Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 16. Nr. Juli 2006
 

13.1. Migration als Faktor sozio-kultureller Innovationen
Herausgeberin | Editor | Éditeur: Tamara Fesenko (Tambov, Rußland)

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Bericht: Migration als Faktor sozio-kultureller Innovationen

Tamara Fessenko (Tambover Staatliche Dershavin-Universität, Russland)
[BIO]

 

Die Migration ist heutzutage zu einem wichtigen Bestandteil der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Wirklichkeit geworden und übt auf das soziale Klima und kulturelle Niveau der Gesellschaft einen wichtigen Einfluss aus. Dieser tritt in der Sprache, Kultur, Weltanschauung u.a. in Erscheinung. Bezüglich der Migration müssen wir aber ein paradoxes Phänomen konstatieren: in der sich erweiternden EU sieht man die dominierenden Nationalsprachen und -kulturen als Quelle der Bereicherung und als Voraussetzung der politischen und ökonomischen Stabilität in Europa an. Auf der anderen Seite gelten Migrationssprachen und -kulturen sehr oft im Alltag, in der Politik, in den Medien usw. als Quelle von Problemen und Defiziten. Im Rahmen der Sektion "Migration als Faktor sozio-kultureller Innovationen" wurden folgende Fragestellungen behandelt:

Die Tagung wurde mit einem Impulsbeitrag von Tamara Fesenko(Tambov, Russland) eröffnet. Das Ziel des Beitrages war den Blick auf einen neuen Aspekt des vieldiskutierten Themas der Migration - und zwar auf die Wechselwirkung der Migration und der Rezipientenkultur - zu richten. Im Beitrag wurden die soziale Kultur, Persönlichkeitsstrukturen und Ansichtsänderungen der "Russlands-Deutschen"-Migranten in der Bundesrepublik Deutschland analysiert, ihre konzeptualen und sprachlich-kulturellen Veränderungen erforscht, welche ihre innovativen, aber auch reproduktiven Integrations - und Anpassungsversuche widerspiegeln.

Ursula Boos-Nünning (Essen, Deutschland) orientierte ihre Untersuchung auf die jungen Frauen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Im Alltagsverständnis werden junge Frauen mit Migrationshintergrund nicht selten als rückständig dargestellt. Auf der Grundlage einer Untersuchung bei 950 Frauen mit griechischem, italienischem, jugoslawischem, türkischem und Aussiedler (GUS) Hintergrund wurde empirisch belegt, in welchem Bereichen traditionelle und in welchen nicht traditionelle Geschlechterrollen und geschlechtsspezifische Normen vertreten werden und von welchen sozialen Rahmenbedingungen (Schicht, Bildung, ethnisches Milieu, Sprachkompetenzen) sie abhängen. Zusätzlich wurde dargestellt, mit welchen Orientierungen (Religiosität, Ethnizität, psychische Stärke, Körperkonzept) sich die Geschlechterrollen verbinden. Die Daten wurden nach nationalem Migrationshintergrund differenziert. Resümierend wurde diskutiert, ob und in welchen Bereichen die jungen Frauen den sozialen Wandel in den Geschlechterrollen vorantreiben und in welchen sie durch traditionelle Ausrichtung retardierend wirken.

Das Hauptsproblem, das im Beitrag von Stella Fessenko (Moskau, Russland) untersucht wurde, war die Wechselwirkung der alten Ausbildungstraditionen und -formen und der durch Migration mitgebrachten soziokulturellen Neuerungen. Die Schwierigkeiten und Probleme in der Ausbildung entstehen dadurch, dass die meisten Hochschullektoren sich Mühe geben, um die Studenten-Migranten mit traditionellen Formen und mit alten Mitteln auszubilden, was aber sehr oft nicht möglich ist, weil diese Studenten viele Elemente ihrer Ethnokulturen mitbringen oder sie zu reproduzieren versuchen. Die Innovationsimpulse werden dadurch bestimmt, dass die neue, adaptive Unterrichtsmethodik erarbeitet wird, die auf ethnokulturelle, konzeptuale und sprachpsychologische Besonderheiten der Migranten Rücksicht nimmt. Im Beitrag wurden die Hauptpunkte einer solchen Methodik zur Diskussion gestellt, die im Vergleich zur alten sowjetischen Methodik innovativ ist.

Die Bevölkerungsmigration ist eine der wichtigsten Indikatoren der ethnopolitischen und sozialökonomischen Prozessen, die in der Gesellschaft und in einem Staat stattfinden. Dem Wesen der Migrationsströme nach kann man über die Effektivität der Wirtschaft, über die Regionaldisproportionen der Entwicklung, über die ethnischen Konflikte, die akut sind, u.s.w. urteilen. Zum Ziel des Beitrags von Ekaterina Ryabykh (Tambov, Russland) gehörte die Behandlung der Fragen: Innovationseinflusse der Migration; Migrationspolitik und Migrationstypologie in Litauen.

Ich bedanke mich bei den Vortragenden - bei Ursula Boos-Nünning (Essen, Deutschland ), Sabine Stadler (Wien, Österreich), Habib Tengour (Centre Pierre Naville, Université d'Evry Val d'Essonne), Stella Fessenko(Moskau, Russland), Svetlana Bannikova (Tambov, Russland), Ekaterina Ryabykh (Tambov, Russland), Maxim G. V. Belau (Tambov, Russland), Alexey A. Lukyanov (Tambov, Russland), Ruslan V. Salikov (Tambov, Russland) für ihre ausgezeichneten und inhaltsreichen Beiträge sowie für ihren großen Einsatz und ihre Zeit!

© Tamara Fessenko (Tambover Staatliche Dershavin-Universität, Russland)


13.1. Migration als Faktor sozio-kultureller Innovationen

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For quotation purposes:
Tamara Fesenko (Tambov, Russland): Bericht: Migration als Faktor sozio-kultureller Innovationen. In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 16/2005. WWW: ../../../index.htmtrans/16Nr/13_1/bericht_fesenko16.htm

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