Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 16. Nr. Februar 2006
 

3.4. Sind die Weltreligionen friedensfähig?
Herausgeberin | Editor | Éditeur: Vera Zingsem (Tübingen)

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Bericht: Sind die Weltreligionen friedensfähig?

Vera Zingsem (Tübingen)
[BIO]

 

Das "Projekt Weltethos" des Tübinger Theologen Hans Küng wird von den Grundüberzeugungen getragen, dass es keinen Frieden unter den Nationen geben könne ohne Frieden zwischen den Religionen, was einen beständigen Dialog zwischen den Religionen nötig und sinnvoll mache. Im Blick sind dabei zunächst nur die sechs Weltreligionen Hinduismus, Buddhismus, Taoismus, Judentum, Christentum, Islam. Zu befürchten steht dabei, dass der Schulterschluss dieser großen Religionen zum einen auf Kosten "kleinerer" und damit angeblich unbedeutender Religionen geht und dass er zudem auf dem Rücken von Frauen ausgetragen wird, deren Beitrag zu einer Kultur des Friedens sowohl konkret als auch auf der Symbolebene nirgends ausdrücklich Thema ist.

Die Hierarchisierung des Geschlechterverhältnisses zuungunsten von Frauen ist in allen Weltreligionen (insbesondere in den drei monotheistischen) offensichtlich. Solange diese Hierarchisierungen nicht bewusst gemacht werden, vielmehr mit den Begriffen von "männlich" und "weiblich" Wertungen von Höher- und Minderwertigkeit verbunden werden, sind wir - so meine Kernthese - von einem Weltfrieden noch weit entfernt.

Ist nicht der Anspruch "Weltreligion" in sich schon mit Gewalt verknüpft? Schielt man - wie in der Weltwirtschaft - nur noch auf die "Global Players?" Indem die "kleinen" Religionen keines Blickes mehr gewürdigt werden, entgehen uns auch ihre Inspirationen. Meine eigenen Ausführungen zu Beginn der Sektion stellte ich deshalb unter das Motto der beiden "heiligen Gesetze" des indianischen "Pfeifenwegs":

Messen wir die Weltreligionen an diesen einfachen Gesetzen, die gleichwohl weitreichende Konsequenzen haben, ändert sich die gesamte Perspektive. Nicht zuletzt zugunsten der weiblichen Symbolik. Meinen beiden nachfolgenden Referentinnen, Gudrun Nositschka und Christa Mulack nahm ich damit in gewisser Hinsicht den Wind aus den Segeln, denn sie waren beide der Auffassung, dass Hierarchisierung in sich nicht schade, wenn im Sinne der ursprünglichen Übersetzung dieses Wortes die "heilige Ordnung" vom natürlichen Vorrang der Frau damit gemeint sei. Mit der Bevorzugung der Frau gehe es nicht um Gleichstellung, sondern um Richtigstellung des Geschlechterverhältnisses. Frauen seien nicht zuletzt weniger gewalttätig, verhielten sich also schon "von Natur aus" ethischer als Männer. Wie weit auch solche Vorzüge wiederum kulturell anerzogen sind, blieb der späteren Gender- und Diversity-Diskussion (Melinda Madew und Birgit Groner) vorbehalten, die den lebhaft debattierten Abschluss unserer Sektion bildete

Dazwischen lagen noch die beiden Referate von Hannelore Röggla über "die geheime Angst des Mannes" sowie von Collin Schubert über die Gefahren des "politischen Islam". "Gegensatzpaare, die einander ausschließen, bestimmen unser Weltbild", drang H. Röggla zum (nicht nur) psychologischen Kernproblem unserer Gegenwart vor: "Sie muss anders sein, und das nennt er dann weiblich!" Eine Situation, der sich die Welt mit dem Vordringen des politischen Islam wieder neu und verschärft stellen muss.

© Vera Zingsem (Tübingen)


3.4. Sind die Weltreligionen friedensfähig?

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For quotation purposes:
Vera Zingsem (Tübingen): Bericht: Sind die Weltreligionen friedensfähig? In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 16/2005. WWW: http://www.inst.at/trans/16Nr/03_4/zingsem_bericht16.htm

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