NOUAH Mohamed
Université d’Alger 2
Abstrakt: Die Soziolinguistik ist eine Teildisziplin der Sprachwissenschaft, die das Sprachverhalten und Sprachgebrauch sozialer Gruppen untersucht. Jeder Mensch hat eine Gabe vom Gott zu sprechen, auszudrücken und zu kommunizieren, Er kann auch andere Sprachen erwerben, lernen und beherrschen, d.h. er kann mehrsprachig sein. Die soziolinguistische Erscheinung „Mehrsprachigkeit“ hat sich in den letzten Jahren stärker im Alltagsleben durchgesetzt, denn die heutige moderne und entwickelte Welt hat dazu geführt, Grenzen zwischen Ländern aufzuheben. Die modernen didaktischen Forschungen konzentrieren sich heute mehr auf Mehrsprachigkeit als Lehr- und Lernstrategie, nicht nur um den Fremdsprachenerwerbprozess zu erleichtern, sondern auch um andere Ziele zu erreichen. In diesem Beitrag geht es darum, Rolle der Mehrsprachigkeit und deren Existenz als Hilfsfaktor zum Lehr- und Lernerfolg im DaF- Unterricht in Algerien zu zeigen.
Schlüsselwörter: Mehrsprachigkeit, Spracherwerb, DaF- Unterricht in Algerien
Abstract: Sociolinguistics is a sub-discipline of linguistics that studies both of behavior and usage of the language of social groups. Everyone has a gift from God, to speak, to express and to communicate. He can also acquire, learn and master other languages. In fact he can be multilingual. The sociolinguistic phenomenon of „multilingualism“ has become more prevalent in everyday life in recent years, because today’s modern and developed world seeks to remove the borders between countries. Modern didactic research focuses today more and more on multilingualism as a teaching and learning strategy, not only to facilitate the language learning process, but also to achieve other goals. This article aims strongly to show the role of multilingualism and its existence as an auxiliary factor for teaching and learning success in German teaching in Algeria.
Keywords: Multilingualism, language acquisition, German teaching in Algeria.
Einleitung
Beim Lernen einer bestimmten Fremdsprache bzw. DaF finden oft die meisten Lernenden Schwierigkeiten beim Verstehen der behandelten Informationen und Kenntnisse. Dies zwingt dem Lehrer andere Sprachen zu verwenden, damit die Lernenden besser verstehen können. Mehrsprachigkeit bezeichnet in der Pädagogik die Fähigkeit eines Menschen, mehrere Sprachen zu sprechen und sich in diesen ausdrücken zu können. Sie stellt eine wichtige natürliche Ressource in unserer globalisierten Welt dar, die sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft von Bedeutung ist.
Mehrsprachigkeit ist in der algerischen universitären Umgebung ziemlich ein neues Phänomen und ein viel diskutiertes Thema, das in den letzten Jahren neu betrachtet und behandelt wird. Im DaF- Unterricht sollte also Mehrsprachigkeit gut genutzt werden können, um den Spracherwerbprozess zu erleichtern und um die Teilkompetenzen der Lernenden zu fördern.
1. Zur Bedeutung des Begriffs „Mehrsprachigkeit“
Der Terminus „Mehrsprachigkeit“ wird von dem Wort „mehrsprachig“ abgeleitet. Gemeint ist damit vielsprachig, multilingual bzw. plurilingual. Unter „Mehrsprachigkeit“ bzw. Multilingualismus versteht man im Allgemeinen die Fähigkeit des Menschen bzw. der Person, mehrere Sprachen zu beherrschen. Ein mehrsprachiger Menschist jemand, der mehrere Sprachen spricht und beherrscht, er wird als „polyglott“ bezeichnet.
Der Begriff „Mehrsprachigkeit“ hat individuelle, gesellschaftliche sowie institutionelle Aspekte und lässt sich zunächst ganz herkömmlich verstehen als die Fähigkeit einer einzelnen Person oder einer Gruppe von Personen mehrere Sprachen zu verstehen. Dies erklärt GERZYMISCH im folgenden Zitat deutlicher: «Bei dem Begriff der Mehrsprachigkeit handelt es sich um einen Sammelbegriff, der sehr unterschiedliche gesellschaftliche und individuelle Dimensionen umfasst und der in der Sprachwissenschaft oft mit der Vermittlung von Fremd- und Zweitsprachen oder der Bilingualität gleichgesetzt wird». (Gerzymisch. H, 2018: 235)
Seinerseits betrachtet TRIM Mehrsprachigkeit als Kenntnis einer Anzahl von Sprachen oder die Koexistenz verschiedener Sprachen in einer bestimmten Gesellschaft. Darunter versteht man die Sprachkompetenz, die ein vielfaltiges sprachliches Repertoire fördert. Mehrsprachig zu sein, betrifft nicht nur das Meistern offizieller nationaler Sprachen (äußere Mehrsprachigkeit), sondern auch unterschiedlicher Sprachformen bzw. Sprachvarietät derselben Sprache. Das bedeutet, dass jeder Mensch mehrsprachig sein kann. (Trim. J, 2001: 17)
2. Typen der Mehrsprachigkeit
Dabei unterscheidet man zwischen vier Typen von Mehrsprachigkeit. Es geht nämlich um die individuelle, die gesellschaftliche, die territoriale und die institutionelle Mehrsprachigkeit.
●Die individuelle Mehrsprachigkeit bedeutet die eigene Beherrschung entweder zweier oder verschiedener Sprachen von einer einzelnen Person, die sie entweder durch den Erwerb bzw. Hören und Sprechen oder durch Lernen bzw. im Unterricht erhalten hat. Dieser Sprachenerwerbstyp zeichnet sich dadurch aus, dass die Lernenden ohne gesteuerte Unterweisung, d.h. ohne Unterricht oder Bücher, ohne explizite Regeln oder ein grammatisches System, eine Sprache in natürlicher Umgebung erwerben. (Neuner. G, 1999: 22)
●Die kollektive Mehrsprachigkeit: Unter kollektiver Mehrsprachigkeit versteht man eine Beherrschung von mehreren Sprachen, die von den unterschiedlichen Sprachträgern bzw. Sozialgruppen wird, die aus unterschiedlichen Ländern kommen und sich innerhalb eines bestimmten Landes befinden. Sie sprechen zwei oder mehrere Sprachen untereinander, d.h. die Begegnung dieser fremden Menschen in irgendwelchem Ort der Welt ist ein wichtiges Motiv für das neue Lernen und guten Erwerb anderer Sprachen. Man kann von der gesellschaftlichen Mehrsprachigkeit sprechen, wenn es in einer bestimmen Gesellschaft eine Vielzahl verschiedener Sprachen täglich verwendet und gesprochen wird. Die Entstehung einer mehrsprachigen Gesellschaft ist mit historischen, politischen und wirtschaftlichen Faktoren eng verbunden.
●Die territoriale Mehrsprachigkeit bezeichnet das gleichzeitige Vorhandensein von mehreren Sprachen auf einem Territorium, d.h. ein Sprachgebrauch in mehrsprachigen Staaten oder Regionen. Seinerseits definiert RIEL die territoriale Mehrsprachigkeit als den Sprachgebrauch in mehrsprachigen Staaten oder Regionen, d.h. man begreift die Existenz von mehreren Sprachen auf einem Territorium bzw. Gebiet. (Riel. C, 2006: 15)
●Die institutionelle Mehrsprachigkeit ist die Verwendung mehrerer Arbeitssprachen in Institutionen oder in Verwaltungen.
► Zusammenfassend werden die erworbenen Sprachen nicht einfach addiert. Sie interagieren miteinander und ergeben eine ganz spezifische Multikompetenz.
3. Vorteile der Mehrsprachigkeit
Mehrsprachigkeit bezeichnet die Fähigkeit des Menschen, zwei oder mehrere Sprachen (Muttersprache und Fremdsprache) zu beherrschen. Sie gilt dazu als Hilfsfaktor, um verschiedene Lernziele zu erreichen.
●Flexibilität und Konzentration im Alltag: Mehrsprachigkeit fördert die Flexibilität des Lernenden, indem sie ihm erlaubt effektiver zwischen Aufgaben hin- und herzuwechseln. Außerdem erhöht sich die Konzentrationsfähigkeit bei dem Lernenden, wodurch es ihm leichter fällt, störende oder generell ablenkende Faktoren auszublenden.
●Steigerung der Effektivität des Gehirns: Mehrsprachigkeit hilft die Effektivität des Gehirns nachhaltig zu verbessern, denn sie verstärkt unter anderem die Hirnstruktur, die unsere beiden Hirnhälften miteinander verbindet. Mehrsprachigkeit ist ebenfalls dafür verantwortlich, dass altersbedingte Abbauprozesse langsamer voranschreiten. Eine Studie (auf Englisch) hat ergeben, dass Mehrsprachige im Vergleich mit Einsprachigen deutlich seltener mit kognitiven Folgeschäden zu kämpfen haben. (Meisel. J, 2006: 75)
●Lernmöglichkeit anderer Sprachen: Mehrsprachigen Menschen fällt es leichter neue Sprachen zu erlernen, da sie unterschiedliche sprachliche Strategien zum Erlernen der neuen Sprache anwenden können. Dadurch eignen sie sich selbstsicherer Texte an und suchen intuitiv nach vertrauten Wörtern und Satzstrukturen. Außerdem haben sie Vorteile beim Verstehen grammatischer Regeln. (Wandruszka. M, 1979: 145)
●Integrationsmöglichkeit im Ausland: Der wahrscheinlich offensichtlichste Vorteil der Mehrsprachigkeit ist die Möglichkeit sich problemlos mit Menschen aus anderen Ländern zu verständigen.
●Öffnung anderer Perspektiven: Mehrsprachigkeit ermöglicht dem Lernenden Fremdkulturen gut zu verstehen und intensiv zu erleben. Dadurch eröffnet sich ihm eine Vielzahl an potenziellen neuen Bekanntschaften.
► Die Sprache spielt also eine Rolle bei der Selbsteinschätzung eines Individuums und bei seiner Identifikation in der Gesellschaft. Durch Sprache werden die Eigenschaften des Individuums ausgedrückt, die dann eine Gruppenzugehörigkeit ermöglichen.
4. Zum Verhältnis zwischen Mehrsprachigkeit und Fremdsprachenerwerb
Unter dem Begriff „Fremdsprachenerwerb“ versteht man das Lernen einer bestimmten Fremdsprache durch verschiedene Methoden, Strategien und Techniken. Dazu gelten das Alter, die Motivation und das Familienmilieu als wichtigste Faktoren beim Erlernen einer Sprache. LADO weist darauf hin: «Die wichtigsten Unterrichtsbedingungen und die variablen Faktoren, mit denen man rechnen muss, beziehen sich entweder 1. Auf den Lerner, 2. Auf das Lehrmaterial, die Unterrichtsmittel und die Einrichtung, 3. Auf den Lehrer oder 4. Auf die Lernsituation im Allgemeinen». (Lado. R, 1977: 86-87)
Mehrsprachigkeitserwerb bedeutet mehrere Fremdsprachen neben der Muttersprache zu lernen und zu beherrschen. Die Mehrsprachigkeitsforschung verdeutlicht, welche Chancen sich für Kinderbieten, die in einer mehrsprachigen Umgebung aufwachsen sind, z.B. bei den Migrantenkindern, die sich in einem multikulturellen Umfeld befinden, dann werden sie multilingual aufwachsen und lernen die Sprache des Gastlandes im Umgang mit Gleichaltrigen und in ihrer Umwelt ungesteuert und gleichzeitig in der Lernumgebung gesteuert.
Mehrsprachigkeit ist durch die Zunahme der Migration und Mobilität zum Normalfall geworden. Brücken werden zwischen den unterschiedlichen Kulturen und Völkern geschlagen, die gegenseitiges Kennen lernen und Meinungsaustausch ermöglichen. In diesem Rahmen sagt KOHTE- MEYER sinngemäß: «Eine Funktion von Sprache ist es, zu bezeichnen, darzustellen, was ‟wirklich‟ ist. Erleben und Reflexion sind an Sprache gebunden, sie ermöglicht Denken und Kommunikation. Doch sie ist nicht nur der Mittler und Vermittler kognitiver Prozesse. Sprachlich werden die allerfrühesten Rollenmuster und Identifizierungen internalisiert, die in Familie und sozialer Gruppe angeboten werden». (Kohte-Meyer. I, 1999: 83)
Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Sprache (GER) äußert sich zur Mehrsprachigkeit, die nicht als die perfekte Beherrschung einer einzelnen Sprache, sondern als „die Entwicklung einer sprachlichen Handlungsfähigkeit in multilingualen Kontexten“ betrachtet wird. Dabei sollen die Individuen im Idealfall mehrere Sprachen beherrschen, so dass sie in einer multilingualen und multikulturellen Welt zu Recht kommen können. Dazu heißt es im GER:«Eine mehrsprachige und plurikulturelle Kompetenz (besitzt) ein kurzlebiges Profil und eine veränderliche Konfiguration. Dies impliziert keinesfalls Instabilität, Unsicherheit oder Mangel an Gleichgewicht seitens der betroffenen Person, sondern trägt in der Mehrzahl der Fälle zu einem verbesserten Bewusstsein ihrer Identität bei». (Krumm. H, 2009: 238)
5. Code-Switching als Hilfsmittel zum Fremdsprachenerwerb
Der Erwerb einer neuen Sprache kann zum Sprachverlust führen, aber auch Teil der Identität eines Individuums werden. Code-Switching kann die Identitäten von Gruppenmitgliedern in eine bestimmte Gruppe einreihen oder ändern. Es kann auch benutzt werden, um die kommunikative Situation in vollem Umfang neu zu definieren (Riley. P, 2007: 117).
Nach BUSSMANN meint Code-Switching den Wechsel zwischen Sprachvarietäten bei den Sprechern je nach Erfordernissen der Kommunikationssituation. (Bussmann. H, 2002: 139). Seinerseits definiert AUER Code-Switching als einen Vorgang des Wechsels zwischen Sprachen, bei dem eine Sprache bevorzugt wird. Dieses Sprachphänomen, das sich meistens in den mehrsprachigen Gesellschaften befindet, zeigt die Fähigkeit eines bilingualen bzw. mehrsprachigen Sprachträgers zwischen zwei oder mehreren Sprachen bewusst oder unbewusst in demselben Gespräch zu switchen. (Auer. P, 1998: 50).
Beispiel: – Je partirai today à la l’université.
-Je serai at home after quelques minutes.
WENZEL geht davon aus, dass die Verwendung gemischtsprachlicher Äußerungen durch situative sowie soziale Bedingungen beeinflusst wird. Er schreibt dazu folgendes: «Ein Code-Switching kann eine Auswirkung auf die Bedeutung von situativen oder personellen Aspekten eines Gesprächspartner haben. Durch ein Code- Switching kann der aktive Gesprächspartner einen Sachverhalt hervorheben». (Wenzel. D, 2010: 70)
Es unterliegt also keinem Zweifel, dass Code- Switching im FSU oft soziopragmatisch bedingt ist, d.h. durch externe Faktoren ausgelöst wird. Fremdsprachenlernende können sich einer anderen Sprache behelfen, um Schwierigkeiten mit der Kommunikation in der Fremdsprache zu überwinden, die Konversation in mehrsprachiger Umgebung zu optimieren oder ihre Lücken in der Sprachkompetenz, z.B. häufig vorkommende lexikalische Mängel zu verhehlen. Trotz alledem sind Sprachmischungen evident auf mentale, kognitive Prozesse zu beziehen, die im Geist/Gehirn eines Mehrsprachigen ablaufen, insbesondere dann, wenn das Code-Switching unbewusst vonstattengeht, d.h. intern bedingt ist. Die Begriffe „unbewusst” und „intern“ spielen aus psycholinguistischer Perspektive eine entscheidende Rolle, weil das bewusst ablaufende Code-Switching eher eine pragmatisch-funktionelle Strategie darstellt, die soziolinguistisch zu interpretieren ist. (Riehl. C, 2004: 29)
6. Zum Gebrauch der Mehrsprachigkeit im DaF- Unterricht in Algerien
Algerien ist ein arabisches, aber auch mehrsprachiges und multikulturelles Land. Mehrsprachigkeit ist in der algerischen pädagogischen Umgebung ein neues Phänomen, das in den letzten Jahren neu betrachtet und behandelt wird. Im Rahmen der neuen Hochschulreformen zur Verbindung der Universität mit der Gesellschaft bemerkt man das zunehmende Interesse an Fremdsprachenlernen. Heutzutage werden neben Französisch und Englisch vielen weiteren Fremdsprachen wie z.B. Deutsch zwecks ihrer konkreten Funktionalisierung einen besonderen Platz im Bildungsprogramm eingeräumt.
Gegenwärtig gilt Deutsch als dritte Fremdsprache in Algerien. Es wird als Tertiärsprache bezeichnet, die im Gymnasium zwei Jahre vor dem Abitur gelernt wird, dann als Fach an der Universität studiert werden kann. Da die deutsche Sprache einen wichtigen Platz im Rahmen der Globalisierung hat, nimmt die Zahl der Studierenden dieser Sprache an der Universität zu. Nach der modernen Fremdsprachendidaktik sollte im FSU bzw. DaF-Unterricht nicht nur die deutsche Sprache, sondern auch die anderen erworbenen Sprachen je nach des Bedarfs und der Situation verwendet werden. Also während des DaF-Unterrichtsverlaufs ist der Lehrer gezwungen neben Deutsch andere Sprachen wie z.B. Arabisch oder Französisch zu verwenden, um den Lernprozess zu erleichtern und um die Lernschwierigkeiten zu überwinden.
Zu den Lernvorteilen von Mehrsprachigkeit beim Lernen einer fremden Sprachengehören viele, die uns erlauben, dass Mehrsprachigkeit ein wahrer Motiv zum Erfolg ist. Sie ermöglicht den Studierenden ein reiches vielfältiges Vorwissen, d.h. man bekommt zusätzliche Informationen und viele Sachen, in denen man die Zielsprache lernt. Dies ergibt bestimmt eine interkulturelle Kompetenz und erhöhte Lernmotivation für die Studierenden, die sehr fähig beim Sprachlernen sind.Als Plädoyer für den Einsatz eines an Mehrsprachigkeit orientierten Sprachunterrichts gelten einfache (sprachwissenschaftliche) Evidenzen:
– Sprache dient der Persönlichkeitsentwicklung und erlaubt es, sich selbst zu begreifen und Alltagsprobleme wahrzunehmen;
– Sprache dient als Mittel zur kognitiven Entwicklung, sie ist notwendig, um Gedanken zu klären, zu ordnen, zu strukturieren und neues Wissen zu gewinnen;
– Sprache ist der hauptsächliche Träger des sozialen Handelns, mit ihr werden komplexe Handlungen gesteuert, die Verständigung und Kooperation ermöglichen;
– die Nutzung und Wertschätzung aller im Unterricht vertretenen Sprachen trägt zur Schaffung eines sprachenfreundlichen Klimas bei, bereitet den Monolingualen auf ein Leben in mehrsprachigen Kontexten vor.
7. Zustand der Mehrsprachigkeit im DaF- Unterricht in Algerien
Theoretisch wissen die meisten Deutschlehrenden und- lernenden, dass Mehrsprachigkeit heute als Voraussetzung und Hilfsfaktor nicht nur zum Lehr- und Lernerfolg, sondern auch zur Integration in die Arbeitswelt betrachtet wird. Aber die Berücksichtigungsweite dieses Kriteriums in der Realität bzw. im DaF-Unterricht in Algerien ist der Schwerpunkt dieses Beitrags. Dazu versuchen wir mit dieser Studie bzw. anhand von an einige Studenten der Universität Algier gerichtetem Fragebogen nachzuweisen, inwieweit die Mehrsprachigkeit als innovative Lehr- und Lernstrategie im DaF- Unterricht in Algerien betrachtet werden kann.
Angefangen mit der ersten Frage über die Bedeutung der Mehrsprachigkeit bemerkt man dieselbe Antwort der meisten Befragten, dass Mehrsprachigkeit als Beherrschung von mehreren Sprachen verstanden wird, d.h. sie wissen den genauen Sinn des Begriffs „Mehrsprachigkeit“.
Was die zweite Frage angeht, „Wie viele Sprachen sprechen Sie? Welche beherrschen Sie?“sieht man ganz deutlich, dass die meisten Lernenden mehrsprachig sind, denn sie haben neben Arabisch als Muttersprache verschiedene Fremdsprachen ab der Primärstufe gelernt. Sie können sich zwar in anderen Sprachen ausdrücken, aber sie finden manchmal Schwierigkeiten, wenn sie auf Deutsch sprechen oder schreiben möchten, sagten die meisten Befragten.
Bezüglich der dritten Frage über die verwendete Sprache in der Familie bemerkt man die Dominanz der Muttersprache (Arabisch oder Berberisch). Einige Antworten der Befragten haben uns gezeigt, dass sie neben Muttersprache manchmal Französisch verwendet haben. Das bedeutet, dass die meisten Lernenden nur an der Universität beim Gespräch miteinander oder manchmal im Unterricht Englisch und Deutsch einsetzen, denn diese Fremdsprachen existieren nicht mehr in unserer Gesellschaft.
In Bezug auf die vierte Frage über Lernverstehen sind die meisten Befragten einig, dass sie oft Schwierigkeiten beim Verstehen der behandelten Informationen im Unterricht haben, denn einige Lehrer ziehen in Betracht die Kompetenzen bzw. das Niveau der Lernenden nicht. Überdies verwenden sie oft einen komplizierten Wortschatz, insbesondere im Literaturunterricht.
Was die fünfte Frage betrifft, so zeigen uns die Ergebnisse, dass die meisten Lehrer oft im DaF- Unterricht nur Deutsch verwenden, deshalb finden die Lernenden Schwierigkeiten beim Verstehen. Dies führt manchmal zum Lernmisserfolg und Lerndemotivation.
Um die Richtigkeit dieser Ergebnisse mit Festargumenten festzustellen, haben wir einige Lehrer an der Deutschabteilung befragt, ob sie im DaF- Unterricht mehrere Sprachen verwenden. Bezüglich der ersten Frage über die Sprachkompetenz haben die meisten Befragten uns bestätigt, dass sie neben Arabisch und Deutsch andere Sprachen, insbesondere Französisch benutzen können. Das bedeutet, dass die meisten algerischen Deutschlehrer mehrsprachig sind.
Was die zweite Frage angeht, d.h. ob sie den Unterricht mehrsprachig vermitteln, kommt deutlich hervor, dass die meisten Deutschlehrer die Einsprachigkeit des Unterrichts bevorzugen. Trotzdem findet man einige Lehrer, die für das Prinzip der Mehrsprachigkeit sind. Daher ist es wichtig zu erwähnen, dass jeder Lehrer seine bestimmte Ansicht darüber hat.
In Bezug auf die dritte Frage über die verwendete Strategie bei Wortschatzarbeit und Informationsvermittlung haben die Befragten ganz unterschiedlich geantwortet, d.h. jeder Lehrer interessiert sich für den Einsatz einer bestimmten Lehrmethode je nach dem Modul, der Studienstufe und der Studentengruppe, aber sie sind einig, dass der Lerner aktiv und kreativ sein soll.
8. Schlussfolgerung
Die soziolinguistischen, psychologischen und didaktischen Untersuchungen gehen davon aus, dass Mehrsprachigkeit heute als nie zuvor als fester Bestanteil des modernen FSUs angesehen ist. Sie ist ein Hilfsmittel, um andere Sprachen zu lernen und verschiedene Kulturen zu erwerben. Außerdem gilt sie als Hilfsfaktor zur Integration in einer anderen Gesellschaft. Sie ist weltweit zunehmend zu einer großen Herausforderung für Lern- und Berufsleben geworden.Es kann dazu festgestellt werden, dass der Lehr- und Lernerfolg im Rahmen der Globalisierung nur durch diese wesentliche Strategien optimal realisiert werden kann. Daraus sollte sie im FSU möglichst gefördert werden.
Theoretisch gilt der Einsatz der Mehrsprachigkeit im FSU als Lehr- und Lernkultur, aber was man in der Realität bzw. im DaF-Unterricht in Algerien vorsieht, ist Mangel an dieser Kultur bei einigen Lehrenden und Lernenden. Dies beeinflusst aber negativ nicht nur die Lehr- und Lernergebnisse, sondern auch die Lehr- und Lernqualität in Algerien.
Wünschenswert wäre-unserer Meinung nach- mehr auf Mehrsprachigkeit als innovativer Lehr- und Lernstrategie im DaF- Unterricht zu basieren, um die Motivation bei den Studenten zu wecken, das Lernziel effizienter zu erreichen und sogar ein lebensbegleitendes Lernen für die kommenden Generationen zu schaffen.
Bibliographie:
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