TRANS Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 17. Nr. März 2010

Sektion 1.13. Die Bedeutung des Mittelalters für Europa
Sektionsleiterin | Section Chair: Dina Salama (Universität Kairo)

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Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen, ein Sultan über Europa?

Die neuere Rezeption der Figur des Stauferkaisers in ausgewählten literarischen Werken(1)

Dina Aboul-Fotouh Salama (Universität Kairo, Ägypten) [BIO]

Email: salamadinama@gmail.com, dinaaboulfotouhsalamae@cu.edu.eg

 

Inhalt

   1. Der Stauferkaiser Friedrich II. und seine Aktualität in der heutigen Zeit
   2. Der historische Friedrich und seine Affinität zur arabischen Kultur
       2.1. Kindheit im multikulturellen Palermo und Vertrautheit mit  arabischer Mentalität
       2.2. Lucera; Errichtung eines Muslimenstaates mit freier Religionsausübung
       2.3. Fünfter Kreuzzug; Friedensvertrag und Freundschaft mit Al-Malik al Kamil und Fakhr ad-Din
       2.4. Friedrich II. und die Wissenschaft
       2.5. Friedrich II. als umstrittener Kaiser im Urteil der Zeitgenossen
   3. Die Friedrich-Romane als Gegenstand der Untersuchung
      3.1. Horst Sterns "Mann aus Apulien"
      3.2. Eberhard Cyrans "Zeit lässt steigen dich und stürzen"
      3.3. R. M. Bordihns "Der Falke von Palermo"
  4. Zusammenfassung und Auswertung
  5. Literaturverzeichnis

vivit et non vivit -
er lebt und er lebt nicht

 

1.  Der Stauferkaiser Friedrich II. und seine Aktualität in der heutigen Zeit

Kaum ein Herrscher wurde in Vergangenheit und Gegenwart so kontrovers diskutiert wie der Stauferkaiser Friedrich II. (1194-1250): Bereits zu Lebzeiten lobte ihn Walther von der Vogelweide anlässlich der Übergabe eines Lehens in seinem Friedrichston(2) als idealen großzügigen Herrscher, während der Papst ihn als menschenverachtender Tyrann, als "Antichrist" unter seinen Bann setzte. Wenige Jahre nach dessen Tod bezeichnete ihn der englische Chronist Matthaeus von Paris(3) als den "größte[n] unter den Fürsten des Erdkreises, als das Staunen der Welt  und ihr wunderbarer Veränderer". Heute wird die Gestalt dieses außergewöhnlichen Kaisers aufgrund seiner friedlichen Einnahme Jerusalems (1228/29) und der Übertragung arabischen Wissens nach Europa als toleranter Mittler zwischen christlicher und islamischer Welt hochgeschätzt, der den Weg ins 3. Jahrtausend weist.

Aufgewachsen im multikulturellen Palermo und umgeben von arabischen Gelehrten und Muslimen gelang es diesem europäischen Herrscher ein Modell friedlichen Zusammenlebens unterschiedlicher Kulturen, Mentalitäten und Religionen zu schaffen, das gerade in der heutigen Zeit, wo Akzeptanz und Toleranz mehr denn je gefragt sind, von besonderer Wichtigkeit und Aktualität ist. Friedrichs überdurchschnittliches Interesse an den Wissenschaften spiegelt sich in seinem palermitanischen Hof wieder, der als Kultur- und Wissenschaftszentrum fungierte und gleichermaßen jüdische, christliche und muslimische Wissenschaftler aus den verschiedensten Fachgebieten vereinte. Diese Einstellung gab der Kultur und der Geschichte Europas entscheidende Impulse und macht Friedrich II. zu einer zentralen Gestalt des europäischen Mittelalters, die heute nicht nur den Deutschen, Italienern und Europäern als römischer Kaiser, sondern auch den Arabern als verehrter Freund von Bedeutung ist.(4) Neben zahlreichen Tagungen und Museumsausstellungen,(5) Gemälden, Briefmarken, Spielfiguren zum Sammeln, in denen Friedrich II. bis heute "fortlebt", ist der Stauferkaiser interessanterweise sogar auch in der Musikszene vertreten.(6)

Der Reiz dieser historischen Gestalt, die vom Tag ihrer Geburt an bis zu ihrem Tode zahlreichen Stoff zur Herausbildung von Sagen und Legenden lieferte(7) und die Meinungen von Zeitgenossen in Gegner und Anhänger spaltete, hat bis ins 21. Jahrhundert hinein nichts von ihrer Faszination eingebüßt, und viele Schriftsteller zu biografischem und dichterischem Schaffen angeregt, das aus verschiedenen Ansätzen heraus, die Licht- und Schattenseiten dieses an dramatischen Ereignissen überreichen Lebens darzulegen versucht und seinerseits zu unterschiedlichen Positionierungen und Nuancierungen des Friedrichbildes geführt hat. Bis zum 17. Jahrhundert bemühten sich hauptsächlich Geschichtsschreiber und Chroniker(8) um den Friedrich-Stoff, der -lange genug vernachlässigt- erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts Eingang in die Literatur(9) findet. Während im 19. Jahrhundert im Friedrich-Stoff vorwiegend sein politischer Gehalt(10) gesehen wird, wird der Stauferkaiser schließlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts stark stilisiert.(11) Im Verlauf des 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts steigt nicht nur das Interesse an der wissenschaftlich-historischen Bearbeitung dieser Figur rapide an,(12) sondern es läßt sich auch parallel dazu eine ansteigende Tendenz auf dem belletristischem Gebiet der mittelalterlichen historischen-Romane feststellen, die sich für Friedrich II. in seiner herrschaftlichen Funktion als Stauferkaiser, ebenso wie in zunehmendem Maße für die psychologische Ergründung seiner individuellen Persönlichkeit im privaten Bereich interessieren.(13)

Um einen Einblick davon zu bekommen, wie Friedrich II. in der neueren Rezeption dargestellt wird, wäre es besonders interessant, sich den neueren literarischen Werken des 20. und 21. Jahrhunderts zu widmen und sie genauer in Betracht zu ziehen. Aus der Fülle historischer und biografischer Romane, die sich mit der Figur des Stauferkaisers beschäftigen, ist meine Wahl auf drei Werke gefallen, die aus den letzten drei Jahrzehnten stammen und den Gegenstand dieser Studie bilden sollen. Diese Werke unterscheiden sich in ihrer Perspektivierung, ihren Darstellungsformen und ihrem Anliegen voneinander und bieten somit die Möglichkeit, einen Eindruck von den unterschiedlichen Friedrich-Bildern in der gegenwärtigen Literaturszene zu vermitteln. So gilt Horst Sterns fiktive Autobiografie "Mann aus Apulien" (1986) als eines der berühmtesten Werke über den Staufer, das von einigen Literaturwissenschaftlern wegen seines künstlerischen und anspruchsvollen Niveaus Beachtung und Anerkennung(14) gefunden hat. Als zweites Werk meiner Studie wird der Roman "Zeit läßt steigen dich und stürzen" (1999) von Eberhard Cyran, der  für seine historischen Romane bekannt ist, einer Untersuchung unterzogen. Dieser historische Roman legt den Schwerpunkt auf die politische Karriere Friedrichs II. als Kaiser und Regent und stellt besonders seine Auseinandersetzung mit den Päpsten und den Untergang der Staufer in den Mittelpunkt. Als drittes Werk vertritt R. M. Bordihns aus dem Englischen übersetzter Roman "Der Falke von Palermo" (2003) eine Friedrich-Rezeption mit trivialen Zügen und Tendenzen.

Meines Wissens liegen kaum(15) Studien vor, die sich diese Werke zu ihrem Untersuchungsgegenstand machen und sich mit der Auswertung der literarischen Darstellung des Friedrichbildes auseinandersetzen, weshalb es mir lohnend scheint, einen Beitrag auf diesem Gebiet zu leisten. So stellt sich diese Studie die Aufgabe, anhand von drei ausgewählten Werken die literarische Darstellung des Stauferkaisers in seiner Rolle als Brückenbauer zwischen arabischer und europäischer Kultur zu beleuchten und der Frage nachzugehen, auf welche Art und Weise, die Affinität Friedrichs II. zur arabisch-islamischen Kultur, deren Mentalität und Lebensstil, die ihn in besonderer Weise prägte und ihn für uns heute so aktuell erscheinen läßt, in modernen literarischen Werken rezipiert und dichterisch gestaltet wird. Da diese Fragestellung meines Erachtens bisher nie den Hauptgegenstand einer Forschungsarbeit bildete und sich in der Forschung nur spärliche Hinweise und Kommentare zu den Friedrich-Romanen auffinden lassen, wird in der folgenden Studie eng an den literarischen Texten gearbeitet, um die Stellen zu zitieren, die diese arabische Seite Friedrichs besonders stark veranschaulichen. Ferner wird auch auf das Gesamtkonzept der Werke und der Intention ihrer Autoren eingegangen und in Bezug zu ihrem Adressaten, dem zeitgenössischen Leser, gesetzt.

 

2. Der historische Friedrich und seine Affinität zur arabischen Kultur

Bevor ich mich der historischen Figur Friedrichs II. und seiner Literarisierung in den oben genannten Werken zuwende, betrachte ich es für sinnvoll, einen kurzen Überblick zu den mir wichtig erscheinenden Informationen, die die bedeutendsten Verbindungsstellen des historischen Friedrichs II. und seine Affinität zur arabisch-islamischen Kultur markieren,  aus dem umfangreichen historischen Quellenmaterial herauszuarbeiten und in einer umfassenden Darstellung knapp darzulegen, um auf deren Basis die "sultaneske" Gesinnung Friedrichs II. aus den literarischen Werken herauszukristallisieren. Der Übersichtlichkeit halber werden diese wichtigen Stationen, angefangen bei Friedrichs Kindheit und Jugend, über seine Sarazenansiedlung in Lucera, bis hin zu seinem friedlichen "Kreuzzug" und seinem sultanähnlichen vorurteilsfreien rationalen Wissensdrang punktartig dargelegt.

2.1. Kindheit im multikulturellen Palermo und Vertrautheit mit    arabischer Mentalität

Die in Palermo, einer weltoffenen, luxusüberschäumenden und dem orientalischen Einfluss aufgeschlossenen "kosmopolitischen Stadt"(16) verbrachte Kindheit und Jugend bot Friedrich nicht nur den Erwerb der  italienischen Volkssprache, dem Volgare, sondern auch durch den Umgang mit den in Palermo(17) lebenden Muslimen, den Zugang zur arabischen Sprache, die ihm die Aneignung islamischer Weisheiten hochgebildeter Muslime ermöglichte und zudem die Grundlage seiner späteren Vorliebe für arabisches Denken, arabische Kultur und Wissenschaft bildete.(18) Neben seinem ausgeprägten Wissensdrang(19) gestaltete Friedrichs orientalische Lebensauffassung, sein 'orientalisierter Lebensstil'(20), seinen kaiserlichen Alltag(21) und seine äusserliche Erscheinung (von Eunuchen bewachter Harem, Sammlung exotischer Tiere in seiner Menagerie, die ihn überall begleitet), in Kleidung (mit arabischen Ornamenten und Schriftzeichen geschmückte Gewänder) und Lebensweise.  Friedrichs Vertrautheit mit der arabischen Mentalität ermöglichte ihm ein offenes Verhältnis zu den Muslimen, mit denen er immer wieder in Kontakt kam.

Es ist bekannt, daß Kaiser Friedrich große Sympathie für den islamischen Kulturkreis hatte, denn er war in Palermo ja weitgehend unter Moslems aufgewachsen, hatte Arabisch gelernt und wußte nicht nur mit Haremsdamen, Kamelen und Leoparden, sondern auch mit den geistigen Genüssen der islamischen Kultur mehr anzufangen, als irgendein christlicher Herrscher vor oder nach ihm.(22)

Demzufolge kann man sagen, dass die Vorgaben seiner Jugend Friedrichs Erscheinungsbild und sein Verhältnis zu Muslimen konstituieren.

2.2. Lucera; Errichtung eines Muslimenstaates mit freier Religionsausübung

In besonderer Weise hebt sich Friedrichs Umgang mit den fast 16 000 - 20 000  aufständischen Bergsarazenen hervor, die er seit 1239 nach Lucera(23), einem zentralen, gesicherten Ort – der am entferntesten zu Sizilien liegt- ansiedelte, der darum von den Zeitgenossen "Luceria Saracenorum"(24) genannt wurde. Friedrichs Ansiedlung der Sarazenen in Lucera(25), seiner "Provincia amatissima"(26), die nun zu einem bewirtschaftenden Land geworden war, erwies ihn nicht nur als geschickter Politiker der Aussöhnung, sondern beweist auch seine Fähigkeiten als Staatsmann. Die nach Lucera deportierten Muslime, bildeten eine gegenüber den päpstlichen Exkommunikationsdrohungen immune Schutztruppe"(27), die sich ihrem Imberatùr, oder auch as-Sultàn(28) genannten Kaiser als zuverlässigste Leibwache, die sich ein Kaiser nur wünschen kann(29) erwies, da ihnen nicht nur ein Leben ganz nach ihren Gebräuchen und ihrer Religion gewährleistet wurde, sondern auch die Gleichstellung aller vor dem Gesetz.

In den Konstitutionen von Melfi 1231 wurde u.a. die "rechtsstaatliche Zugehörigkeit"(30) der Andersgläubigen bekräftigt: "Forderung nach einem gewissen Maß an Rechtssicherheit für die Nichtchristen"(31); "Wir wünschen nicht, daß sie unschuldig verfolgt werden, nur weil sie Juden oder Sarazenen sind."(32) Damit übertrafen die Gesetzesbestimmungen des Kaisers "seine bloße Sympathie, seine Aufnahmebereitschaft für die arabisch-islamische Kultur und deren naturwissenschaftliche und philosophische Erkenntnisse"(33) und ermöglichte vor allem den in Lucera angesiedelten Sarazenen "die Entfaltung eines freien, geschützten Zusammenlebens"(34).

Sogar ein Jahrzehnt nach dem Tode Friedrichs II. findet der arabische Gelehrte Ibn Wasil der als arabische Gesandte des ägyptischen Sultans König Manfred von Sizilien besucht, Lucera als kulturelles Zentrum vor, "deren Einwohner alle Muslime von der Insel Sizilien sind: Hier wird der Freitagsgottesdienst öffentlich gehalten, und alle bekennen sich offen zum muslimischen Glauben. Das ist dort so seit der Zeit des Kaisers, Manfreds Vater [Friedrich II.]. Er hatte dort ein wissenschaftliches Institut eingerichtet, um alle Zweige der spekulativen Wissenschaften zu pflegen. Die Mehrheit seiner Vertrauten und Höflinge waren Muslime, in seinem Lager erscholl offen der Gebetsruf, und das vorgeschriebene Gebet wurde verrichtet."(35)

2.3. Fünfter Kreuzzug; Friedensvertrag und Freundschaft mit Al-Malik al Kamil und Fakhr ad-Din

Friedrichs Sprachtalent, seine Vertrautheit mit der arabischen Mentalität, seine Liebe zur Wissenschaft gepaart mit seiner aussergewöhnlichen Fähigkeit zu diplomatischem Verhandeln verhalfen zu einem in der Geschichte der Kreuzzüge einmaligen Friedensvertrag. Als Friedrich im Jahre 1228 als Exkommunizierter den 5. Kreuzzug antrat, gelang es ihm auf freundschaftlicher Ebene, im Jahre 1229 einen Vertrag mit Al-Kamil, dem Sultan Ägyptens auszuhandeln, der ihm einerseits die  Übergabe Jerusalems,(36) Bethlehems, Nazareths, sowie einer Reihe von Orten, die die Verbindung von Jerusalem nach Akkon und Jaffa sicherten, einbrachte und andererseits einen zehnjährigen Waffenstillstand gewährte.(37) Obwohl sich der Kaiser und der Sultan nicht persönlich begegnet waren, hatten sie die beste Meinung voneinander, denn Friedrich war bei den Arabern bereits als Freund der Muslime, der als Gelehrter in Sizilien unter Muslimen aufgewachsen sei, gebildet in Philosophie, Logik und Medizin, bekannt. In einem Brief an den Sultan bezeichnete er sich als dessen Freund, räumt anlässlich des unternommenen Kreuzzugs offen ein, dass er zum Erfolg verpflichtet sei, um nicht sein ganzes Ansehen bei Königen und Papst zu verlieren, erinnert den Sultan Al-Kamil daran, dass Jerusalem die Wiege der christlichen Religion sei und bittet ihn anschließend um die Übergabe der Stadt, zumal er keine weiteren Ziele verfolge.(38) Entscheidend für die Erstellung des Friedensabkommens war schließlich der Einsatz des Emirs Fakhr ad-Din, des auch von Friedrich hoch geschätzten Verhandlungsführers des Sultans.(39) Somit gelang dem in Jerusalem selbstgekrönten(40) Kaiser des Römischen Kaisers ohne militärische Auseinandersetzung und ohne Blutvergießen das, was etliche Kreuzfahrerheere seit 1187(41) mit Gewalt vergeblich versucht hatten:

Friedrich, den man den modernsten und zugleich merkwürdig zeitlos anmutenden Menschen unter allen Politikern nennen möchte, die diese Geschichte mitgeprägt haben, er war der einzige abendländische Fürst und Monarch, der sich dem Orient und den Arabern nicht mit dem gezogenen Schwert näherte, sondern durch die Kunst der Überredung und damit durch Einfühlungsvermögen und gewiß auch durch feinsinnigen Takt zu erreichen versuchte, was bisher stets Ströme von Blut gekostet hatte.(42)

Mit der Rückerlangung Jerusalems stellte Friedrichs Orientreise nicht nur für die Christenheit einen Sieg dar, sondern bedeutete auch auf persönlicher Ebene einen Gewinn, der nicht zuletzt auf Friedrichs arabischer Gesinnung zurückzuführen war. Die Liebe zur Wissenschaft verband die beiden Herrscherpersönlichkeiten ebenso wie das gemeinsame Interesse an der Falknerei und an exotischen Tieren. Der gegenseitige Austausch von Kulturgütern hielt die Freundschaft zum ägyptischen Sultan Al Malik al Kamil und vor allem zu dessen Wezir Fakhr ad-Din lange nach dem abgeschlossenen Friedensvertrag weiterhin aufrecht.

2.4. Friedrich II. und die Wissenschaft

Friedrichs Affinität zur arabisch-islamischen Kultur beschränkte sich nicht nur auf orientalische Kleidung, Lebensweise, Kulturgüter usw., sondern zeigte sich auch hauptsächlich in seiner Sicht, die die fortschrittliche Leistung der Araber in allen Wissensgebieten schätzte, nicht zuletzt weil sie in Einklang mit dem eigenen unausschöpflichen Wissensdurst stand. Friedrichs grenzenlose Liebe zur Wissenschaft wird anschaulicher, wenn man seine Leistungen und Verdienste auf diesem Gebiet näher betrachtet.(43)

Nicht nur die Errichtung der Universität von Neapel im Jahre 1224, als Ausbildungsstätte(44) von Juristen bzw. Beamten des Königreichs Siziliens,  die ihnen ein studium generale bietet, auch die weitere Förderung der Medizinhochschule in Salerno –wo er übrigens die Logik als Pflichtfach einführte– zählen zu den bedeutendsten Beiträgen zur Wissenschaftsförderung. Als Liebhaber der rationalen Wissenschaften -darin den arabischen Khalifen und Sultanen ähnlich- übergab Friedrich II. diesen Hochschulen viele von ihm initiierten Übersetzungen wissenschaftlicher arabischer Werke. Ausserdem verleitete Friedrichs Wissensdurst ihn dazu, berühmte im Orient geschulte Wissenschaftler unterschiedlicher Wissenszweige an seinen Hof zu berufen.  So trug beispielsweise der Mathematiker Leonardo Fibonacci, der Friedrich seine Schrift "Liber quadratorum" widmete, durch sein Buch über die Rechenkunst "Liber abaci" (1202/1228), entscheidend dazu bei, dass sowohl das Rechnen mit arabischen Zahlen als auch die Einführung der Null im Abendland durchgesetzt wurde.(45) Kaiser Friedrichs Interesse(46) für die verschiedenen Gebiete der arabisch-islamischen Naturwissenschaften manifestierte sich in der Beauftragung des schottischen Gelehrten und Übersetzers Michael Scotus (gest. 1236)(47), der in Toledo Arabisch gelernt hatte und seit 1220 in Palermo als Hofastrologe tätig war(48), mit einigen Übersetzungen(49) aus dem Arabischen, die er dann an abendländische Universitäten weiterleitete.(50) Ihm ist eine lateinische Übersetzung der Tierkunde Aritstoteles' "De animalibus" von Aristoteles, - die Kommentare des spanischen Arabers Ibn Ruschd (lat. Averroes) dazu inbegriffen- und eine Kurzfassung des Werkes von Avicenna (Abbreviatio de animalibus) zu verdanken, die dem Kaiser, dem dominus mundi, dem Herrn der Welt, gewidmet und u.a. als  Grundlage für sein Falkenbuch diente.(51) Nicht weniger von Bedeutung ist Theodor von Antiochia(52), der in Bagdad Medizin, in Mosul Philosophie studierte und in den Lehren von Al-Farabi und Ibn Sina (Avicenna) bewandert war. Ab 1225 war Theodor von Antiochia als kaiserlicher Hofphilosoph tätig und übersetzte auf Friedrichs Wunsch hin  u.a. einen arabischen Traktat über die Falkenjagd; ebenfalls die Basis für Friedrichs Falkenbuch De arte cum avibus venandi (=Über die Kunst mit Vögeln zu jagen). Friedrichs berühmtes Falkenbuch(53) ist nach den strengen Regeln der aristotelischen Dialektik aufgebaut. Es behandelt über 100 Vogelarten, gibt exakte Anleitungen zur Abrichtung von Jagdvögeln und zum Ablauf der Beizjagd. Viele Passagen zeigen, dass Friedrichs Beobachtungen zum großen Teil auf seine Erfahrungen mit der Falkenjagd beruhen und seine Neugier und sein Interesse ihn zu weiterführenden Vergleichen, zur Systematisierung und zum Experimentieren anregen.(54)

Die Einzigartigkeit dieses Werkes für seine Zeit, lag darin, dass Friedrich, sich selbst als "Erforscher und Liebhaber der Weisheit" bezeichnend, als unermüdlicher Beobachter aufgrund empirisch gewonnener Erkenntnisse Behauptungen früherer Gelehrter umzustoßen. Friedrich wollte, wie er selbst betonte, "die Dinge, die sind, sichtbar zu machen, so wie sie sind". Sein dabei zu Tage tretender kritischer Geist, der ihn in den Augen seiner kirchlichen Gegner suspekt machte, war etwas unerhört Neues.(55)

Friedrich II. hat nicht nur als Anreger und Förderer von Übersetzungen gewirkt, sondern zum Teil auch persönliche Anteilnahme von philosophischen Fragen und wissenschaftlichen Problemen gezeigt.(56) So hat Friedrich II. Al Malik al-Kamil während seines Kreuzzugs (1228/29) um die Lösung naturwissenschaftlicher  und mathematischer Probleme –etwa die Quadratur des Kreissegments- gebeten und sich über die Institutionen des Kalifats unterrichten lassen. Um das Jahr 1240 schickte Friedrich ein Rundschreiben mit den "szilianischen Fragen", in denen die Stellungnahme der arabischen Gelehrten zu den Problemen der Ewigkeit oder Erschaffenheit der Welt und der Ewigkeit der Seele, zur Definition des "Wissens von Gott" oder zu Anzahl und Art der Kategorien des Aristoteles erbeten wurde, an die orientalischen Höfe. Für den Sultan von Marokko hat der spanische Gelehrte und Mystiker Ibn Sab'īn 1242 die "Fragen" (al-Masā'il) des fränkischen Kaisers beantwortet.(57)

Aufgrund dieses wissenschaftlichen Interesses hat man Friedrich immer näher bei orientalischen Herrschern angesiedelt als bei christlichen Königen(58), da "der Austausch wissenschaftlicher, theologischer und philosophischer Fragen  zwischen orientalischen Herrschern nicht unüblich"(59) ist, ein Austausch jedoch zwischen einem christlichen Kaiser und den "verfeindeten" Muslimen als Aussergewöhnlich gilt.(60)

Der Verdienst des vorurteilslosen, von religiösen Bedenken freie Forschen Friedrichs II. liegt nicht nur in dem Zustandekommen eines mediterranen Dialogs, der Sizilien zum Schnittpunkt der Kulturen des Orients und des Okzidents macht, sondern auch in dem Gewinn, den solch ein wissenschaftlicher Austausch im 12. und 13. Jahrhundert dem christlichen Abendland einbringt; ohne das materielle und geistige Vermächtnis des Morgenlandes ist die europäische Kultur des hohen Mittelalters nicht vorstellbar.(61)

Erwähnenswert ist auch Friedrichs arabischem Einfluss entspringende Neigung zur Liebespoesie, die ihn dazu veranlasst, die provenzalische Lyrik nachzuahmen und selbst einige Zeilen in der "lingua volgare"(62) zu verfassen:

Weh, ich gedachte nicht,
daß gar so schweres Leide
das Scheiden wäre von der Fraue mein.
Ich wähnt, ich müßte sterben,
seitdem ich sie meide
und ich der Süßen nicht mehr darf Geselle sein.(63)

 

2.5. Stimmen zu Friedrich II. 

Trotz der Verdienste auf wissenschaftlicher und politischer Ebene gilt Friedrich II. als umstrittene Person, über die sich die Geister scheiden. Wie umstritten Friedrich II. ist, zeigt sich in den Zeilen des Spruchdichters Freidank, der in seinen Akkon-Sprüchen zunächst als Mitreisender Friedrichs enges Verhältnis zum Sultan kritisiert:

Dem Kaiser würde es gut anstehen,
daß das Heimlich-Tun ein Ende nähme,
welches er und der Sultan
nun schon seit langem betrieben haben.(64)

Nach dem gelungenen Einzug in Jerusalem, dem Freidank beiwohnen durfte, fordert er dessen Exkommunikation aus der Überzeugung heraus, dass sich der Kaiser durch die Befreiung der Grabeskirche die Aufhebung der Exkommunikation verdient habe:

sit er daz beste hat getan, so sol man in uz banne lan.(65)

Friedrichs Neigung zu den Arabern, sein Umgang mit den in Lucera untergebrachten Sarazenen und seine Förderung der orientalischen Wissenschaft ähnelte der Attitude seines Großvaters Roger II. (1130-1154) mütterlicherseits, was  die Zeitgenossen dazu veranlasste, sie "die beiden christlich getauften Sultane Siziliens"(66)zu nennen.

Der arabische Universalgelehrte Gamal ad-Din Ibn Wasil (1207-1298) beschreibt 1261 Lucera als Stadt, in der

(...) der Freitagsgottesdienst öffentlich abgehalten" [wird und alle sich] offen zum muslimischen Glauben bekennen. Das ist dort so seit der Zeit des Kaisers [Friedrich II.]. Er hatte dort ein wissenschaftliches Institut eingerichtet, um alle Zweige der spekulativen Wissenschaften zu pflegen. Die Mehrheit seiner Vertrauten waren Muslime, in seinem Lager erscholl offen der Gebetsruf.(67)

In Ibn Wasils Werk "Muffarig al Kurub fi aghbar bani Ayyub" (=Der Zerstreuer der Ängste hinsichtlich der Geschichte der Ayyubiden) schwingt ebenfalls ein positiver Ton gegenüber der bestehenden Freundschaft zwischen Friedrich II. und dem  damaligen Sultan Ägyptens Al Malik Al Kamil mit:

Der Kaiser blieb ein aufrichtiger und herzlicher Freund al-Malik al-Kamils; sie hielten einen ständigen Briefwechsel aufrecht bis al-Kamil starb (...) und ihm sein Sohn folgte (...). Mit ihm war der Kaiser ebenso in aufrichtiger, herzlicher Freundschaft verbunden und stand im Briefwechsel mit ihm.(68)

Ein ähnlicher Ton in Bezug auf diese Freundschaft findet sich auf europäischer Seite bei Matthaeus von Paris:

Seitdem verbanden sich die Seele des Kaisers und die des Sultans durch Liebe und Freundschaft; sie verbündeten sich miteinander und schickten sich kostbare Geschenke.(69)

Des Weiteren wird in der neueren arabischen Geschichtsschreibung die Ähnlichkeit der beiden Herrscher hervorgehoben, die Abdel Latif Hamza, ein moderner arabischer Historiker, mit folgenden Worten beschreibt:

In der Tat bestand zwischen beiden Männern eine große Ähnlichkeit in bezug auf beides, der Ratio und der Ethik. War Al Malik al-Kamil unter den ayyubidischen Königen der Freiere im Denken und der Flexiblere im Umgang, so war Kaiser Friedrich bekannt für seine freien religiösen Auffassungen.(70)

Dagegen gab Friedrichs Vorliebe für orientalische Kleidung und arabische Tänzerinnen, sein Interesse an muslimischer Architektur und an der Falknerei, seine angeregten Diskussionen mit den Arabern über Gott und die Welt und überhaupt seine "heidnische" Lebensart der Kirche eher Anlass zu heftiger Kritik.(71)

Eine ähnlich kritische Haltung dem ägyptischen Kaiser gegenüber findet sich in der umfangreichen Universalgeschichte "Mirat az-zaman" (=Spiegel der Zeit)des Sibt Ibn al-Gauzi (1186-1256) vertreten, der sich gegen den Sultan al-Kamil stellt und somit die Abtretung Jerusalems an die Christen ablehnt, da al-Kamil den eigenen Bruder in Damaskus belagere, während ein ungläubiger Herrscher in Jerusalem einziehe. Ablehnend steht Ibn al-Gauzi auch Friedrichs Verhalten gegenüber, das er "als Zeichen religiöser Indifferenz und materialistischer Gottesverleugnung" deutet.(72)

Friedrichs in seinem Falkenbuch proklamierte Anliegen, "Die Dinge zu zeigen, so wie sie sind", das seinen fortschrittlichen, empirischen vorurteilsfreien Geist aufdeckt, ebenso wie seine Toleranz in Glaubensangelegenheiten verleiten den Papst dazu, in ihm den "personifizierten Antichrist"(73) zu sehen.

Der Verlauf der Geschichte zeigt, wie sehr dieser Stauferkaiser in seiner Fortschrittlichkeit und Modernität seiner Zeit voraus ist. Friedrich II. leitet eine moderne Anschauung der Welt ein. Einer Welt, in der der wissenschaftliche Fortschritt keine Grenzen kennt, und in der das Leben einzig von der convivencia, dem Zusammenleben gemischter Kulturen,ungeachtet der Glaubensunterschiede bestimmt wird. In diesem Sinne notiert der Reisepublizist Ferdinand Gregorovius folgende Worte zu Friedrich:

Was in dieses einzigen Mannes großer Seele, die alle Tiefen der Lust und des Leides menschlich erschöpft hatte, an genialen Kräften lag, ist ewiger Bewunderung wert. Große Impulse gingen von ihm aus, welche die Zeit weitertrug und noch in späteren Jahrhunderten zur Wirkung brachte. Weit über sein Zeitalter hinweg sprach er Ideen der Humanität, der Bildung, der Vernunft aus, welche die Welt erleuchteten.(74)

 

3. Die Friedrich-Romane als Gegenstand der Untersuchung

Im folgenden Teil wende ich mich nun der Bearbeitung der literarischen Werke zu und werde versuchen, aufzuzeigen, wie das Friedrich-Bild besonders in seinem positiven Verhältnis zu den Arabern und ihrer Kultur seine dichterische Gestaltung findet. Es ist nicht das Anliegen dieser Studie eine Interpretation der Gesamtfigur Friedrichs II. aus den oben genannten Romanen zu erstreben, oder gar die fiktive mit der faktisch-historischen zu vergleichen, vielmehr geht es darum, aufzuzeigen, auf welche Art und Weise die arabische Neigung des Stauferkaisers in der neueren Literatur dargestellt wird. Von daher werde ich im folgenden Teil der Studie jeweils nach einer kurzen formalen und inhaltlichen Vorstellung der Werke die Textstellen aufzeigen, die meines Erachtens besonders deutlich Friedrichs Affinität zur arabischen Kultur und zu den Arabern, seine orientalische Ausrichtung, die Beherrschung der arabischen Sprache und seine tiefe Kenntnis der arabisch-islamischen Sitten, Gebräuche und der Mentalität ihrer Khalifen und Sultane, veranschaulichen. Diese selektierte Zusammenstellung von verschiedenen Blickwinkeln, Intentionen und Darstellungsweisen stellt nicht den Anspruch, die gesamte Tendenz der literarischen Rezeption Friedrichs II. zu vermitteln, erhofft sich jedoch mit einem Mosaiksteinchen einen kleinen Beitrag dazu zu leisten und zur weiteren Beschäftigung mit diesem ziemlich unbebauten Feld anzuregen.

3.1.   Horst Sterns "Mann aus Apulien"

Horst Sterns Werk "Mann aus Apulien", erschienzum ersten Mal im Jahre 1986 und wurde auf Anhieb zum Kritiker- und Publikumserfolg. Das Buch trägt einen langen Untertitel: "Die privaten Papiere des italienischen Staufers Friedrich II., römisch-deutscher Kaiser, König von Sizilien und Jerusalem, Erster nach Gott, über die wahre Natur der Menschen und der Tiere, geschrieben 1245-1250."(75)

Sterns Roman "Mann aus Apulien" ist nicht wie ein üblicher, historischer Roman aufgebaut, in dem die einzelnen Lebensphasen der Hauptfigur in einem der historischen Chronologie folgenden Handlungsverlauf nachgezeichnet werden. Vielmehr erfolgt in Sterns Werk, das im Klappentext als "Romanbiographie" bezeichnet wird, eine fiktive Dokumentation von Friedrichs Leben, dessen Darstellung sich aus der Kollage von autobiografischen Schriften, Korrespondenzen und niedergeschriebenen wissenschaftlichen Beobachtungen oder aber aus der Retrospektive geschilderten Episoden, Erlebnissen und Gesprächen ergibt.  Die Zusammenstellung von vergangenen und gegenwärtigen Reflexionen, Beobachtungen, naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und Briefen erfolgt aus der Mischung recherchierter historischer Fakten und Quellentexte mit der eigenen Fantasie des Schriftstellers. Auf diese Weise gelingt es Horst Stern, einen imaginierten Einblick in die geheimsten Gedanken des Kaisers, seine intimsten Wünsche und Erfahrungen zu verschaffen. Dabei variiert der Stil dieser sogenannten "privaten Papiere" zwischen bildreicher Poesie und naturwissenschaftlicher Sachlichkeit. Der zeitliche Rahmen, der die Niederschrift dieser Papiere markiert, umfasst nach den Angaben des Titels die letzten fünf Lebensjahre des Kaisers: 1245-1250. Aus der Sicht eines reifen Mannes werden in diesen "Papieren", die eine Art private Lebensabrechnung darstellen, Herrschaftsjahre, philosophische Fragen oft in Form von Gesprächen dialektisch behandelt und im darauffolgenden "Textkritik"(76) benannten Kapitel reflektierend diskutiert.

Im dritten Kapitel "Was ich schreiben will"(St 13 ff.) wird das konkrete Anliegen dieser Schriften, das darin besteht, "Alltagsweisheiten" -als  wären sie "das Neue in meinem Leben" (St 13) - zu thematisieren, formuliert:

Bemerkungen über die Kunst, mit Vögeln, Pferden und Hunden zu jagen, sie zu züchten und zu halten"; "Gedanken, die meine Versuche an Menschen und Tieren begleiteten", "Erkenntnisse[n] aus meinen Gesprächen mit "Fleisch- und Sternbeschauern, Scharlatanen und Weisen, Christen, Juden und Heiden. Und Apulien, vor allem! (St 14)

Das Nebeneinander von abstrakten Gedanken und Assoziationen, konkreten Erfahrungen und eigenen deduzierten Erkenntnissen, ermöglicht einen fiktiven Einblick in Friedrichs Innenleben, seiner  Gedanken-, Traum- und Gefühlswelt, der mit zeitüberschreitenden Vorstellungen in Form von Begriffen und Bezeichnungen verflochten wird. So tauchen beispielsweise im Gespräch(77) mit dem Mönchen Franziskus von Assisi (1181/82-1226), der die friedliche Missionierung einer gewaltsamen, zwangsweisen Bekehrung vorzog und somit zum Begründer des Franziskanerordens wurde,  auf Begriffe, wie "Toleranz" (St 219), "Kommunisten" (St 223), "Terroristen" (St 318) zusammen mit Goethezitaten (St 329) auf.

Aus den vielseitigen kaleidoskopischen Diskursen, die Stern bietet sind für die vorliegende Studie die Stellen relevant, in denen sich der Bezug Friedrichs II. zur arabisch-islamischen Kultur in Form von Debatten, Briefen oder Ähnliches äußert. So wird im Kapitel "Vom Hochmut der Wissenschaft" (St 46) ein Teil von Friedrichs naturwissenschaftlichen und philosophischen Fragen, die er an die islamische Gelehrtenwelt richtet, in einem an Ibn Sab'in, einem berühmten spanisch-islamischen Gelehrten, adressierten Brief dargelegt und "zu diesen privaten Papieren genommen", "weil er ganz und gar Friedrich ist" (St 48):

Kein Zweifel, Du bist der Bedeutendere von uns, und ich bewundere, o Scheich, Deine Erfahrenheit, spekulative Dinge zu behandeln und Forschungen anzustellen, die Stärke Deiner Fassungskraft, Deine große Übung in den Wissenschaften, die Leuchtkraft Deines Geistes und die Mühelosigkeit Deines Nachdenkens. Erlaube mir deshalb, Dir weitere Fragen zu stellen über wiederum, wie ich fürchte, jedermann geläufige Sachen. (St 48 f.)

In einer vierteiligen Kapitelfolge mit den Titeln "Puer Apuliae"(78) (Knabe Apuliens) kommen Friedrichs Jugendjahre in Apulien als einschneidende Phase bei der Ausformung seines Geistes und Charakters zum Ausdruck. Diese Zeit wird nicht erzählerisch dargestellt, sondern findet in Form mehrteiliger, in arabischer Sprache geführten Gespräche zwischen dem jungen Friedrich und einem Marabouten(79) (=islamischer Heiliger, Derwisch, Asket) in Sizilien statt. Darin zeigt sich, wie stark Friedrich seinem Großvater Roger II. als Vorbild nacheifert und welchen Einfluss dieser auf ihn ausübte. Symbolisiert wird diese Verbindung zum Großvater durch den Krönungsmantel, den Friedrich erbt:

er war das Dokument meiner frühen Liebesheirat mit der Macht. (St 93)

Zugleich stellt der Kaisermantel eine Symbiose morgenländischer und abendländischer Kultur dar. Nachts setzte sich Friedrich

(...) in arabischer Manier zu Füßen der im Kerzenlicht schimmernden Dattelpalme. So träumte ich mich in die Wüste hinweg, unter Kamele und Löwen, die Früchte der Palme essend und über den Goldglanz des Sandes in das Rot eines Sonnenuntergangs wandernd. Wenn meine Finger ehrfürchtig über die Schriftzeichen strichen, nahm ich auf eine rein sinnliche Weise meine ersten Genüsse von Macht wahr. (St 94)

In diesen Kindheitserinnnerungen wird klar, dass Friedrich sich als den wieder zum Leben erwachten Roger II. sieht: Auf die Frage des Marabouts "Bist du nicht der König?" antwortet er: "Ich bin Roger redivivus" [...]. "Wie er war, Dein alter König und mein Großvater, den die Muslime Rudschero nannten, so will auch ich sein. Lehre mich.' 'Was willst Du wissen?' 'Alles.'" (St 100).

An anderer Stelle zeigt Friedrich seine tiefe Kenntnis der Logik des arabischen Gelehrten al-Gahiz, die sich "in allem auf die Vernunft" (St 101) beruft, ebenso wie die Beherrschung der arabischen Sprache und Dialektik, die er seinem Lehrer Ibn-Al Dschusi(80) verdankt:

'Ich habe von ihm vom Kadi ibn al-Dschusi gehört, meinem Lehrer in Arabisch und Dialektik. Aber er galoppiert über die Zeit der Mu'taziliten hinweg wie mein Pferd über den Strand hinterm Berg Pellegrino, und wie von den Hufen meines Pferdes fliegen mir von seinen Lippen nur Brocken an die Ohren'. Aber Arabisch lehrt er Dich gut, sagte der Marabout. Du redest in Bildern wie einer von uns. (St 101)

Auf die Puer Apuliae folgen die Kapitel Mann aus Apulien(81), die in drei Teilen den zum Manne gereiften Friedrich behandeln. Folgende Stelle, die Friedrichs Umgang mit den Bergsarazenen und deren Ansiedlung in Lucera schildert, wo ihnen freie Religionsausübung gestattet wird, veranschaulicht Friedrichs Affinität zu den Arabern und seine Toleranz ihnen gegenüber:

Aber Palermos Moscheen machten Sizilien noch nicht zu einem Reich der Muslime. Die Insel war ein Teil Europas, zwischen Abendland und Morgenland der Nabel beider, in dem diese Aufrührer wie Läuse irritierend juckten. Ich räumte sie aus, tötete aber die Muslime nicht, die in den Kämpfen überlebten, sondern verbannte sie samt ihren Anhang und allen Nichtkombattanten ihres Glaubens von der Insel auf das Festland, ins nördliche Grenzgebiet Apuliens zum Kirchenstaat hin, 16 000 Menschen insgesamt. Auf dem alten römischen Garnisonplatz Lucera entstand damals die befestigte Sarazenenstadt gleichen Namens, an welcher der Herr Papst im ihr nicht fernen Rom Greuel hat bis heute, weniger wohl des heidnischen Glaubens ihrer Bewohner wegen als darum, daß die Muslime, die ich mir durch Verschonung ihres Lebens und Duldung ihrer Religionsausübung zu Freunden machte, auf einen Bannfluch des römischen Kalifen nicht das Geringste geben. Immer wieder nehme ich in Lucera Wohnung, inmitten der Kinder derer, die ich einst von der Insel entfernte, und niemanden lasse ich näher an meinem Leib als sie – die Männer als Wachen, die Frauen als Mittel der ewigen Reizung päpstlicher Haremsphantasien. (St 234 f.)

Friedrich begründet in Mann aus Apulien II. mit seiner Achtung vor der kulturellen Überlegenheit der Araber, der 'edlen Heiden', seine Affinität zu ihnen, und sieht sich ihnen in seinem rationalem Wissensdrang ähnlich:

Durch mein Herkommen und meine –wie immer rudimentäre- Erziehung auch durch einen muslimischen Lehrer kannte ich damals schon die erdrückende Überlegenheit der Kultur und ebenso der Zivilisation der Länder des Ostens über die in einem Glauben gefangene Welt des christlichen Westens, der den menschlichen Verstand und seine durch die Sinne gewonnenen materiellen Erkenntnisse mißachtet. Es sind darum die Muslime, wenn denn unsere Glaubensarroganz sie Heiden nennen muß, edle Heiden. Daß sie nicht an christliche Dogmen glauben, die allen Erfahrungen der Sinne widersprechen, ist der einzige wesentliche Unterschied zwischen ihrer und unserer Sehweise des Einen Gottes. Und wenn das sie zu Heiden macht, daß sie der Bekehrung bedürftig sind zu einer Wundergläubigkeit, welche mit der Natur nichts gemein hat, dann bin auch ich ein Heide. [!] Und so hätte denn auch der vierte Innocenz in seinem 45er Lyoner Konzilsurteil über mich recht. (St 236 f.)

Friedrichs Sprachkompetenz und die Tiefe seiner Korankenntnisse bilden den Mittelpunkt folgender Textstelle aus dem Kapitel "Nächtliches Symposium" (St 304-357), das sowohl die Blendung des Petrus von Vinea beinhaltet, als auch religiöse Debatten, Gedanken zur Quadratur des Kreises, die das von Friedrich erbaute oktogonförmige Kastel del Monte bei Foggia in Apulien kennzeichnet und Kommentare zu Friedrichs Falkenbuch. Während eines Gesprächs über die islamische Haltung gegenüber der Gottessohnschaft im Christentum, zitiert Fahr ad-Din, der Wezir des ägyptischen Sultans Al Malik Al Kamil dem Bischof eine Koranstelle, die schließlich von Friedrich selbst übersetzt und erklärt wird. Die Bedeutung dieser Stelle liegt meines Erachtens darin, dass sich an ihr sehr deutlich sowohl Friedrichs Rolle als Kulturvermittler, als auch seine Fähigkeit, über Grunddifferenzen zwischen Christentum und Islam, dabei interessanterweise die islamische Position vertretend, auf fundierte Weise zu argumentieren, aufzeigen lässt:

Ich erläuterte Marcellin diese Koranstelle: Weder Adam noch Jesus hätten einen irdischen Vater; so seien sie zwar Geschöpfe Gottes, aber Ihm nicht in Sohnschaft verbunden. Marcellin wollte aufbrausen, man sah es an der Rötung seiner Gesichtswunden. Ich sagte, den aufkommenden alten Streit zwischen Christen und Muslimen beendend: Habt Ihr nicht Verstand? Warum streitet Ihr über das, wovon Ihr kein Wissen habt? Fahr ad-Din lächelte mir zu: Du zitiertest aus derselben Sure, ich merkte es wohl. Also hast du nichts von dem vergessen, was meine Glaubensbrüder Dich als Kind in Palermo lehrten. Ich sagte: Ohne den Zweifel an der Gottessohnschaft Jesu, den meine arabischen Lehrer mir ins Herz senkten, hätte ich dreißig Jahre später nicht die jerusalemitanische Königskrone vom Altar der Grabeskirche genommen und sie mir ohne Vermittlung der Kirche aufs Haupt gesetzt. (St 318 f.)

An anderer Stelle gibt sogar Friedrich selbst den Einfluss des islamischen Glaubens auf ihn zu:

In meinem Christenleben (...) überwog die muslimische Ansicht, es sei gotteslästerlich zu glauben, Gott könnte einen Sohn haben, der in allem sowohl an der menschlichen als auch an der göttlichen Natur teilhabe. (St  319 f.)

Erwähnenswert ist auch der zweiteilige Diskurs mit und über Walther von der Vogelweide(82), dessen Dichtart er als "saladineske Kunst" (St 375) betrachtet und –oft in poetischer Form- kritisiert, da sie Bilder und Beschreibungen beinhalte, die nicht mit der Natur übereinstimmen:

(...) der, werter Herr Vogelweide, darf auch die subhumanen Gestalten der Natur – Vögel, Bäume, Blumen, Landschaften – nicht wie beliebig benutzbare Chiffren seiner Gefühle behandeln. Der Baum der Heide ist die Birke, nicht die Linde. Blumen und Gras in einer Dichte, daß sich eine Bettstatt darin bilden könnte, sind der Wiese zugehörig, nicht der Heide, (...) Und so wäret Ihr gut beraten gewesen, wenn Ihr Euch entweder für die Aue oder für die Heide entschieden hättet als den einheitlichen Ort Eurer Handlung, denn ineinander, wie Ihr insinuiert, können die zwei nicht sein, ist doch die eine trocken, die andere naß. Was also nun, Herr Vogelweide? (St 377)

Zuletzt entschließt sich Friedrich, sich seines "kruden Naturpurismus" (St 380) bewußt, zu einer Aussöhnung mit Walther:

Doch sei die Sache, wie sie sei,
ob Aue oder Heide,
so grüß ich doch mit Tandaradei
den Herrn der Vogelweide! (St 378)

Friedrichs Affinität zur arabisch-islamischen Kultur basiert bei Stern auf der Vorliebe des Kaisers für alles sinnlich und rational Erfassbare, die zugleich die Grundlage für die empirische Wissenschaft darstellt. Die sinnlich-bejahende Lebenseinstellung und die auf Beobachtung basierende Natur-, Mensch- und Tiererkundung eines stets fragenden Intellekts konstituieren Friedrichs arabische Seite, die ihn in die Nähe der vom Mäzenatentum geprägten Höfe arabischer Sultane stellt.

3.2. Eberhard Cyrans "Zeit lässt steigen dich und stürzen"

Wenden wir den Blick nun zu unserem zweiten Werk, dem historischen Roman Eberhard Cyrans, "Zeit lässt steigen dich und stürzen" aus dem Jahre 1999.(83) Der historische Roman Eberhard Cyrans(84), der zu den namhaften deutschen Romanciers des 20. Jahrhunderts zählt, trägt den Untertitel: "Friedrich II. und die letzten Staufer".

In seinem nahezu faktentreuen, -einem lehrhaften Geschichtsbuch gleichenden- stark biografisierenden Roman nimmt der Erzähler eine bewußt gegenwärtige, vom historischen Geschehen zeitlich und geistig distanzierte Perspektive ein, aus der er auktorial das Leben Friedrichs und das seiner Söhne schildert und mit einem Ausblick auf die weitere Geschichte Deutschlands bis zur Gegenwart abschließt.

Das Werk besteht aus zwei Teilen, sogenannten Büchern: Während das erste Buch "Der Adler" sich mit einer chronologischen Schilderung der Herrschaftszeit Friedrichs –angefangen bei der Kaiserkrönung in Rom, bis hin zu seinem Tode im Jahre 1250 in den Armen seines Sohnes und Nachfolgers Manfred- befasst, behandelt das zweite Buch "Der Hase" das Ringen der letzten Angehörigen des Staufergeschlechts um die Macht.

In 18 Kapiteln wird im Friedrichteil das Leben des Stauferkaisers geschildert, das seinen Konflikt mit den Päpsten, seine Exkommunikation und die an ihm begangenen Mordversuche umfasst. Friedrichs Privatleben, seine Ehen und seine Beziehung zu seinen Söhnen, treten hinter der Darstellung der politischen Auseinandersetzung mit der päpstlichen Kurie, des Verrats des Petrus de Vinea, - dem obersten Beamten der kaiserlichen Kanzlei und engen Freund und Berater des Kaisers-, der Sizilienpolitik und der Jerusalemeinnahme und den mehrfachen Mordanschlägen an Friedrich II. zurück. Umrahmt wird der historische Roman, von einem Gedicht Enzios, einem illegitimen Sohn Friedrichs II., der einem leidvollen Schicksal erliegt. Leitmotivisch ziehen sich diese poetischen Zeilen durch das Werk hindurch und deuten den Untergang der Staufer bereits im Titel symbolisch voraus:

Zeit läßt steigen dich und stürzen,
Zeit heißt reden dich - und schweigen.
Zeit lehrt lauschen dich  - und wissen,
Zeit gibt Mut, dich nicht zu beugen.
Sie läßt aus Träumen Taten werden,
schenkt uns Gedanken, die ins Ewige gehn.
Zeit kommt, da Schmähung dich nicht trifft.
Zeit wird, die dich nicht sehen läßt
noch hören
fremden Lebens Treiben (C 5)

Der hier zu untersuchende Aspekt, die literarische Darstellung der arabischen Seite Friedrichs II., seine Affinität zur arabisch-islamischen Kultur und Lebensweise, seine Rolle als Vermittler arabisch-islamischer Kultur und als Brückenbauer zwischen der orientalischen und europäischen Welt, tritt bei Cyran an verschiedenen Stellen in unterschiedlicher Weise zum Vorschein.

Cyran verweist rückblickend auf Friedrichs Kindheit im multikulturellen Palermo, als Ort seiner Unterweisung arabischer Wissenschaften durch berühmte islamische Gelehrten wie Ibn Al-Dschuzi. Sie bilden die Grundlage für seine Kenntnis des Korans, deren Verse er später als Kaiser zitiert, ebenso wie für seine Beherrschung der arabischen Sprache, in der er zahlreiche Gespräche führt. Friedrichs Sprache, die mit veranschaulichenden arabischen Sprichwörtern(85) gefüllt ist, zeugt von einer Vertrautheit mit der arabischen Kultur und Mentalität.

Nicht nur Friedrichs äußere Erscheinung, das Tragen seiner "geliebten Galabejas"(86), das typische aus Baumwolle oder Seide angefertigte luftige Gewand der Araber, oder sein Kaisermantel, der mit der kufischen Inschrift auf sorgfältige orientalische Handarbeit hinweist, auch der luxuriöse Aufzug während seiner Reisen, auf die ihn stets seine gesamte "Menagerie", seine Sammlung exotischer Tiere, meistens Geschenke arabischer Sultane, begleiten, weisen auf seinen Hang zu orientalischer Prachtentfaltung und "arabischer" Lebenshaltung hin. Cyrans Friedrich wird jedoch nicht nur äußerlich mit materiellen aus dem Orient stammenden Kulturgütern ausgestattet, sondern auch sein intellektueller Geist zeigt sich stark von arabischem Einfluss geprägt. Diese Erkenntnis erfolgt an vielen Stellen aus der Sicht der Kirchenvertreter; der Kardinäle und Päpste: Friedrich ehre die mohammedanischen Sitten, umgebe sich mit einem sarazenischen Harem (C 213), er werde von seiner sarazenischen Leibwache begleitet und sei heidnischer Wissenschaft ergeben:

(...) Ein Phantom eigener Herrlichkeit, unnahbar in seiner fremden Hoheit, von Magiern und Astrologen umgeben, von seiner sarazenischen Leibwache begleitet, heidnischer Wissenschaft ergeben, von arabischen Gelehrten beraten, mit dem Heer seiner Pagen und Frauen, Tänzer und Gaukler, mit seinen Panthern und Falken, erschien er auf seinen Schlössern, in den Städten und Ländern – und war ebenso wieder verschwunden. (C 217 f.)

Als weiteres Beispiel sei hier Friedrichs Ansiedlung der Sarazenen in Lucera angeführt, wo ihnen freie Religionsausübung gewährleistet wird. In Cyrans Werk wird gezeigt, dass gerade die Tatsache, dass Muslime die persönliche Leibwache des Kaisers bilden, dem Papst wie ein Dorn im Auge ist. Cyran schildert die Ansicht des Papstes und seiner engsten Vertrauten diesbezüglich:

Lucera ist weit gefährlicher", bemerkte der Kardinial. "Vor den Toren seiner neuen Residenz Foggia ist die erhöhte Lage dieser Sarazenensiedlung mit ihren, wie es heißt, an die sechzigtausend der bisher über Sizilien verstreuten Mohammedanern geradezu genial gewählt. Dazu bringen die aufblühende Seidenfabrikation wie die geschickten Handwerker neue Steuereinnahmen. Im übrigen stellt man dort die furchtbare Schwefel-Rohöl-Mischung her, die als "griechisches Feuer" in aller Welt Schrecken erregt. Ebenso entstehen unter den heidnischen Spezialisten-Händen die mächtigen Katapulte und Wurfgeschosse zur Bekämpfung bislang uneinnehmbarer Festungen. (C 128)

Für Friedrich jedoch stellt die Stadt Lucera einen wichtigen Punkt in seinem Leben dar, da er besonders die Gefolgschaft und Zuverlässigkeit seiner treuen sarazenischen Leibtruppe zu schätzen weiß.

War Castel del Monte die edelste und schönste, so Lucera die ausgedehnteste und eigenwilligste Schöpfung des Staufers: Beweis, daß ein Fürst aus besiegten und unterjochten, fremdrassigen Gegnern durch Duldsamkeit und Weisheit seine treuesten Untertanen zu bilden verstand. Dem Sieg der Waffen war der größere, höchste aller Siege gefolgt: über die Herzen der Feinde von gestern. (C 277 f.)

Friedrichs fortschrittliches Denken, das sich in seinem unausschöpflichen Wissensdurst zeigt und seine in Lucera bewiesene Toleranz, die sich in der freien Religionsausübung manifestiert, und somit seinen Respekt vor den arabischen Gebräuchen und islamischen Riten beweist, bilden die Grundlage und Basis für die Freundschaft(87) mit dem ägyptischen Sultan Al Malik Al Kamil und dessen Wezir Fakhr ad-Din. Gefestigt werden diese Freundschaftsbande durch vielfältige gemeinsame Interessen:

Als der Wesir im Vorjahr mit einer Delegation des Sultans al-Kamil beim Kaiser erschienen war, hatte der Staufer über den früheren Briefwechsel hinaus sogleich etwas wie Freundschaft zu dem hochgebildeten Muslim empfunden." [...] Wie Friedrich war der Vertraute des Beherrschers der Gläubigen ein Kenner nicht nur der Kriegskunst, sondern auch der Falkenjagd und ein Liebhaber edler Pferde. Beide schätzten den Disput in der kunstvollen Dialektik der arabischen Sprache. (C 103)

An vielen Stellen hebt Cyran den Einfluss der gegenseitigen bereichernden Freundschaft zwischen Friedrich II. und Fakhr ad-Din hervor. So spiegelt der Wissensaustausch über die vier Elemente zwischen Friedrich II. und Fakhr ad-Din, gemeinsames fortschrittliches und erforschendes Interesse an der Natur wieder, das beide trotz unterschiedlicher Herkunft, Religionszugehörigkeit und päpstlich vorgeschriebener Feindschaft verbindet.

Ich sprach mit Fahr ed-Din über die vier Elemente, die unsere Welt bestimmen: Feuer, Wasser, Luft und Erde, die er für einen Teil der himmlischen Substanz hielt. Ein Menschenleben ist zu kurz, um alles zu lernen, alles zu erkennen – ja sogar, alles erfragen zu können. (C 257)

Doch nicht nur Fakhr ad-Din gilt Friedrichs Sympathie, auch am Sultan, dem er Erhabenheit und edles Verhalten zuschreibt, findet er Gefallen. Bei einem Treffen zwischen Friedrich II. und Francesco von Assisi zieht Francesco eine Ähnlichkeit zwischen diesem und dem Sultan von Ägypten:

Er war, wenn Sie erlauben, ein Bruder Eurer Majestät im Geiste (C 85)

Zudem bietet die geschichtlich belegte Tatsache, vom Verrat des Kaisers an den Sultan durch die Templer, die in diesem historischen Roman Erwähnung findet, erneut ein Beispiel  für die positive Einstellung dem Sultan gegenüber:

Die freundlichen Versuche, mich damals in Palästina wehrlos in die Hände des Sultans zu spielen, weil man annahm, er würde mich umbringen, wurden durch die Vornehmheit des 'heidnischen' Herrschers vereitelt. (C 184)

An späterer Stelle äußert sich Friedrich zur Jerusalemeinnahme und spricht seine Wertschätzung seiner Freundschaft mit dem Sultan aus:

Er erinnert mich an den Sultan al-Kamil. Jeder erwartete, daß wir mit den Schwertern aufeinander einschlagen müßten – am meisten Seine Heiligkeit. Dann aber brachte unsere Freundschaft beiden von uns größeren Sieg, als jeder für möglich gehalten hätte. (C 200)

In Cyrans historischem Roman kommt Friedrichs arabische Seite, in seiner äußerlichen Erscheinung, in dem Gebrauch arabischer Sprichwörter, dem Zitieren von Koranversen und in seinem Umgang mit den Arabern zum Vorschein und kennzeichnet somit die Persönlichkeit des Stauferkaisers. Während Friedrichs Toleranz den Muslimen gegenüber und seine Freundschaft mit ihnen auf Kritik aus päpstlicher Sicht stößt, wird sie vom Erzähler als 'höchsten aller Siege' positiv bewertet.

3.3. R. M. Bordihns "Der Falke von Palermo"

Zuletzt sei hier noch kurz auf einige Stellen aus R. M. Bordihns Roman "Der Falke von Palermo" aus dem Jahre 2004(88) hingewiesen, in dem das Heranwachsen des jungen Friedrichs II. in Palermo, wo er in vielfältiger Weise in Kontakt mit arabischen Sitten und Gebräuchen kommt, geschildert und ein Einblick in sein Privat- wie Liebesleben gewährt wird. Voller Atmosphäre und Spannung wird Friedrichs Leben in Sizilien, sein Kampf gegen die Machtansprüche des Papstes, seine heimliche Liebesbeziehung zur bürgerlichen Bianca Lancia, die niemals seine Kaiserin sein kann und sein kampfloser aber erfolgreicher Kreuzzug, der den friedlichen Gewinn Jerusalems einbrachte, erzählt. Das besondere an diesem Roman liegt einerseits in der breiten Ausmalung des "orientalischen" Siziliens, und  andererseits darin, sowohl den Frauen an Friedrichs Seite eine größere Rolle, als auch den fiktiven Figuren mehr Platz einzuräumen.

Ebenso wie bei Stern und Cyran fungiert auch bei Bordihn Friedrichs Großvater Roger II. besonders in seiner Freundschaft zu den weisen Arabern und seiner Neigung zum orientalischen multikulturellen Lebensstils als Vorbildfigur für den jungen Friedrich. So verkündet Friedrich bereits als achtjähriger in den Gassen Palermos "Lukum, aus Granatapfelsaft" und orientalisches "Mandelgebäck" und andere Delikatessen genießend (B 22):

"Ich bin der Sohn von Kaiserin Konstanze, der Enkel von Roger dem Großen. Wenn ich erwachsen bin, werde ich sein wie er. Es wird Friede herrschen, und mein Volk wird genug zu essen haben, ich werde von Tänzerinnen umgeben sein, Käfige von Gerfalken besitzen, und weise sarazenische Freunde werden mir helfen zu regieren." (B 32 f.)

Lebendig und bildhaft wird die von der orientalischen Kultur geprägte palermitanische Welt, der Raum für Friedrichs Kindheit, geschildert. Der Kontakt zu den Arabern(89), zu muslimischen Scheichs und deren Einfluss auf Friedrich, vor allem in seiner Liebe zur Wissenschaft wird szenisch dargeboten. Der Protagonist ist an vielen Stellen arabischsprechend und mit den arabischen Sitten vertraut. So wäscht sich Friedrich als achtjähriger nach islamischer Art, vor dem Betreten der Moschee und grüßt den großen Meister Ibn el Gawazi auf islamische Weise in arabischer Sprache:

Friedrich legte die Hand aufs Herz. 'Salaam aleikum, großer Meister.' Ibn el Gawazi blickte auf und neigte dann den smaragdgrünen Turban, der ihn als Hadschi auswies. "Aleikum es Salaam, o König.' (B 36)

Friedrich schätzt die Bescheidenheit der hochgebildeten muslimischen Gelehrten, die im Gegensatz zu der "Allwissenheit" der Priester seiner Palastkapelle steht:

Er hätte auch gern gebetet, aber er konnte nicht. Sie waren seine Freunde, aber er gehörte nicht zu ihnen. Genauso wenig wie er zu der Palastkapelle gehörte, mit ihren Mosaiken und verwelkenden Lilien, den ewigen Predigten über Sünde und den Priestern, die alles wussten. Ibn el Gawazi, ein weit bedeutender Gelehrter als diese christlichen Priester, gab oft sein Unwissen zu. (B 37)

Folgendes Gespräch schien mir besonders interessant, da an ihm einerseits Friedrichs Bewunderung und Hochachtung des arabischen Gelehrten Ibn Al Gawazi hervortritt und andererseits die Sympathie und Hochachtung, die Al-Gawazi seinerseits für den jungen Friedrich empfindet, veranschaulicht werden kann:

"Ich werde dem Erzbischof sagen, dass ich dich in den Palast rufen lasse, damit du mich unterrichtest. (...) Ich werde ihm sagen, dass du mich lehren sollst, wie ich meine Feinde dazu überrede, meine Freunde zu werden." Der Sarazene [Ibn el Gawazi] lachte. "Ich glaube, Allah hat dich das bereits gelehrt." (B 39)

Auch Bordihns Friedrich bezeugt eine tiefe Kenntnis des islamischen Glaubens und vieler arabischer Weisheiten, die ihm schließlich später den Gewinn Jerusalems einbringen werden:

Merke dir diese Wahrheit: Wenn die Gefahr groß genug ist, ist es selbst dem Stärksten erlaubt, seinen Stolz wie einen Turban abzuwickeln. (B 38)

Wie tief gerade diese Lehre Ibn Al Gawazis sitzen wird, beweist Friedrichs Brief an den Sultan, in dem er sich erniedrigt, um Jerusalem zu erhalten. Dieser Brief  zeigt sehr deutlich, wie sich die Weisheit des Al-Gawazi nach so vielen Jahren bewährt, und dass Friedrich "seinen Stolz wie einen Turban abzuwickeln " (B 38) versteht(90):

Meine Not, o mein Freund, ist größer als Eure, und ebenso ist es meine Verzweiflung. Zwingt mich nicht, Euch zu bekriegen, was ich tun muss, gebt mir stattdessen Jerusalem zurück, sodass ich meinen Kopf wieder in Stolz erheben, dass die heiligen Stätten des Islam stehen bleiben und Eurer Volk dort seiner Andacht nachgehen kann. (B 359)

Die Darstellung der Freundschaft zwischen dem Kaiser und dem Emir Fakhr ad-Din erfolgt bei Bordihn auf sehr lebhafte Weise. Die gemeinsamen Vorlieben der beiden für Schach, Gedicht-Debatten, Pferde und Falknerei finden in Bordihns Roman Raum für szenenhafte Vergegenwärtigung und detailreiche Ausgestaltung:

Am Abend saßen sie oft zusammen, spielten Schach oder debattierten. Die Leidenschaft des Emirs waren Pferde und Falken. Und auch er liebte wie der Kaiser eine Schachpartie mit einem ebenbürtigen Gegner. Der Emir, der sich von seinem Gebetsteppich erhob, dachte, dass es wohl gerade diese Interessen gewesen waren, für die ihn Al-Kamil als Botschafter ausgewählt hatte. Der Sultan hatte sich über die Vorlieben des Kaisers informieren lassen und danach seinen Botschafter ausgesucht. Der Sultan war wie der Kaiser ein kultiviertes Mann mit unkonventioneller Haltung. Sobald seine Gäste ihr Gebet beendet hatten, gab Friedrich den Befehl, wieder aufzusitzen. [...] Friedrich hatte eine bewundernswerte Gabe der Gleichgültigkeit gegenüber der allgemeinen Meinung. Wie sein eigener Herr war auch der Kaiser skeptisch. Und wie Al-Kamil hatte auch Friedrich seine unangenehmen Erfahrungen mit der Mehrheitsmeinung in seinem Reich gemacht und machte sie weiterhin. (B 310)

In Bordihns Roman wird die Lebensgeschichte Friedrichs II. über einen konfliktreichen, dramatischen und kontrastreichen Handlungsverlauf erzählt. Die dargestellte Friedrichfigur wird in ihrer inneren Zwiespältigkeit beleuchtet, die einerseits in der arabisch-islamischen Kultur beheimatet ist, andererseits aber als Kaiser des christlichen römisches Reiches mit eben dieser befeindet zu sein hat. Diese Diskrepanz zwischen dem Wollen und dem Sollen, zwischen Verstand und Leidenschaft prägt auch Friedrichs Verhältnis zu den Frauen, insbesondere zu Bianca Lancia, seiner großen Liebe, die er nur inoffiziell ausleben darf und kennzeichnet sein angespanntes Verhältnis zu den Päpsten. Friedrichs orientalische Ausrichtung bildet einen Teil seiner individuellen Persönlichkeit, die sich den schicksalhaften Konflikten und Krisen ihrer Zeit stellen muss.

 

4. Zusammenfassung und Auswertung

Anhand der querschnittartigen Analyse der drei ausgewählten Werke ist festzustellen, dass in allen drei Bearbeitungen die Affinität zu den Arabern und zu ihrer Kultur –oft auch als positive Eigenschaft-  der literarischen Friedrich-Figur angehaftet wird.

Friedrichs Jugend im multikulturellen Palermo, die Förderung der Wissenschaften und Übersetzungen, seine tolerante Einstellung Muslimen, arabischen Sultanen und Gelehrten gegenüber, wie z.B. sein freundschaftliches Verhältnis zum ägyptischen Sultan Al Malik al-Kamel und dessen Wezir Fakhr ad-Din, die von der friedlichen Gewinnung Jerusalems gekrönt wird – all diese Aspekte bezeugen eine arabische Seite an Friedrich II., die er mit seinem Großvater Roger II. und den arabischen Herrschern seiner Zeit gemeinsam hat und die als exotische Komponente der Friedrichgestalt modernen Dichtern reichlich Stoff zur farbigen Ausmalung und dichterischen Ausschmückung liefert. Obwohl die Forschung(91) nur aus Rückschlüssen aus Friedrichs späterem Verhalten, wie seiner Unvoreingenommenheit Muslimen gegenüber, als auch seinen Kenntnissen zu Religionen, Sprachen und Naturwissenschaften, eine Ausbildung unter arabischen Gelehrten annimmt, diese jedoch nicht sicher belegbar ist, bestätigen alle drei Romane diese Tatsache und konkretisieren besonders den arabischen Gelehrten Sibt ibn al Gawazi als dessen Lehrer. In diesen Romanen wird diese Ausbildung –übrigens auch von Friedrich- als die entscheidende Voraussetzung und Kompetenz für dessen Jerusalmeinnahme gesehen und als jene Basis, die den höchsten aller Siege ermöglichte, nämlich die Freundschaft zu den Muslimen und ein friedliches Zusammenleben.

Die unterschiedliche Darstellungsform und Perspektivierung der für diesen Beitrag ausgewählten Werke hinterlassen beim Leser jeweils voneinander abweichende Eindrücke und Wirkungen.

In Sterns Romanbiografie wird durch die Form der Kategorisierung nach Themen, viel Privates und Intimes über Friedrich vermittelt und seine Sichtweise auf verschiedene Aspekte des Lebens dargelegt. Die autobiografische Erzählperspektive deckt die "zwei Seelen in seiner Brust, die muslimische und die christliche" (St 329) auf, die seinen Charakter und sein Wesen prägen und ermöglicht auf diese Weise das Eintauchen in Friedrichs geistigem und intellektuellem Innenleben, in dem arabisch-islamische Erkenntnisse und von diesen beeinflusst der Hang zum wissenschaftlichen Forschen und Erforschen dem europäischen Einfluss überwiegen. Die wissenschafliche Erkundung der Natur, ihrer Lebewesen, des Kosmos und der Seele, wie sie in Friedrichs Fragen an Ibn Sab'in, in den argumentativ ausgeführten Gesprächen mit dem Marabouten und mit Franziskus von Assisi Ausdruck finden, ermöglichen dem Leser einen Einblick in Friedrichs vielseitigem Intellekt.

In Cyrans historischem Roman wird die Distanz zur erzählten Vergangenheit durch die gewählte auktoriale Erzählperspektive gewahrt, wobei sich der Erzähler oft damit begnügt, geschichtliche Fakten wie die Jerusalemeinnahme oder Ähnliches in Form eines Berichts, anderen Akteuren in den Mund zu legen. Zwar äußert sich Cyrans Friedrich an einigen Stellen selbst, beispielsweise über die Bedeutung der Freundschaft mit Fakhr ad-Din und der Sarazenenstadt Lucera, doch geschieht dies in vielen Fällen rückblickend nicht vergegenwärtigend, dafür aber um so enger an die überlieferten Geschichtsquellen. In diesem Roman werden die Elemente, die Friedrichs arabische Seite konstituieren, oft aus klerikaler-päpstlicher Sicht wiedergespiegelt, sie zeigen sich aber auch in Friedrichs arabischen Gewändern und seiner mit zahlreichen arabischen -ins Deutsche übertragenen- Koranversen und Sprichwörtern gefüllten bildreichen Sprache. Da Sprache immer auch gleich Denken bedeutet, wird mit der arabisierten Redart zum einen dessen auf die europäische Welt stark exotisch wirkende Fremdartigkeit besonders hervorgehoben, zum anderen aber auch  dessen arabisch geprägte Mentalität wiederspiegelt.

In Bordihns Roman werden die historischen Fakten über Friedrichs Verhältnis zur arabischen Kultur auf kunstvolle Weise mit der exotischen Welt des Orients verwebt und erhalten auf der Handlungsebene eine detailreiche, fantasievolle und lebendige szenische Ausgestaltung. Dabei bietet das Zusammenspiel von historischen Figuren neben fiktiven mehr Freiraum sowohl zur Spannungserzeugung und zur psychologischen Motivierung der Figuren als auch zu einer fantasievollen Verbildlichung der orientalischen Lebensform. Die Einbeziehung der Kindheit in Palermo, die Einfügung von orientalischen Düften und Speisen, von arabischen Figuren, arabischen Floskeln in lateinischen Buchstaben bewirken, dass der Hauch des Orients bei der Lektüre mitschwingt, den Leser unmittelbar erreicht und in die arabische Welt hinüber trägt, so dass durch –all diese eingestreuten Farbelemente ein buntes und vielschichtiges Friedrichbild entsteht.

Fazit ist, dass die drei Werke trotz unterschiedlicher Form und Perspektivierung vor allem eines gemeinsam haben: Friedrichs Affinität zu den Arabern, seine Übernahme orientalischer Lebenshaltung und seine Toleranz in Sachen Glaubensfragen, die von den historischen Fakten bezeugt werden, finden Aufnahme und dichterische Ausformung. Der literarisierte Friedrich II. wird in seiner Beziehung zur arabischen Kultur und Wissenschaft im Allgemeinen äußerst fortschrittlich, im heutigem Sinne säkularisiert dargeboten. Sein aufgeschlossenes Verhältnis zu Muslimen, dargestellt in seiner Freundschaft zum Wezir Fakhr ad-Din, in seinem Umgang mit den Sarazenen in Lucera und in seiner positiven Einstellung zum Islam hat die Verfasser der drei Friedrichromane dazu veranlasst, erforschte Islamkenntnisse in Form von äußerst komplizierten Religionsfragen der Friedrich-Figur in den Mund zu legen und darüber zu debattieren. Um dies überzeugend darstellen zu können, mussten sich alle drei Verfasser –neben dem historischen Quellenmaterial zum europäischen und arabischen Mittelalter und zu Friedrich II. von Hohenstaufen- fundiertes Islamwissen aneignen.

Auf diese Weise wird dem heutigen Leser eine Möglichkeit geboten, über die Lektüre dieser Friedrichromane nähere Kenntnisse über die Geschichte des arabischen Mittelalters und die wissenschaftlichen Verdienste ihrer Gelehrten, die die Basis für den heutigen wissenschaftlichen Fortschritt der westlichen Kultur bilden, zu erlangen. Zugleich werden auf informative und unterhaltsame Weise einige Grundlagen über den Islam vermittelt, die in solcher Form nicht aus dem historischen Quellenmaterial zu Friedrich II. gewonnen werden können.

In diesem Sinne lebt Friedrich II. als Kulturvermittler bis in unsere heutige Zeit, in der das Interesse am Anderen und besonders am Islam zunehmend ansteigt, weiter fort. Zu eng ist Friedrichs Leben mit der islamischen Kultur verwachsen. Insofern gewährt die Lektüre der drei ausgewählten Friedrichromane nicht nur einen Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelt dieses großen Kaisers, sondern mit ihm und durch ihn auch in die arabisch-islamische Welt.

Die drei Friedrich-Bücher erstellen ein Bild von Friedrich II., der in intellektuellem Austausch mit muslimischen Gelehrten steht, der mit arabischen Fürsten befreundet ist, der einen Weg friedlicher Koexistenz – einer convivencia- unterschiedlicher Kultur- und Glaubensvertreter- bereits zur Zeit der Kreuzzüge- findet, der als talentierter und toleranter Kulturvermittler in der arabischen wie in der europäischen Welt beheimatet ist und wohl gerade darum bis in unsere heutige Zeit nichts von seiner Faszination und Aktualität verloren hat.

Vivit et non vivit - Er lebt und er lebt nicht.

Der bereits eingangs zitierte Sibyllenspruch, der anlässlich Italiens Feierlichkeiten zum 800. Geburtstag Friedrichs II. gewählt wurde, beschreibt sehr treffend,  das wachsende Interesse an diesen großartigen Kaiser, das sich in den vermehrten Biografie-Auflagen und der steigenden Anzahl von Friedrichromanen wiederspiegelt, die ihrerseits  beweisen, dass Friedrich II. einem großen Leserkreis immer noch einen anregenden Stoff zu bieten hat und dadurch lebendig bleibt.

Mit diesem Beitrag ist nur ein kleiner Anfang gemacht für sicher lohnenswerte weitere Beschäftigungen mit dieser interessanten historischen Gestalt. Wünschenswert wären solche Studien, die auch weitere Friedrich-Romane zur Diskussion heranziehen und die -neben dem mit der Friedrich-Figur vorgegebenen interkulturellen Ansatz- beispielsweise die Unterschiede zwischen der literarischen und der historischen Friedrich-Gestalt thematisieren.

 

5. Literaturverzeichnis

Primärliteratur:

Sekundärliteratur:

Literatur aus dem Internet
- http://www.d-a-g.de/Friedrich-II.htm (Zugriff am: 20.5.2008)
- Christian Friedl: Rezension von: Marcus Thomsen: "Ein feuriger Herr des Anfangs....". Kaiser   Friedrich II. in der Auffassung der Nachwelt. Stuttgart: Thorbecke 2005, in: sehepunkte 6 (2006), Nr. 6 [15.06.2006], URL: http://www.sehepunkte.de/2006/06/8720.html (Zugriff am: 27.9.2007)
- http://www.geocities.com/tilbergner/FII.htm (Zugriff am: 29/10/07)
-http://de.wikipedia.org/wiki/Kreuzzug_Friedrichs_II. (Zugriff am: 1.5.2008)
- http://de.wikipedia.org/wiki/Freidank  (Zugriff am: 1.5.2008)
- http://de.wikipedia.org/wiki/Horst_Stern  (Zugriff am: 1.5.2008)
- www.dieterwunderlich.de/Lewin_Federico.htm. (Zugriff am: 1.5.2008)

 


Anmerkungen:

1 Der vorliegende Aufsatz wurde unter dem Titel: "Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen; ein Sultan über Europa? Die Rezeption der Figur des Stauferkaisers in literarischen Werken" vor dem KCTOS-Kongress des INST am 8. 12. 2007 in Wien vorgetragen.
2 Walther von der Vogelweide ich hân mîn lêhen. In: Poppe, Reiner: Erläuterungen zu Walther von der Vogelweide. Gedichte (Eine Auswahl). Königs Erläuterungen und Materialien Bd 88/89. (C. Bange Verlag) Hollfeld, 1988, S. 27; Näheres zum Friedrichston bei Bein, Thomas: Walther von der Vogelweide. Literaturstudium. (Reclam) Stuttgart 1997, darin: Ein Paradigma: Der <König Friedrichston>. S. 179-194.
3 "principium mundi maximus" und "stupor mundi et immutator mirabilis";Vgl.:Eickels, Klaus von / Brüsch, Tania: Kaiser Friedrich II. Leben und Persönlichkeit in Quellen des Mittelalters. (Patmos) Düsseldorf 2006; [Kurztitel: Eickels/Brüsch]; hier: Einleitung S. 9 und ausführlicher: S. 426
4 So feierte Italien im Jahre 1950 den 700. und im Jahre 2000 den 750. Todestag des Stauferkaisers und organisierte 1994 anlässlich seines 800. Geburtstags eine Reihe von Veranstaltungen in Palermo, Salemi, Enna, Catania, Augusta und Syrakus, die allesamt Federico Secundo mit dem Sibyllenspruch Vivit et non vivit, Er lebt und er lebt nicht, ehrten. Siehe dazu: Horst, Eberhard: Der Sultan von Lucera. Friedrich II. und der Islam. (Herder Spektrum) (Freiburg. Basel. Wien) 1997; [Kurztitel: Horst, Sultan]; hier: Einleitung, S. 5. Auch die Deutsch-Arabische-Gesellschaft würdigte ihn mit einem Vortrag über Friedrichs Leben und Persönlichkeit von Dr. Reimund Scheuermann: http://www.d-a-g.de/Friedrich-II.htm (Zugriff am: 20.5.2008); im Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart fand eine kleine Sonderausstellung zum Thema "Castel del Monte" aus Anlaß des Jahrestages statt. und am 11. Mai 2005 wurde in der Universitätsbibliothek in Stuttgart eine Tagung über das Werk des Puer Apuliae-Friedrich II. und Apulien gehalten. Zudem wurde ein nach dem Stauferkaiser benannter Preis, der Premio Federichino von der Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. Göppingen, der Fondazione Federico II Hohenstaufen Jesi und der Fondazione Federico II Palermo, an all jene verliehen, die sich um die Figur Friedrichs II. verdient gemacht hatten.
5 Dem umstrittenen Stauferkaiser widmete das Landesmuseum für Natur und Mensch, Oldenburg in der Zeit vom 10.02.2008-15.06.2008 eine Landesausstellung mit dem Titel: "Kaiser Friedrich II. (1194-1250). Welt und Kultur des Mittelmeerraumes", in der Friedrich II. erstmals in Deutschland umfassend und aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet –als Herrscher, Kunstliebhaber, Architektur- und Wissenschaftsförderer, als Verfasser des Falkenbuches-  zelebriert wird. Dokumentiert und mit Ausstellungspublikationen und Pressestimmen ist die Internetpräsenz der Ausstellung aus folgender Internetseite abrufbar: http://www.friedrich-ii.naturundmensch.de/index3.html (Zugriff am: 18.5.2009).
6 In einem Konzert mit dem Titel "Des Kaisers Falken" der Freiburger Spielleyt wurden Textstellen aus dem berühmten Falkenbuch Friedrichs De arte cum avibus venandi (=Über die Kunst mit Vögeln zu jagen auf lateinisch (Original) und neuhochdeutsch (Übersetzung) rezitiert. Umrahmt wurde das Ganze von Musik, die Falken-, Jagd- oder Naturbeschreibungen, vor allem aus dem italienischen Umfeld des Kaisers zum Inhalt hatte. Vgl. http://www.tempus-vivit.net/taverne/thema/1006/seite/1 (Zugriff am 20.5.2008) darin der Hinweis auf die Freiburger Spielleyt: (www.freiburger-spielleyt.de)
7 Nach dem Tod Friedrichs II. im Jahre 1250 bildeten sich viele Sagen und Legenden um seine Wiederkehr (Näheres dazu siehe: Frenzel, Elisabeth: Stoffe der Weltliteratur. Ein Lexikon dichtungsgeschichtlicher Längsschnitte. 8. überarbeitete und erweiterte Auflage. (Alfred Kröner Verlag) Stuttgart 1992; [Kurztitel: Frenzel]; hier: S. 239-241; Thomsen, Marcus: "Ein feuriger Herr des Anfangs...". Kaiser Friedrich II. in der Auffassung der Nachwelt (=Kieler Historische Studien; Bd 42). (Thorbecke) Stuttgart 2005 und dazu die Rezension von Christian Friedl in: sehepunkte 6 (2006), Nr. 6 [15.06.2006], URL: http://www.sehepunkte.de/2006/06/8720.html. Zugriff am: (27.9.2007); Eickels, Brüsch, S. 9-23)
8 Näheres dazu siehe u.a. Frenzel, S. 240 f. und Eickels / Brüsch, S. 9 ff.
9 Mit dem Beginn der Aufklärung und dem damit verbundenen wachsenden Interesse für andere Kulturen speziell für den Orient und dem Plädoyer für Toleranz und Menschlichkeit ist es verwunderlich, dass nur (Vgl. Frenzel, S. 240 f.) Johann Gottfried Herder (1744-1803) auf die Besonderheit und Außergewöhnlichkeit der Figur des Stauferkaisers hinweist und das in der Historiographie vorgefundene Friedrich-Bild kritisiert (Näher dazu bei Eickel / Brüsch,  S. 11 f.) Obwohl einige historisierende Romane und Dramen des 19. Jahrhunderts diesen Stoff zwar mehrfach aufgreifen, ergeben sie jedoch kaum künstlerisch erwähnenswerte Leistungen, noch vermögen sie die Herausarbeitung der Tendenzen des Stoffes zu bewirken. (K. L. Immermann 1828; E. Raupach 1837; A. Dove, Caracosa 1894).
10 Das Drama behandelte vorzugsweise den Aufstand des Sohnes Heinrich (F.v.d. Heyden, Der Kampf der Hohenstaufen 1828; Marenco, Arrigo de Suevia 1856; W. Henzen, Kaiser, König und Bürger 1900) und den Verrat des Petrus de Vinea (A. Widmann, Kaiser und Kanzler 1855; J.H.v. Wessenberg 1863; S. Lublinski 1910). "Vineas Ende" war auch Zentrum von novellistischen und dramatischen Plänen C. F. Meyers, die den Kaiser als Opfer seiner in Mißtrauen umschlagenden Menschenkenntnis zeigen sollten. Vgl. Frenzel, S. 241.
11 Siehe dazu Stefan Georges (1868-1933) 1902 verfasstem Gedicht "Die Gräber in Speier", Eickels / Brüsch, S. 15. Der Persönlichkeitskult des Georgekreises spiegelt sich in der stark stilisierten Biographie von E. Kantorowicz (Kantorowicz, Ernst: Kaiser Friedrich der Zweite. Stuttgart 1980; erstmals 1927)  wieder, das sich als ältestes Standardwerk zu Friedrich II., vor allem für das orientalische, griechische und römische Tradition offene Denken und die Universalität seines Herrschaftsanspruchs begeistert. Vgl. Eickels / Brüsch, S. 16
12 So werden zahlreiche Verleger zur Herausgabe moderner Friedrich-Bücher verleitet, die sich mit seiner Person, seiner Mittelmeerpolitik, seinen Frauen oder auch mit seinem Falkenbuch beschäftigen:  Eberhard Horst: Friedrich der Staufer. Die Biographie. (Ullstein. 3. Aufl.) München 2003; [Kurztitel: Horst, Biografie]; Rotter u.a. Allein in diesem Jahr sind mehrere Friedrichbücher zu vermerken: Oster, Uwe A.: Die Frauen Kaiser Friedrichs II. (Piper Verlag) München 2008; Ermete, Karen (Hrsg.) / Fansa, Mamoun (Hrsg.): Kaiser Friedrich II. (1194-1250): Welt und Kultur des Mittelmeerraums (Zabern) Mainz 2008; Fansa, Mamoun (Hrsg.): »Von der Kunst mit Vögeln zu jagen«: Das Falkenbuch Friedrichs II. Kulturgeschichte und Ornithologie. Verlag (Zabern) Mainz 2008; Kohlhammer, Hubert Houben von: Kaiser Friedrich II: Herrscher, Mensch, Mythos (Urban-Taschenbücher) 2007; Walz, Dorothea / Arnold, Carl:  Das Falkenbuch Friedrichs II: Bibliotheca Apostolica Vaticana, Cod. Pal. Lat. 1071 (Glanzlichter der Buchkunst) von Dorothea Walz und Carl Arnold von (Akademische Druck- und Verlagsanstalt) Graz/ Austria 2000 u.a.
13 Siehe dazu: Horst Stern: Mann aus Apulien. Die privaten Papiere des italienischen Staufers Friedrich II., römisch-deutscher Kaiser, König von Sizilien und Jerusalem, Erster nach Gott, über die wahre Natur der Menschen und der Tiere, geschrieben 1245-1250. (1986); Waldtraut Lewin: Federico. Ein Roman über Friedrich II. und seine Zeit. (1994); Tilman Röhrig: Wie ein Lamm unter Löwen. (1998 ); Eberhard Cyran: Zeit lässt steigen dich und stürzen. Friedrich II. und die letzten Staufer. Historischer Roman. 1999; Tariq Ali: Der Sultan von Palermo. Roman. (2005); Susanne Stein: Die Mätresse des Kaisers (2007).
14 "Mann aus Apulien" wurde auf Anhieb zum Kritiker- und Publikumserfolg, Stern, S. 1; Erwähnung findet der Roman bei Ulrich Müller in Bezug auf die Thematik Franziskus von Assisi; Müller, S. 221
15 Über das Internet konnte ich folgenden Beitrag ausfindig machen: Wunderlich, Dieter: Inhaltsangabe und Kommentar zu Waldtraut Lewin: Federico. Ein Roman über Friedrich II. und seine Zeit. (1984). www.dieterwunderlich.de/Lewin_Federico.htm. (Zugriff am: 1. 5. 2008);  Prof. Ulrich Müller verdanke ich den wertvollen Hinweis auf seine Studie, die ebenfalls Stellung zu Lewins und Sterns literarischen Verarbeitung Friedrichs II. nimmt: Was wäre, wenn Reinmar doch Hofsänger zu Wien gewesen wäre? Variazone scherzande über den fruchtbaren Irrtum in der Rezeptionsgeschichte der mittelhochdeutschen Lyrik: Eberhard Hilscher 1976, Waltraud Lewin 1984, Horst Stern 1986, “tageliet”. In: Rüdiger Krüger/ Jürgen Kühnel/ Joachim Kuolt (Hrsg.): Ist zwivel herzen nachgebur. Günther Schweikle zum 60.Geburtstag. Stuttgart 1989, 255-272
16 Vgl. Leicht, Hans: Sturmwind über dem Abendland. (Verlag Friedrich Pustet) Regensburg. 1993; [Kurztitel: Leicht], hier: S. 221
17 Der arabische Reisende Ibn Haukal berichtet in der Mitte des 10. Jahrhunderts, dass Palermo "mehr als dreihundert Moscheen" besitzt. Horst, Sultan, S. 21
18 Näheres zur Kontroverse, ob Friedrich einer systematischen Erziehung von einem oder mehreren arabischen Gelehrten unterlag findet sich bei:  Horst, Sultan, S. 34 f. und Gabrieli, Francesco: Friedrich II. und die Kultur des Islam. In: Wolf, Gunther G. (Hrsg.): Stupor Mundi. Zur Geschichte Friedrichs II. von Hohenstaufen. (Wiss. Buchgesellschaft) (Band 101) Darmstadt 1982, S. 76-94; Vgl. Maalouf, Amin: Al Horoub As Salibija kama ra'aha al Arab. Arab. Übersetzung: Les Croisades vues par les Arabes. Dar El Faraby. Beirut. Libanon. 2001, [Kurztitel: Maalouf] S. 282
19 Das bereits von Friedrichs Großvater Roger II. als vielsprachiges Kulturzentrum geförderte Palermo besaß eine traditionsreiche Übersetzerschule, in der Werke von Ptolemäus, Platon und Aristoteles ihre Übertragung fanden, deren wissenschaftliche Aneignung Friedrichs  Vorliebe für  spezifisch arabische Wissenszweige entfachte.
20 Horst, Sultan, S. 109
21 'Dies zeige sich in den prächtigen Bauten mit Säulenhöfen und von Löwen eingefaßten Wasserbecken, wie sie später die Alhambra in Granada vorweisen könne, ebenso wie antike Kunstwerke in großartigen Residenzen, etwa in dem noch vorhandenen und restaurierten Kernstück Castel del Monte bei Foggia, der Krone Apuliens, das er als seine Lieblingsprovinz zum "Nabel der Welt" machte. Nach dem Muster der Caesaren und Kalifen hielt er rauschende Feste mit Tänzerinnen und Freudenmädchen, die bis zu 40 000 Gäste ergötzten. Von ihm wird gesagt, dass er selbst Genuss an seinem Harem empfand.' Vgl. Leicht, das Kapitel: Friedrich II.: Vom Gassenbuben zum Kaiser der Welt; S. 220-226, hier: S. 222 ff.
22 Rill, Bernd: Sizilien im Mittelalter. Das Reich der Araber, Normannen und Staufer. (Belser Verlag) Stuttgart. Zürich 1995; [Kurztitel: Rill]; hier: S. 256
23 Vgl. Horst, Sultan, S. 48; Näheres über die Geschichte des Aufstandes der Bergsarazenen findet sich auch u.a. bei Leicht, S. 224; Rill, der Friedrichs Sarazenenpolitik "restaurative Gerechtigkeit", nennt S. 250 , um "Unteritalien so homogen wie möglich zu machen, um es besser in den Griff zentraler Verwaltung zu bekommen," S. 252; Rotter, S. 80 ff.; siehe auch Eickels / Brüsch: S.125 f.
24 Rill, S. 254
25 'Die Kolonie Lucera verfügte über Werkstätten, die sich aufs Weben und aufs Tischlern verlegten. Händler, Pferdegestüte, Kamelzucht, sowie Abrichtung von Leoparden zur Jagd, neben dem kaiserlichen Harem, der von Eunuchen bewacht wird, wie ihn Friedrichs Großvater Roger II. einst in Palermo gehalten hatte. Der zweite Harem blühte in Messina, der dritte stand auf Reisen zu Gebot, noch ein anderer wird vermutet. Die Schatzkammer befand sich ebenfalls in Lucera.' Diese Angaben aus Rill, S.254
26 Leicht, S. 224
27 Rotter, S. 82; Houben, Hubert: Die Tolerierung Andersgläubiger im normannisch-staufischen Sizilien. In: Engels, Odilo / Schreiner, Peter (Hg.):  Die Begegnung des Westens mit dem Osten. Kongreßakten des 4. Symposiums des Mediävistenverbandes in Köln 1991 aus Anlaß des 1000. Todesjahres der Kaiserin Theophanu. Sigmaringen 1993, S. 75-87; [Kurztitel: Houben], hier: S. 83
28 Gabrieli, Francesco: Frederico II. e la cultura musulmana, anlässlich des 700. Todestages Friedrichs II. 1950, zitiert nach Stern, Horst: Mann aus Apulien. (Die privaten Papiere des italienischen Staufers Friedrich II., römisch-deutscher Kaiser, König von Sizilien und Jerusalem, Erster nach Gott, über die wahre Natur der Menschen und Tiere, geschrieben 1245-1250). (Erstausgabe 1986). (Rowohlt) München 2005, im folgenden mit der Sigle (St) gekennzeichnet. hier: Anhang: (St 458) 
29 Vgl. Leicht S. 224: "Wie zu erwarten, wurde diese Maßnahme vom neuen Papst Gregor IX. (1227-1241) mit üblen Schmähungen quittiert."
30 Horst, Sultan, S. 134
31 Horst, Sultan, S. 134
32 Horst, Sultan, Vgl. S. 132f., Zitat auf S. 133
33 Horst, Sultan, S. 134
34 Horst, Sultan, S. 135
35 Eickels/Brüsch, S. 130
36 Als Gemahl Isabellas (bzw. nach ihrem Tod am 26.4.1228 als Vater Konrads IV.) konnte Friedrich II. als König von Jerusalem die Rückgewinnung seines Reiches mit allen Mitteln betreiben. Vgl. Eickels / Brüsch, S. 164
37 Vgl. Eickels / Brüsch, S. 166 u.a. Rotter, S. 98-99. Die Dörfer in der Umgebung Jerusalems und der Tempelplatz mit dem Felsendom (die Omar-Moschee) und der Al-Aqsa Moschee verblieben in muslimischem Besitz, durften aber auch von Christen besucht werden. Die Laufzeit des Waffenstillstandes wurde auf 10 Jahre, 5 Monate und 40 Tage festgelegt und entsprach damit der vom islamischen Recht vorgeschriebenen Höchstdauer von 10 (Mond)jahren, 10 Monaten, 10 Wochen und 10 Tagen. Vgl. Brüsch, S. 166. Der ausgehandelte Status quo dauerte bis 1244: Dann wurde Jerusalem endgültig von den Muslimen erobert. Vgl. Müller, Ulrich: Toleranz im Mittelalter? Eine Skizze zu den Beziehungen zwischen dem christlich-lateinischen Okzident und dem islamischen Orient. Sonderdruck: Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache. Band 20. 1994, S. 209-236; [Kurztitel: Müller], hier: S. 219 f.
38 Rotter, S. 97-98; Fink, Humbert: Ich bin der Herr der Welt. Friedrich II. Der Staufer. Eine Biographie. München 1986; [Kurztitel, Fink], hier: S. 120-121;  Zum Austausch von Erfahrungen und Kulturgütern zur Förderung der von Friedrichs ausgeführten Experimenten und schließlichs Friedrichs Revanche beim Sultan mit der Übersendung von Eisbären und weißen Pfauen; vgl. Fink, S. 162-163
39 Vgl. Rotter; Horst, Sultan; Eickels / Brüsch u.a. Mit Friedrich II. teilt Fakhr ad-Din das Interesse für Falknerei, Mathematik, Logik und Philosophie. In Friedrich II. trifft Fakhr ad-Din auf einen kongenialen Partner, der der arabischen Sprache mächtig die Kunst der Dialektik und der Rezitation von Versen ebenso wie er beherrscht. Fakhr ad-Din trat als intimer Berater, auch als Fürsprecher des Kaisers auf, betrieb für ihn diskrete Propaganda am Hofe des Sultans und unterstützte die Sache des Kaisers durch manchen nützlichen Hinweis; vgl. Fink, S. 120
40 Am 17. 3. 1229 setzte sich der Kaiser die Krone des Königreichs Jerusalems selbst auf, schritt zum Thronsitz und ließ sich dort nieder. Diese "Selbstkrönung" hat in der Forschung zu verschiedenen Kontroversen geführt. Vgl. Eickels / Brüsch und näheres dazu S. 166; So betrachtet beispielsweise Ernst Kantorowicz Friedrichs "Selbstkrönung" als Manifest, als eine Stilisierung zu einem orientalischen, gottähnlichen Herrscher; Vgl.  Eickels / Brüsch, S. 188
41 Jerusalem fällt in den Händen von Sultan Saladin Al-Ayyubi, er war als edler Heide, für seine milte und Noblesse berühmt und wurde auch von den Christen gelobt. Vgl. Müller, S. 217-219; Maher, Moustafa: Das Bild des Deutschen in der arabischen und das Bild des Arabers in der deutschen Literatur. 14. Arbeit der Fraternitas-Reihe zur Untersuchung der Stereotypen. Dezember 1978, [Kurztitel: Maher], hier: S. 10
42 Fink, S. 119
43 Horst, Biografie: Gesetze, Wissenschaften und Künste, S. 165-212
44 Friedrichs Gesetzgebung (die Assisen (=Gesetze) von Capua und Messina stützt sich auf das römische Recht. Für die Reorganisation Siziliens als Beamtenstaat, in dem der König überall im Land über Verwalter verfügte, die seine Gesetze ausführten und seine Anordnungen umsetzten, benötigte Friedrich II. viele Juristen, die mit der begrifflichen Systematik der im Corus Iuris Civilis zusammengefassten Rechtskodifikationen der Spätantike vertraut waren. Siehe dazu Horst, Biografie, S. 81 f.
45 Vgl. Rotter, S. 84; 94
46 Hitti, Philipp K.: History of the Arabs from the earliest times to the present. New York 1967, [Kurztitel: Hitti, History], hier: S. 609-610; Edmunte, Heller: Arabesken und Talismane. Geschichte und Geschichten des Morgenlandes in der Kultur des Abendlandes. München 1992, [Kurztitel: Heller], hier: S. 116-117; Lewis, Bernard: The Arabs in History. Oxford 2002, [Kurztitel: Lewis, Arabs], hier: S. 130; Hunke, Siegrid: Allahs Sonne über dem Abendland. Unser arabisches Erbe. Hamburg 1976, [Kurztitel: Hunke, Allahs Sonne], hier: S. 226-242; Kortantamer, Samira: Wissen im mittelalterlichen Orient und sein Einfluß auf Europa. Vortrag an der KCTOS-Konferenz des INST am 8.12.2007 in Wien. [erscheint ebenfalls in TRANS 17]
47 Hitti, History, S. 588, 611; Lewis, Arabs, S. 130
48 Ebd.
49 Watt, W. Montgomery: Der Einfluß des Islam auf das europäische Mittelalter. Berlin 1992, [Kurztitel: Watt, Einfluss], hier: S. 86
50 Hunke, Allahs Sonne, S. 250
51  Vgl. Eickels / Brösch: S. 241; S. 246-247
52 Vgl. u.a. Rotter, S. 84
53 Das Falkenbuch ist in zwei Handschriftengruppen überliefert: Eine beinhaltet sechs Bücher, die andere geht auf die Bearbeitung Manfreds zurück und umfasst nur die ersten beiden Bücher. In dieser Fassung arbeitet Manfred, der sich ebenso wie sein Vater für Falknerei und Jagd interessierte, Notizen und Materialien aus dem Nachlass seines Vaters ein. Diese Handschrift liegt in der Bibliothek des Vatikans und erschien 1969 als Faksimilie gilt als bekannteste, da sie über eine reichhaltige Illustration verfügt mit präzisen, naturgetreuen Miniaturen. Vgl. Eickels / Brüsch, S. 246; Horst, Biografie, S. 195ff.; Horst, Sultan, S. 93ff.; Rotter, S. 150 f. u.a.
54 Vgl. Eickels / Brüsch, S. 249-252
55 Rotter, S. 151
56 Halm, Heinz: IV. Die Ayyubiden. In: Haarmann, Ulrich (Hrsg.): Geschichte der arabischen Welt. 3. erw. Auflage. (Verlag C.H. Beck) München 1994, S. 200-216; über Friedrich II. siehe besonders die Seiten: S. 215-216 [Kurztitel: Halm], hier: S. 216
57 Halm, S. 216; Maalouf, S. 287
58 Rotter, S. 94 f.
59 Rill, S. 257
60 Dieses Verhalten wird nicht nur in Rom beargwöhnt, sondern war auch muslimischen Beobachtern suspekt: dem Damaszener Chronisten Sibt bin al-Gawzi erschien der Kaiser als Materialist (dahrī). Vgl. Halm, S. 216
61 Halm,  S. 216
62 Die Bedeutung liegt darin, dass Friedrich nicht in Lateinisch dichtet,  da es für die von den Troubadouren neu entdeckte Gefühlsintensität zu steif gewesen wäre, sondern anstelle der verschiedenen sizilianischen Dialekte eine einheitliche Vulgär-Sprache benutzt. Die Wirkung seiner Pionierarbeit liegt darin, dass ihm darin auch viele andere außerhalb des Hofes nacheifern und der Beginn der italienischen Dichtung markiert wird. Vgl.  Horst, Biografie, S. 201; Rill, S. 270 f.
63 "Das von Liebesschmerz durchwobene Gedicht" des Kaisers ist vermutlich an die Cousine Isabellas – Beatrix von Brienne – adressiert, jene "Blume von Syrien", mit der Friedrich "stellvertretend" die Hochzeitsnacht zugebracht haben soll,  vgl. Rotter, S. 86 - 87
64 Zitiert nach Müller, S. 220
65 Rotter, S. 100
66 Watt, Einfluss, S. 18; Hitti, History, S. 609
67 Zitiert nach Rotter, S. 82
68 Zitiert nach Gabrieli, Die Kreuzzüge aus arabischer Sicht, S. 335; Vgl. auch Eickels / Brüsch, S. 180-186
69 Zuvor hatte der Sultan Abscheu gegenüber der Templer gezeigt, da sie ihren König dem Sultan auf schmähliche Weise ausliefern wollten, zitiert nach Maher, S. 10; Aus: Eberhard Orthbrandt: Deutsche Geschichte, Laupheim 1955, S. 250
70 Hamza, Abdellatif: Die Literatur der Kreuzzüge. 2. Aufl. (Dar el Fikr el Arabi) 1984, S. 152: übersetzt von der Verfasserin.
71 Rotter, S. 99
72 Eickels / Brüsch, S. 186; Die Überlassung von Jerusalem an die Christen bleibt nicht ohne Wirkung auf das arabische Volk, das sich über die Tat ihres Sultans erzürnte. Al Hafiz Schams Eddin versammelt das Volk in einem der damaszener Moscheen um der auch für Muslime heiligen Stätte Jerusalems in einem 300 verselangen Preisgedicht zu gedenken.  Vgl. dazu: Badawi, Ahmed Ahmed: Das literarische Leben in Ägypten und Syrien zur Zeit der Kreuzzüge.  Kairo (2. Aufl.) (Dar nahdat Misr) 1979, S. 396
73 Vgl. Leicht, S. 222
74 Leicht, S. 225
75Stern, Horst: Mann aus Apulien. Die privaten Papiere des italienischen Staufers Friedrich II., römisch-deutscher Kaiser, König von Sizilien und Jerusalem, Erster nach Gott, über die wahre Natur der Menschen und der Tiere, geschrieben 1245-1250. (Rowohlt Erstausgabe 1986). München 2005. Die benutzte Ausgabe erhält im Folgenden die Sigle: (St)
76 (St 97-100; 110-118;144-147)
77 Es ist nicht bewiesen, ob sich Friedrich II. und Franziskus je begegenet waren. Nur "die Legende weiß von einer Begegnung dieser beiden Gegenmächte", vgl. Ernst Kantorowicz I., 1927, S. 151. Zitiert nach Müller, S. 221. Dichterische Gestaltung findet ein Treffen bei Stern in den dreiteiligen Folgen Mann aus Assisi statt: 214-227; 242-260; 296-303; 315 ff. statt. Auch in Eberhard Cyrans historischem Roman Zeit lässt steigen dich und stürzen. (Erstausgabe 1999, benutzte Aufl. 2005) wird so ein Treffen im 5. Kapitel: Begegnung in Bari dargestellt,  S. 71-93.
78 (St 86-97; 100-110; 118-127; 138-144)
79 Vermutlich wird hier auf Ibn Abbad verwiesen, der sich zum Emir proklamiert und den Aufstand der Bergsarazenen verkündet hatte. Vgl. Leicht, S. 224; "Riccardo von San Germano nennt als ihren Aufrührer einen gewissen Mirabetto, was entweder eine Verballhornung von Ibn Abbad ist oder von arabisch murabit stammt, was soviel bedeutet wie klösterliche Gemeinschaft, aus der die Glaubenskrieger hervorbrachen, die murabitun.", vgl. Rill, S. 250
80 Gemeint ist der islamische Gelehrte und Prediger Sibt Ibn al-Gauzi (1186-1256), s. o., S. 15
81 (St 167-214; 227-242; 261-296)
82 (St 374-381; 391-401)
83 Cyran, Eberhard: Zeit lässt steigen dich und stürzen. Friedrich II. und die letzten Staufer. Historischer Roman. (Patmos Verlag 1999). Düsseldorf 2005. Für die zitierte Ausgabe wird folgende Sigle benutzt: (C)
84 Ulrich Müllers o. a. Studie verdanke ich den Hinweis auf ein weiteres Werk Cyrans, Begegnung in Bari. Friedrich II. von Hohenstaufen und Franziskus von Assisi. 2. Aufl. Heilbronn 1992, vgl. Müller, Anmerkung 40, S. 221
85 So zitiert Friedrich des öfteren Sprichwörter oder Koranstellen, die er aus seinen Gesprächen  mit Fakhr ed-Din aufgefangen und behalten hat: Cyran,  S. 204; "Mein Freund Fahr ed-Din würde sagen: 'Küsse die Hand, die du nicht abschlagen kannst, und wünsche dir, daß sie zerbrochen werde'"; Cyran,  S. 210; Koranvers zitiert S. 211: Das Laster eines Weisen gilt für tausend"; "'Von Fahr ed-Din kenne ich auch dieses Koran-Wort', sagte er in den winterlich toten Palastgarten hinaus: 'Wechsel in der Freundschaft bringt Verderben...'."; Cyran, S. 237; "Ich dachte an das arabische Sprichwort, das ich früh gelernt hatte: Geschieht nicht, was du willst, so wolle, was geschieht!"; (C 267)
86 Kleidung des Kaisers: die weite, seidene Galabeja; (C 199)
87 An mehreren Stellen wird Fakhr ad-Din als "mein Freund" bezeichnet; Cyran, S. 208; "Mein Freund Fahr-ed-Din";  (C 210)
88 Dieser Roman erschien erstmals im Jahre 2003. Die hier benutzte Ausgabe ist die 2. aus dem Englischen übersetzten Auflage (Fischer Verlag – Frankfurt am Main) des Jahres 2004 und erhält im Folgenden die Sigle (B).
89 Neben historischen Figuren wie Al-Gauwazi finden auch zahlreiche fiktive Figuren wie z.B. Mahmoud, Fatima u.a. eine Rolle in Bordihns Roman.
90 Ähnlicher Textlaut "den Kopf wieder in Stolz zu erheben" ist auch bei Maalouf belegt, S. 285
91 Vgl. Rotter, S. 27

1.13. Die Bedeutung des Mittelalters für Europa

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For quotation purposes:
Dina Aboul-Fotouh Salama: Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen; ein Sultan über Europa? Die neuere Rezeption der Figur des Stauferkaisers in ausgewählten literarischen Werken - In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 17/2008. WWW: http://www.inst.at/trans/17Nr/1-13/1-13_salama 17.htm

Webmeister: Gerald Mach     last change: 2010-03-01