Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 16. Nr. Mai 2006
 

14.6. Die Rolle von Wissenschaft und Forschung bei der Herausbildung eines neuen Selbstbewußtseins in den jungen Demokratien in Europa
Herausgeberin | Editor | Éditeur: Penka Angelova (Rousse/Rustschuk)

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Bericht: Die Rolle von Wissenschaft und Forschung bei der Herausbildung eines neuen Selbstbewusstseins in den jungen Demokratien

Penka Angelova (Rousse/Rustschuk)
[BIO]

 

Die Sektion hat am 9. und am 10. Dezember getagt, am 9. im Bulgarischen Kulturinstitut, am 10. in der Volkshochschule Brigittenau. Die Sektion hatte 10 TeilnehmerInnen.

Dank gebührt der Leiterin des Wissenschaftlichen Instituts am Haus Wittgenstein, die mit persönlichem Engagement und Organisation die Tagung unterstützt hat und für die Finanzierung der Reise und Übernachtungskosten der Nachwuchswissenschaftler Sorge getragen hat.

Die Tagung wurde mit einem Impulsreferat von Penka Angelova eröffnet, die auf sechs Identitätsdiskurse im Kontext der Transformationsprozesse in den neuen Demokratien auf dem Balkan eingegangen ist:

Die Gegenüberstellung von Balkan-, bzw. bulgarischer Identität und europäischer Identität; der Übergang von der patriarchalen patrilinearen Großfamilie zu der bürgerlichen Kleinfamilie und die darauf - nicht daraus - folgende Emanzipation der Frau; der Übergang von einer agraren Bauern-Gesellschaft zu einer vorwiegend städtischen Gesellschaft und die Herausforderungen der Civil Society; die nationalen und ethnischen Identitätsdiskurse und die damit verbundenen religiösen Identitätsdiskurse und der letzte und verdecktere - der, des Übergangs von der sogenannten sozialistischen Kultur zu einer bürgergesellschaftlich-demokratischen Kultur, der in die vorherigen Diskurse aufgeht.

Daraufhin wurden zuerst die politisch orientierten Beiträge vorgetragen. Christian Autengruber hat eine eingehende und theoretisch grundierte Analyse des bulgarischen Parteiensystems aus den Jahren 1990 bis 2000 angeboten, in der er einzelne Bruchlinien verfolgt und zu der Schlussfolgerung kommt, dass "für die Analyse zukünftiger Parteienentwicklungen ein Rückgriff auf soziostrukturelle Erklärungsmethoden unerlässlich sein wird, wohingegen historische Einflüsse an Bedeutung verlieren". Der Vortrag von Dimiter Angelov verfolgt die politischen Entwicklungen in Bulgarien um die Jahrtausendwende und verfolgt "Die Ethnisierung der sozialen Problematik" am Beispiel der letzten Parlamentar- und Kommunalwahlen. Die Beiträge von Josef Karl (Svishtov/Eichhofen) und Biro Bela (Rumänien) orientierten sich auf die Minderheitenparteien der deutschen und Ungarn in Rumänien und verfolgen ihre Entwicklung und Teilnahme am parlamentarischen System. Mariana Jovevska orientiert ihre Untersuchung auf die europäischen Dimensionen der Balkankonferenzen 1930 bis 1933 und entdeckt im theoretischen Ansatz, der Organisation und den politischen Bemühungen der vier Balkankonferenzen die innovative Vorgehensweise der europäischen Integrationspolitik neueren Datums.

Petia Dyulgerova berichtete über die Rolle der wissenschaftlichen Zentren im Transformationsprozess in Bulgarien und verfolgte Bruchprozesse von verwandtschaftsgesellschaftlichen zu behördengesellschaftlichen Vorgehensweisen. Vessela Beltscheva teilte ihre Erfahrungen vom "Interkulturellen Lernen und Fremdverstehen im Fremdsprachenunterricht" bei PädagogikstudentInnen auf dem Hintergrund des Vermittelns von Märchen als kulturelle Konstrukte. Vladimira Valkova orientierte ihre Untersuchung auf gesellschaftlich relevante Probleme des Romans von Robert Musil "Der Mann ohne Eigenschaften" im Dreieck von weiblichem, männlichem und "anderem" Denken und seine Welthaftigkeit. Vladimir Sabourin beweist anhand der Entstehungsgeschichte des Schelmenromans in Spanien "daß die soziologische und literarische Figur des Schelmes, wie sie in der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts in Spanien zum ersten Mal in Erscheinung tritt, gleichzeitig mit einem Modernisierungsschub, der auch ein Europäisierungsschub war, entstanden ist." Hinter der juristisch-bürokratischen Mimikry der "Harmonisierung" des Rechtsystems mit den europäischen Standarten entdeckt Sabourin "die Urerfahrung des Schelmes, dass Normbefolgung dumm und zwanghaft ist. Der durch den Beitrittsverhandlungen ausgelöste Bürokratisierungsschub erzeugt unter diesen Bedingungen eine weitere Potenzierung der Phänomenologie des Schelmes. Dadurch erstarrt die in der Wendezeit geträumte soziale Revolution zu einer Dialektik von Bürokratisierung und Schelmereien, die schmerzhaft an die Wiederkehr eines Immergleichen erinnert.".

© Penka Angelova (Rousse/Rustschuk)


14.6. Die Rolle von Wissenschaft und Forschung bei der Herausbildung eines neuen Selbstbewußtseins in den jungen Demokratien in Europa

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For quotation purposes:
Penka Angelova (Rousse): Bericht: Die Rolle von Wissenschaft und Forschung bei der Herausbildung eines neuen Selbstbewusstseins in den jungen Demokratien. In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 16/2005. WWW: http://www.inst.at/trans/16Nr/14_6/angelova_bericht16.htm

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