Rodica Teodora Biriş — Die Stadt Arad vor und nach der Wende

Nr. 18    Juli 2011 TRANS: Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften


Section | Sektion: Städtische Welten in Industriegebieten – Kulturwandel, (Sprach)Kommunikation, Wissensgesellschaft | Urban Worlds in Industrial Landscapes – Cultural Changes, (Linguistic)Communication, Knowledge Society

Die Stadt Arad vor und nach der Wende

Rodica Teodora Biriş (Westuniversität „Vasile Goldiş“, Arad, Rumänien) [BIO]

Email: birisrodica@yahoo.com


 Konferenzdokumentation |  Conference publication


 

Abstract:

Thema der vorliegenden Arbeit ist das Leben der deutschen  Minderheit aus Arad vor und nach dem Jahr 1989. Der Übergang vom Kommunismus zur Demokratie hat große Veränderungen im Leben aller Bürger – sowohl Angehörige der Minderheit als auch der Mehrheit – gebracht. Diese Veränderungen widerspiegeln sich auch in der deutschen Umgangssprache aus Arad – nicht nur im Leben der Bewohner. Wir beziehen uns auf das deutsche Kulturleben der Stadt mit Beispielen aus der Tätigkeit des deutschen Staatstheaters in Temeswar, der Zeitungen, der Rundfunk- und Fernsehsendungen in deutscher Sprache. Früher und heute spielte die Schule eine wichtige Rolle in der Erziehung eines Volkes. Deshalb wird ein Blick in die Entwicklung der Deutschen Schule „Adam Müller Guttenbrunn“ geworfen, die früher „Industrielyzeum Nr.10“ hieß und Klassen hat, in der Deutsch als Muttersprache oder Deutsch als Fremdsprache unterrichtet wird.

 

1. Einleitung

Das Deutschtum in Arad und in den Landschaften zwischen Marosch, Theiß und Kreisch, die nicht zum eigentlichen Banat gehörten, wurde bis jetzt von den Forschern nicht so viel analysiert wie das Deutschtum aus dem Banat. Deshalb werden wir näher das Deutschtum aus Arad betrachten. Die räumliche Entfernung zwischen den deutschen Siedlungen nördlich und südlich der Marosch wurde als groß empfunden, obwohl die Verbindungen zwischen ihnen im historischen, kulturellen und wirtschaftlichen Bereich lebendig waren.

2.1. Die Geschichte der Deutschen in Arad

Der Ausgangspunkt der späteren militärischen Aktionen des kaiserlichen österreichischen Heeres war die Niederlage der Türken vor Wien im Jahre 1683. Nach dem Friedensvertrag von Karlowitz fanden Kolonisierungen von Deutschen nördlich der Marosch in Arad, Sanktanna, Hellburg, Glogowatz statt. Dann kamen in die Stadt Arad österreichische Beamte, Militär und Handwerker, die eine “deutsche Stadt“ (germanicus civitas) gründeten. Hier gab es ein Sumpfgebiet mit vielen Maroscharmen, obwohl auf den höher gelegten Gebieten schon rumänische Niederlassungen (Mikălaka, Grădişte, Gai, Bujac, Şega, Drăgăşani) waren.

Die Initiative der Siedlungspolitik im Gebiet nördlich der Marosch ergriffen zuerst die Grundherren. Die Grundlage des Verhältnisses zwischen Grundherr und Ansiedlungskolonist war der Vertrag, den die Herrschaft mit den Siedlern aushandelte. Vor 1778 gab es nördlich der Marosch eine Komitatsverwaltung und die deutschen Ortschaften sind aus den Siedlungsbestrebungen der Privatgrundherren und der ungarischen Hofkammer entstanden. Südlich der Marosch – also auch Neuarad, das heute zur Stadt Arad gehört – war das Banat, welches eine eigene, den Wiener Zentralbehörden unterstellte Landesadministration hatte. Später – 1849–1860 – wurde es wieder ein gesondertes Gebiet. Von Privatgrundherren angesiedelt, wurden auch die Sathmarer Schwaben, die einzigen deutschen Siedler, die in unserem Land sowohl der Herkunft nach als auch der Sprache nach echte Schwaben sind.

Obwohl Neuarad von der Stadt Arad durch den Fluss Marosch getrennt wurde, kann man in einem bestimmten Sinne keine strenge Linie zwischen ihnen ziehen. Die Brücke, die es auch heute noch gibt, hat sie immer verbunden und es gab ständige Verbindungen zwischen Arad und Neuarad sowohl im wirtschaftlichen als auch im kulturellen Bereich. Diese Verbindungen entwickelten sich immer mehr. Neuarad war für Arad immer sehr wichtig wegen seines stark entwickelten Agrar- und handwerklichen Lebens. Die schwäbischen Bauern aus Neuarad versorgten die Arader und die benachbarten Gegenden mit Gemüse und Agrarprodukten von sehr guter Qualität. Auch im kulturellen und erzieherischen Bereich war eine enge Zusammenarbeit festzustellen: das deutsche Theater aus Arad (1820) sowie verschiedene Theatergruppen und Künstler, die in der Stadt spielten, erweckten reges Interesse auch in Neuarad.

Die Stadt Arad zeigte weit bis in das 19. Jahrhundert einen starken österreichischen Barockeinfluss. In dieser Zeit ist der deutsche Einfluss sowohl auf dem kulturellen als auch im wirtschaftlichen Gebiet erkennbar. Aus dieser Zeit stammen bestimmte Bauten, wie “das Eckhaus“ in der Innenstadt, der “Stock im Eisen“ – beide nach dem Wiener Muster gebaut. Im damals berühmten Hotel “Weißes Kreuz“ waren Franz Liszt, Johann Strauß Sohn, Johannes Brahms, Pablo Casals und andere Persönlichkeiten der Zeit. Ein berühmtes Gasthaus war “Zum roten Ochsen“. Der Platz auf dem sich dieses befindet, ist auch heute noch ein sehr bekannter Platz in Arad.

Nur eine kleine Zahl der Bürger hatte Wahlrecht. Alle übrigen Bewohner besaßen keine politischen Rechte. Die deutsche Bürgschaft der Städte orientierte sich an dem Verhalten des kleineren und mittleren Adels und griff Ideen des Liberalismus auf. Der Gebrauch der ungarischen Sprache in den Ämtern wurde durch ein Gesetz aus dem Jahr 1830 festgelegt. Diese Vorschriften wurden ohne Rücksicht auf die nichtungarischen Nationalitäten erlassen. Deshalb wurden solche Entnationalisierungsversuche von den Rumänen und Deutschen des Banats und aus Siebenbürgen schon seit dem 17. Jahrhundert entschlossen bekämpft. Aber auch so ging das Arader Deutschtum fast ganz im Magyarentum auf. Wie schnell diese Magyarisierung stattfand zeigt uns folgende Tabelle, die sich in Dr. Anton Peter Petris Buch “Neuarad/Banat“ auf Seite 36 befindet:

Jahr Zahl der
Häuser Einwohnerzahl Deutsche Zahl % 1880 3.793 35.556 5.448 15.32 1890 4.031 42.052 5.626 13.38 1900 5.026 56.230 5.643 10.04 1910 5.785 63.166 4.365 6.91 1920 5.710 62.490 3.012 4.82 1930   10.605 77.181 6.130 7.94 1940   12.661 78.381 7.020 8.96

Zu einer Sammlung des Arader Deutschtums kam es erst nach 1918, als man von einem Erwachen des Banater Deutschtums sprechen kann. Die Schaffung des einheitlichen rumänischen Nationalstaates wurde von allen Deutschen – von denen aus dem Banat, aus Siebenbürgen, aus der Bukowina und aus Bessarabien – unterstützt. 1925 kam eine “Rumänisierungswelle“ bis im November 1940 die deutsche Volksgruppe vom rumänischen Staat als juristische Persönlichkeit des öffentlichen Verkehrs anerkannt wurde. Danach vollzog sich im deutschen Schulbereich ein gewaltiger Wandel, denn es wurde in den Volks- und Mittelschulen in deutscher Sprache unterrichtet. Zum Schulbeginn des Jahres 1933 setzte sich das deutsch-katholische Mädchengymnasium [Petri, A., 1985, S.154] folgendermaßen zusammen:

Schuljahr Zahl der Lehrkräfte Schulklassen Lehrsäle Schülerinnen Davon Deutsche 1936-37 11 4 7 78 76 1939-40 11 4 7 74 73

   Im Jahre 1940 entstand in Zusammenarbeit mit allen Kräften des deutschen Geistlebens in Arad die “Adam-Müller-Guttenbrunn-Oberschule“, die auch ein Schülerheim hatte; beide standen unter der Leitung von Carl Waldner. In Arad-Schega wurde eine einklassige deutsche Volksschule gegründet. So wurde Arad zu einer kleinen Kulturinsel der Deutschen oberhalb und unterhalb der Marosch.

Um besser gegen fremde Einflüsse kämpfen zu können, um ihre Rechte verteidigen zu können und um besser zueinander zu halten und einig zu sein, bildeten die Deutschen aus dem Banat und aus Arad verschiedene Volksgruppen. Die bekannteste davon ist die Gruppe der Donauschwaben, die stärkste Volksgruppe der Deutschen in Rumänien, im Banat und im Arader Gau. Die Donauschwaben sind ein “Geschöpf der Donaumonarchie“. Schwaben sind „alle deutschen Siedler der Neuzeit im habsburgischen Südosten, die aus allen Teilen Südwest- und Westdeutschland kamen (aus Baden und Württemberg, auch Hessen, aus der Rheinpfalz und der linksrheinischen Kurpfalz, aus den Gebieten um Mainz, Trier, Fulda, Würzburg, aus Bayern, sowie aus dem Elsaß und aus Lothringen)“ [Petri, A., a.a.O., S.154]. Aus all diesen Mundarten bildeten sich in der ersten Phase eigenartige Mischmundarten von 2-3 Mundarttypen (fränkisch-schwäbisch-bayerisch). Sie hatten bis 1918 dasselbe wirtschaftliche und politische Schicksal. Sie wurden in drei großen Etappen kolonisiert, die wir hier näher analysieren werden.

2.2. Die drei großen Einsiedlungsetappen

Die erste Kolonisierung fand in der karolingischen Ansiedlungsperiode (1722–1737) statt. Eine systematische deutsche Einsiedlung erfolgte erst im Jahr 1721 und zwar in zwei Etappen: die erste war zwischen 1721–1726 und die zweite 1736–1737. In den beiden Etappen kamen rund 60.000 Kolonisten vornehmlich aus Schwaben, Franken, Hessen und der Pfalz, angesiedelt in einzelnen Inseln rings um das zentrale Theißland, ihrer neue Heimat. Schwerpunkt waren die schwäbische Türkei und das Banat, wo sich außer Pfälzern und Lothringern auch Spanier, Franzosen, Bulgaren, Tschechen und Slowaken – die letzteren in kleinerer Anzahl – niederließen [Senz, 1995, S.161].

Die Politik der Habsburger war die „Impopulation“, die Vergrößerung der Bevölkerung. Die Vermehrung der Bevölkerung sollte helfen, den Geldbedarf des Staates zu decken und erschien somit als ein Ziel zur Verwirklichung der merkantilistischen Ziele: „Ubi populus, ibi obulus“ (also: wo Volk ist, dort gibt es auch Steuererträge). Der Staat wollte kolonisieren, um die Steuerergiebigkeit zu erhöhen. Von keinem Gebiet, aus dem die Türken im 17. und im 18. Jahrhundert vertrieben wurden, melden die Quellen einen ausreichenden Bevölkerungsstand. Für die in der Nachbarschaft des Banats liegenden Komitate Ungarns wurde eine Bevölkerungsdichte von 2-4 Einwohnern je km² ermittelt. [Griselini, 1780, S.211].

Der zweite Abschnitt – die Theresianische Siedlungsperiode – beginnt 1740 mit dem Regierungsantritt Maria Theresias und endet mit der Eingliederung des Banats in das Königreich Ungarn 1778. Die Ansiedlung beginnt im Jahre 1744 und ging in der frühtheresianischen Zeit wegen außenpolitischen Schwierigkeiten nur schwer und stockend voran. Sie erreichte ihren Höhepunkt in der hochtheresianischen Phase. Die Gesamtbevölkerung des Banats betrug in den Jahren 1770 ungefähr 317.928 Einwohner; davon waren 181.639 Rumänen, 78.780 Serben, 43.201 neue Ansiedler aus dem Westen (darunter waren ungefähr 3.000 Italiener und Franzosen; alle anderen Deutsche), 8.683 Bulgaren und 5.625 Sonstige. [Griselini, 1780, S.196]. All diese könnten gut zusammen leben, ohne dass sie dabei ihre eigene Identität verlieren: „… aby si pritom chránili vlastnú národnú a regionálnu identitu.“  [Dolinská, 2004, S. 8]. Ziel des Merkantilismus war die Förderung der Industrie, die mit ihren Erzeugnissen Geld ins Land bringen konnte. Die Anzahl der Banater Deutschen stieg weiter, so dass es im Jahr 1840 im Banat 207.720 Deutsche gab. Es kam dazu, das andersnationale Menschen auch für weniger Geld arbeiteten als die Deutschen; deshalb wanderten viele von ihnen im 19. Jahrhundert nach Amerika aus. Zwischen 1899-1913 fuhren aus der Batschka 24.000, aus dem Banat 92.000 und 203.000 Deutsche aus Ungarn nach Amerika. [Senz, S.161].

In der Banater Stadt Arad z.B. stellte Maria Theresia nach dem Frieden von Passarowitz (1718) vielen Handwerkern Zunftbriefe aus, so 1725 den deutschen und den ungarischen Schneidern, 1731 den deutschen Schustern und Zimmerleuten, 1765 den orthodoxen (rumänischen und serbischen) Schneidern und Tuchmachern. Am Anfang des 19. Jahrhunderts erhielten erneuerte Zunftbriefe: 1817 deutsche Feinschneider (sartores germanici), 1819 deutsche Lohgerber, 1821 orthodoxe Schneider (sartores graeci non uniti) [SZADECZKY, 1913, S.213]. Es gab zwischen ihnen nur unbedeutende Unterschiede im verwendeten Material und in der Fertigung der Kleider.

1782-1787 – während der Regierungszeit Joseph des II. musste Wien die Anzahl der Ansiedler einschränken, denn die rheinischen Kurfürsten verlangten vom Kaiser ein Auswanderungsverbot, weil viele geschickte Handwerker weggingen: erbländische Ziegelbrenner, Maurer, Zimmerleute, Schmiede; Töpfer, Schuster, Schmiede und Hutmacher.

In den drei Siedlungsperioden wurden auch Verbannte zwangsangesiedelt, die sich gegen die klerikal-feudale Ausbeutung zur Wehr setzten; z. B. die „Salpeterer“ aus dem Hauensteinischen im Schwarzwald.

Im 18. Jahrhundert begann die Orientalisierung im Stil der Häuser und der Anlage der Straßen, mit der Modernisierung und Rationalisierung der Wirtschaftsweise und sogar mit der Kleidermode.

2.3. Der Erste Weltkrieg und die Folgen

Der verlorene erste Weltkrieg hatte auch den Zusammenbruch der Österreichisch-Ungarischen Monarchie zur Folge. Am 01.12.1918 vereinigte sich der westliche Teil Rumäniens mit Großrumänien. Das Banat wurde in drei Teile geteilt und somit auch dessen Bevölkerung: etwa 220.000 Deutsche gehörten von jetzt an zu Jugoslawien, 400.000 Banater Schwaben zu Rumänien und etwa 12.000 zu Ungarn. Das zusammengewachsene ethnische Gefüge drohte zusammenzubrechen; dasselbe galt auch für das wirtschaftliche und kulturerzieherische Leben. Das bedeutete eine neue Orientierung im Wirtschaftsleben, aber auch in der Erziehung und Bildung. Es entstanden neue Schulgesetze. Laut den Regelugen der Vereinigung von Alba Iulia musste Rumänien den Minderheiten volle Gleichberechtigung gewähren und die Minderheitenschulen fördern.

In den ersten Jahren blühte das deutsche Schulwesen im Banat auf; eine der wichtigsten Bügerschulen in Arad war im Jahre 1920 das Gymnasium für Knaben. Das Interesse für den Besuch der Schule was groß; es kamen Schüler auch aus der Umgebung die sich mit den deutschen Schülern schnell befreundeten, denn die Interkulturalität, ist nach Kontrikova und Pomffyova „Interkultúrna komunikácia je komunikácia medzi príslušníkmi rozdielnych kultúr (odlišné kultúry, hodnoty a spôsoby správania)…“  [Kontríková, Pomffyová, 2006, S. 53]. Leider hielt die Liberalisierungsperiode nicht lange an, denn schon 1924 begann die Rumänisierungswelle der muttersprachlichen Schulen in Rumänien. In den Staatsschulen mussten eine ganze Reihe von Fächern in rumänischer Sprache unterrichtet werden. In dieser Situation griff die Kirche ein und viele Schulen gingen in die Hände der Kirche über und wurden konfessionelle Schulen. In 1927 entstand in Temeschburg “Banatia”, eine Brutstätte für die Bildung der Deutschen im Banat. Am 20. November 1939 wurde die deutsche Volksgruppe als juristische Person des öffentlichen Rechts anerkannt. Im Jahr 1940 entstand eine neue deutsche Lehranstalt – die Schule “Adam Müller Guttenbrunn”. Sie war ein  wahrer Schulkomplex: Kindergarten, Volksschule, Gymnasium, Berufsschule, Handelsschule. Das Zeitalter der „Adam Müller Guttenbrunn Schule” war ein Höhepunkt im Bildungswesen der Deutschen Bevölkerung im Arader Raum.

Das Deutschtum war im Steigen. Die Gesamtzahl der Deutschen in Rumänien in der Zwischenkriegszeit betrug zwischen 750.000 und 789.000, das waren etwa 4,1% der Bevölkerung in Rumänien. Darin sind aus Bessarabien und aus dem Buchenland jeweils etwa 90.000 Deutschen enthalten, aus der Dobrudscha etwa 16.000, Sathmar 10.000 und über Altrumänien verstreut etwa 20.000. Das Banat mit rund 310.000 und Siebenbürgen mit rund 250.000 Deutschen spiegeln in ihrer heutigen Reduktion ebenfalls die historisch-politischen Ereignisse wider. [Grössmann-Osterloh, 1985, S. 52].

2.4. Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen

Der größte Schlag für die Deutschen war die Verschleppung nach Russland zur Zwangsarbeit. Anfang des Monats Januar 1945 begann die Deportation. In Russland verbrachten die Deutschen mehrere Jahre und mussten Sklavenarbeit leisten. Von etwa 50.000 verschleppten Banater Schwaben kehrten 9.000 nicht mehr zurück. Obwohl man viele Versuche unternommen hat, um die Verschleppung zu verhindern, sind alle fehlgeschlagen.

Im Jahre 1951 fand eine Zwangsevakuierung von etwa 40.000 Deutschen und unzuverlässigen Rumänen aus dem Grenzgebiet zu Jugoslawien statt. Sie bekamen als Aufenthaltsgebiet die Bărăgan Steppe mit einem überaus trockenen Klima abseits von der Zivilisation zugewiesen. Das Land sollten sie wieder fruchtbar machen. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen waren sehr schwer wegen der großen Hitze, des ungesunden Klimas und der mangelnden ärztlichen Betreuung. Erst 1955 durften die Deportierten wieder zurückkehren.

Wegen der schlechten Lage in Südosteuropa kamen aus den südosteuropäischen Staaten bis zum Jahr 1950 nach Deutschland:

●177.996 Ungarndeutsche (in Österreich betrug ihre Zahl insgesamt 12.177)
●148.600 Deutsche aus Rumänien (im Jahr 1950 waren 51.000 in Österreich)
●148.000 Deutsche aus Jugoslawien (im Jahr 1950 waren 129.000 in Österreich)
●1.912.000 Deutsche aus der Tschechoslowakei, wobei hier natürlich die ausgesiedelten Sudetendeutsche den Großteil ausmachten. [GOTTAS, 1995, S.27]

Im Jahr 1954 kamen die Parteiführung und der Staat zur Überzeugung, dass man die deutsche Bevölkerung aktiv in den sozialistischen Aufbau einbinden muss, denn es war eine fleißige und arbeitsame Bevölkerung. Man hat einige Fehlentscheidungen ihnen gegenüber entschuldigt, ihnen wieder politische Rechte gewährt, die Familienhäuser wurden per Dekret zurückerstattet und andere wirtschaftliche Maßnahmen getroffen.

Die Zahl der deutschen Schulen ist sprunghaft gestiegen. Auf kulturellem Gebiet durfte man wieder Sitten und Bräuche pflegen. Man durfte wieder Kirchweih in den deutschen Dörfern feiern, Fasching, Trachtenbälle, religiöse Feiertage wurden nicht mehr gestört (Weihnachten, Ostern, Pfingsten usw.) Die deutschen Kinder die rumänische Schulen besuchten, kehrten zurück in die neueröffneten deutschen Schulen. Besonders groß war der Andrang in den Volksschulen. Es fehlt an Gebäuden, aber auch an Lehrern. In Temeschburg und Neuarad entstanden deutsche Schulzentren. Ihre Leistungen waren beachtlich, da der Lehrermangel den deutschen Unterricht vor schwere Probleme stellte.

Für den Gemüsebau war die Periode nach dem zweiten Weltkrieg ein Höhepunkt. Die Enteignung der Deutschen Bevölkerung von Grund und Boden brachte in den deutschen Dörfern neue Verhältnisse. Die männliche Bevölkerung ging in die Industrie, die Frauen betätigten sich in der Gartenwirtschaft. Die Neuarader Gemüsebauern versorgten nicht nur den Arader Markt, sondern gingen in die Industriegebiete und Großstädte Rumäniens: ins Schietal nach Hunedoara, Klausenburg, Reschitza und sogar bis Kronstadt und Hermannstadt. Man sorgte auch für die Weiterbildung der Landwirte durch Abendschulen und Winterschulen. Die Neuarader Schwaben gingen zu einen intensiven moderneren Gartenanbau über. Der Gemüseanbau stand an erster Stelle. Die Gemüsebauern aus Neuarad versorgten wieder die Märkte von Neuarad, Arad und weiter über die Grenze des Kreises die Bevölkerung mit Gemüse aller Art.

2.5. Nach der Wende im Monat Dezember 1989

Gleich nach der Wende sind sehr viele Deutsche ausgewandert, da sie schon vor der Wende ihre Unterlagen für die Auswanderung eingereicht hatten und weil sie Verwandte in Deutschland hatten. Ende des Jahres 1989 lebten in Rumänien noch 250.000 bis 260.000 Deutsche. Diese Zahl ging weiterhin nach unten, aber die Auswanderungsrate wurde immer kleiner [nach http://www.recensamant.ro/]:

  • 60.072 im Jahr 1990
  • 15.567 im Jahr 1991
  • 8.852 im Jahr 1992
  • 5.945 im Jahr 1993
  • 4.065 im Jahr 1994
  • 2.906 im Jahr 1995
  • 2.315 im Jahr 1996
  • 1.273 im Jahr 1997.

Man stellte fest, dass im Jahr 1998 nur noch 60.000 und im Jahr 2002 noch 59.764 Deutsche in Rumänien lebten – also 0,3% der Landesbevölkerung.

Nach den Zahlen des Bundesministeriums des Inneren vom Januar 1991 war die deutsche Auswanderung aus Rumänien sehr groß: im Jahr 1990 betrug diese 111.000 Aussiedler (fünffach mehr als im Jahr 1988), so dass in Rumänien noch 100.000 Deutsche blieben. Die wichtigsten Gründe, die zu einer massenhaften Auswanderung führten, finden wir in Joachim Starks Schreiben „Heimat in Osteuropa“. Da wir sie als wichtig empfinden, möchten wir sie hier aufzählen:

  • Verlust der ethnischen Identität (Schule, Kirche, Alltag)
  • keine Zugehörigkeit zur Mehrheitsbevölkerung und Parteimitgliedschaft
  • „territoriale“ Gesichtspunkte (Zerstörung der Ortschaften, Industrie-Kreisstädte)
  • Ökonomische und soziale Probleme: Lebensmittel, Heizung, Wasser, medizinische Versorgung
  • die Furcht, den Anschluss zu verpassen; die Angst vor Vereinzelung, Vereinsamung, angesichts der zunehmenden Ausdünnung der deutschen Bevölkerung.

Aus all diesen Gründen zogen die Banater Schwaben nach Bayern und Baden-Württemberg, die eigentlich ihre „Urheimat“ ist. [Schwamm, 1992, S.108.]
 
Nach der Wende im Jahre 1990 wurde Rumänien ein demokratischer Staat, indem nun alle Minderheiten die gleichen Rechte wie die Mehrheit der Bevölkerung haben. Es gibt staatliche Kindergärten und Schulen in den Muttersprachen der Minderheiten. Eine Schulklasse, in der in der Muttersprache der Minderheiten unterrichtet wird, entsteht schon mit nur zehn Schülern. Es gibt auch an der Universität Studiengänge in der deutschen oder ungarischen Muttersprache. In der Kirche werden Messen auch in den Sprachen der Minderheiten (Ungarisch, Deutsch, Serbisch, Slowakisch, Bulgarisch u.a.) gehalten. Es gibt Zeitungen und Zeitschriften in deutscher Sprache wie z.B. „ADZ“ – die „Allgemeine Deutsche Zeitung“ – diese ist die einzige Tageszeitung in deutscher Sprache, die in Osteuropa erscheint. Weiters: „NBZ“ – „Neue Banater Zeitung“. In Timişoara (Temeswar) präsentiert das Deutsche Staatstheater vier Aufführungen wöchentlich. Die deutsche Minderheit ist nicht nur in der Presse vertreten, sondern auch im Radio („Radio Temeswar“ sendet jeden Tag eine Stunde in deutscher Sprache) und Fernsehen. Zwei nationale Sender (TVR1 und TVR2) strahlen zweimal in der Woche Programme in deutscher Sprache aus. Es werden auch Bücher in anderen Sprachen gedruckt. In Sibiu (Hermannstadt) gibt es den deutschsprachigen Verlag „Hora“, indem in den letzten Jahren Bücher über die Geschichte der Deutschen aus Rumänien, Gedicht- und  Märchenbücher erschienen sind. Die Interessen der Deutschen werden von dem „Forum der Deutschen“ vertreten, das ein Abgeordneter im rumänischen Parlament repräsentiert. Außer dem „Forum der Deutschen“ gibt es in Arad auch den Deutschen Jugendverband „Banatia“ mit einer guten Tanzgruppe, die die deutschen Volkstänze und Trachten in die Öffentlichkeit bringen. Die Lehrer aus Rumänien, die in deutscher Sprache unterrichten sind im „Deutschlehrerverband“ eingeschrieben und die Germanisten sind Mitglieder des „Germanistenverbandes aus Rumänien“.

Die deutsche Minderheit aus Rumänien wird nicht nur von der rumänischen Regierung gefördert und unterstützt, sondern auch von der Deutschen Botschaft, von verschiedenen Unternehmen, die sich in Rumänien niedergelassen haben und von den ehemaligen Rumäniendeutschen, die seit langer Zeit in Deutschland leben, aber wieder mit viel Freude nach Rumänien kommen.

2.6. Deutsche Schulen in Arad

Gleich nach der Ansiedlung der Kolonisten bestand ein großes Bedürfnis, eine Schule zu gründen. Der Lehrer vermittelte im 18. Jahrhundert Lesen, Schreiben und ein wenig Rechnen. Nach dem Erscheinen der „Allgemeinen Schulordnung“ im Jahre 1774 gab es auch in Neuarad eine Neuorganisierung der hier befindlichen Trivialschulen. In den Jahren 1778–1779 waren hier 466 Schulpflichtige und die Klassenräume waren ungenügend. In den Klassenräumen konnten nur 60 Schüler untergebracht werden, und daher verlangte die Bevölkerung neue Klassenräume und Lehrer.

Die Volksschullehrer waren eine wichtige Stütze für die Erziehung und Kulturalisierung der Bevölkerung und trugen zur Erhaltung der Muttersprache bei. Eine kritische Periode war nach dem Ausgleich im Jahre 1867, als in Österreich-Ungarn der Druck gegen die deutschen Schulen und Kirchen sehr groß war. Nachdem die ungarische Sprache obligatorisch wurde, spürte man die negativen Auswirkungen dieses Gesetzes auch in Arad, und es kam auch soweit, dass einige deutsche Schulen aus dem Banat durch Ungarische ersetzt wurden. Ende des 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts gelang es, separat Knaben- und Mädchenschulen zu gründen. Es mangelte aber an Lehrkräften. Die Jungen wurden in drei Schulhäusern untergebracht – in der sogenannten „Prinzenschule“, auch „Florianschule“ genannt. Der Mädchenunterricht wurde in den beiden Klostergebäuden erteilt. Ab 1899 haben die „Armen Schulschwestern“ des Notre-Dame-Ordens den Mädchenunterricht übernommen und bis nach dem zweiten Weltkrieg weitergeführt. In diesem Gebäude auf der Hauptstraße ist heute das Deutsche Lyzeum „Adam Müller Guttenbrunn“ untergebracht.

Für eine höhere Bildung besuchten Schüler aus Neuarad das von Minoriten 1751 gegründete deutsche Gymnasium in Arad und nach dessen Umwandlung in eine ungarische Schule gehörte es zu den ungarischen Gymnasien oder Gewerbeschulen aus Arad. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts existierte zeitweise eine private ungarisch-deutsche Gewerbeschule, die jungen Lehrlingen zu einer Meisterprüfung verhalf. In Neuarad bildete sich eine wichtige Schicht von Gewerbebetreibenden heraus: so finden wir Neuarader Handwerker, Maurer, Zimmerleute, Tischler, Spengler, Dachdecker, Schuster, Schneider, Wagner, Schmied, Weber, Bäcker, Fassbinder, Müller. Diese Berufe waren am weitesten verbreitet. Schon 1829 waren in Neuarad 307 Handwerker registriert. Um 1940 zählen wir insgesamt 426 Handwerker in Neuarad; dazu kommen noch die Industriearbeiter, die in den Arader Fabriken arbeiten.

Es wurden noch folgende deutsche Schulen gegründet: Das Katholische Mädchengymnasium (1936–1942), das Adam-Müller-Guttenbrunner-Knabengymnasium (1940–1944) mit dem Schulleiter Waldner), das Deutsche Mädchengymnasium (1942–1940), ein deutschsprachiger Handelskurs (1941–1944), eine Deutsche Handelsschule (1942–1944), eine Deutsche Berufsschule (1941–1944). Für das Erlernen der deutschen Sprache wurden deutsche Sprachkurse seitens des Goethe-Institutes in der Zeitspanne 1941–1944 organisiert. In Neuarad funktionierte von 1950–1955 die Deutsche Pädagogische Lehrbildungsanstalt und nachher das Deutsche Lyzeum, welches auch heute noch existiert. Seit 1829 wurde das Orthodoxe Theologische Institut gegründet. Das pädagogische Gymnasium, das auch heute noch ein großes Ansehen hat, wurde im Jahre 1812 gegründet.

Über die deutschen Schulen und ihre Lehrer in den Banater Komitaten während der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert gibt der Direktor des Temescher Schuldistrikts, Johann Pechata, folgende Zahlen an:

Distrikt 1807 1823 Schulen Lehrer Schulen Lehrer Karasch- Severin
Temesch
Torontal       15

54
41    22      59
   47    17      57
   61    24      69
   71 Zusammen 110 128 135 164

 
Die Entwicklung der Banater Schulen ging so weit, dass man sogar daran denken konnte, in Temeswar eine Hochschule zu gründen, für die sich vor allem der Bischof Josef Lonovics eifrig einsetzte; sie wurde im Jahr 1846 mit einer juridischen und einer philosophischen Fakultät eröffnet, zu denen noch eine theologische Fakultät hinzukommen sollte. Dann kamen auch die anderen Fakultäten dazu.

Gemäß einer Erhebung nach der Schulreform, gab es in Arad und in 38 umliegenden Ortschaften mit deutscher Bevölkerung an den deutschen Schulen und Kindergärten etwa 279 Stellen, aber nur 77 deutsche Lehrkräfte. Um deutsche Lehrer in Arad auszubilden, gründete man im Jahr 1950 die „Deutsche Pädagogische Lehranstalt“. Durch freiwillige Arbeit der Bevölkerung wurden die Reparaturen an den Gebäuden durchgeführt. Das ehemalige Amtsgericht diente ab dem Jahr 1951 als Internat. Im Jahr 1950 wurden 40 Schüler aufgenommen und am 10. September konnte der Unterricht beginnen. Es wurden sowohl Jungen als auch Mädchen aufgenommen.

Ab den 60ger Jahren arbeitet die Schule auf einer immer höheren Entwicklungsstufe, was vom Schulinspektorat und auch vom Unterrichtsministerium anerkannt wurde. Das hohe Niveau der Schule äußert sich auch darin, dass immer mehr rumänische Kinder das Deutsche Lyzeum besuchten und ihr Abitur in deutscher Sprache machten. Ab den 70er Jahren wurden in Neuarad beide Schulen – die Rumänische und die Deutsche – zusammengeschlossen. Es gab von nun an eine deutsche Abteilung und eine Rumänische. Man muss zugeben das der Unterricht in diesem Zeitabschnitt größtenteils reibungslos abgewickelt wurde. Das Deutsche Lyzeum bekam den Namen „Industrielyzeum Nr.10“ und verwendete sowohl eine deutsche als auch eine rumänische Unterrichtssprache. Ein neuer Aufbau musste gemacht werden, denn es fehlte an allem: Gebäude, Mobiliar, Laboreinrichtungen, Turnsaal usw. Wieder half die Neuarader Bevölkerung und die aus der Umgebung bei den Reparaturen und der Unterricht konnte beginnen. Große Erfolge wurden auch auf kulturellem Gebiet erzielt: Chöre, Theatergruppen, Blasorchester, literarische Vorlesungen wurden organisiert. Trotz der Schikanen seitens der Behörden und der Parteiführung konnte das erreichte Niveau gehalten werden.

In der Stadt Arad gibt es heute drei Schulen, an denen Deutsch als Muttersprache unterrichtet wird: in zwei allgemeinbildenden Schulen (Allgemeinschule Nr. 1 und Nr. 21) nur die ersten vier Klassen und im deutschen Lyzeum „Adam Müller Guttenbrunn“ alle zwölf Klassen bis zum Abitur. Die Schüler dieser Schule werden von ihren Lehrern auch für die Prüfungen zur Erhaltung des deutschen und des österreichischen Sprachdiploms vorbereitet. An der Universität „Vasile Goldis“ wurde im Jahr 2005 eine Abteilung für Angewandte Fremdsprachen für Deutsch, Englisch u.a. gegründet. Hier werden Übersetzer, Dolmetscher und Lehrer ausgebildet. Hier gibt es auch ein deutsches Sprachenzentrum „Friedrich Schiller“, in dem es eine rege Tätigkeit zum Erlernen der deutschen Sprache, zur Erweiterung der Kenntnisse über die deutschen Sprache und Kultur gibt.

In der Stadt Arad gibt es einen Verein der deutschen Jugendlichen mit dem Namen „Banatja“ und ein „Forum der Deutschen“. Im Jahre  1997 wurde der Deutsch-Rumänische Wirtschaftsclub gegründet, mit dem Wunsch, die deutsch-rumänischen Handelsbeziehungen zu unterstützen und zu fördern. Er besteht aus über 30 Mitgliedern.

2.8. Kultur

Im Laufe der Jahrhunderte wurde das eigenständige literarische Schaffen der Nationalitäten gefördert, denn das führte auch zu einem besseren Kennenlernen der geistigen Eigentümlichkeit dieser Nationalitäten. Diese Förderung trug auch zur Bereicherung des gesamten Kulturschatzes des Landes bei. Der Kriterion-Verlag aus Bukarest wurde im Jahre 1969 als Verlagsanstalt für die Literatur der Nationalitäten in Rumänien gegründet. Der größte Prozentsatz aller gedruckten Bücher fällt auf Bücher in deutscher Sprache. Hier wurden auch Bücher in ungarischer, serbokroatischer, ukrainischer, jiddischer, slowakischer Sprache gedruckt. Hier erschienen außer Literatur auch Monographien und Synthesen über einzelne Abschnitte der Deutschen in Rumänien, die Veröffentlichung kommentierter klassischer zeitgenössischer Werke aus der deutschen und aus der Weltliteratur. Durch diese Veröffentlichungen strebte der Kriterion-Verlag ein besseres gegenseitiges Kennenlernen der Kulturen an, indem er klassische und zeitgenössische Werke rumänischer, rumäniendeutscher, rumänienungarischer und anderer Autoren der Vergangenheit und der Gegenwart in mehreren Sprachen übersetzte und druckte.

Die deutsche Literatur war gut von großen Persönlichkeiten vertreten wie: Adam Müller-Guttenbrunn (1852–1923), Nikolaus Schmidt (1874–1930), Joh. Eugen Probst (1859–1937), Luzian Geier (01.10.1948), Karl Grünn (1855–1930), Dr. Anton P. Petri (1923–1995). In Rumänien druckte das Kriterion-Verlag deutsche Bücher. Eine Statistik zeigt uns, dass in der Zeitspanne zwischen 1970-1976 im Kriterion-Verlag aus Bukarest 280 Buchtiteln in einer Gesamtauflage von 801.865 Exemplare veröffentlicht wurden. [Barcan, Millitz, 1977, S.93–96.] Die Sammlung „Rumänische Volksmärchen aus dem Banat“ wurde das erste Mal in J. W. Cotta Verlag in Stuttgart im Jahre 1845 gedruckt.

Die deutsche Bevölkerungsgruppe war in allen kulturellen Schichten sehr gut vertreten. So zählte im Jahr 1977 der rumänische Schriftstellerverband 36 deutsche Mitglieder; der Verband der bildenden Künstler 34 Mitglieder und im Komponistenverband waren sechs Mitglieder, die die deutsche Bevölkerung vertraten.

Die Presse spielte im Leben und in der Kultur der deutschen Bevölkerung eine besondere Rolle. Auch der “Blätterwald“ war in Arad immer gut vertreten. Die erste Zeitung war ein Wochenblatt “Arader Kundschaftsblatt“, die in der Zeitspanne 1837–1848 erschien und von Franz Schwester geführt wurde. Diese war die erste Zeitung im Kreis Arad. Es folgte der “Arader Anzeiger“, der im Jahr 1850 gegründet wurde und sogar jeden Morgen und jeden Abend erschien. Seit 1874 gab es auch das “Arader Tageblatt“, dann die “Neue Arader Zeitung“. Das wichtigste und meistgelesenste deutsche Blatt in Rumänien war die “Arader Zeitung“ zwischen den Jahren 1920–1944. Der Eigentümer und Schriftleiter war Nik. Bitto, welcher noch das Schwesterblatt “Volksblatt“ in den Jahren 1935–1944 führte. Dieses „Blatt“ erschien in einer Höchstauflage von 40.000 Zeitungen.

Schon am 18. April im Jahr 1771 erscheinen die „Temeswarer Nachrichten“, die erste Zeitung des Banats und zugleich die erste Tagespublikation in deutscher Sprache auf dem Gebiete des heutigen Rumäniens. Zwischen den Jahren 1851–1940 – mit wenigen kurzen Unterbrechungen – wurde die „Temeswarer Zeitung“ regelmäßig gedruckt. Ab dem Jahr 1957 wurde die Temeswarer Zeitung „Die Wahrheit“ ins Leben gerufen. Am Anfang war diese eine Wochenzeitschrift, nachher erschien sie zwei oder drei Mal in der Woche. Eine große Rolle im Leben der deutschsprechenden aus Temswar, Arad, Reschitz, Caransebes hatte die „Neue Banater Zeitung“, die seit dem Jahr 1968 täglich erschien und eine beachtliche Auflage von 17.000 Exemplaren hatte. Im Jahr 1805 erschien das Temeswarer Wochenblatt, das von Ludwig Jonas geführt wurde.

Nicht nur die deutsche Presse war in Rumänien gut vertreten, sondern auch der deutschsprachige Rundfunk. Es gab das „Radio Banat“, das jeden Tag 120 Minuten in deutscher Sprache sendete und seit dem Jahr 1969 gab es im Regionalrundfunkstudio wöchentlich 105 Minuten Sendungen in deutscher Sprache.

Die Kirche entwickelte sich ständig, seit die deutschen Einsiedler in diese Region kamen. Im Jahr 1975 hat die römisch-katholische Diözese aus Temeswar 3.000 Exemplare des katholischen Katechismus und 5.000 Gebetsbücher für den Gottesdienst drucken lassen.

Schon im Jahr 1792 – kaum fünfzig Jahre nach der Ansiedlung der Deutschen in Temeswar – gab es in dieser Stadt, die nach der Befreiung vom türkischen Joch noch nicht einmal wiedererrichtet war, ein Theater mit ständigem Spielplan. Diese Tätigkeit wird erst 1899 unterbrochen, als die von Budapest geleitete Madyarisierungspolitik dem Stadtrat die Finanzierung eines deutschen Theaters verbietet. Diese Tradition wird erst nach der Vereinigung des Banats und Siebenbürgens mit Rumänien fortgeführt. Hier fanden ununterbrochen Aufführungen bis 1941 statt, als es aufhören musste. Die kulturelle Tätigkeit wurde im Jahr 1953 wieder aufgenommen. Im Jahr 1956 wurde es eine selbständige Institution und bekam die Bezeichnung „Deutsches Staatstheater Temeswar“. Hier fanden auch Ballett und Operettenaufführungen statt. Zu jener Zeit war es die einzige Bühne dieser Art außerhalb des deutschen Sprachraumes in der ganzen Welt. Mit seinem künstlerischen und geselligem Leben verdiente Temeswar mehr, als jede andere Stadt der östlichen Hälfte des Habsburger Reiches die Bezeichnung “Klein Wien”.

Das Theatergebäude aus Arad wurde im Jahr 1817 gebaut. Obwohl dieses ein rumänisches Theater ist, wurden hier auch viele Stücke des Deutschen Theaters aus Temeswar oder des Ungarischen Staatstheaters aus Großwardein gespielt. Im Jahr 1820 wurde von dem Theaterliebhaber Franz Hirschel das erste feste deutsche Theater gebaut, das Gebäude steht heute noch auf der Gheorghe Lazăr Straße und war eines der ältesten Theater aus Südosteuropa. Eine ständige Verfeinerung des Geschmacks, ein anwachsendes Interesse für alles Neue in der Schauspielkunst deuten auf die hohen Ansprüche des deutschen Publikums.

Das Temeswarer Musikleben des 19. Jahrhunderts brachte namhafte einheimische Künstler hervor. Franz Limmer, geboren 1808 in Wien, wirkte zwischen 1834 und 1857 in Temeswar als Komponist und Theaterkapellmeister. 1845 wurde der erste „Temeswarer Musikverein“ gegründet und später eine Musikschule. Man förderte auch einheimische Interpreten und brachte namhafte ausländische Künstler auf das Temeswarer Konzertpodium. Der markanteste unter ihnen war zweifellos Franz Liszt, der auch in Arad spielte. Er gab in Temeswar drei Konzerte – am 2., 4. und 17. November 1836.

2.9. Gutes Zusammenleben

Die Bevölkerung dieser Gegend lebte seit Jahrhunderten in guten Beziehung miteinander. In den Ortschaften der Banater Ebene hatten die Schwaben durch ihre Intensivlandwirtschaft ein reicheres Angebot an Erzeugnissen und Dienstleistungen. Dafür arbeiteten die „Pretschins“ (Freunde) und ihre Familien als Tagewerker auf den Feldern der Deutschen oder leisteten Fuhrdienste. Zuweilen verdingten sie einen Sohn oder eine Tochter in eine schwäbischen Wirtschaft. Der deutsche Maurer baute den Rumänen Häuser, die nun den gleichen Grundriss aufwiesen, wie die im deutschen Dorf, mit demselben Banater „Barockgiebel“ und sogar mit denselben Verzierungen, wobei der Name des Eigentümers manchmal in deutscher Orthographie an den Giebel geschrieben war. Dabei hatten die Rumänen nicht selten – entsprechend ihrer gewohnten Vielfalt an Ziermotiven – besondere Ansprüche. Schwäbische Frauen malten auch rumänische Häuser mit ihren üblichen Schablonenmustern aus, deutsche Wagner fertigten ihnen die Wagen und Arbeitsgeräte. Dagegen verkauften die Rumänen schöne Pferde – von denen sie sich nur schwer trennen konnten – Ferkel und andere Haustiere.

Die sogenannten Deutschböhmen des Banater Berglands kamen schon bei ihrer Ansiedlung in engen Kontakt mit den benachbarten Rumänen. Da sie der hereinbrechende Winter überraschte, konnten sie nicht mehr hinauf an ihre Bestimmungsorte gelangen und mussten im Tal in rumänischen Siedlungen überwintern. Josef Schmidt vermerkt in seinem Heimatbuch über die Banater Deutschböhmen: „Nur wer die kleinen, licht- und luftleeren Häuschen, die hier sind, kennt, kann sich ein Bild entwerfen von dem Leben, welches durch das Zusammenpferchen von mehreren Familien in denselben da war. Die Rumänen trachteten in ihrer Gutmütigkeit und Gastfreundlichkeit alles aufzubieten, was das Leben erträglicher machen könnte, und wenn es nicht immer gelingen wollte, lag die Schuld nicht an ihnen. Auch trachteten die Hausleute, ihren Gästen Elemente ihrer Sprache beizubringen, aber auch das ging schwer. Gegenseitig  groß war das Staunen und die Verwunderung über Kleidung, Nahrung, und Lebensweise“ [Schmidt J. 1938, S.20]. Diese Freundschaft in der schweren Zeit des Neubeginns übertrug sich in den Familien von den Vätern auf die Söhne. Sie erstreckte sich auf gegenseitige Besuche bei Festlichkeiten; besonders die „böhmische Kirchweih“ lockte zahlreiche Gäste aus der ganzen Umgebung nach dem Motto herbei: Je mehr Gäste im Hause, desto mehr Ehre! Josef Schmidt hielt fest: „die sämtlichen ‚Prieteni’ und ‚Bretschini’, bei denen der Bergler auf seinen Ausflügen und Marktfahrten zur Rast einkehrt und bewirtet wird, auch die einstigen Kriegskollegen benützen die Gelegenheit [gemeint ist die Kirwa, Anm. d. Verf.], ihren Freunden in diesen Tagen Besuch abzustatten, denn wiederholt wurden sie dazu aufgefordert und eingeladen im Laufe des Jahres. Und nicht nur die Festtagsgerichte, die von der Hausfrau aufgetischt wurden, haben Anziehungskraft auf die Fremden, vielmehr die Art und Weise ihrer Unterhaltung, deren Ursprünglichkeit und die für sie fremden Sitten erregten die Neugierde. Die „böhmischen Musikanten“ mit ihren reich mit schönen Bändern und Rosmarinsträußlein geschmückten Instrumenten, besonders aber die Jodler der Burschen werden mit ungeteilter Bewunderung von Seiten der Fremden aufgenommen“ [Schmidt, 1938, S. 214].

Wenn die Frauen genügend Gänsefedern gerupft hatten, riefen sie weibliche Verwandte an einigen Abenden zum Federschleißen, das mit Kuchen und Kaffee abgeschlossen wurde. Beim ernten halfen oft die Söhne oder Knechte von Verwandten, die Getreidesäcke heim zu schaffen und auf den Hausboden zu tragen. Danach erhielten alle Helfer ein gemeinsames Mahl. Die Hochzeitsvorbereitung war immer eine Gemeinschaftsarbeit der Familie und aller Verwandten. Geselligkeit und Gastfreundschaft kommt dabei schon einige Tage vor dem Fest zur Geltung. Die Helfer erhielten die Mahlzeit im Hochzeitshaus; in einigen Ortschaften allerdings bloß eine Jause. Das Schweineschlachten war ein wichtiges Familienereignis, denn dabei musste sich die Bauernwirtschaft den Fleischvorrat für das ganze Jahr sichern. Wenn die Arbeit am Abend beendet war, feierten alle Helfer den Sautanz, einen fröhlichen Festschmaus mit Ziehharmonikamusik, Gesang und auch mit einem kurzen Tanz [Reb, 1978, S. 145].

Die Weiterführung der ursprünglichen gutnachbarlichen Beziehungen der Banater Bergbauern geht auf wirtschaftliche Notwendigkeiten zurück: wegen der Abgeschiedenheit in der Bergwelt musste der Austausch von Gütern und Informationen ausgebaut werden. Dabei konnte es sogar zur Arbeitsteilung kommen: die Deutschböhmen brachten Kartoffeln in die rumänischen Ortschaften und tauschten sie im Verhältnis von 1:1 mit Brotgetreide und Mais für das Vieh. Andererseits hatten die Deutschen gute Handwerker und tauschten Arbeitsgeräte. Der Tausch konnte sogar an den Kirchweihtagen abgewickelt werden, wenn die Feldarbeit ruhte. Im Oktober kamen die Rumänen aus den Nachbardörfern mit Pflaumenschnaps, Nüssen und Äpfeln zu den Deutschböhmen auf ihre Kirwa und im November erwiderten diese den Besuch in Slatina Timiş und anderen rumänischen Ortschaften, mit Setz- und Speisekartoffeln, Arbeitsgeräten und Werkzeugen. Kinder wurden bei dieser Gelegenheit immer beschenkt. Auf ihren Fahrten übernachteten die Bergler zuweilen sogar bei einem „Bretschine“ im Tal. Die Beziehungen reichten weit über das Geschäftliche hinaus. Der „Bretschin“ berichtete seinem Freund über Geschehnisse aus seinem Dorf und aus der Umgebung, er gab ihm verschiedene zweckdienliche Hinweise, z.B. zu vorteilhaften Kaufgelegenheiten, Preisen, administrativen Maßnahmen der Finanzbeamten usw. [Konschitzky, 1975, S. 64]. Das geschah in der von allen bekannten rumänischen Landessprache. Natürlich kam es auch gelegentlich durch Neid und Missgunst zu Unverständnis und negativen Reaktionen, die aber das gutnachbarliche Zusammenleben nicht wesentlich stören konnten.

3. Schlussfolgerungen

Die freundlichen Beziehungen bestanden seit vielen Generationen und erstreckten sich auf alle Lebensbereiche – allerdings mit unterschiedlicher Ausrichtung und Intensität.

In Arad wurden viele Feste gefeiert, das Brauchtum wurde hier großgeschrieben. Die Kirchweihfeste wurden jährlich gefeiert, so auch die Bälle: Silvester-, Kathrein-, Valentinsball, Traubenball. Allein zwischen den beiden Weltkriegen fanden in Arad fast fünfzig Bälle statt. Diese Traditionen werden vom Demokratischen Forum der Deutschen der Stadt Arad fortgesetzt. Dieses wurde im Jahr 1990 gegründet und zählt ungefähr 1.500 Mitglieder.

Wegen der politischen Verhältnissen der 1970er Jahre begann in unserem Land eine intensive Auswanderungswelle. Leider trifft das auch Arad. Es verlassen die Schule sowohl Schüler als auch Lehrkräfte – ein großer Verlust für die Schule. Anfang der 1980er Jahre wurde die Lage immer schlechter. Es fehlte an Fachkräfte und manche Gegenstände wurden von rumänischen Lehrern in rumänischer Sprache unterrichtet. In diesem Zeitabschnitt verließen auch viele deutsche Schüler die Schule, denn sie bekamen zusammen mit ihren Eltern die Ausreisemöglichkeiten nach Deutschland.

In den letzten Jahren sind immer mehr Deutsche ausgewandert, und deshalb gibt es immer weniger Leute, die die Arader deutsche Umgangssprache sprechen. Deshalb muss man diese Sprache pflegen und vor fremden Einflüssen schützen. Die deutsche Sprache wird in den letzten Jahren durch die Angestellten der Deutschen Unternehmen, die sich in Arad niedergelassen haben, durch die deutschen Gastlehrer des deutschen Gymnasiums „Adam Müller Guttenbrunn“, durch den Jugendkreis „Banatja“ und durch alle Lehranstalten, in denen man die deutsche Sprache, Literatur und Kultur unterrichtet gepflegt und unterstützt.

 

Bibliografie:

  • BARCAN, Monica, MILLITZ, Adalbert: Die deutsche Nationalität in Rumänien, Kriterion-Verlag, Bukarest, 1977
  • DOLINSKÁ, Viktória. 2004. Prieniky kultúr v globálnom priestore. Banská Bystrica: EF UMB, 2004, 96 S. ISBN 80-8055-929-5.
  • GREFFNER, Otto, STOICA, Mario (2001): 275 de ani de învăţământ în limba germană în Aradul Nou – 275 Jahre deutschsprachige Schule in Neuarad, Verlag Poudique.
  • GÖLLNER, Carl (1979): Geschichte der Deutschen auf dem Gebiete Rumäniens, Bukarest, Kriterion-Verlag, Erster Band: 12 Jh. bis 1848.
  • GRISELINI, F. (1931): Versuch einer politischen und natürlichen Geschichte des Temeswarer Banats in Briefen an Standespersonen und Gelehrte, Wien, 1780; A. Tafferner, Quellenbuch, I, Nr. 47; Homan – Szekfü, Magyar törtenet, VI, Budapest, 1931. In: Wolf, Johann, Banater Deutsche Mundartkunde, Bukarest, Kriterion-Verlag, 1987.
  • GRÖßMANN-OSTERLOH, Helga (1985): Die deutschen Einflüsse auf das Rumänische. Probleme, Kriterien, Anwendungen, Gunter Narr Verlag, Tübingen.
  • KONTRÍKOVÁ, Iveta, POMFFYOVÁ, Mária. 2006. Možnosti moderných informačno-komunikačných technológií pri výučbe cudzieho (nemeckého) jazyka na vysokých školách. In: E-learning – využitie internetových projektov pri príprave učiteľov nemeckého jazyka. Acta Facultatis Philodophicae Univesitatis Prešoviensis. Prešov: Filozofická fakulta Prešovskej univerzity. S. 53-70. ISBN 80-8068-256–63.
  • PETRI, Peter, Anton (1985), Neuarad/Banat, Heimatbuch der Marktgemeinde Neuarad in Banat. hrsg. von der Heimatsortgemeinschaft, Neuarad.
  • SENZ, Ingomar (1995): Die Ansiedlungsgebiete der Deutschen im Königreich Ungarn während des 18. und 19 Jahrhundert S.161. In: Die Deutschen in Ostmittel und Südosteuropa, hrsg. von Gerhard 9. GRIMM, Krista Zach, München, 1995, S.159-175.
  • WOLF, Johann (1979): Geschichte der Deutschen auf dem Gebiete Rumäniens, Bukarest.
  • Ders. (1987): Banater Deutsche Mundartkunde, Bukarest, Kriterion-Verlag.

Internetquellen:


TRANS INST

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For quotation purposes:
Rodica Teodora Biriş: Die Stadt Arad vor und nach der Wende –
In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 18/2011.
WWW: http://www.inst.at/trans/18Nr/I/biris18.htm

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