." (Curtis/Pajaczkowska 1994, S. 209)

Durch die Definition, was sehenswürdig ist und was nicht, wird nicht nur im Sinne Enzensbergers (1958, s.o) zur Konfektionierung und Standardisierung des Tourismus, sondern auch zur distanzierenden "Wahrnehmung des Anderen als absolut Anderem" (Vogel 2002, S. 91) beigetragen. Auch was fotografiert wird, unterliegt dieser Fremdheit bewältigenden Selektion. Die Macht der immer gleichen Bilder, mit denen man schon zuhause konfrontiert ist, schafft eine scheinbare Vertrautheit mit dem Reiseziel, das man derart quasi schon kennt. Fotografieren unterliegt dann ebenso dieser Macht vertrauter Bilder. Als Beweis des Da-Gewesen-Seins fotografieren TouristInnen daher die immer gleichen, eben "typischen" Szenen:

"Bunte Märkte, Ruinen als Zeugnis vergangener "Hochkulturen", Tiere, Landschaften, Sonnenuntergänge und kulturell konnotierte Einheimische. Auch hier wird mittels der Kamera Distanz gehalten - 'Taking photographs can be a way of maintaining a relationship of controlled proximity and distance to a lived environment'." (Vogel 2002, S. 92, citing Curtis/Pajaczkowska 1994, S. 210)

Zur Auswahl von Fotomotiven gibt es einige Literatur (s. z.B. Schurian-Bremecker 1989, Heger 1991), zentral scheint an dieser Stelle gem. Vogel (2002, S. 92) der Aspekt, dass sich TouristInnen hinter der Kamera verstecken, die Auswahl der Motive nach tw. unbewusster Vorauswahl bestimmen und so Distanz wahren. Die Auseinandersetzung mit dem Fotografierten ist eine Einbahnstraße der Kontrolle von Fremdheit:

"Nicht die fotografierten Menschen bestimmten, ob sie auf Hochglanzpapier bzw. Dia verewigt werden möchten, sondern die Fotografierenden. Nicht der Augenblick, die Begegnung mit anderen Menschen steht hier im Vordergrund, sondern allein das Motiv, das man sich Zuhause in aller Ruhe anschauen und anderen zeigen kann." (Vogel 2002, S. 92)

Diese "Einverleibung des Fremden" durch Küche, Sehenwürdigkeiten und Kultur zeigt sich auch in einer dimensionalen Analyse von Reisemotiven mitteleuropäischer Reisender. Hier kristallisiert sich stabil eine Faktor "Entdeckung" bzw. "Authentizität" heraus, der die Motivbereiche "kulturelle Angebote und Sehenswürdigkeiten", "traditionelle, regionaltypische Küche", "Lebensart der einheimischen Bevölkerung" und "unberührte Natur und Landschaft" zusammenfasst (vgl. Mörth et al. 2002, S. 106ff.).

4.3 Kontrollmechanismen in der Gast-Gastgeber-Beziehung

In den europäischen Kernländern des Tourismus hat sich durch den Übergang vom einstigen "Nobeltourismus" zum Massentourismus ab Mitte der 1960er Jahre (s. zur Tourismusgeschichte u.a. Hennig 1997, Spode 1996) nicht nur die Struktur des Tourismus, sondern auch das Selbstverständnis der "Bereisten" grundlegend verändert. Der folgende Unterabschnitt beschäftigt sich im Anschluss an Peter Alheit (2003 a/b) mit zwei möglichen Reaktionen, die das für den Fremdenverkehr spezifische Machtverhältnis zwischen Reisenden und Bereisten zu kontrollieren versuchen: Inszenierung und Segmentierung.

Die tourismustheoretische Literatur kennt verschiedene Modelle zur Beschreibung der Beziehung zwischen "Gast" und "Gastgeber", zwischen Reisenden und Bereisten. Die meisten achten dabei nur auf die Auswirkungen des Tourismus auf die Gastgeberkultur. Der amerikanische Anthropologe Padilla (1980) stellt die Akkulturationswirkungen ins Zentrum und schlägt vor, diese in 5 Dimensionen zu analysieren (Padilla 1980, S. 48 ff.): (1) Language, familiarity, usage; (2) Cultural heritage; (3) Ethnicity factor; (4) Maintenance of ethnic pride and identity; (5) Degree of interethnic interaction and interethnic distance and perceived discrimination. Thomas Lüem (1985) analysiert Wirkungen auf die Gastgeberkultur und stellt vier Phasen auf, die im Laufe des Kulturkontaktes auftreten und bestimmte Effekte beinhalten: (1) Der Demonstrations-, (2) der Imitations-, (3) der Identifikations- und (4) der Akkulturationseffekt. Weitere Konzepte sind vor allem der Tourismuskritik (z.B. Krippendorf 1984) verpflichtet und stellen auf die negativen, die Gastgeberkultur zerstörenden Effekte des Tourismus ab (s. stellvertretend für viele andere Hagen 1995 über den Tourismus in Nepal).

Nur wenige thematisieren die wechselseitige Beziehung und die reziproken Wirkungen zwischen Gast und Gastgeber. Auf diese wollen wir uns hier konzentrieren und hinsichtlich der reziproken Kontrollmechanismen vertiefen. Zu nennen sind die Modelle von Erving Goffman (s.o.) bzw. von Marion Thiem (1994, 2001), sie erscheinen zur Beschreibung der Problematik (Kontrolle des Verhältnisses Reisende-Bereiste als Machtverhältnis) am geeignetsten.

4.3.1 Nochmals: Tourismus als kontrolliertes Bühnenspiel

Erving Goffmans Modell der Selbstdarstellung im Alltag benützt das plastische Konzept der Theaterbühne zur Beschreibung des sozialen Verhaltens von Menschen (s.o.). Auf der Vorderbühne findet die Aufführung statt. Hier agiert der Darsteller rollengemäß, oder zumindest so, wie er selbst glaubt, daß seine Rolle ausgeübt werden soll. Er richtet sich nach den (antizipierten) Erwartungen seines Gegenübers oder seines Publikums und handelt in Übereinkunft mit den übrigen Ensemblemitgliedern. Bezogen auf den Tourismus ist die Vorderbühne die Begegnung zwischen Fremden und Einheimischen, wo als Inszenierung die Einheimischen die herzlichen Gastgeber spielen, sich als Akteure der Dienstleistungskultur defnieren und daraus ökonomische Vorteile ziehen.

Rollen sind eigentlich per se schon soziale Kontrollmuster. Sie reduzieren die Interaktionspartner auf das reziprok Erwartete und Erwartbare und klammern andere Handlungsalternativen zum Zwecke der Routinisierung des gegenseitigen Verhältnisses aus. Die Rollen der Gastgeber als Akteure der Dienstleistungskultur sind von den Erwartungen der Gäste, aber auch von der Art ihrer Inszenierung durch die GastgeberInnen bestimmt. Diese Rollen erlauben den Gastgebern eben in ihrer Qualität als schematisierte Rolle eine performative Distanzierung (Rollendistanz) und damit eine gewisse Kontrolle der Situation, die nur auf den ersten Blick vom Gast dominiert wird.

Die Hinterbühne dient der Vorbereitung einer Rolle, der Erholung der Darsteller. "Hier kann sich der Darsteller entspannen; er kann die Maske fallen lassen, vom Textbuch abweichen und aus der Rolle fallen". (Alheit 2003a, online) Als Hinterbühne des Tourismus (auf die Bereisten bezogen) könnte man (a) den Bereich bezeichnen, an den sich die Einheimischen vor den Gästen zurückziehen bzw. die (b) Nebensaison, in der man in den eigenen Alltag, die eigene Kultur und den eigenen Lebensrythmus zurückkehrt. Allerdings kann auch das Verhalten auf der Hinterbühne als "nicht natürlich" und rollendefiniert verstanden werden, da ja auch die Hinterbühne gleichzeitig die Vorderbühne einer anderen Vorstellung sein kann:

"Die jugendliche Serviererin, die mit dem Gast im Café Hochdeutsch spricht, mag in der Küche mit den anderen Angestellten im Slang ihrer Generation reden und zuhause mit ihren Eltern im lokalen Dialekt. Auf der einen Bühne ist sie die höfliche Serviererin, auf der anderen Mitglied einer Clique, auf der dritten rebellische Tochter usw." (Alheit 2003a, online)

Jede der verschiedenen Hinterbühnen bietet den Darstellern zunächst die wichtige Möglichkeit, sich vom Rollendruck und den starren Konventionen der Vorderbühne zu erholen. Ein weiterer für die Hinterbühne als Kontrollmechanismus wichtiger Aspekt ist jedoch die Zuschreibung von Stereotypen und Bildern, mit denen die Gastgeber die Touristen belegen, die Belegung mit abfälligen Namen, die Karikatur des Publikums. Ein besonders deutliches Beispiel berichtet Jess Olsen aus Kenia:

"However, this is a highly contentiuos issue since the natives may partake in the subversion of what the tourist perceives to be an 'authentic' reality into a fabricated illusion which actually mocks the tourist by displaying their ignorance. For example, Monibot goes on to note how tourists '... piled out of their minibuses with their cameras rolling, really believing that they had stumbled across people performing some rare and sacred ceremony. (However, he then discovered that,) .. they were chanting: Come on you tourists, give us your money and then go away'." (Olsen 1998, S. 11)

Menschen, die im Tourismus arbeiten, können darüber hinaus den Spieß nicht nur auf der Hinterbühne umdrehen und TouristInnen Stereotypen zur Kontrolle der Situation unterwerfen, sondern auch die Vorderbühne direkt kontrollieren. So berichtet beispielsweise Jeffrey Brewer (1993) von ethnisierenden Kategorien, die Geschäftsinhaber in Mexiko zur Umsatzsteigerung benutzen. Sie unterschieden zwischen "americanos" und "mexicanos", um erstere besser bedienen und höhere Preise von ihnen verlangen zu können.

"Die Verwendung ethnischer Stereotypen bedeutet für die Ladenbesitzer nicht nur eine Vereinfachung ihrer Situation, sondern führt auch zu Geschäftspraktiken, die ihrer Ansicht nach für das Gewinnen von Kundschaft - und insbesondere von touristischer Kundschaft - sehr effizient sind." (Brewer 1993, S. 37)

4.3.2 Die Dienstleistungkultur als Kontrollelement im Kontext der "vier Kulturen"

Marion Thiems Modell der "Vier Kulturen" (Thiem 1994) hat sich als praktisch anwendbares Konzept zur Erklärung der komplizierten Strukturen und Konsequenzen des Tourismus erwiesen. Sie unterscheidet unter Weiterentwicklung eines Modells von J. Jafari (Jafari 1982) vier Kulturkreise, die bei der Begegnung von Reisenden und Bereisten aufeinander treffen, einander beeinflussen und - teilweise - miteinander kollidieren:

Marion Thiem spricht der Dienstleistungskultur eine wichtige Kontroll- und Pufferfunktion zu. Die Rolle der dienstleistenden Gastgeber ist in diesem Sinne eine Rolle "selektiver Fremdheit", die "durchaus erwünscht, ja notwendig (ist), um echtes Urlaubsgefühl aufkommen zu lassen. Einheimische sollen schon echt sein, aber nicht zu nahe kommen, keine Wünsche äußern oder gar Forderungen stellen." (Alheit 2003a, online). Kennenlernen will der Tourist also gar nicht den "echten" Einheimischen, der ihm möglicherweise allzu ähnlich ist mit seinen Wünschen und Problemen, sondern den "Exoten" (s.o.). Als Angehöriger der Dienstleistungskultur ist der Bereiste dem Reisenden ungewöhnlicher, fremder und gerade deshalb erwartungsgerechter als als Vertreter der Kultur der Zielregion.

Dienstleistungskultur ist im Sinne Goffmans die Vorderbühne, auf der sich Einheimische in ihrer Rolle als Gastgeber produzieren. Sie muss aber wenig bis nichts gemeinsam haben mit der Kultur der Zielregion (also Goffmans "Hinterbühne"). Die Hauptfunktion der Dienstleistungskultur ist die kontrollierte Trennung von Reisenden und Bereisten. Thiem (1994) nennt als Beispiel den organisierten Clubtourismus, der Touristen in abgesteckte Gebiete konzentriert und ihnen möglichst wenig Berührung mit der einheimischen Bevölkerung "zumutet". Aber auch viel weniger organisierte Formen von Tourismus funktionieren als "Puffer", wie eben die oben skizzierte verbindliche Rollenfestlegung, ein "job-profil", das Arbeitskräften im Tourismus bestimmte Funktionen (und nur diese) zuschreibt. Alheit illustriert:

"Ein Schilehrer wird dann die Aufgabe haben, einem Schüler den Stemmbogen beizubringen, den Wedelschwung oder das sichere Verhalten beim Einstieg in den Lift. Er wird sich aber nicht verpflichtet fühlen, am Abend mit seinen Schülern das Nachtleben zu erkunden. (Wenn er das aus persönlicher Sympathie macht, ist das seine Sache ...)" (Alheit 2003a, online)

Eine Überbetonung der Dienstleistungskultur zerstört jedoch ihre Kontroll- und Pufferfunktion. Wenn man nämlich, so Alheit, den Tourismus als

"Industrie mit dem einzigen Ziel, den Gast zufrieden zu stellen (versteht), dem sich alle anderen Ziele (Zufriedenheit der Mitarbeiter, strukturelle Entwicklung, sogar Gewinn) unterzuordnen haben, dann führt das notwendigerweise zu dem Vorschlag, die Mitarbeiter mögen doch auch persönliche Hobbys und Interessen in den Beruf einbringen und auch nach Arbeitsschluss ihre Freizeit möglichst mit den Gästen verbringen. Gleichzeitig wird aber vor den möglichen Konsequenzen gewarnt: allzu partnerschaftliche Umgang des Mitarbeiters mit dem Gast, plumpe Kumpelhaftigkeit, Verletzung der Intimdistanz zum Gast und [sic!] massive Flirtversuche." (Alheit 2003a, online)

4.3.3 Kontrollierte Gruppenbeziehungen: Segregation und Kontaktvermeidung

Wenn auch die Kultur der Zielregion als ganzes durch exkludierende Formen des Reisens (s.o.) von der Ferienkultur und damit auch von der Kultur der Quellregion getrennt werden kann und mögliche Effekte dadurch vermieden werden können (Thiem (1994) unterscheidet mit Lüem (1985) Effekte der Demonstration, Imitation, Identifikation, Akkulturation, Akkomodation, Assimilation), so bleibt doch das Problem, im touristischen Alltag die Dienstleistungsrolle aufrecht zu erhalten. Diese Kontrolle irritierender, weil nicht rollenkonformer Interaktion kann durch Trennung und Kontaktvermeidung als Teil der Tourismusorganisation erreicht werden. Alheit (2003b) verweist darauf, dass zum Beispiel die Spielart des Kurtourismus über die Jahrhunderte eine fast totale Trennung von Gästen und Einheimischen erreicht hatte, so dass beide Gruppen, obwohl sie voneinander höchst abhängig waren, das Gefühl hatten, unbeeinflusst und unabhängig von einander zu existieren. Dieses System der Segregation stützte sich auf einen strengen Verhaltenskodex und die beiderseitige Vermeidung von Kontakten.

Die Darstellung der Einheimischen im Rahmen der Dienstleistungskultur versuche, so Alheit (2003b) den Eindruck zu erwecken, die gegenwärtig gespielte Rolle sei ihre wichtigste und einzig bedeutsame. Daher müsse die Kultur der Zielregion (die Hinterbühne) strikt von der Ferienkultur segregiert werden. Denn wenn Personen Ereignissen zusehen, die nicht für sie bestimmt sind (Beispiel: der Gast begegnet der Serviererin mit ihren Freunden auf der Schipiste), so wirke das auf die Darsteller verstörend, da sie ihre kontrollierte Dienstleister-Rolle nicht anwenden können, und auf den Zuschauer desillusionierend. Er werde dem Gastgeber beide Rolle nicht mehr "abkaufen" - und zwar weder die ursprünglich für den Gast bestimmte noch die zufällig erlebte authentische.

So löste die Segregation dieses Kontroll-Dilemma des Einheimischen: Die gegenseitige Wahrnehmung der Gruppen blieb distanziert und unscharf, und ermöglichte damit der an und für sich machtunterlegenen (weil ökonomisch abhängigen) Gruppe eine sichere Position. Alheit berichtet zur Segregation im Kurtourismus:

"Und wenn sich manche Gäste auch zu einigermaßen lockerem Umgang mit Einheimischen hinreißen ließen, war das stets eine Ausnahme. Die Regel war die Segregation von Reisenden und Bereisten. Die Unterbindung jeglichen Kontakts zwischen Gästen und Einheimischen (sofern diese nicht in ihrer Rolle gemäß der Dienstleistungskultur agierten), erforderte die Trennung in "einheimisches" und "touristisches" Revier. Die Grenzen dieser Reviere waren bekannt, und wurden eingehalten, ohne irgendwo festgeschrieben zu sein als im Wissen der Betroffenen. Dabei spielte Geld nur eine untergeordnete Rolle, da die meisten Befragten sich erinnern, sehr gut verdient zu haben, und sich einen Cafébesuch durchaus hätten leisten können. Ganz klar ist hier aber die Furcht vor der Rollenüberschreitung - wer touristische Infrastruktur benutzt, überhöhte Preise akzeptiert - der maßt sich eine fremde Rolle an und kann sich das gegenüber der eigenen Gruppe nicht 'leisten'." (Alheit 2003b, online)

© Ingo Mörth (Linz)


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9.1. Kulturtourismus Kultur des Tourismus: eine Verbindung von Kulturen?

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For quotation purposes:
Ingo Mörth (Linz): Fremdheit, wohldosiert. Tourismus als Kultur der kontrollierten Begegnung mit dem Fremden. In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 15/2003. WWW: http://www.inst.at/trans/15Nr/09_1/moerth15.htm

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