Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 6. Nr. September 1998

Das Österreich-Bild in den rumänischen DaF(=Deutsch als Fremdsprache)-Lehrwerken zwischen Klischee und Realität

Ioan Lazarescu (Bukarest)

1.    In dem vorliegenden Aufsatz habe ich mir nicht vorgenommen, eine detaillierte imagologische Studie über die Österreicher bzw. über Österreich im rumänischen Sprachraum zu unternehmen, wie sie beispielsweise Klaus Heitmann in seinem Buch (1) über Rumänen und Rumänien vorzüglich gelungen ist. Auch gehört es nicht zu meiner Zielsetzung, einen Wandel von Stereotypen und ethnotypischen Images der Österreicher in der rumänischen Mentalitätsgeschichte auf der Zeitachse zu verfolgen. Meine Vorgehensweise unterscheidet sich demnach grundsätzlich von der von Krista Zach, die eine ausführliche diachronisch angelegte Untersuchung ethnotypischer Chiffren aus der multikulturellen Region Siebenbürgen anhand von Dokumenten durchgeführt hat, die in einem Zeitraum von etwa 200 Jahren (zwischen 1460 und 1666) verfaßt wurden. Diese hat sie ihrerseits mit späteren Dokumenten verglichen und dabei "nach einem Echo auf diese Stereotype und nach ihrer Funktion in späteren Texten gefragt"(2). In einem weiteren Schritt hat Zach anhand von zwei Beispielfolgen aus späteren Texten (des 18. bis 20. Jhs.) gezeigt, wie solche ethnotypischen Chiffren instrumentalisiert wurden.

Meine Überlegungen unterscheiden sich von den hier bereits erwähnten wie von den meisten anderen in den letzten Jahren zur Imagologie, Vorurteils- und Stereotypenforschung und zur Mentalitätsgeschichte verfaßten Arbeiten in zunächst einmal zweierlei Hinsicht:

  1. Erstens bezieht sich meine Untersuchung nicht auf beschreibende Texte im weiten Sinne des Wortes, also auf Primärtexte geographisch-historischen, ethnographischen und belletristischen Inhalts(3), in denen formelhaft verfestigte, sich wiederholende Fremd- bzw. Eigenbilder oder Hetero- und mitunter auch Autostereotypen über bestimmte Personen oder Gruppen von Personen, Sachverhalte und Themen vorkommen, sondern ich berufe mich auf ganz heterogene Texte, die nach eigenem Gutdünken der Autoren zusammengetragen wurden und, global betrachtet, in erster Linie didaktische und fallweise auch explikativ-informative Zwecke erfüllen sollen. Mit dem Terminus «Autor» meine ich hier freilich nicht die Verfasser der Primärtexte selbst, sondern im besonderen die Autoren/Autorenteams von in Rumänien erstellten Lehrbüchern bzw. Lehrwerken für DaF(4), kurz die «Lehrbuch-Autoren». Selbstverständlich hat man andererseits bei den besagten Lehrbüchern letztendlich mit Sammlungen von Primärtexten verschiedensten Inhalts zu tun, die durch erklärende Äußerungen zu fremdsprachlichen Phänomenen phonetisch-phonologischer, lexikalischer, morphologischer, syntaktischer und stilistischer Natur miteinander verbunden und ihrerseits in kapitelähnliche Lektionseinheiten eingeteilt sind. Sie umfassen eine breite Palette von Textsorten: von literarischen, populärwissenschaftlichen über unterschiedliche Fach- und Sachtexte bis hin zu den "konstruierten", sehr oft gekünstelt klingenden typischen "Lehrbuch"-Texten, die jedem, der sich irgendwann an das Lernen irgendeiner Fremdsprache herangewagt hat, wohlbekannt sein dürften.
  2. Zweitens beschränkt sich meine Untersuchung bloß auf die DaF-Lehrbücher der "letzten zwei Generationen", wie man sie oft zu nennen pflegt, d.h. auf die in den letzten Jahren vor der Wende in Umlauf befindlichen bzw. die nach der Wende neu verfaßten. Eine erschöpfende Untersuchung hätte natürlich sämtliche auf dem Boden des heutigen Rumäniens veröffentlichte Deutschlehrbücher(5) zu berücksichtigen, u. zw.:

2.    Der Vergleich von Schulbüchern, Unterrichtsmaterialien und sogar von curricularen Lehrplänen bedeutet im Grunde nichts Neues. Lehrwerkanalysen werden zu verschiedenen Zwecken durchgeführt, vor allem mit Bezug auf methodisch-didaktische Aspekte(8), mitunter auch auf inhaltliche. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang vor allem vier Arbeiten jüngeren Datums, die Lehrbücher im Hinblick auf vermittelte Fremdbilder und nationale Stereotype analysieren:

In allen vier Fällen handelt es sich um ausführliche Untersuchungen, die schließlich in Buchform publiziert wurden. Da jedoch eine ähnliche Vorgehensweise diesen Aufsatz über Gebühr aufgeschwellt hätte, wurden hier dem Vergleich nur die rumänischen Lehrbücher für DaF unterzogen, die vor und nach der Wende, die das Jahr 1989 für Mittel- und Südosteuropa und selbstverständlich auch für Rumänien bedeutete, veröffentlicht wurden.

2.1.    Die Fremdsprachenlehrbücher, die vor der Wende in Umlauf waren, pflegten in den Fachkreisen, also von den Verfassern selbst wie von den Lehrern, die danach unterrichteten, global als "Lehrbücher auf Bestellung" charakterisiert zu werden. Auf diese Bezeichnung kam man eigentlich aus dem einfachen Grunde, daß die Lehrbücher sämtlicher Fremdsprachen, die an rumänischen Schulen aller Stufen unterrichtet wurden - also Französisch, Englisch, Russisch und Deutsch(11) - eine einheitliche, vom Unterrichtsministerium genau vorgeschriebene und von den Lehrbuchautoren streng zu befolgende Thematik aufwiesen und somit in Methode und Aufbau einander sprechend ähnlich waren. Weil alle Fremdsprachenlehrbücher sozusagen über einen Leisten geschlagen waren, trugen sie auch keinen besonderen Titel, sondern hießen durchwegs, von der 2. bzw. von der 5. bis zur 12. Klasse, "Limba germana", respektive "Limba engleza/franceza/rusa"(12) usw.

Um nur ein Beispiel zur Veranschaulichung zu nennen, wähle ich das Lehrbuch für die 9. Klasse (5. Studienjahr). Alle Fremdsprachenlehrbücher - und somit auch das DaF-Buch(13) - mußten folgenden Aufbau haben:

Es folgten fünf weitere Lektionen, ebenfalls vorgegebenen Inhalts:

Es wäre selbstverständlich nicht uninteressant, die nach diesem strengen Kanon erstellten Fremdsprachenlehrbücher einer gründlichen methodisch-didaktischen Analyse zu unterziehen. Dafür ist aber hier nicht der geeignete Ort. Auf im Unterricht einzusetzende zusätzliche Lehr- und Lernmittel, auf die didaktische Progression, die das betreffende Lehrbuch aufweist, und auf die jeweiligen Schritte (die sog. "Lernstationen"), die während einer Unterrichtsstunde unternommen werden mußten, kann hier nicht näher eingegangen werden, zumal dies zu weit von unserem Thema wegführen würde. Daß Fremdsprachenlehrbücher schon immer konstruierte Texte enthielten, dürfte keinem mehr neu sein. Daß aber eine Fremdsprache nach aus der Muttersprache übersetzten literarischen Texten unterrichtet werden sollte, das wäre sogar für die überzeugtesten Verfechter der Grammatik-Übersetzungs-Methode (GÜM) unvorstellbar gewesen. Wir wollen es hier auch bloß bei der kurzen Bemerkung bewenden lassen, daß der Grammatikteil der jeweiligen Lektion mit dem Textteil sehr oft gar nichts gemeinsam hatte und praktisch in die Lektionseinheit künstlich "hineingeflickt" wurde.

Es braucht auch nicht mehr erwähnt zu werden, daß jede Lektionseinheit nur einen einzigen "Lesetext" enthielt, zumal nicht nur die Thematik, sondern auch die Struktur der jeweiligen Lektionseinheiten streng vorgegeben war, u. zw. wie folgt:

  1. lexikalischer Teil (Liste mit den neu einzuführenden lexikalischen Einheiten und anschließend dazugehörige Übungen),
  2. grammatischer Teil (Erklärung einer neuen sprachlichen Erscheinung samt Übungen),
  3. sog. literarischer Teil (der eigentliche Lektionstext, auch Lesetext genannt, gefolgt von Fragen und Leseverständnisübungen),
  4. zusammenfassender Teil (Festigung lexikalischer, grammatischer u.a. behandelter Probleme und Übungen zum sog. "freien Sprechen").

Mehr Platz als für einen einzigen "Lesetext" gab es somit innerhalb einer Lektionseinheit nicht.

Das bisher Gesagte gilt im Großen und Ganzen für sämtliche bis 1989 erstellten Fremdsprachenlehrbücher aller Stufen.

In Anbetracht dieser Tatsachen dürfte es auch gar nicht wundernehmen, daß in den Fremdsprachenlehrbüchern vor der Wende für «Fremdbilder» irgendwelcher Art praktisch kaum Platz war. Landeskunde-Unterricht war lange Jahre sozusagen verpönt. Das Ziel des Fremdsprachenunterrichts war doch, Schülern beizubringen, wie man Ausländern die rumänische Realität idealisiert und schönfärberisch vorzustellen habe und nicht, wie sich eben die Schüler in dem Land, dessen Sprache sie lernen, zu verhalten haben, um eben situationsgerecht zu handeln (also neben der sprachlichen Kompetenz auch die kommunikative Kompetenz(17) zu besitzen). Auch in einer Lektion mit höchst ergiebiger Thematik wie beispielsweise "Donaulandschaften" im Deutschlehrbuch für die 8. Klasse (4. Studienjahr)(18) konnten die Autoren aus eben erwähnten Gründen nur den rumänischen Lauf der Donau verfolgen - von der im Südwesten des Landes liegenden rumänisch-serbischen Grenze bis zum Donaudelta an deren Mündung ins Schwarze Meer. Da konnten die Schüler alles Mögliche von Eisenhüttenkombinaten, Wasserkraftwerken und Schiffswerften erfahren, nur nichts von den Landschaften und Ortschaften in den anderen Ländern, die die Donau durchfließt. Nicht ein einziges Mal wird «die Stadt an der schönen blauen Donau» erwähnt.

Im Lehrbuch für die 10. Klasse (6. Studienjahr), das Anfang der 70er Jahre erstellt wurde, haben die Autoren(19) zwar versucht, dem Thema Landeskunde einigermaßen gerecht zu werden – da kommen nämlich die Lektionen "Reiseland Schweiz" und "München" vor, freilich nicht mit authentischen, sondern mit reiseprospektmäßig «konstruierten» Lesetexten - jedoch hätte fairerweise auch Österreich eine ganze Lektion gewidmet werden müssen. Die einzigen Stellen jedoch, wo etwas über Österreich ausgesagt wird, sind

"In der Gegend von Reschitz spricht man so, daß es jeder Österreicher leicht verstehen könnte."

Und etwas weiter im Text heißt es:

"Die deutsche Bevölkerung des Banats, Schwaben genannt, wurde nach der Beendigung der Türkenherrschaft, im 18. und 19. Jahrhundert, hier angesiedelt. Etwa um die gleiche Zeit kamen Bergarbeiter und Hüttenarbeiter aus Österreich in das Bergbaugebiet um Reschitz."(21)

Das ist alles, was überhaupt zu Österreich gesagt wird. Von einem «Österreich-Bild» in den rumänischen DaF-Lehrbüchern vor der Wende kann somit kaum die Rede sein, geschweige denn von einem «Bild des Österreichers».

2.2.    Die nach der Wende von rumänischen Autoren mit Unterstützung des Goethe-Instituts München im Rahmen eines größer angelegten Projekts erstellten neuen DaF-Lehrwerke(22) aus der Reihe Deutsch mit Spaß(23) zeichnen sich durch einen ganz anderen Aufbau aus als die bisher besprochenen. Erwähnenswert ist die Tatsache, daß zur Behandlung eines gewissen Themas mehrere Texte verschiedener Textsorten gebracht wurden, was das Lehrbuch sehr abwechslungsreich macht und wodurch das Besprochene - unter anderem auch dank der Einteilung der Lektionseinheiten in sog. «Bausteine» - aus mehreren Blickwinkeln präsentiert werden konnte. Auf die Thematik der bisher erschienenen Lehrbücher aus der neuen Serie kann hier leider nicht näher eingegangen werden, doch kann man mit Recht behaupten, das die behandelte Problematik altersgerecht ist.

2.2.1. Die sprachliche und die kommunikative Kompetenz sind zwar weiterhin als Unterrichtsziele der neu erstellten Lehrwerke zu bezeichnen, hinzu kommt aber noch die Bildung der sog. interkulturellen Kompetenz.

Die «Landeskunde» fand nun nach vielen Jahren wieder Eingang in die Fremdsprachenlehrbücher. Es stellte sich jedoch sehr bald heraus, daß auch in Rumänien ein Umdenken des alten Landeskunde-Begriffs unbedingt vonnöten war.

Das neue in der Fremdsprachendidaktik der letzten Jahre immer häufiger anzutreffende Konzept zur "integrierenden" Landeskunde - auch DACH-Konzept(24) genannt - wendet sich von der traditionellen summativen Anhäufung von Daten und Fakten ab und orientiert sich an einer integrierenden, länderübergreifenden, binnenkontrastiven und differenzierenden Behandlung landeskundlicher Themen, die den gesamten deutschsprachigen Kulturraum betreffen und dabei engen komparativen Bezug auf die Verhältnisse im jeweiligen Herkunftsland der Deutschlernenden nehmen. Die reduktionistische, schönfärberische, bisher meistens nur auf die Bundesrepublik Deutschland reduzierte Landeskunde soll nun keinesfalls durch enzyklopädische Daten und Fakten über Österreich und die Schweiz additiv garniert werden, sondern durch eine binnenkontrastive Kulturanalyse des deutschsprachigen Raumes ersetzt werden. Im Kontext eines «Europa der Regionen», die oft gerade politische Grenzen überschreiten, muß durch die Berücksichtigung der breiten regionalen Vielfalt des deutschsprachigen Raumes eine qualitative Änderung des Landeskunde-Begriffs im DaF-Unterricht angestrebt werden.(25)

Es liegt nahe, daß dieses neue Konzept zur Landeskunde, das einerseits von den kulturellen Gemeinsamkeiten und Unterschieden innerhalb des deutschsprachigen Raums ausgeht und andererseits auch Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Ausgangssprachenland und Zielsprachenland/bzw. -ländern nutzbar zu machen versucht, auch andere Arbeits- und Evaluationsformen als die herkömmlichen benötigt. Ziel der landeskundlichen Arbeit ist ein Produkt und nicht mehr ein Wissenskanon, der am Ende der Lerneinheit bzw. des Schuljahres abgefragt wird. Zu diesem Produkt gelangen die Lernenden durch projektorientiertes Arbeiten, das unabhängig von Alter und Lernstufe durchgeführt werden kann. Die Projektarbeit im DaF-Unterricht hat den Vorteil, den Lerner zu veranlassen, sprachlich nicht nur textgebunden tätig zu werden, sondern den Übergang zur freien Sprachausübung zu gewährleisten. Der Vorzug dieser "offenen" Unterrichtsform besteht darin, daß dabei mehrere Lerner zusammenwirken und auf ein bestimmtes Ziel hin recherchieren, das sich in einem Produkt konkretisiert. Dieses kann in der Gestaltung sehr unterschiedlich sein: Referat, Bericht, Lichtbildervortrag, Videodokumentation, Wandzeitung, Klassenkorrespondenz, Fotocollage, Klassenzeitung oder -zeitschrift u.v.a.m. Diese lehrbuchunabhängige, wirklichkeitsnahe Tätigkeit soll den Schüler - unabhängig von Alter und Lernstufe - zu selbständigem sprachlichem Handeln befähigen und ihn für ein Lernen auch nach der Schulzeit ('lebenslanges Lernen') vorbereiten. Und nicht zuletzt bietet diese Arbeitsform die Möglichkeit der Begegnung des Schülers mit der fremdsprachlichen Kultur, mit der fremdsprachlichen Wirklichkeit. Sie schafft den Anlaß, sowohl seine sprachlichen Fähigkeiten als auch seine landeskundlichen Kenntnisse gezielt anzuwenden bzw. zu erweitern, anhand dieser Kenntnisse sich selbst kennenzulernen und über das andere Land, seine Kultur, seine Menschen kompetent mitsprechen zu lernen und dadurch etwaige Klischees und Vorurteile abzubauen.

Die Arbeitsform Projektarbeit wird in der neuen Lehrwerkserie Deutsch mit Spaß schon sehr früh und verhältnismäßig oft angewendet. Die Aufzählung aller Projektvorschläge wäre selbstverständlich zu raumaufwendig(26), deshalb werde ich mich im folgenden nur auf diejenigen Lektionseinheiten beziehen, die direkt - oder auch nur indirekt - mit Österreich zusammenhängen.

Während im Lehrbuch für die 10. Klasse (6. Studienjahr), das noch vor der Wende in Umlauf war, nur ganz schüchtern und leicht zu übersehen eine Übungsaufgabe stand mit dem Wortlaut

"Vergleichen Sie Trakls Gedicht(27) mit anderen Herbstgedichten aus der rumänischen Literatur, die Sie kennen!",

wird in der neuen Lehrwerkserie sehr oft binnenkontrastiv und interkulturell vorgegangen.

Schon in der ersten Lektionseinheit des Lehrbuchs für die 7. Klasse (6. Studienjahr)(28) ist nicht mehr die Rede nur von Deutschland, sondern von allen "deutschsprachigen Ländern" - so auch der Titel der Lektion -, also auch von Österreich, der Schweiz und sogar vom Fürstentum Liechtenstein. Erwähnt wird auch Luxemburg mit dessen besonderer Sprachvarietät. Die Schüler müssen Material dazu sammeln und sich mit dem Problem des Deutschen als "Sprache mehrerer Völker" auseinandersetzen. Schon auf dieser Altersstufe wird die Minderheitenproblematik angeschnitten, zum ersten Mal kann man in einem rumänischen DaF-Lehrbuch lesen, daß Bevölkerungsgruppen aus Italien (d.i. Südtirol), Dänemark, der GUS usw. Deutsch zur Muttersprache haben. Die Schüler werden dazu angehalten, die Nationalhymnen der drei wichtigsten deutschsprachigen Staaten zu vergleichen und dazu müssen sie einige Daten zu deren Geschichte und zu ihrem politischen Wesen sammeln. Und das ist Projektarbeit "in nuce", finde ich.

Auch das Thema "Brauchtum" wird in den neuen Lehrbüchern zum ersten Mal differenziert, sprich binnendifferenzierend behandelt. Nicht nur von Festen und Feiern in Deutschland ist die Rede; die rumänischen Schüler erfahren zum Beispiel, daß Weihnachten in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz - zum Unterschied von Rumänien - schon am 1. Advent beginnt(29) und daß im südlichen Sprachraum (in Süddeutschland und in Österreich) der 'Fasching', am Rhein hingegen der 'Karneval' gefeiert wird(30).

Daß Deutschland in den Deutschlehrbüchern weiterhin viel häufiger als die anderen deutschsprachigen Länder vorkommt, das steht fest und ist auch nicht zu leugnen. So hat beispielsweise der Schüler das deutsche (!) Fernsehen mit dem rumänischen zu vergleichen - und nicht etwa das österreichische oder das mehrsprachige schweizerische! - er muß einem deutschen (!) Brieffreund einen Brief schreiben und irgendwann im Buch ein deutsches (!) Märchen lesen(31). Daß im Lehrbuch ein Krimi in Folgen erscheint, mit einem Kommissar Hoflehner als Hauptperson und einer in Wien sich abspielenden Handlung, darf wohl als purer Zufall angesehen werden, denn absolut nichts weist in der Textfolge auf typisch Österreichisches hin und der Kommissar handelt nur so, wie jeder andere Kommissar auch handeln würde. Es geht folglich bloß um eine ganz normale Leseverständnisübung.

Um das Lehrbuch altersgerecht zu gestalten, haben die Autoren sehr oft didaktische Spiele vorgeschlagen. Eins davon hat Österreich zum Thema. Es geht um ein Frage-Antwort-Spiel mit geographischen Begriffen, wo das Land, das "westlich von Ungarn und nordöstlich von Italien"(32) liegt, erraten werden muß. Ebenfalls in dieser Lektion kommen zum ersten Mal in einem rumänischen DaF-Lehrbuch die verschiedenen Gruß- und Abschiedsformeln bei den verschiedenen deutschsprachigen Völkern vor (neben dem hochsprachlichen "Guten Tag - Auf Wiedersehen" auch die regional gefärbten umgangssprachlichen "Servus" und "Grüezi").

Im Lehrbuch für die 7. Klasse kann man aber auch auf eine Übungsaufgabe wie die folgende stoßen:

    1. Sammle Wörter zur Charakterisierung der Deutschen.
    2. Kennst du ein paar Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Deutschen, Österreichern und Schweizern? (Diese drei Völker soll der Schüler anschließend mit den Rumänen vergleichen.)

Unter ganz normalen Bedingungen könnte man mit Recht behaupten, daß so eine Übung geradezu zur Verfestigung von Vorurteilen, Stereotypen und Klischees beiträgt. In Anbetracht der Tatsache, daß man landeskundliche Themen jahrelang im Fremdsprachenunterricht umgehen mußte, darf jedoch ihr Vorkommen in diesem Lehrbuch meiner Ansicht nach eigentlich gar nicht wundernehmen und keinesfalls als Mangel beanstandet oder falsch interpretiert werden.

Die klischeehaften Vorstellungen und typisierten Meinungen über andere Völker und Nationen/Nationalitäten, die nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei größeren Kindern und Jugendlichen bestehen, hängen wohl mit Traditionen, Elternhaus/Familie, Lektüre, Medien usw. zusammen. Ich stimme hier der Behauptung von Firges/Melenk (1985, S. 97) bei, daß nämlich die Frage, ob Stereotype schädlich seien oder nicht, sich beim Erlernen einer Fremdsprache gar nicht stelle; "sie sind unvermeidlich als eine erste Stufe in einem Erkenntnisprozeß"(33), weil sie den Prozeß der Erfahrungsgewinnung begleiten, wenn sie ihn nicht sogar erst ermöglichen. Es wäre daher vielleicht sinnvoll, den Begriff des Stereotyps für den Fremdsprachenunterricht irgendwie aufzuwerten "– etwa in dem Sinne: Stereotypen sind normalerweise keine von Dummheit und Haß geprägten Fehlurteile über andere Nationen und Gruppen, sondern sie sind grobe und relativ undifferenzierte Versuche, fremde Realität in den Horizont der eigenen Erfahrungswelt einzubeziehen"(34).

Die Wörterlisten und Assoziogramme, die die Schüler im Fremdsprachenunterricht zusammenzustellen haben, unterscheiden sich meines Erachtens grundsätzlich von den Eigenschaftslisten der Sozialpsychologie. Das Verfahren der Sozialpsychologie besteht weitgehend darin, daß Versuchspersonen Listen von Eigenschaften vorgelegt bekommen und anzukreuzen haben, wie sie Persönlichkeiten, Nationen, Berufe usw. befinden. Anhand dieser Methode läßt sich zwar nachweisen, daß Stereotype existieren, das vorgefaßte Meinungen weit verbreitet und mit positiven und negativen Bewertungen verbunden sind, aber man erfährt nichts darüber, wie die Stereotype zustande kommen. Von ihnen ausgehend, versuchen die Sozialpsychologen Erklärungen für soziale Probleme wie Rassismus, Diskriminierung, Verfolgung von Minderheiten usw. abzugeben. Die Lerner von Fremdsprachen müssen aber andersherum vorgehen. Sie bekommen keine Vorlage - auf niedrigerer Sprachstufe höchstens eine Anlösung der Aufgabe -, sondern müssen meistens in Partner- oder Teamarbeit die Wörterliste bzw. das Assoziogramm erst aufstellen und dann in der nächsten Phase ihre Meinungen und Entscheidungen auch begründen. Im Fremdsprachenunterricht ist die Lage somit ganz anders:

Die Urteile über andere Völker dienen nicht deren Abwertung und der eigenen Aufwertung. Schon die Bemühung um die fremde Sprache ist ja ein Zeichen der grundsätzlichen Anerkennung derer, die sie sprechen. Die Urteile über andere Völker sind zunächst der Versuch, deren Lebensgewohnheiten überhaupt in eine einprägsame, greifbare Form zu bringen.(35)

Übrigens liegen nicht unbedingt in allen Schüleräußerungen Stereotype vor, und die Meinungen der Schüler dürfen nicht immer als negativ zu bewerten sein. Ihre Äußerungen sind im Grunde nichts anderes als Typisierungen, Klassifizierungen, die vorgenommen werden, um auffällige Merkmale hervorzuheben, die es sonst, d.h. im eigenen Land nicht gibt. Diese Merkmale erhalten dann eine Abzeichenfunktion für die ganze Gruppe (das ganze Volk bzw. das andere Land) und sollten nicht falsch interpretiert werden. Die Wörterlisten und Assoziogramme haben sich als sehr effiziente Wortschatzübungen erwiesen und immer Anlaß zu freiem, lehrbuchunabhängigem Sprechen gegeben. Es ist doch nichts dabei, wenn man - wohlgemerkt - im Fremdsprachenunterricht beim Stichwort "Deutsche" Wörter wie etwa 'Bier trinken', 'Bierzelt', 'Brezeln', 'schunkeln' u.ä., oder im Falle von "Österreichern" 'Wiener Schnitzel', 'Marillenknödel', 'Heuriger', 'Walzer' usw. an- oder untereinanderreiht. Da kann man anschließend auch über rumänische Eß- und Trinkgewohnheiten sprechen, und das bedeutet doch «interkultureller» Vergleich im Fremdsprachenunterricht, oder? Darf man dies als Vor- oder Fehlurteile bezeichnen?

Um eben einem Mißbrauch von Heterostereotypen und einer Klischeeverfestigung vorzubeugen, daß etwa alle Österreicher von morgens bis abends Walzer tanzen, ihre Wochenenden in den Alpen verbringen und jodeln, sich mit Wiener Schnitzel voll essen, nur Heurigen trinken und als Nachspeise entweder Apfelstrudel oder Topfengolatschen zu ihrem Kaffee nehmen, gingen die Autoren(36) des Lehrbuchs für die 11. Klasse (10. Studienjahr) in der Lektionseinheit "Kaffeehausliteratur" gerade von Autostereotypen der Österreicher aus. Durch die leicht ironisch klingende Note, in der der Text verfaßt ist, erreicht er erstens seine informative Funktion und fungiert bestens als Sprechanlaß für weitere Konversations- und Problematisierungsübungen. Hier nur einige Auszüge daraus:

"Sie müssen einfach davon gekostet haben: Apfelstrudel, Indianer mit Schlag, Sachertorte, Milchrahmstrudel, Marillenknödel, Nußkipferl ... Die "Mehlspeis", die Patisserie in Wien, gilt weit und breit als die absolut beste. Weshalb die Jause, anderswo bloß "Kaffee und Kuchen" am Nachmittag, in Wien eine besonders beliebte Mahlzeit ist. [...] Im Wiener Kaffeehaus, dieser Oase im Großstadtleben, ist man "nicht zu Hause und doch nicht an der frischen Luft", wie ein Literat ironisch feststellte. Dort bestellt man nicht einfach Kaffee, sondern läßt sich einen 'Kleinen Braunen', 'Einspänner', 'Türkischen' oder eine 'Melange' servieren. Wie man auch nicht einfach den Kellner, sondern den 'Herrn Ober' ruft. Auch wenn man nur Zeitungen oder ein zweites Glas Wasser nachbestellt. Besonders in Wien ist das Kaffeehaus ein traditioneller Treffpunkt. Hier kann man stundenlang bei einem Kaffee sitzen, Zeitung lesen, mit jemandem plaudern, Schach und sogar Billard spielen."(37)

Freilich ist das nur eine von den vielen möglichen Methoden, die zahlreichen berühmten österreichischen Kaffeesorten dem Fremdsprachler beizubringen, als falsch kann sie jedoch nicht bezeichnet werden, zumal von einem authentischen Text ausgegangen wird und nicht von einem konstruierten. Selbstverständlich folgt dem Text eine Zuordnungsübung, die die richtige Verwendung der neuen Wörter und Begriffe bezweckt. Und damit man nicht nur beim puzzleartigen Zuordnen von Wörtern bleibt, kommt im Text auch ein Projektarbeitsvorschlag vor. Es geht wiederum um einen interkulturellen Vergleich. Die Schüler haben die Möglichkeit, das österreichische Kaffeehaus mit der rumänischen 'cafenea' zu vergleichen, gab es doch auch in Bukarest in der Zwischenkriegszeit ein berühmtes Literatencafé namens Capsa, das für die rumänische Literatur eine sehr große Rolle gespielt hat(38). Und so eine Projektarbeit dürfte doch bei Elftklässlern als sehr ergiebig, weil intellektuell fördernd, zu bezeichnen sein.

Die Eßgewohnheiten der Österreicher - wie übrigens die der Franzosen - haben sich in den letzten Jahrzehnten geändert, darüber besteht kein Zweifel. 'Fast food' und Tiefkühlkost gewinnen an Boden. Diese Neuerungen sind keine österreichischen Eigenheiten mehr. Modernisierung bedeutet zugleich Nivellierung. Auch wenn viele Österreicher schon immer häufiger Espresso trinken, soll man die vielen Bezeichnungen, die die Eigenheit, das Unverwechselbare Österreichs ausdrücken, vermeiden, nur weil sie stereotypisch wirken?

2.2.2.   Abschließend soll kurz auch etwas über die 'Lehrbuch-Sprache' gesagt werden, also über die von den rumänischen Lehrbuchautoren bei Erklärungen und Übungen verwendete deutsche Metasprache. Es handelt sich im besonderen um den Wandel, den diese Sprache in den letzten Jahrzehnten erfahren hat.

Das global verstandene - also überregionale - «Rumäniendeutsch»(39) steht der in Österreich gesprochenen Sprachvarietät in vielen Hinsichten sehr nahe. Herkunftsmäßig trifft das jedoch nur auf einen gewissen Teil der ihm zugrundeliegenden Mundarten zu.(40) Vielmehr fallen die historisch-politischen Gegebenheiten ins Gewicht, haben doch die meisten deutschsprachigen Gebiete des heutigen Rumänien bis Ende des Ersten Weltkrieges zur österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie gehört. So ist auch die Tatsache zu erklären, daß die siebenbürgisch-sächsische Urkunden- und Kanzleisprache zwar infolge der restlosen Bekehrung der Sachsen zum Protestantismus stark vom Lutherdeutsch geprägt war, aber sehr lange unmittelbar unter dem Einfluß der österreichischen kaiserlichen Kanzlei gestanden hat, insbesondere nach der Einführung der Theresianischen Reform. Auch die sog. "Schulsprache" wies jahrhundertelang österreichische Einflüsse auf, wenn man bedenkt, daß die siebenbürgische und die Banater Intelligenz zumeist an den österreichischen Hochschulen studiert hatte(41). Und nicht zuletzt hat sich die Umgangssprache lange Zeit aus dem "Habsburgerdeutsch" genährt, das die Beamten und Offiziere der ehemaligen k.u.k. Monarchie eingeschleppt hatten.

Typisch österreichische Erscheinungen im Rumäniendeutschen findet man in allen Bereichen der Sprache, also auf phonetischer, morphologischer, syntaktischer, vor allem aber auf lexikalischer Ebene, wo die österreichisch-rumäniendeutschen Gemeinsamkeiten wohl am auffälligsten sind(42).

Die Bereiche des rumäniendeutschen Wortschatzes, in denen die meisten Austriazismen - i.e. typisch österreichische Wörter und Wendungen - begegnen, sind Küche, Haushalt und Verwaltung. Wörter wie Topfen, Kren, Marille, Orange, Karfiol, Fisole, Kukuruz, Gefrorenes, Zuckerl, Staubzucker, Zibebe, Palatschinke, Mehlspeise, Knödel, Nockerln, Krapfen, Semmel, Kipfel, Gespritzter u.v.a.m. sind unter Rumäniendeutschen gang und gäbe. Die schon seit längerer Zeit nach Deutschland Ausgewanderten und auch diejenigen, die noch im Land geblieben sind, verwenden diese Wörter sogar im Umgang mit Deutschen aus dem nördlichen Sprachraum, so tief sind sie bei ihnen eingewurzelt. Der beste Beweis dafür sind übrigens die vielen ähnlich klingenden Wörter aus der obigen Reihung, die auch in der rumänischen Sprache vorkommen(43), z.B. hrean (Kren), fasole (Fisole), cucurut ('Kukuruz'; allerdings nur regional gebraucht), placinta (Palatschinke), chifla (etymologisch mit 'Kipfel' verwandt, jedoch eigentlich interessanterweise mit der Bedeutung von 'Semmel' gebraucht), sprit (Gespritzter). Die Liste könnte um viele Beispiele vergrößert werden. Sehr viele Wörter, die Ammon (1995)(44) als Beispiele von "typischen Austriazismen" anführt, haben schon lange in die rumäniendeutsche Umgangssprache Eingang gefunden.

Daß der hier angedeutete Sprachzustand jedoch größtenteils nur bis zum Ausgang des Zweiten Weltkrieges, spätestens bis zum Massenexodus der Rumäniendeutschen seit den Endsiebziger Jahren seine Gültigkeit hatte, dürfte wohl einleuchten. Die Sprachsituation in Rumänien hat sich aber in der letzten Zeit dermaßen geändert, daß man in den ehemaligen deutschsprachigen Gebieten einerseits eher von einer gewissen Relexifizierung der rumäniendeutschen Verkehrssprache, andererseits in bestimmten Bereichen nun von einer "gehobenen Fremdsprachlichkeit" im Sinne von Gadeanu (1995 und 1997(45)) statt von Muttersprachlichkeit sprechen muß(46). Ich will und muß den Unterschied machen zwischen dem Begriff «Schuldeutsch» im Sinne von jahrhundertelang von siebenbürgischen und Banater Mundartsprechern verwendeter Hochsprache - wie schon erwähnt, stark österreichisch beeinflußt - und dem heutigen «Schülerdeutsch», der Sprache, von der die Schüler der heute in Rumänien existierenden 'deutschen Schulen' Gebrauch machen.

Was das besondere Problem der Relexifizierung anbelangt, da geht es um den allmählichen - jedoch offensichtlichen - Ersatz österreichischen Wortguts durch binnendeutsches. Man verteilt heute in der Schule z.B. keine 'Zuckerl' zum Geburtstag mehr, sondern bietet 'Bonbons' oder 'Pralinen' an. Man ißt zum Nachtisch kein 'Gefrorenes' und keine 'Mehlspeisen' mehr, sondern nur noch 'Eis' und 'Kuchen'. Die Aufzählung könnte beliebig fortgesetzt werden. Diese Relexifizierung hängt mit dem vorhin genannten Schwund an muttersprachlichen Lehrern zusammen und mit dem immer größeren Einfluß des Binnendeutschen auf das, was heute noch vom Rumäniendeutschen übriggeblieben ist.

Diese Sprachsituation spiegelt sich freilich auch in den DaF-Schulbüchern wieder, deren Autoren in den seltensten Fällen noch der deutschen Minderheit angehören, die aber größtenteils Abgänger 'deutscher Schulen' sind. Es ist eine an dem Binnendeutschen orientierte Sprache, von der auch die DaF-Lehrbuchautoren jetzt Gebrauch machen. Während es früher nicht nur in den muttersprachlichen, sondern auch in den DaF-Lehrbüchern von österreichischem Wortgut sozusagen wimmelte, findet man heute darin kaum noch Wörter wie 'Semmel', 'Kipfel', 'kehren', 'rechen'. An ihre Stelle traten 'Brötchen', 'Hörnchen', 'fegen' und 'harken'. Zuweilen stößt man sogar auf den Wochentagsnamen 'Sonnabend', wohingegen man früher ausschließlich den Namen 'Samstag' verwendete - und die Beispiele könnten freilich beliebig ergänzt werden. Aber es ist offensichtlich, daß die Beschreibung dieser veränderten Sprachsituation wohl den Stoff für ein anderes Gespräch oder einen anderen Vortrag ausmachen muß.

© Ioan Lazarescu (Bukarest)

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Anm. der Redaktion: Leider konnten aus technischen Gründen (Fehlen entsprechender HTML-Codes) die rumänischen Diakritika nicht in adäquater Form dargestellt werden.


Anmerkungen:                                                                                     Literatur

(1) Das Rumänienbild im deutschen Sprachraum 1775-1918. Eine imagologische Studie (Köln: Böhlau, 1985), ins Rumänische von Dumitru Hîncu übertragen (Bukarest: Univers, 1995).

(2) Zach 1997, S. 567.

(3) Ein facettenreiches Amerika-Bild in der deutschen Nachkriegsliteratur bietet Wettberg (1987) anhand von mehreren Texten, u.a. von Hans Hellmut Kirst, Wolfgang Koeppen, Hans Henny Jahnn und Rolf Hochhuth, die kapitelmäßig nach drei Kernthemen gruppiert werden: 1. "Enttäuschte Erwartungen", 2. "Die Welt von morgen" und 3. "Der fremde Kontinent". (Wettberg, G. (1987): Das Amerika-Bild und seine negativen Konstanten in der deutschen Nachkriegsliteratur. Heidelberg: Winter.)

(4) Deutsch als Fremdsprache.

(5) Die Schulbücher für die im Laufe der Jahrhunderte in Siebenbürgen und später auch im Banat lebende deutsche Bevölkerung seien hier ausgeschlossen, will in diesem Zusammenhang doch nur – wie es der Titel dieses Aufsatzes schon vorausschickt – von Deutsch als Fremdsprache (und nicht als Muttersprache) die Rede sein. Eine ausführliche Bibliographie von siebenbürgischen Schulbüchern hat übrigens Teistler 1998 herausgegeben. (Teistler, G. (Hrsg.) (1996): Deutsche Schulbücher aus Siebenbürgen und anderen Regionen des heutigen Rumänien – erschienen bis 1945. Bibliographie von Lese-, Realien-, Geographie-, Geschichts- und Staatsbürgerkundebüchern. Frankfurt a. M.: Diesterweg.)

(6) Zu Deutsch "Siebenbürgische Schule".

(7) Neben dem traditionsgemäß seit alters unterrichteten Französisch nun auch Englisch, Deutsch und Italienisch.

(8) S. u. a. Neuner, G./Hunfeld, H. (1992): Methoden des fremdsprachlichen Unterrichts. Eine Einführung. Fernstudieneinheit 5. Berlin u.a.: Langenscheidt und Kast, B./Neuner, G. (Hrsg.) (1994): Zur Analyse, Begutachtung und Entwicklung von Lehrwerken für den fremdsprachlichen Deutschunterricht. Berlin u.a.: Langenscheidt.

(9) Etwa vom ungebrochenen Bild eines idealen Amerika in den fünfziger Jahren über ein apokaliptisches Amerika der siebziger Jahre bis hin zur kritischen Grundhaltung der Gegenwart.

(10) S. 7.

(11) Abgesehen vom muttersprachlichen Unterricht lag Deutsch im Kanon der Fremdsprachen immer weit hinter Französisch, Englisch und Russisch zurück. Die anderen angebotenen Fremdsprachen (Spanisch, Italienisch und vereinzelt auch andere) sind von der Zahl her in diesem Zusammenhang nicht relevant. (Näheres bei Tagini 1997.)

(12) D.h. deutsche bzw. englische/französische/russische Sprache.

(13) I. Alexandrescu, Ch. Cosmatu und I. Lazarescu: Limba germana. Manual pentru anul V de studiu. Bucuresti: Editura Didactica si Pedagogica. 1983 u.f. (Die 1990 durchgeführte Neubearbeitung war geringfügig und zielte bloß auf die Ersetzung der Anredeformeln «Genosse/Genossin» durch «Herr/Frau» ab. Außerdem sind einige Passagen, die unmittelbar mit der Realität vor der Wende in Verbindung waren, gestrichen worden.)

(14) Die Verfasser des Deutschlehrbuchs für die 9. Klasse (s. Anm. 9) haben stattdessen eine kurze Geschichte der Verkehrsmittel - vom Reitpferd bis zum Luftkissenfahrzeug und zur Rakete - gebracht und bloß als Buchillustration ein Bild von einer Bukarester U-Bahn-Station vorgeschlagen. Nur auf diese Weise konnte letztendlich der ganz "neutral" geschriebene Lesetext ins Lehrbuch "hereingeschmuggelt" werden.

(15) Man einigte sich auf ein Kunstmärchen von Heinrich Spörl ("Warte nur, balde") und eine Kurzgeschichte von Bertolt Brecht ("Der Städtebauer").

(16) Die betreffenden Autoren und die ausgewählten Texte sind in diesem Zusammenhang nicht relevant.

(17) Näheres zu diesen Begriffen u.a. bei Friz (1991, S. 3) und bei Th. Herbst u.a.: Terminologie der Sprachbeschreibung. Ein Lernwörterbuch für das Anglistikstudium. Ismaning: Hueber 1991, S. 18.

(18) Autoren: L. Eremia und M. Savinuta.

(19) I. Chivaran-Müller und H. Müller.

(20) S. 91.

(21) Beide Stellen auf S. 102.

(22) Ein Lehrwerk umfaßt ein Lehrbuch und eine Hörkassette. Vorgesehen ist auch ein dazugehörendes Lehrerheft.

(23) Wie man leicht sehen kann, tragen die neuen Fremdsprachenlehrbücher nun auch einen konkreten Titel, was ihnen sozusagen eine "persönliche Note" gibt, zum Unterschied von den alten Lehrbüchern, die so "neutral" und "allgemeingültig" wie möglich zu sein hatten und demnach auch keinen Titel trugen (s. Anm. 8). Bis dato sind die Lehrbücher für die 5., 6., 7., 9., 10. und 11. Klasse im Bukarester Schulbuchverlag und die Lehrerhandreichungen für die 5. und 6. Klasse im Bukarester Anima-Verlag erschienen. Die Namen der jeweiligen Autorenteams sind in der bibliographischen Liste am Ende des vorliegenden Aufsatzes zu lesen.

(24) D=Deutschland, A=Austria/Österreich, CH=Confoederatio Helvetica/Schweiz. Neuerdings spricht man sogar von einem DACHL-Konzept, wo L (eigentlich FL) für (das Fürstentum) Liechtenstein steht.

(25) Ausführlicher zum DACH-Konzept bzw. zur Landeskunde des deutschsprachigen Raums bei Hackl/Simon-Pelanda (1994) bzw. Hackl/Langner/Simon-Pelanda (o. J.).

(26) Einige Beispiele von Projektvorschlägen in der neuen Lehrbuchserie: "Kriegsherde heute", "Das 16. Jahrhundert – das Zeitalter der Reformation", "Sagen aus dem deutschsprachigen Raum und aus Rumänien", "Vergleich zwischen dem Kloster Benediktbeuern im Pfaffenwinkel, dem Stift Melk am österreichischen Donaulauf und den orthodoxen Klöstern in der nördlichen Moldau". (Über letztere habe ich auf der INST-Tagung in Innsbruck 1997 ausführlicher berichtet, s. I. Lazarescu: Von einer nationalstaatlichen zu einer differenzierenden Landeskunde der Regionen im deutschsprachigen Raum. Kreativ-Kontrastierende Arbeitsformen im Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht. In: TRANS Nr. 3/1998. WWW: http://www.inst.at/trans/3Nr/lazaresc.htm. Zugriff am 1999-02-03.)

(27) Die Rede ist - wie oben bereits erwähnt wurde - von Trakls Gedicht "Verklärter Herbst".

(28) Autoren: M. Savinuta und S. Florea.

(29) 7. Klasse, 4. Lektion, S. 56.

(30) ebd., Lektion 9.

(31) "Die Bremer Stadtmusikanten".

(32) ebd., Lektion 12, S. 165.

(33) Hervorhebung des Verf.

(34) ebd., S. 97.

(35) ebd., S. 106.

(36) I. Alexandrescu, Ch. Cosmatu, K. Lazar und I. Lazarescu. [Das Lehrwerk ist Ende Oktober 1998 erschienen, fast ein Monat nach der Tagung in Debrecen, für die der vorliegende Beitrag verfaßt wurde.]

(37) S. 221.

(38) Übrigens wurde das Café Capsa auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse, die Rumänien zum Schwerpunkt hatte, als Stätte für Podiumsdiskussionen und Lesungen rumänischer Autoren aus der Vergessenheit heraufbeschworen.

(39) Trotz mancher Vorbehalte zur Verwendung dieses Terminus gehe ich hier von der Voraussetzung aus, daß dies die allgemein akzeptierte Bezeichnung, der Oberbegriff für die diatopisch wie diastratisch reich gegliederte Sprache ist, die von der deutschen Minderheit in Rumänien gesprochen wird.

(40) Ohne im einzelnen auf die Gruppierung und nähere Beschreibung der auf rumänischem Boden gesprochenen deutschen Mundarten einzugehen, kann hier zusammenfassend gesagt werden, daß folgende Gegenden auffällige sprachliche Gemeinsamkeiten mit der bairisch-österreichischen Varietät aufweisen: die "landlerischen" Ortschaften bei Sibiu/Hermannstadt, einige Banater Dörfer sowie die Stadtmundarten des Banats und der Bukowina, die Wischauer Gegend in der Maramuresch. Hinzu kommt die ganz besondere diastratische Varietät in Sibiu/Hermannstadt, das sog. «Kucheldeutsch», das 'ein Zwitter' von Mundart und Umgangssprache ist. Es hat sich in einem alten, ursprünglich von Handwerkern bewohnten Stadtteil herausgebildet, wo sich seit dem 18. Jh. österreichisches Militär und Kleinbürgertum angesiedelt haben. (Näheres dazu u.a. bei I. Lazarescu: Österreichische und rumäniendeutsche sprachliche Gemeinsamkeiten. In: "Jura Soyfer. Internationale Zeitschrift für Kulturwissenschaften", 6. Jg., 2/1997, S. 10-13.)

(41) Hauptsächlich bis zur Reformation und dann verständlicherweise wieder ab der Mitte des 19. Jahrhunderts nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867, als es zu einem zunehmenden Magyarisierungsprozeß kam, der bis zum Ende des Ersten Weltkriegs fortgesetzt wurde.

(42) Eine ausführlich kommentierte Liste österreichischen Wortguts in der rumäniendeutschen Sprache findet sich bei H. Kelp (1982): Lexikalische Besonderheiten unserer deutschen Schriftsprache. Die österreichischen Formen. In: "Neuer Weg" (30.01.-23.04.1982).

(43) Der Weg und die Richtung jeder einzelnen Entlehnung können hier aus räumlichen Gründen leider nicht näher beschrieben werden.

(44) U. Ammon (1995): Die deutsche Sprache in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das Problem der nationalen Varietäten. Berlin, New York: de Gruyter.

(45) S. Gadeanu (1995): Besonderheiten des muttersprachlichen Deutschunterrichts in Rumänien in der Zeitspanne von 1980-1993. In: R. Wodak und R. de Cillia (Hrsg.): Sprachenpolitik in Mittel- und Osteuropa. Wien: Passagen, S. 151-158 und ders. 1997: Zur Terminologie des Temeswarer "Lenaudeutsch". In: G. Budin und E. Oeser (Hrsg.): Beiträge zur Terminologie und Wissenstechnik. Wien: TermNet, S. 96-113.

(46) Es geht nämlich vorwiegend darum, daß jetzt viele Träger der deutschen Sprache an den sog. 'deutschen Schulen' - das sind staatliche rumänische Schulen mit deutscher Unterrichtssprache in Ortschaften mit deutscher Bevölkerung -, sowohl Schüler als auch jüngere Lehrer aus Mischehen oder sogar aus rumänischen Familien stammen und eigentlich ein wie eine Fremdsprache 'gelerntes' Deutsch sprechen, das sie aber viel besser als irgendwelche andere Fremdsprache - etwa Englisch oder Französisch - beherrschen, dank des viel reicheren Wortschatzes, den Deutsch als Unterrichtssprache so vieler Fächer wie Mathematik, Physik, Chemie, Erdkunde, Geschichte, Biologie usw. im Vergleich zu Deutsch als Fremdsprache gewährleistet. (Man denke in diesem Sinne bloß an den Fachwortschatz, den kein noch so gutes Fremdsprachenlehrbuch sichern kann.) Das Deutsch, das heutzutage an den deutschen Schulen gesprochen wird, ist nun eher am Binnendeutschen als wie bisher an der österreichischen Varietät orientiert, unter anderem auch deshalb, weil es an solchen Schulen viele Gast- und Programmlehrer, oft auch Lehrmaterial aus der Bundesrepublik Deutschland gibt. Hinzu kommt womöglich auch die Tatsache, daß durch die Verkabelung deutsche und leider nicht auch österreichische Fernsehsender empfangen werden können, was die immer häufigere Verwendung von sog. 'Teutonismen' im Sinne von 'binnendeutschem Wortgut' erklärt. Schließlich und endlich sieht sich doch eine sehr geringe Prozentzahl von DaF-Schülern die deutsche Sendung des rumänischen staatlichen Fernsehens an!

 

Literatur:

Firges, J./Melenk, H. (1985): Landeskunde : Stereotypen - schädlich - unvermeidlich - nützlich? In: J. Donnerstag und A. Knapp-Potthoff (Hrsg.): Kongreßdokumentation der 10. Arbeitstagung der Fremdsprachendidaktiker <Aachen, 1983>. Tübingen: Narr, S. 97-114.

Friz, S. (1991): Das Bild von England, Amerika und Deutschland bei Fremdsprachenlernern und in Fremdsprachenlehrwerken. Ein Beitrag zur komparativen Landeskunde. München: tuduv.

Hackl, W./Simon-Pelanda, H. (1994): D-A-CH. Zur Sprache und Kultur der deutschsprachigen Länder. In: G. Neuner (Hrsg.): Fremde Welt und eigene Wahrnehmung. Kasseler Werkstattbriefe zur Didaktik 'Deutsch-als-Fremdsprache', Heft 3, S. 133-140.

Hackl, W./Langner, M./Simon-Pelanda, H. (o. J.): Integrierende Landeskunde - ein (gar nicht so) neuer Begriff. D-A-CH-Konzept. (maschinengeschr.), S. 1-15.

Höpken, W. (Hrsg.) (1996): Öl ins Feuer? Schulbücher, ethnische Stereotypen und Gewalt in Südosteuropa. Hannover: Hahnsche Buchhandlung.

Melenk, H. (1996): Frankreichstereotypen in der Zeit: Die Franzosen und ihre Bombe. In: K. Böke, M. Jung und M. Wengeler (Hrsg.): Öffentlicher Sprachgebrauch. Praktische, theoretische und historische Perspektiven. Georg Stötzel zum 60. Geburtstag gewidmet. Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 190-205.

Reiß, S. (1997): Stereotypen und Fremdsprachendidaktik. Hamburg: Kovac.

Tagini, M. (1997): Situation des Deutschunterrichts in Rumänien. In: "ÖDaF•Zugänge", 13. Jg., Sonderheft August 1997 zur XI. Internationalen Deutschlehrertagung in Amsterdam, S. 72-76.

Theis, R. D. (1991): Das Amerikabild in deutschen Schulbüchern. Die Unterrichtsmaterialien für den Englischunterricht, 1947-1985. Frankfurt a. M./Bern u.a.: Lang.

Zach, K. (1997): Bild - Gegenbild - Spiegelbild. Ethnotypische Chiffren aus einer Region multikultureller Übergänge am Beispiel Siebenbürgens. In: W. Hofmeister und B. Steinbauer (Hrsg.): "Durch aubenteuer muess man wagen vil". Festschrift für Anton Schwob zum 60. Geburtstag. Innsbruck: Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft; (Germanistische Reihe, Bd. 57), S. 567-588.

 

Untersuchte rumänische Lehrbücher für Deutsch als Fremdsprache:

  1. (vor der Wende erschienen)
  2. (nach der Wende erschienen)

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