Deutschsprachige Wurzeln der Schemnitzer studentischen Traditionen

Erika Kegyes [Bio] – Alíz Mészáros [Bio]
Universität Miskolc

Einleitung

An der Schemnitzer Bergakademie2 (1735-1918) war die Sprache des Unterrichts lange Zeit Deutsch und das Deutsche fungierte als Kommunikationssprache unter den Studenten, die aus verschiedenen kulturellen und sprachlichen Milieus stammten und ihre Studentenzeit in Schemnitz (heute Banska Štiavnica, Slowakei) als Bergbaustudenten verbrachten.

Bild (1): Die Bergakademie in Schemnitz, Hauptgebäude der Bergbauakademie 1904,
Quelle: www.uni-miskolc.hu

Im vorliegenden Beitrag werden Teilergebnisse eines noch nicht abgeschlossenen Forschungsprojektes zu Wörtern und Wendungen aus dieser Zeit, die bis heute im Gebrauch erhalten geblieben sind, bzw. solche, die in der Pflege studentischer Traditionen an Nachfolgeinstitutionen, wie zum Beispiel an der Universität Miskolc, eine Ver- und Anwendung finden. Als Korpus der Untersuchungen dienen studentische Stammbücher, studentische Lieder aus der Blütezeit der Bergakademie und literarische Texte ungarischer Autoren, die diese Zeit in ihren Romanen historisch bearbeitet haben1.

Bild (2): Bergbaustudenten in Schemnitz in der Zeit der Bergakademie,
Quelle: www.mertnet.hu

Wenn Studenten und Professoren der Universität Miskolc an bestimmten feierlichen Ereignissen eines akademischen Jahres wie Fuchsunterricht, Valetenabend oder Firmenabend teilnehmen, können oft Wörter wie Bursch, Fuchs, Bohnenzüchter gehört werden. Im Sprachgebrauch der Studenten wird nämlich ein Student, der sein Studium anfängt, Fuchs genannt. Die Fuchszeit dauert in der Regel zwei Semester. Der Student im zweiten Studienjahr ist schon ein Kohlenbrenner. Früher lebten die Studenten auch in Wohngemeinschaften, in so genannten Kammern. In einem Zimmer wohnten regelmäßig 5-6 Studenten. Die höheren Studenten wurden in der Schemnitzer studentischen Sprache auch Burschen genannt. Diese Benennung kommt heute nur in den oft gesungenen studentischen Liedern vor. Die Studenten, die schon das dritte Studienjahr besuchen, werden Firma genannt und die Studenten, die nicht rechtzeitig ihr Studium beenden können, sind Veteranen oder Veteranissimi. Auch der so genannte Salamanderzug ist ein Teil der Traditionen der Valeten, also der Absolventen. Die Absolventen marschieren dann zusammen mit Grubenlichten und Brandfackeln durch die Straßen von Miskolc, wo sich auch die Universität Miskolc befindet. Die Studenten feiern abends zusammen, diese sind die so genannten ‚Schachttage‘. Die feierlichen Schachttage sind die wichtigsten Veranstaltungen des Jahres.

Bild (3) Das typische Inventar eines modernen feierlichen Schachttages,
Quelle: uni-miskolc.hu

Die oben genannten Bezeichnungen mögen für viele bekannt sein, weil sie alle deutschen Wurzeln haben. Wo liegt aber ganz genau diese Wurzel und in welcher Form wird das deutschsprachige Vokabular des Schemnitzer studentischen Lebens in der Sprache der ungarischen Studenten an der Universität Miskolc auch noch heute benutzt?

2. Die Quellen der Analyse

Wichtige Quellen sind auf der Suche nach den deutschsprachigen Wurzeln des studentischen Wortschatzes die literarischen Werke, die das damalige Studentenleben in der Bergstadt Schemnitz detailliert beschreiben. So zum Beispiel der Text Erdészcsillag („Försterstern“) von László Zsigó, der im Jahre 1990 erschien. Der Autor erzählt hier als Ich- Person wie er in dem Nachkriegsjahr 1946 in der Stadt Sopron als Student die studentischen Traditionen kennen lernte. Auch der Kurzroman Selmeci diákok („Schemnitzer Studenten“) (1933) von Lola Kosáryné Réz. Die Autorin wurde im Jahre 1892 in Schemnitz geboren und erfuhr die interessantesten Abenteuer der Schemnitzer Studenten aus erster Hand. Hinter den Kulissen einer Liebesgeschichte werden die Traditionen des Schemnitzer Studentenlebens erzählt. Ein anderes literarisches Werk, der Roman Tempus von László Ruzsinszky bearbeitet die Lebensgeschichte des letzten Schemnitzer Studenten, Robi Demény. Der Roman „Aki a párját keresi“ („Wer die Liebe sucht“) von Ernő Tassonyi, dessen erste und einzige Auflage im Jahre 1905 erschienen ist, erzählt die Geschichte des Studenten Csaba Zákány als Hauptprotagonist. Seine Mutter schickt ihn in die Bergakademie. Hier findet er sein Lebens- und Liebesglück.

Bild (4): Alte und neue Ausgaben der literarischen Quellen,
Quellen: www.online-antik.hu

Die alten und modernen Ausgaben der Studentenliederbucher können auch als Quellen dienen. In den Zeilen der alten ungarischen Burschenlieder sind viele Wörter deutschen Ursprungs zu finden, einerseits Fachausdrücke (wie z.B. Kohlenbrenner) oder Realienbezeichnungen (wie z.B. Fuhrwerk). Die erste Ausgabe eines sog. Schemnitzer Liederbuchs kann im Jahr 1834 datiert werden und trägt den Titel Sammlung üblicher akademischer Lieder und Rundgänge.

Bild (5) Alte und neue Liederbücher aus dem Besitz der Universität Miskolc

Auch heute lebt die Tradition, dass an den feierlichen Schachttagen (ung. szakestély) die Studenten einander Widmungen in die Liederbücher eintragen, wie damals die Schemnitzer Studenten in ihre Stammbücher. Im Besitz der Schemnitzer Gedenkbibliothek (Miskolc) sind 10 Stammbücher3 zu finden. Auch die Valetenbücher bzw. Valetenblätter bewahrten eine alte Tradition. Diese kulturhistorischen Quellen beinhalten nicht nur die vollen Namen, sondern auch die Spottnamen oder die Alias-Namen der Studenten. Die studentischen Stamm- und Gedenkbücher sind Sammlungen von Widmungen, Erinnerungsgeschichten oder weisen Zitaten, die die Studenten oftmals füreinander übersetzt haben, da in dem multikulturellen Milieu von Schemnitz die ungarische, deutsche und slowakische Sprache parallel benutzt wurden. In einem studentischen Gedenkbuch sind zum Beispiel die Übersetzung von Vörösmartys Szózat (Aufruf) und die Umschreibung eines Gedichts von Petőfi zu finden.

Bild (6): Doppelseite mit Eintragungen und mit der Zeichnung der Akademie aus dem Stammbuch von Oszkár Veigele, 1838,
Quelle: Foto von Alíz Mészáros

3. Die Wurzeln und die heutigen Formen des deutschsprachigen Vokabulars des Schemnitzer Studentenlebens

3. 1. Deutsche Wörter ohne ungarische Entsprechungen

In diese Gruppe des untersuchten Wortschatzes gehören Wörter, die in den Textquellen in ihrer eigentlichen und ursprünglichen, also in unveränderter Form vorkommen. Diese Form der Lexemverwendung kann als eine Art Codewechsel bezeichnet werden. Nach der Bedeutung geht es hier oft um Gegenstände und Sachverhalte, die in der ungarischen Sprache von damals wahrscheinlich nicht vorhanden waren, oder die ungarischen Entsprechungen waren mit der Bedeutung des deutschen Wortes nicht ganz identisch. In diesem Fall geht es um Lexeme, die ihre ursprüngliche deutsche Form und ihre Bedeutung meistens beibehalten haben, Veränderungen lassen sich eher in der Aussprache feststellen.

Beispiele:

(1) Bursch: Dieser Begriff geht auf das lateinische Wort ‚bursa‘ zurück. In dem Wörterbuch von Jakob und Wilhelm Grimm ist es in der Form ‚burs‘, ‚burse’ zu finden. Wahrscheinlich wurde später aus diesen Formen Bursche, welche etymologische Entwicklung die Gebrüder Grimm ‘Spreizung’ bezeichnen. Früher bedeutete das Wort ‚Gruppe, Gesellschaft von Herren oder Kaufleuten’. Später tauchte das Wort im universitären Bereich auf, zum Beispiel können wir auch in einer Heidelberger Urkunde lesen: „gedenkt der bursen als gemeinschaftlicher kosthäuser der studenten“ (Grimm: Bd. 2, Sp. 546). Schon von den Gebrüdern Grimm ist erwähnt worden, dass dieses Wort auch eine Gemeinschaft von Studenten bedeuten kann. Im 18. Jh. und Anfang des 19. Jhs. war das Wort eine allgemeine Bezeichnung für Studenten. In der Studentensprache von heute bedeutet das Wort ‚Bursch‘ so viel, wie Firma (in der Bedeutung: ein älterer Student).

Textbeispiel:

„De hát a Bursch törődik is vele; /
De hát a Bursch azt mondja, sört ide, bort ide!” (Liederbuch, S. 146).

(2) poncichter/ hóhenciszter: Diese Ausdrücke gehen auf das Lexem Bohnenzüchter zurück, eine Bezeichnung für die Einwohner des Soproner Wiener Viertels. Diese waren eigentlich Weinbauern und bauten zwischen den Rebstöcken auch Bohnen an. Aus diesem Grunde nannte man sie scherzhaft Bohnenzüchter. In den Schemnitzer studentischen Traditionen wird diese Benennung für die Bezeichnung der Soproner jungen Männer verwendet, in der Form hóhenciszter oder poncichter. Dieser Spottname wird auch durch Texte belegt, in denen der Begriff als Selbstbezeichnung vorkommt. Bei der Schreibweise lassen sich die ungarischen Ausspracheregeln erkennen.

Textbeispiel:

„ Lakom az Flandorffer utca húsz, /
Van nékem poncichterhaus.“ (Liederbuch, S. 167).

Textbeispiel:

„Gyertek ide, hóhenciszter legények, Ti szegények, Ti kretének/
Hadd tudja meg a babám, meg a rendőrkapitány/
Ki a legény a csárdában igazán.” (Liederbuch, S. 148).

Das Lexem Haus kommt auch selbständig vor, kann mit ungarischen Suffixen versehen werden und in diesem Fall wurde die deutsche Schreibweise erhalten. Wenn dieses Lexem selbständig vorkam, wies es auf das Studentenhaus, auf das Studentenwohnheim und auf das Gebäude der Akademie in Schemnitz hin.

Textbeispiel:

„ Van nékem Trézsi az nagyfejű, /
lakik az szemközti haus; /
Amikor kinéz az ablakon, ablakon, /
nem látszik tőle az haus.“ (Liederbuch, S. 167).

„A szive megtelt szomorúsággal és kétségbeeséssel, ott állt a haus előtt,
a keze már többször rajta volt az ajtó zárján, hogy belépjen. Rátette
meg leeresztette.“ (Tassonyi, S. 227).

(3) Spritze: Seit dem 15. Jahrhundert bedeutet es auch Feuerspritze, also Löschgerät der Feuerwehr (Grimm: Bd. 17, Sp. 127, sprize‘ erschien. „ […] mit seinen feuersprizen..“). In der Sprache der studentischen Traditionen von Schemnitz wird dieser Begriff in der Bedeutung von Feuerspritze in der Form ‚spricni‘ verwendet, wobei das Lexem mit ungarischen Flexionsendungen versehen wird.

Textbeispiel:

„Brennbergbányán tűz van kiütve, holári-holári-hó./
Három sváb legény húzta a spricnit, holári-holári-hó./
Húzta, de vonta, de nem szólt spricni, holári-holári-hó./
Mert a spricnibe’ egy nagy bumadli holári-holári-hó.” (Liederbuch, S. 160).

(4) Bummel: Höchstwahrscheinlich geht dieses Lexem auf das Verb bummeln zurück, ursprünglich bedeutete es ‚hin- und her schwanken‘. Im 19. Jahrhundert verbreitete sich dieses Wort in der Studentensprache, in der Bedeutung von ‚nichts tun‘, ‚faulenzen‘ (vgl. „er hat ein Semester lang gebummelt“, Duden, 343). In der ungarischen Studentensprache wird das Wort in der Form bumadli verwendet, also wird mit einem dialektalen Diminutivsuffix, das aus dem Deutschen entlehnt ist, versehen. Wie es die Textbeispiele zeigen, bedeutet das Wort in der Schemnitzer Studentensprache etwas Anderes: etwas ging kaputt oder etwas wurde kaputtgemacht. Auch ein Bedeutungswörterbuch (Bakos 1985) präsentiert das Lexem und gibt die folgende Bedeutung an: ‚schlimmer Punkt‘, Problempunkt. Auch Bakos gibt hier die deutsche Herkunft des Wortes an.

Textbeispiel:

„Húzta, de vonta, de nem szólt spricni, holári-holári-hó. /
Mert a spricnibe’ jó nagy bumadli, holári-holári-hó.” (Liederbuch, S. 160).

(5) Fuchsmajor: Ein Fuchsmajor ist „der ältere Student einer Verbindung, der für die Erziehung der Füchse verantwortlich ist“ (Duden, 620). In der allgemeinen Studentensprache ist ‚Fuchs’ die Bezeichnung für einen Studenten im ersten oder in den ersten Semestern bis zum 19. Jahrhundert. Dann wurde der Ausdruck auf die Bedeutung ‚Nachwuchsmitglied von Studenten‘ (vgl. Paul 1992, 1023) eingeengt. Metaphorisch gesehen, weist der erste Teil der Zusammensetzung darauf hin, dass sich ein älterer Student im studentischen Leben gut auskennt (er ist schlauer als die anderen Studenten). Als ‚Fuchsmajor‘ bezeichnet man also einen älteren Studenten, der für die jüngeren und für die Erziehung der jüngeren Generation verantwortlich ist.

Textbeispiel:

A fuchsmaior, a balekok bölcs nevelője, éppen a tízparancsolatot
díszítő képeket magyarázta: … (Ruzsinszky, S. 8).

Az ismerkedési estélyt megnyitom. Fuchsmaiornak kinevezem Zanko alias Batrachomimachiát.“ (Ruzsinszky, S. 23).

(6) Firma: Firma ist ein Student, der schon Vorrechte hat und an andere freundschaftliche Befehle erteilen darf/kann. Auch das Wörterbuch der ländlichen Ausdrücke des Ungarischen (www.népszótár.com) weist darauf hin, dass dieses Wort in der Schemnitzer studentischen Sprache sehr verbreitet war und hatte die Bedeutung ‘weiser, intelligenter Student’. Später wurde das Wort mit pejorativer Konnotation in die ungarische Umgangssprache übernommen (vgl. jm. hat keinen festen Charakter (jó kis firma)). Das Wort wurde lange Zeit mit dem deutschen bestimmten Artikel gebraucht.

Textbeispiel:

„ – Vedd jól eszedbe, hogy közöttünk tekintet nélkül polgári
állásodra, csak vagyontalan, gyámoltalan, kiskorú, buta, irigy,
falánk és zöldhasú vagy, s mindenben a kohlenbrennerek,
firmák, veteránok gyámolítására vagy szorulva.” (Tassonyi, S. 38).

3. 2. Eingegliederte deutschsprachige Schemnitzer studentische Wörter

In diese Gruppe der Wörter deutschen Ursprungs lassen sich die Wörter einordnen, die sich nach ihrer Form, Aussprache und Flexion in das Ungarische intensiver eingegliedert haben. In der Mehrheit bezeichnen sie Gegenstände oder Tätigkeiten, geographische bzw. kulturelle Begriffe, die zu dem bergmännischen Studentenleben gehörten.

Beispiele:

(1) Pickhammer: Ein Pickhammer wird in den tieferen Gruben zum Abbau des Erzes benutzt.

Im folgenden Textbeispiel bekommt das ursprüngliche deutsche Wort ein ungarisches Suffix, wodurch sich die Schreibweise teils verändert, da die Integration des Wortes noch nicht komplett vollzogen ist. Darauf weist auch die deutsche Schreibweise hin.

Textbeispiel:

Ha majd a földi műszak végképpen lejár,/
Pickhammer-ral kopogunk a menny kapuján.” (Liederbuch, S. 100).

(2) Zupfen: Zupfen als Verb bedeutet: „kurz und sacht ziehen“ (vgl. Paul 1992: 1088). Nach Paul gibt es die folgenden Ausdrücke: den Zopf zupfen, die Ärmel zupfen, Knöpfe zupfen. Im Liederbuch der Wandervogelbewegung stand im Jahre 1908 die folgende Zeile: „Zupfgeigenhansl, Zupfgeigenhansl spielt auf seinem Instrument sacht“ (vgl. Paul 1992: 1088). In dem folgenden Textbeispiel wird dieses Verb in der Bedeutung ‚melken‘ benutzt, wobei die ungarische Infinitivendung angereiht wird. Das folgende Textbeispiel zeigt, dass manchmal ganze Zeilen, oder mindestens Halbzeilen in deutscher Sprache formuliert waren.

Textbeispiel: „Az Riska lába közt dort ist groß Brust,/
amit az tej végett zupfolni muss.” (Liederbuch, S. 162).

(3) Walden: So wird eine Uniform in der studentischen Sprache bezeichnet, die von Forstwirtschaftsstudenten getragen wurde, aus diesem Grunde hat es mit dem Lexem Wald eine enge Bedeutungsverwandtschaft. Die Uniformen wurden anders ‚ancug’ oder ‚anczug’ in der Schemnitzer Akademie genannt, diese waren allgemeine Benennungen. Diese Formen sind Entlehnungen aus dem Deutschen. Die ungarischen Endungen werden problemlos angepasst. Die Uniform der Akademie wurde auch als auf oft abgekürzt.

Textbeispiel:

Érthető volt tehát izgalmam, amikor a kölcsön waldenben,
de kicsípve magamat, becsöngettem báli partnernőm lakásán,
ahová suttogva és lábujjhegyen engedtek be.” (Zsigó, S. 76).

Mikor már gesztenyevirágot hord a szél,
Waldent húz a vén diák és búcsúzni kél.” (Liederbuch, S. 100).

3. 3. Kommunikative Formeln deutschen Ursprungs

In diese Gruppe kommen Beispiele, die im Kontext eines ungarischen Textes erschienen und entweder als Satzteile oder als ganze Sätze in deutscher Sprache auftreten. Aus kommunikativer Sicht hatten sie die Funktion, Situationen zu charakterisieren. Diese Elemente der Studentensprache von Schemnitz sind Grußformeln oder Scherzsätze.

Beispiele:

(1) Es lebe hoch!: Dieser Hochruf war ein fast obligatorisches Element der Schemnitzer Studentenlieder, wie zum Beispiel in dem Lied „Der Bergmannsstand sei hoch geehrt‘. Hier wiederholen sich diese Zeilen in beiden Sprachen symmetrisch.

Textbeispiel:

Éljen soká, éljen soká, éljen soká a Bányász szak!;/
Es lebe hoch, es lebe hoch, es lebe hoch der Bergmann Stand! (Liederbuch, S. 81).

(2) Ein, zwei, drei: Bevor die Studenten zu singen beginnen, zählt der Cantus in deutscher Sprache, wenn er ein Lied intoniert.

Textbeispiel:

„Három önkéntes tűzoltó föl!/
Állj! Sok, sok fele vissza!
Nóta indulj! Ein, zwei, drei…“ (Liederbuch, S. 160).

(3) Was ist das: Diese kommunikative Formel in deutscher Sprache ersetzt die Beschreibung einer typischen Situation, d.h. etwas Besonderes wird erwähnt.

Textbeispiel:

Én is ott vót, mégse meghótt, ez aztán az valamivalami/
Én is ott vót, mégse meghótt ez aztán az wasistdas.“ (Liederbuch, S. 163).

(4) Grüß Gott!: Die Benutzung dieser typischen Grußformel hat die Funktion etwas willkommen zu heißen.

Textbeispiel: „… Hogy minden rút bacillust a sör/
Kipusztít-grüszGott– legottan.“ (Liederbuch, S. 206).

3.4. Personennamen, geographische Namen und hybride Wörter

In die letzte Gruppe der typischen Elemente der Schemnitzer Studentensprache, die auch noch heute im Gebrauch sind, gehören verschiedene Personenamen (auch die Alias-Namen) und die deutschsprachigen Benennungen der engsten geographischen Umgebung (z.B. Städte, Stadtteile, Namen für die Gruben). Folgenden Beispiele sind Beweise dafür.

(1) Schnauzer: Schnauzer war ein Stadtteil in Schemnitz.

Textbeispiel:

“Brennbergbányai tűzoltók, vigyázz!
Arccal az Perkovátz, seggel az Schnauzer felé!“ (Liederbuch, S. 160).

(2) Bergmann Stand: Das ist die Bezeichnung für die Beschäftigung selbst und auch für den Kreis der Bergmänner.

Textbeispiel:

“Éljen soká, éljen soká, éljen soká a Bányász szak!;/
Es lebe hoch, es lebe hoch, es lebe hoch der Bergmann Stand! (Liederbuch, S. 81).

(3) Schmollen:

Textbeispiel:

“Megtudtam közben, hogy az öreg Kövesit „Schmollen papá’-nak
becézik, de itt az egyetemen különben is mindenkinek van
jellemző’ neve, amit persze ki kell majd érdemelni.” (Zsigó, S. 19).

Unter den Studenten in Schemnitz (und heute auch in den Nachfolgeninstitutionen in Sopron, Dunaújváros und Miskolc) waren und sind die so genannten ‚Alias-Namen‘ charakteristisch. Ein Fuchs bekommt einen für ihn charakteristischen ‚Alias-Namen‘. Auch die Professoren der Akademie bekamen von den Studenten Alias-Namen. Vermutlich war „Schmollen papa“ in dem obigen Beispiel der Name eines Lehrers.

(4) aufkönyv: Hier geht es um eine hybride Wortschöpfung, zusammengesetzt aus dem deutschen Wort ‚auf‘ und aus dem ungarischen Wort ‚könyv‘. In der studentischen Sprache wurde es damals sehr oft verwendet. Wenn ein Student kein Geld hatte, aber trotzdem in der Kneipe Bier oder Wein bekommen wollte, konnte er die bezahlende Summe in einem Buch aufschreiben lassen. (Das Wort kommt also aus dem Wort ‚aufschreiben‘.) Das Buch selbst hieß dann ‚aufkönyv‘.

Textbeispiel:

“Felballagott a Schacht-kocsma girbe-görbe útján… Íratta fel az öreg
Flórisnál az aufkönyvbe a sokszámú söröket…“ (Ruzsinszky, S. 7).

4. Zusammenfassung

Die Aufbewahrung und die Überlieferung der deutschsprachigen Wurzeln mancher Ausdrücke der Schemnitzer Studentensprache ist im Kreis der Universitäten, deren Geschichte auf die Bergakademie in Schemnitz zurückgeht, bis heute zu bemerken. Diese Tradierung ist vor allem bei der Benennung von studentischen Begriffen und bei der Bezeichnung von typischen Realien der Schemnitzer Studentenlebens zu finden. Die deutschsprachigen Elemente (nach der Form Lexeme, Sprüche oder ganze Sätze, in ihrer pragmatischen Funktion Grußformeln, Glückwünsche, Spottnamen oder Realien) sind in verschiedenen Quellenmaterialien aufzutreffen, in einer größeren Zahl kommen sie in den Liederbüchern und literarischen Werken vor, und nicht selten, kann man sie in der mündlichen Kommunikation hören.

Es sind feste Bestandteile der Beschreibung studentischer Traditionen und Festlichkeiten wie Schachttag, Burschabende, Kammerfeste oder Valetenabende. Diese Lexeme und auch die Halb- oder Ganzsätze kommen im ungarischsprachigen Kontext vor, es gibt keine Probleme bei ihrer Deklination oder Konjugation. Auch die Tradition der Stammbuchführung war eine typische Form der deutsch- und ungarischsprachigen Schriftlichkeit und Textualität in der Zeit der Österreich-Ungarischen Monarchie an der Bergakademie in Schemnitz. In den Studentenkreisen war es sehr verbreitet, ein Stammbuch, also eine Art von Gedenkbuch zu führen. Das besondere Gedenkbuch der Valeten, bzw.der absolvierenden Studenten, war das Valetenbuch, dessen Einträge zur gegenseitigen Sicherung der ewigen Freundschaft am Valetenabend geschrieben wurden. In der Schemnitzer Gedenkbibliothek sind von beiden Gattungen schöne Exemplare zu finden, die in der nächsten Phase der Forschung anhand von textuellen und gattungsspezifischen Kriterien analysiert werden.

Auch die literarischen Texte und das Liedergut der Schemnitzer Zeit ist reich an Beispielen, an denen der Herausbildungsprozess der Einbindung und Eingliederung bestimmter Elemente der Schemnitzer Studentensprache in die ungarische Sprache gut präsentiert werden können. Im vorliegenden Beitrag wurden einige Beispiele für die verschiedenen Typen der Eingliederung analysiert. Selbst in dem jetzigen Stadium der Aufarbeitung der Stammbücher ist es eindeutig zu erkennen, dass die deutsche Sprache als Träger der studentischen Kultur an der Schemnitzer Bergakademie eine bedeutende Rolle spielte.

Literatur

Kluge, F. 1895. Deutsche Studentensprache. Trübner, Straßburg 1895 (Neuausgabe: Studentengeschichtliche Vereinigung des Coburger Convents, Nürnberg 1984-1985)

Zsámboki, L. 1999. Selmecről indultunk. Miskolc: Miskolci Egyetem, Levéltár, Múzeum.

Zsámboki, L. 2002. Emlékkönyv az akadémiai képzés megszületésének évfordulóján. Selmecánya 1762. Miskolc: Miskolci Egyetem.

Quellen

Liederbücher:

A legfontosabb burschdalok szövegkönyve. Herausgegeben von Novák Sándor, Kovács Balázs, Fedecsku László. Miskolc: Nehézipari Műszaki Egyetem.

Zsámboki, L. (Hg.). 2001. A mi nótáink. 1931. (reprint). Miskolc: Miskolci Egyetem, Könyvtár, Levéltár, Múzeum.

Literarische Werke:

Kosáryné Réz, L. 1980. Selmeci diákok. Budapest: Móra Kiadó.

Ruzsinszky, László 1905. Tempus. Budapest. (Ohne Angabe des Verlages).

Tassonyi, E. 1905. Aki a párját keresi. Regény a selmeci diákéletből. Joerges: Selmecbánya.

Zsigó, László 1990. Erdészcsillag. Sopron: Soproni Nyomda.

Wörterbücher

Bakos, I. 1985. Idegen szavak szótára. Budapest: Akadémiai Kiadó.

DUDEN – Das große Wörterbuch der deutschen Sprache (in 8 Bänden). 2005. 5. Auflage. Mannheim: Dudenverlag.

Grimm, Jakob und Wilhelm. Deutsches Wörterbuch. 1835. (CD-Ausgabe, 2004)

Paul, Hermann 1992. Deutsches Wörterbuch. 9. vollständig neu bearbeitete Auflage. Tübingen: Max Niemeyer Verlag.


1 Die in diesem Artikel erwähnten Beispiele hat meine Studentin Alíz Mészáros gesammelt. Ich danke ihr für ihre wertvolle Hilfe.

2 Zur Geschichte der Schemnitzer Bergakademie: Zsámboki 1999, Zsámboki 2002.

3 Gedenkbuch /1829/, Gedenkbuch von Szaitz János /1831- 1843/, Glück Auf! /1853/ (Valetenbuch), Das Schemnitzer Gedenkbuch von Kuntz Emil /1855/, Valetenbuch /1852/, Stammbuch /1854/ (Besitzer unbekannt), Stammbuch /1862-1864/ (Besitzer unbekannt), Valetenblatt /1881/, Valetenblatt /1880/, Valetenblatt /1886-1889/, Stammbuch /1890/ (Besitzer unbekannt), Gedenkbuch von Tomka Jenő /1890/, Gedenkschrift von Bruchner Nándor /1890/, Valetenblatt /1983/.