Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 6. Nr. September 1998

Der Übersetzer in der russisch-deutschen Kulturvermittlung als "primärer Rezipient"

Am Beispiel Henry von Heiseler

Carmen Sippl (Salzburg)

Die ersten dreißig Jahre des 20. Jahrhunderts markieren eine besonders intensive und reichhaltige Periode des russisch-deutschen kulturellen Dialoges. Die Rahmenbedingungen für die textuelle Grundlage dieses Austausches wurden von einer Reihe von ÜbersetzerInnen geschaffen, bei denen – und dies im Unterschied zu den nachfolgenden Generationen – nicht nur unmittelbare Kontakte zur russischen Sprache und Kultur bestanden, sondern auch ihre Identität durch eine biographische Rußland-Komponente gekennzeichnet war.

Die zeitgeschichtlichen Abläufe wie der Erste Weltkrieg, die Oktoberrevolution und die Emigration weckten im deutschsprachigen Raum ein allgemeines Interesse am "rätselvollen", am "apokalyptischen" Rußland. (1) Jenen Zeugen, die über ihre Erlebnisse berichten und – was nicht minder wichtig ist – dieses Phänomen auch literarisch, historisch oder mentalitätsmäßig erschließen konnten, kommt dabei eine besondere Rolle zu. So wurde es beispielsweise vielen russischen Emigranten möglich, ihr deutschsprachiges Auditorium zu finden, und auf der anderen Seite wandten sich einige durch den Kontakt mit Rußland geprägte Vertreter des deutschsprachigen Kulturkreises der russischen Problematik zu und fungierten als Vermittler zwischen diesen zwei Welten. Unter diesen Vermittlern wären auch ehemalige Kriegsgefangene zu nennen, die übersetzerisch wirkten – etwa die Österreicher Xaver Graf Schaffgotsch (* 1890 Laibach, † 1979 Salzburg), der zuerst russische Volksmärchen (1925 ff.), später Gogol und Tolstoi übersetzte und einen biographischen Roman über Iwan den Schrecklichen verfaßte (1941), oder aber Arnulf von Hoyer (* 1891 Czernowitz, † Ettenhausen/Schweiz), der Mann und Übersetzer der russischen Schriftstellerin Alja Rachmanowa (eig. Galina Nikolajewna von Hoyer, geb. Djurjagina, * 1898 im Ural, † 1991 Ettenhausen/Schweiz), deren Trilogie von Erinnerungen aus der Zeit von Oktoberrevolution, Bürgerkrieg und Neubeginn nach ihrer Ausweisung aus der Sowjetunion in Österreich, die Anfang der 1930er Jahre in Salzburg erschienen, auf dem deutschsprachigen Buchmarkt außerordentlich erfolgreich war.(2)

Unter den ÜbersetzerInnen, die über die angesprochene spezifische sprachlich-kulturelle Kompetenz verfügten, lassen sich in Hinblick auf die Herkunft ihrer Rußland-Komponente zwei Gruppen ausmachen. Zum einen sind es Baltendeutsche und Rußland-Deutsche; von vielen Beispielen seien hier Therese Gräfin von Pestalozza und Harry Köhler als ÜbersetzerInnen des Religionsphilosophen Wladimir Solowjow erwähnt.(3) Zu den bekanntesten Repräsentanten dieser Gruppe können die großen Kulturvermittler Arthur Luther und Johannes von Guenther, Reinhold von Walter, Wolfgang E. Groeger und Sigismund von Radecki gerechnet werden. Zum anderen zählen die mehrsprachigen Angehörigen des Ostjudentums dazu (Efraim und Fega Frisch, Alexander Eliasberg).

Innerhalb der Geschichte dieses kulturellen Dialogs, die oft eine solche Klassifizierung erschwert oder gar in Frage stellt, und unter den bisher Genannten tritt eine Literatengruppe hervor, deren Funktion in wechselseitiger Richtung bestimmbar ist. Diese Vermittler waren zumeist persönlich mit zeitgenössischen russischen Autoren bekannt, für deren Verbreitung auf dem deutschsprachigen Buchmarkt sie sich einsetzten – das gleiche gilt in die umgekehrte Richtung, d. h. sie vermittelten auch dem russischsprachigen Publikum zeitgenössische deutschsprachige Literatur und Kultur.(4) Sie arbeiteten zumeist eng mit bestimmten Verlagen zusammen, denen sie Vorschläge zur Übersetzung machten.(5) Das heißt aber auch, daß ihr Wirken sehr subjektiv bestimmt war; "primäre Rezipienten" möchte ich diese Übersetzerpersönlichkeiten an dieser Stelle nennen, weil ihr Engagement für die Vermittlung der russischen Literatur und Kultur im deutschsprachigen Raum – ich betone: vor dem Hintergrund ihrer eigenen Verwurzelung in beiden Kulturräumen – sich in ihrem eigenen literarischen Schaffen niederschlug.

Ein solcher primärer Rezipient vermag es, den Unterschied zwischen Übersetzer und Dichter aufzuheben, was Konsequenzen für seine Formen der Kulturvermittlung hat. Wenn wir im Regelfall eine Situation haben, in der ein russischer Dichter A (z. B. Dmitri Mereshkowski) durch den Übersetzer B (z. B. Alexander Eliasberg) übersetzt wird und ein deutscher Dichter C (z. B. Thomas Mann) ihn auf diese Weise rezipiert, so betrachten wir in der nachfolgenden Darstellung eine andere Sachlage – und zwar den Sonderfall, wenn der Übersetzer B und der Dichter C identisch sind. Ein solcher Sonderfall der deutsch-russischen Kulturvermittlung war Henry von Heiseler.

Henry von Heiseler, 1875 in St. Petersburg geboren, hatte dort Russische Geschichte und Klassische Philologie studiert – was sich in seinen später gewählten Dramenstoffen niederschlug. Ab 1898 lebte er bereits in München, wo er Mitglied des Kreises um Stefan George und ab 1903 Mitarbeiter der Blätter für die Kunst wurde.(6) Bis 1914 reiste er immer wieder nach Rußland und wurde dem George-Kreis das "Medium des europäischen Ostens".(7) 1914 wurde von Heiseler während einer Rußlandreise (anläßlich des Todes seines Vaters) vom Ausbruch des Ersten Weltkrieges überrascht und in die russische Armee eingezogen, 1918-1921 mußte er in der Roten Armee dienen, bis ihm 1922 die Flucht zurück nach Deutschland gelang.(8) Bereits 1928 verstarb er im bayerischen Vorderleiten bei Brannenburg/Inn. Sein Leben läßt sich in vier deutliche Perioden teilen:

  1. Die Jugend in St. Petersburg,
  2. die Zeit in München,
  3. Krieg und Revolution in Rußland,
  4. die Zeit nach seiner Rückkehr in seinem "Haus Vorderleiten" bis zu seinem frühen und plötzlichen Tod.

Henry von Heiselers schriftstellerisches Werk wird zumeist der sogen. auslanddeutschen Literatur zugerechnet (9) und wurde zu einem Großteil erst nach seinem Tod dank der Bemühungen seines Sohnes, des Schriftstellers Bernt von Heiseler publiziert. In ihm hält sich, wie Arthur Luther in einem Artikel über "Rußland im Schaffen Henry von Heiselers" schreibt, "Deutsches und Russisches […] völlig die Waage", zeigt sich eine "volle Harmonie" von Deutschem und Russischem.(10) Konkret sehen wir dies realisiert in von Heiselers Übersetzungen sowie in seinen eigenen Dramen und Erzählungen.

Übersetzungen legte von Heiseler aus dem Englischen und Französischen vor und vor allem aus dem Russischen, sie "nehmen fast die Hälfte seines Lebenswerkes ein".(11) Bernt von Heiseler schreibt über die Übersetzungen seines Vaters, sie seien "das greifbare Zeichen für das ost-westliche Mittlertum, das er mit seinem ganzen Leben und Wesen und mit jeder seiner Äußerungen geübt hat".(12) Von Heiseler übersetzte Erzählungen von Dostojewski, Turgenjew, Ljesskow; von Autoren der russischen Moderne übersetzte er Dramen von Fjodor Sologub und Wjatscheslaw Iwanow. Das einer griechischen Tragödie nachempfundene Drama Tantalos von Wjatscheslaw Iwanow, das 1905 erschienen war, übersetzte er bereits 1908; 1912 traf er sich mit dem Dichter in St. Petersburg und sprach mit ihm seine Übersetzung durch.(13) Auf Wunsch des Dichters – Iwanow bestand auf der genauen Einhaltung der griechischen Versmaße – unterzog er sie einer nochmaligen Bearbeitung, von der sich Iwanow begeistert zeigte. Eine geplante Veröffentlichtung im Insel-Verlag vor 1914 zerschlug sich; Tantalos in der Übersetzung Henry von Heiselers erschien als Buchausgabe erst 1940 im Karl Rauch Verlag in Dessau, vorher jedoch, 1930, als Teilveröffentlichung in der Zeitschrift Orient und Occident. Nach Erhalt dieser Publikation durch den Sohn Bernt schreibt ihm Iwanow:

Ich kann Ihnen nicht sagen, mit welcher Rührung ich die herrliche Nachdichtung Ihres Vaters nach langen Jahren wieder gelesen habe. Ich sage: Nachdichtung, weil er meine Dichtung zu seiner eigenen gemacht und von sich aus, als echter Dichter, mit spontaner schöpferischer Kraft wiedergegeben hat; in Hinsicht schon auf die Stil- und Formgenauigkeit, auf die Worttreue, auf das feinste Gefühl in der Wiedergabe aller Subtilitäten des Gedankens, des Tons und des Ausdrucks, des Versklanges, ist das eine der vollkommensten Leistungen in der Kunst des Übersetzens. Es ist für mich ein wahres und großes Glück, daß mein "Tantalos" einen solchen Interpreten gefunden hat!(14)

Von Heiselers weitere Übersetzungstätigkeit galt besonders einem großen russischen Klassiker: Alexander Puschkin. Sein Übersetzerkollege Arthur Luther bezeichnete ihn gar als den "bedeutendsten und berufensten Puškin-Übersetzer".(15) Puschkins Dramen übersetzte von Heiseler zwischen 1911 und 1913; auch sie erschienen erst postum 1935, im Hans von Weber Verlag in München.(16) Ihnen widmete er auch, ausgehend von seiner konkreten Arbeit als Übersetzer und den damit verbundenen Schwierigkeiten, einen Essay, "Bemerkungen zu Puschkins Dramen"(17), in dem er ihn als "ein Weltgenie" bezeichnet, "dem einzig nur der Platz neben Dante, Shakespeare und Goethe gehört".(18) Wir finden in diesem Essay einige Sätze, die uns deutlich von Puschkins Dramen zu von Heiselers eigenen Werken führen. Der Wunsch, für Puschkins Werke ein neuer Schlegel zu sein, leitet seine Übersetzungstätigkeit, die er als "Sache des Könnens" bezeichnet. "Mit dem Können ist freilich nicht die Technik gemeint", schreibt er, "es versteht sich von selbst, daß die erste Voraussetzung das künstlerische Erlebnis ist"; "Die völlige Treue gegenüber dem Rhythmus, gegenüber dem Wort, dem Bild und dem Geist sind die Richtlinien des einzigen Weges".(19) Und weiter heißt es: "Puschkin und Peter der Große sind die zwei gewaltigsten Erscheinungsformen russischer Seele und russischen Erlebens, alles übrige sind nur Nebenerscheinungen, in Puschkin und Peter tritt alles Wesentlichste, Eigenste, Stärkste, Religion, Seele, Sprache, Haltung und Erlebnis des russischen Volkes vor uns hin, ganz gewachsen aus der heimatlichen Erde, ganz frei hinübergreifend über alle Schranken der Nation hinweg".(20)

Die Übersetzungen der Gedichte Puschkins durch von Heiseler fanden übrigens gleichfalls das höchste Lob durch seinen Übersetzerkollegen Arthur Luther. Er bezeichnet sie als

Schöpfungen eines Dichters [d. i. Henry von Heiseler – C.S.], der sich das Original ganz zu eigen gemacht hat und es nun gewissermaßen aus sich heraus neu schafft. So übersetzte Puškins Lehrer und Freund Zukovskij einst Schillers Balladen.(21)

In einigen seiner eigenen Dramen bearbeitet von Heiseler Stoffe aus der russischen Geschichte, jedoch nicht in Form von Historienstücken, sondern sie sind, wie Arthur Luther schreibt, "reine Seelentragödien, für welche die Historie nur den äußeren Rahmen liefert".(22) Das erste Stück, Peter und Alexej, entsteht 1906.(23) Den Konflikt zwischen dem Zaren und seinem Sohn, der mit dessen Tod endet, hatte der im Vorjahr, 1905, erschienene gleichnamige Roman Dmitri Mereshkowskis geschildert, der dritte Teil seiner Trilogie Christus und Antichrist. Von wahrscheinlichen deutschen Vorlagen muß natürlich Karl Immermanns Trilogie Alexis genannt werden (1832).(24)

Das Stück Die magische Laterne von 1909 untertitelt von Heiseler als "ein märchenhaftes Lustspiel". Auch hier ist der Stoff ein russischer, die romantische Märchenhandlung spielt am Hofe Iwans des Schrecklichen.(25) Mit dem Trauerspiel Grischa, einem "sibirischen Sträflingsdrama",(26) entstanden 1916, während von Heiselers Teilnahme am Ersten Weltkrieg in der Russischen Armee, begibt er sich in an Dostojewski erinnerndes Milieu.(27) Die Tragödie Die Kinder Godunofs ist nach von Heiselers Rückkehr nach Deutschland entstanden, 1923.(28) Sie gilt als sein Meisterwerk. Bei der Behandlung des Stoffes steht einmal nicht der "falsche Demetrius" im Mittelpunkt, sondern der Mörder des Thronfolgers und danach "gut und weise" herrschende Boris Godunow. Auch hier lassen sich als Vorgänger die Dramen Alexander Puschkins (Boris Godunow, 1825) und A. K. Tolstois (Zar Boris, 1870) nennen. Von Heiseler legt gegenüber ihnen ("Haupt- und Staatsaktionen") eine "Seelentragödie"(29) vor: Nach dem Zusammenbruch der Herrschaft Boris Godunows sagt sich auch sein Sohn von ihm los; nur seine Tochter Xenia hält zu ihm, ihre unabänderliche Liebe führt ihn vor seinem Tod zu Läuterung und Versöhnung mit Gott.(30)

Unter von Heiselers Erzählungen ist Wawas Ende(31), mit dem Untertitel "Ein Dokument", die wichtigste mit "russischem" Thema, hier jedoch zurückgreifend auf seine Erfahrungen im sowjetischen Rußland während des roten Terrors. Wawa, russischer Offizier, wird bei der Rückkehr in sein Elternhaus von roten Soldaten aufgegriffen, ins Gefängnis geworfen und schließlich, nachdem in der Stadt zwei Bolschewistenführer ermordet wurden, als abschreckendes Beispiel hingerichtet. Die Aufzeichnungen Wawas aus dem Gefängnis haben die "Überwindung des Todes" zum Thema(32), lassen eine Nähe zu Dostojewski spüren, aber noch mehr das Selbsterlebte des Autors.

Unser Überblick über die Werke von Heiselers mit "russischem Thema" kann die von Arthur Luther angesprochene "innige, harmonische Verschmelzung deutschen und russischen Wesens"(33) natürlich nur kurz umreißen. Aus seinen Werken spricht die innere Verbundenheit von Heiselers mit der russischen Vergangenheit, den russischen Menschen, ein "wirkliches Verwachsensein".(34) In russischer Sprache hat er nie geschrieben(35); sein Werk ist eine deutschsprachige literarische Leistung, hinter der wir aber die russische literarische und geistige Tradition spüren, wie etwa bei seiner Behandlung des Godunow-Stoffes via Puschkin, seiner Übersetzung von dessen Dramen, plus der Fortsetzer Puschkins in der russischen Literatur (A. K. Tolstoi), und gleichzeitiger Präsenz von Vorläufern aus der deutschsprachigen Literatur. Josef Nadler hat das Werk von Heiselers folgendermaßen charakterisiert:

Man kann nicht sagen, Heiseler habe östliches Leben verwestlicht oder dem westlichen Geist östliche Tönung gegeben. Sein Werk ist in so seltsamer Weise ein Drittes aus diesen beiden, wie es in deutscher Sprache noch kaum entstanden ist.(36)

Das eigene dichterische Werk Henry von Heiselers muß eine Betrachtung finden als parallele Erscheinung zu seiner Übersetzungstätigkeit, d. h. seine Arbeit als Kulturvermittler ist für ihn gleichzeitig der Weg zu seiner eigenen Dichtung. Diese Form der primären Rezeption hat eine doppelte Konsequenz: Sie bedeutet zum einen eine "Abkürzung" innerhalb der rezipierenden (deutschsprachigen) Literatur, zum anderen eine Art inneren Magnetismus: Zwei Traditionen verschmelzen für von Heiseler zu einem besonderen, nur für ihn existierenden Kulturtext. Sein Text stellt eine individuelle Version der russischen Kultur als deutschsprachige Literatur dar.(37) Im folgenden Gedicht kommt die in ihm vollzogene Synthese zwischen "Russischem" (Tatjana) und "Deutschem" (Dorothea) zum Ausdruck:

 

Tatjana, Dorothea, zwischen euch
Setzt blinder Hader die gestreiften Pfähle
Und pflanzt den Zaun von dürrem Dorngesträuch
Als Wärter um die grenzenlose Seele.

Das irre Spiel unheiliger Geschicke
Trennt Herz von Herzen, scheidet Blut von Blut
Und lenkt in dumpfer Trübung eure Blicke
Vom rechten Pfade – wißt ihr, was ihr tut?

Ihr stürzt in Staub die Pfeiler eures Baus,
Ihr schlagt mit scharfem Stahl nach euren Myrten
Und werft den Brand in eurer Kinder Haus...
Ich weiß, ich weiß die Umkehr euch Verirrten!

Und übers Land, weit hingedehnt und hüglig,
Das schon den Keim der jungen Ernten wiegt,
Läuft meine Liebe hin, die silberflüglig
Und lachend alle Schranken überfliegt.
(38)

Bei einem Autor wie Henry von Heiseler muß nach seinem synthetischen Kulturbegriff geforscht werden, nicht nach einzelnen literarischen Vorlagen; weder eine rein "germanistische" noch eine rein "slawistische", d. h. voneinander getrennte Fragestellung könnten diesem komplexen Kulturbegriff gerecht werden. "Übersetzerische Rezeption als Teilbereich der dichterischen Rezeption"(39) sollte damit Gegenstand einer übergreifenderen Kulturwissenschaft sein.

© Carmen Sippl (Salzburg)

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Anmerkungen:                                                                                              Literaturverzeichnis

(1) So die Formulierung im Titel eines Kataloges des C. H. Beck Verlages: Das apokalyptische Rußland. Bücher zur Einführung in das russische Wesen. München 1924.

(2) Von 18. November 1998 bis 11. Januar 1999 fand an der Universitätsbibliothek Salzburg eine Ausstellung anläßlich des 100. Geburtstags statt, die anhand von Photos und persönlichen Zeugnissen den Lebensweg der Alja Rachmanowa, anhand der Bücher – die innerhalb weniger Jahre über 30 Auflagen erlebten und in mehr als 20 Sprachen übersetzt wurden – ihren Erfolg als Schriftstellerin dokumentierte, der in Salzburg seinen Anfang nahm.

(3) W. Solowjeff: Drei Reden, dem Andenken Dostojewskis gewidmet. Übers. v. Therese Gräfin von Pestalozza. Mainz: Matthias-Grünewald-Verlag, 1921. – W. Solovjeff: Rußland und Europa. Abdruck aus Solovjeffs ausgewählten Werken Bd. III "Vorlesungen über das Gottmenschentum". Aus dem Russ. v. Harry Köhler. Jena: Diederichs, 1917.

(4) Vgl. etwa das Wirken Johannes von Guenthers für Stefan George in Rußland (z. B. sein Artikel in der Zeitschrift Apollon 1911, No. 3: 46-69) oder die Tätigkeit Arthur Luthers, der in deutschsprachigen literarischen Periodika in "Briefen aus Rußland" über die neuesten Erscheinungen zur russischen Literatur und zum russischen Geistesleben berichtete, umgekehrt aber auch in "Briefen aus Deutschland" in russischen Zeitschriften wirkte. Näheres bei Sippl [1999].

(5) Zur kulturvermittelnden Rolle einiger dieser Verlage, die in ihrem Programm einen Schwerpunkt "Russische Literatur" hatten, vgl. Sippl 1998. Besonders hervorzuheben wäre etwa die Verbindung Johannes von Guenthers mit den Verlagen Georg Müller und Musarion (beide München).

(6) Lebensdaten nach: Goff 1978; Sommer 1990; Schmidt 1993. Vgl. auch die Erinnerungen des Sohnes Bernt von Heiseler (1907-1969), gleichfalls Schriftsteller sowie Biograph und Herausgeber der Werke seines Vaters (B. v. Heiseler 1932, 1958 u. 1971). Eine Auflistung der Lebensdaten Henry von Heiselers auch in Heiseler 1969: 203f. Eine ausführliche Bibliographie bei Gronicka 1944.

(7) Sommer 1990: 191. – Zu seiner Tätigkeit als Mittler zwischen russischer Literatur und dem George-Kreis vgl. auch Williams 1972: 37f. sowie Gronicka 1944: 190.

(8) Das gegenteilige Schicksal ereilte einen anderen rußlanddeutschen Übersetzerkollegen von Heiselers, Arthur Luther. Der in Moskau lebende Luther wurde 1914 während einer Ferienreise nach Deutschland vom Ausbruch des Weltkrieges überrascht und konnte nicht mehr nach Rußland zurückkehren. Ein kurzer biographischer Abriß bei Sippl [1999].

(9) Vgl. etwa die Behandlung von Heiselers bei Schneider 1936: 120-129 ("in Heiseler müssen wir einen der größten Dichter, vielleicht den größten Dichter verehren, den das Auslanddeutschtum uns geschenkt hat"). Mit der Begründung, der Schwerpunkt seines literarischen Schaffens hätte in Deutschland gelegen, stellt ihn Busch 1997 dagegen an den "Rand der rußlanddeutschen Literatur" (493).

(10) Luther 1948: 29.

(11) Übersetzungen "gehören zu seiner geistigen Artung, sie haben lösend und befruchtend auf seine eigene Produktion gewirkt", schreibt Rinn 1937: 12. Dort auch eine Aufzählung der übersetzten Werke.

(12) B. von Heiseler 1958: 248.

(13) Vgl. Gronicka 1944: 27; Ivanov II/1974: 676-681; Wachtel 1996: 218-223.

(14) Zitiert nach: Wachtel 1995: 235.

(15) Luther 1937: 188.

(16) A. S. Puschkin. Sämtliche Dramen. München: Hans von Weber Verlag, 1935. Ab 1938 im Karl Rauch Verlag. Vgl. Gronicka 1944: 204.

(17) Geschrieben 1913, gedruckt in Puschkin 1935; vgl. Heiseler 1965: 777. Zuletzt ebd. 288-301.

(18) Heiseler 1965: 299.

(19) Heiseler 1965: 299 u. 301.

(20) Heiseler 1965: 300.

(21) Luther 1937: 189.

(22) Luther 1948: 31.

(23) Erschienen 1912 im Insel-Verlag, Leipzig; Uraufführung am Alten Theater in Leipzig am 26. Februar 1913. Vgl. Heiseler 1965: 778.

(24) Von Heiselers Behandlung des Stoffes hebt sich ab durch die ebenbürtige Gegenüberstellung von Vater und Sohn. "Beide sind zwiespältige Naturen", schreibt Arthur Luther in seiner Besprechung, "es sind dieselben widerstreitenden Elemente, aus denen die Seele des einen wie des andern sich zusammensetzt, nur ist das Verhältnis zwischen den Elementen bei beiden verschieden und darum ergänzen sie einander nicht, sondern müssen sich gegenseitig vernichten" (Luther 1935: 131). In seiner Besprechung kritisiert dagegen der russische Historiker A. A. Kisewetter (1866-1933) die starke Abweichung von der historischen Wirklichkeit bei der Darstellung des Verhältnisses zwischen Vater und Sohn (Kisewetter 1913; einen biographischen Abriß und zur Rolle Kisewetters im Prager Exil vgl. Wandalkowskaja 1996, eine Bibliographie seiner ebd. entstandenen Werke bei Rachunková/Reháková 1996/I, 1: 313-315). Vgl. auch die Besprechung durch von Guenther 1912: 66 und in Heiseler 1929.

(25) Erschienen 1919 im Musarion-Verlag in München; Uraufführung in den Hamburger Kammerspielen am 29. Mai 1921. Vgl. Heiseler 1965: 778.

(26) Luther 1935: 129.

(27) Erschienen 1919 im Musarion-Verlag in München; Uraufführung im Steinicke-Saal in München am 30. Mai 1931. Vgl. Heiseler 1965: 779.

(28) Erstmals gedruckt in der Ausgabe Heiseler 1929; Uraufführung am Stadttheater Regensburg am 14. November 1930. Vgl. Heiseler 1965: 779.

(29) Luther 1935: 132.

(30) "Meinst du ich könnte selbst mit mir allein / Besprechen was du tust? Ich liebe dich / Gewiß so sehr wie keinen in der Welt / Ich weiß nur wie du bist – sonst weiß ich nichts – / Wie gut ist diese Stunde, da ich dir / Dies einmal sagen darf […] / […] ich fühle doch / Wie deine Liebe nach der meinen sucht / Und wie wir heute ganz beisammen sind – / Und wie du bist, das hab ich stets gewußt, / Solang ich denke […] / Nichts andres gilt daneben – solch ein Wissen / Ist alles, was wir brauchen, du und ich –" (V. Akt; Heiseler 1965: 562).

(31) Entstanden 1926, erstmals gedruckt in der Zeitschrift Hochland 1928, danach in Heiseler 1929, als Einzelausgabe bei Langen-Müller in München 1935.

(32) B. v. Heiseler 1932: 47.

(33) Luther 1935: 128.

(34) Luther 1935: 128.

(35) Unter seinen zeitgenössischen Dichter- und Übersetzerkollegen, wie etwa Arthur Luther oder Johannes von Guenther, bildet er damit eine Ausnahme. In einem Brief an Wjatscheslaw Iwanow vom 3. Okt. 1908 erläutert von Heiseler: "Eigentlich bin ich Ihnen eine Erklärung schuldig, warum ich Ihnen deutsch schreibe, statt russisch. Ich bin ein halber Russe, in Rußland erzogen und spreche und lese Russisch ebenso frei und selbstverständlich wie Deutsch – nur schriftlich drücke ich mich in der letzteren Sprache ungezwungener aus, darum habe ich sie auch gewählt für meine Briefe an Sie […]". Zitiert nach Wachtel 1996: 218.

(36) Nadler 1935/36: 1368.

(37) Ähnlich übergreifend auch die Charakterisierung des Werkes von Heiselers durch Reinhold von Walter als "das ,West-Östliche‘ als eine in sich selber bestehende Lebensform" (Walter 1929: 658).

(38) Aus dem Gedichtband Die drei Engel, 1. Zyklus “Der Engel des Krieges”, Gedicht No. 10 Heiseler 1965: 39). Im Herbst 1914 entstanden (vgl. ebd. 770).

(39) Arend 1996: 194.


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