Multikulturalität in Siebenbürgen (Transsilvanien)

Elena Viorel [ Bio ] (Cluj Napoca | Klausenburg | Koloschwar)

Öffentlichkeiten und transnationale Kulturarbeit sind dringende Notwendigkeiten für die moderne Welt. Soziale, wirtschaftliche und politische Faktoren verbinden sich heutzutage mit kulturellen, um das Zusammenleben in einer multikulturellen Region zu ermöglichen und zu fördern. Das trifft umso mehr auf das heutige Europa zu. Im Europa der traditionellen und der neu etablierten Kulturen sollten wir uns besser kennen lernen, verstehen, dulden, um normale, fruchtbare zwischenmenschliche Beziehungen zu entwickeln. Dabei spielt die Kultur bzw. die Kulturen, einschließlich der Religion, eine wichtige Rolle. Mitarbeit, Zusammenarbeit von den exakten Wissenschaften über die Geisteswissenschaften kennzeichnet grenzüberschreitend die Kultur im weiteren Sinne.

Im Europa der Nationen und Regionen nimmt Siebenbürgen (Transsilvanien), im Nord-Westen Rumäniens gelegen, durch seine geographische und geopolitische Lage, durch seine einmaligen Natur- und Kulturdenkmäler, durch sein traditionsreiches Kulturleben einen besonderen Platz ein. Cluj-Napoca (Klausenburg) gilt mit Recht als die Kulturhauptstadt Siebenbürgens. Hier hat  die „Babes-Bolyai“-Universität ihren Sitz, die zweitgrößte Universität in Rumänien – Schauplatz für Multikulturalität (die hier betriebene Multikulturalität ist ein Novum auf Landesebene) – mit Fakultäten, an denen in drei Sprachen studiert werden kann (Rumänisch, Ungarisch und Deutsch), wo Sprach- und Kulturkontakte zum Alltag gehören, wo der Spruch „Bedenke, dass ein anderer anders ist“ zum besseren Kennenlernen und Verstehen gehört, wo das Streben nach Erlernen von Fremdsprachen, vor allem Deutsch, aber auch Englisch und Französisch, von Kindheit an gepflegt wird. Was die Studiengänge in deutscher Sprache anbelangt, so gibt es die meisten Bewerber an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und an der Fakultät für Journalistik.

Bei der Aus- und Weiterbildung der Studenten spielen die Kulturzentren eine wichtige Rolle: das Goethe-Zentrum, das französische Kulturzentrum, das Zentrum für Italianistik, Hispanistik und romanische Philologie, das Zentrum für Judaistik, das Zentrum für nordische Sprachen, die Österreich-Bibliothek und die Bibliothek des British Council. Diese in die Universität eingebundenen Zentren arbeiten auch oft zusammen. Exemplarisch dafür ist die Zusammenarbeit zwischen dem deutschen und dem französischen Kulturzentrum.

Das Deutsche Kulturzentrum organisiert Kulturveranstaltungen verschiedener Art. Lesungen, Konzerte, Ausstellungen, Vorträge und nicht zuletzt Sprachkurse – Deutsch als Fremdsprache (Anfänger, Mittelstufe, Fortgeschrittene), Beratungen für DAAD-Stipendien und nimmt auch Prüfungen für Goethe- Sprachzertifikate ab. Zu erwähnen ist auch die große Bibliothek, inklusive einer Abteilung für Kinderbücher, und eine große Auswahl an Gesellschaftsspielen.

Zu den bekanntesten Publikationen, die im Universitätsverlag erscheinen, zählen die fachbezogenen Zeitschriften „Studia Universitatis Babes-Bolyai“ und die „Transsilvanian Revue“ mit Beiträgen in Fremdsprachen, darunter auch auf Deutsch, die im In- und Ausland vertrieben werden.

An der „Babes-Bolyai“-Universität werden zahlreiche Kulturveranstaltungen organisiert: Kongresse, Symposien, wissenschaftliche Tagungen mit internationaler Beteiligung und Verleihungen von Ehrendoktortiteln.

Innerhalb der Philologischen Fakultät fungieren die Lehrstühle für Fremdsprachen, wobei dem Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur eine besondere Bedeutung zukommt. Für Publikationsmöglichkeiten auf Landesebene gibt es die „Zeitschrift der Germanisten Rumäniens“, aber auch Sammelbände infolge der abgehaltenen Kongresse. Sie werden von der  kurz nach der Wende wieder ins Leben gerufenen Gesellschaft der Germanisten Rumäniens, der auch der Klausenburger Germanistiklehrstuhl angehört, koordiniert.

Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang auch die Institutspartnerschaften des Lehrstuhls für deutsche Sprache und Literatur an der Klausenburger Universität.

Seit Januar 2007 besteht eine Germanistische Institutspartnerschaft zwischen Gießen und Cluj-Napoca (Klausenburg), finanziert durch den DAAD. Seit 2012 ist sie ausgeweitet auf die „Universitatea de Vest“ in Timişoara (Temesvar) als dritten Partner.

Die Partnerschaft, initiiert zum 400-jährigen Jubiläum der Universität Gießen und im Jahr des EU-Beitritts Rumäniens, führt die Germanistik zweier traditionsreicher Universitäten zusammen.

Einer der Schwerpunkte der Klausenburger Germanistik liegt im Bereich der deutschen Regionalliteratur im südöstlichen Mitteleuropa und ihrer Verflechtungen und Wechselbeziehungen in multikulturellen Lebensräumen. Die Gießener germanistische Literaturwissenschaft dagegen, die schon seit Langem mit verschiedenen Ländern Osteuropas kooperiert und mit dem 2006 gegründeten Gießener Zentrum östliches Europa (GiZo) in enger Verbindung steht, ist v.a. auf die Kulturwissenschaft und die Betrachtung der verschiedenen regional, sozial und kulturell bestimmten Einzelliteraturen innerhalb der deutschen Literatur ausgerichtet, darunter auch auf die deutsche Literatur außerhalb Deutschlands. So bestehen direkte Berührungspunkte zwischen dem Klausenburger Masterstudiengang „Deutsche Literatur im südöstlichen Mitteleuropa“ und den Gießener Masterstudiengängen bzw. -fächern „Deutsche Literatur – Deutsche Literaturen“ sowie “Deutschsprachige Literatur und Kultur im östlichen Europa”. Nachdem mittlerweile beide Studiengänge akkreditiert sind, findet ein Dozentenaustausch innerhalb der jeweiligen Module statt, der das Lehrangebot in beiden Universitäten bereichert.

Die Kooperation mit Temesvar ist zunächst aus der Germanistischen Sprachwissenschaft hervorgegangen. So steht die Partnerschaft jetzt sowohl räumlich als auch in der fachlichen Ausrichtung fest auf zwei Säulen.

Die Partnerschaft mit der Gießener Universität dient neben dem Dozentenaustausch v. a. der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Klausenburg und Temesvar, aber auch in Gießen. Sie ist auch mit einem gemeinsamen Forschungsprojekt verbunden. Es trägt den Arbeitstitel Die interkulturelle Geschichte der deutschen Regionalliteraturen aus Südosteuropa und zielt auf eine umfassende Aufarbeitung der siebenbürgisch-, rumänien- und ungarndeutschen Literatur vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Der sprachwissenschaftliche Schwerpunkt liegt im Bereich der Wissenschaftskommunikation.

 

Zu den Erasmusabkommen der Klausenburger Germanistik zählen:

  • Humboldt Universität zu Berlin
  • Technische Universität Berlin
  • Technische Universität Chemnitz
  • Friedrich-Schiller-Universität Jena
  • Otto-Friedrich Universität Bamberg
  • Universität Leipzig
  • Universität Osnabrück
  • Universität Potsdam
  • Universität Regensburg
  • Universität Rostock
  • Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg
  • Pädagogische Hochschule Ludwigsburg
  • Universität Wien
  • Universität Nysa/Neisse, Polen

Im Rahmen der Fakultät für Europastudien wurde 1998 das Deutsche Institut gegründet und diesem die Aufgabe zugewiesen, die rumänisch-deutsche Zusammenarbeit zu unterstützen. Aus diesem Grund wurde auch die Deutsche Bibliothek der Fakultät für Europa -Studien eingerichtet. Das Deutsche Institut wurde im Studienjahr 2009/2010 umstrukturiert und in das Institut für deutschsprachige Lehre und Forschung (kurz IDLF) umbenannt. Die Ziele des Instituts sind: Die Neuetablierung als (Fort)Bildungs- und Forschungszentrum, der Ausbau einer Koordinationsstelle für Lehre und Forschung an den deutschsprachigen Studiengängen und ihre Internationalisierung, die Förderung der deutschen Sprache an der Babes-Bolyai-Universität und in der Region, die Förderung der bewussten Zusammenarbeit deutschsprachiger Kulturträger in der Region (DACHL-Institut), der Aufbau eines neuen Studiengangs “Angewandtes Deutsch in Wirtschaft, Medien- und Kulturarbeit”. Das IDLF ist neben dem Goethe-Zentrum eine gute Adresse für hiesige Studenten, aber auch für Erasmusstudenten von den Partneruniversitäten und überhaupt für ausländische Gäste.

Viele StudentInnen studieren mit Stipendien in Deutschland oder Österreich oder machen nach dem Abschluss Weiterbildungen. Dafür ist die Kenntnis der deutschen Sprache das Hauptkriterium bei der Auswahl.

Einen wichtigen Beitrag zur Verbreitung der deutschen Sprache und Kultur im In- und Ausland leistete und leistet, wie bereits erwähnt, weiterhin der Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur an der „Babes-Bolyai“-Universität, der von Anfang an im Zeichen der Multikulturalität stand. Als im Jahr 1919 zum ersten Mal eine rumänische Universität in Cluj (Klausenburg) gegründet wurde, entstand innerhalb der Philosophischen Fakultät auch ein Lehrstuhl für Germanistik, auf den der aus Bistrita (Bistritz) stammende Pfarrer und Sprachwissenschaftler Gustav Kisch (1869- 1938) berufen wurde. Gemäß der Auffassung Sextil Puscarius (1877- 1948), des ersten Rektors der neuen Universität, sollte der Inhaber dieses Lehrstuhls „ein Vermittler zwischen Rumänen und Siebenbürger Sachsen auf kulturellem Gebiet sein und in seinen Vorlesungen den von den Deutschen in Rumänien gesprochenen Mundarten sowie deren Literatur eine besondere Aufmerksamkeit widmen“. (Sextil Puscariu: Gustav Kisch. In DACOROMANIA, 9 1936 / 38, S. 665). Den Aufgaben, die seine Ernennung zum ordentlichen öffentlichen Professor mit sich brachte, fühlte sich Kisch durchaus gewachsen, und seiner Rolle als Kulturvermittler zwischen Rumänen und Sachsen konnte er um so leichter gerecht werden, da er als eine der führenden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens der Siebenbürger Sachsen schon lange anerkannt war. (Vgl. Dazu: E. Viorel: Schwerpunkte in Lehre und Forschung am Germanistik-Lehrstuhl Cluj /Klausenburg früher und heute, S.17. In: Klausenburger Beiträge zur Germanistik, Cluj-Napoca, 2000). Durch seine Zusammenarbeit mit den Vertretern des rumänischen Lehrstuhls im Rahmen des „Muzeul Limbii Romane“ bleibt Kisch ein Beispiel für Toleranz und Kooperation auf dem Gebiet der philologischen Forschungen. Seine Kontakte mit rumänischen Philologen, Historikern und Volkskundlern gaben ihm reiche Anregungen für seine Forschung. Außerdem pflegte er auch Kontakte zu ungarischen Kollegen und nahm sich in vergleichenden Beiträgen sowohl des Rumänischen als auch des Ungarischen an. Karl Kurt Klein, der Nachfolger von Gustav Kisch am Germanistiklehrstuhl in Klausenburg, setzte die von Kisch begonnene Arbeit fort. Gezwungen von den historischen Ereignissen infolge des Zweiten Weltkrieges kam Klein nach Österreich, wo er einige Jahre später eine Professur an der Universität Innsbruck bekam, wo er bis 1963 lehrte. In dieser Zeit setzte Klein seine Beschäftigung mit der Siedlungsgeschichte der Siebenbürger Sachsen fort und war an der Herausgabe des „Siebenbürgisch-deutschen Sprachatlasses“ beteiligt.

Im Unterschied zu den anderen Germanistiklehrstühlen des Landes wurden am Klausenburger Germanistiklehrstuhl bis 1944 vorwiegend interkulturelle Forschungen zur rumäniendeutschen Sprache und Literatur und zur Siedlungsgeschichte der Siebenbürger Sachsen betrieben. Das wird sich nach dem Krieg ändern, indem einheitliche Lehrpläne für alle Germanistiklehrstühle eingeführt werden. Trotzdem ist am Klausenburger Germanistiklehrstuhl etwas von den Bestrebungen von Kisch und Klein aufrecht erhalten worden. Der Geist der alten Meister hat vor allem muttersprachliche Germanisten wie Michael Markel, Peter Motzan, Joachim Wittstock, Stefan Sienerth, Brigitte Tontsch, Evemarie Sill, Udo-Peter Wagner weiter inspiriert, die sich als Erbe der alten sächsischen Kulturtradition in Rumänien verpflichtet fühlten.

Gustav Kischs international anerkannte Persönlichkeit wirkte auch in den folgenden Jahrzehnten bahnbrechend. Seine komparatistischen Studien sind heute noch aktuell. Zur Zeit fungiert innerhalb des Klausenburger Germanistik-Lehrstuhls eine kleine Forschungsgruppe unter Leitung von Prof. Dr. Andras Balogh, die die rumäniendeutsche Literatur und Kultur untersucht. Zu diesem Vorhaben werden junge Doktoranden und Masteranden herangezogen und angeleitet.

Ein anderes wichtiges Vorhaben einer interkulturellen Germanistik umfasst die Übersetzungen von Belletristik, aber auch von Sachbüchern aus dem Deutschen ins Rumänische und umgekehrt. Für die Übersetzung deutscher und rumäniendeutscher Literatur ins Rumänische zeichnen in der Regel rumänische Germanisten. Die Übertragungen rumänischer Literatur ins Deutsche haben im Laufe der Zeit rumäniendeutsche Germanisten oder Schriftsteller angefertigt. Für den Austausch der Kulturen sind die über acht Jahrhunderte alten deutschen Sprachinseln in Rumänien von Bedeutung: die der Siebenbürger Sachsen und die der Banater und Sathmarer Schwaben, aber auch die der Ungarn. Auch wenn die deutsche Minderheit nach 1989 massiv nach Deutschland oder Österreich ausgewandert ist, hat sie die Verbindung zum Heimatland nicht gänzlich unterbrochen. Viele kommen einmal im Jahr in ihre ehemaligen rumänischen Ortschaften zurück, wo sie bei geselligem Beisammensein ihre alten Traditionen weiter pflegen, Gottesdienste besuchen und die alten Trachten anziehen. Die alten sächsischen Kirchen und Kirchenburgen bilden dabei obligatorische Reiseziele. Ähnliches kann auch über das Banat berichtet werden. Auch wenn die Ansiedlung der Banater Schwaben jüngeren Datums ist, hat sie kulturelle Spuren hinterlassen, die heute wieder entdeckt und gepflegt werden. Die Denkmalpflege erfolgt auch hier mit Hilfe der rumänischen Behörden, denn es muss unterstrichen werden, dass im Laufe der Zeit die Beziehungen der in Rumänien lebenden Deutschen zu der rumänischen Bevölkerung reibungslos funktionierten.

Es gibt in begrenzterem Maße auch das Phänomen der „Rückwanderer“, die wirtschaftliche, aber auch kulturelle Ziele in der alten Heimat verfolgen.

Für die Aufrechterhaltung des siebenbürgischen Patrimoniums hat sich in den letzten zehn Jahren Prinz Charles, der Thronfolger der britischen Krone, eingesetzt. Angefangen hat er mit dem Wiederaufbau eines sächsischen Dorfes aus Südsiebenbürgen- Viscri (Weißkirch). Vom Verfall bedrohte alte sächsische Häuser hat er stilgerecht renovieren lassen. In diesem, aber auch in anderen sächsischen Dörfern aus Siebenbürgen wurden alte Häuser und alte Möbel durch seine Initiative gerettet.

Ähnliches wird auch von sächsischen „Rückwanderern“ geleitstet, die oft als Unternehmer in ihren Heimatorten arbeiten, aber auch für das Wiederbeleben des Dorfes, somit auch der Kultur, sorgen.

Ein besonderes Kapitel für die interregionale Kulturvermittlung wird durch die deutschsprachige Presse aus Rumänien und Deutschland, aber auch durch Übersetzungen von Belletristik geleistet. Genannt sei die in München erscheinende „Siebenbürgische Zeitung“, Zeitung der Gemeinschaften der Siebenbürger Sachsen, und die in Rumänien erscheinenden Printmedien, „Allgemeine deutsche Zeitung für Rumänien“, „Hermannstädter Zeitung“ und das Deutsche Fernsehen.

Zu den zeitgenössischen rumäniendeutschen Schriftstellern, die ins Rumänische übersetzt wurden, zählen in erster Linie die Bücher der aus dem Banat stammenden Nobelpreisträgerin, Herta Müller. Hier hat sich die bekannte Übersetzerin Nora Juga verdient gemacht.

Herta Müller hat eine Verortung als Banaterin oder Rumäniendeutsche abgelehnt. Aber wenn man so verfangen ist wie sie in den Securitate-Traumata, kann man schwerlich der „Heimatlosigkeit“ zustimmen, die ihr die Schwedische Akademie attestiert. Herta Müller ist zumindest in der Sprache beheimatet, und zwar im Deutschen wie im Rumänischen, die beiden Sprachen, die sie studierte und in denen sie aufwuchs, wie Werner Kremm in der ADZ vom 10. Oktober 2009 anmerkt. Ihre literarische Sprache schöpft aus ihrer sprachlichen, deutsch-rumänischen Doppelheimat und aus ihrem Talent.

Wie andere ausgewanderte rumäniendeutsche Schriftsteller, wie z.Bsp. Rolf Bossert, Oskar Pastior, Werner Söllner, Franz Hodjak, Richard Wagner, um nur einige Namen zu nennen, erfüllt auch Herta Müller eine Brückenfunktion zwischen der rumäniendeutschen, der rumänischen und der binnendeutschen Kultur.

Ein anderer rumäniendeutscher Erfolgsautor, der im Unterschied zu den oben genannten Autoren, in Rumänien geblieben ist, und dessen Bücher in Rumänien, Österreich und Deutschland mit Interesse aufgenommen wurden, ist der Rothberger evangelische Pfarrer und Gefängnis-Seelsorger Eginald Schlattner. Seine teilweise autobiografischen Romane schöpfen auch aus dem multikulturellen Raum Siebenbürgen vor und nach der kommunistischen Regierung.

Auch der Name des bekannten Hermannstädter Autor und Literaturkritiker, Joachim Wittstock, zur Zeit der beste Kenner der rumäniendeutschen Literatur und Kultur, muss in diesem Zusammenhang genannt werden, da seine literarische und literaturkritische Tätigkeit eine bemerkenswerte kulturhistorische Leistung darstellt.

Von einem multikulturellen Akt kann man auch im Falle der aus Siebenbürgen stammenden Kinderbuchautorin, Anne Junesch, sprechen. Sie hat 2015 eine zweisprachige Ausgabe (Deutsch- Rumänisch) ihres Kinderbuches „Schnurri“ im Kronstädter „Honterus“- Verlag herausgegeben. Die Autorin erweitert dadurch ihren Leserkreis: Rumänisch sprechende Kinder und ihre Eltern in der „alten“ Heimat werden angesprochen. Andererseits besteht für ausgewanderte Vorleser und ihre Kinder die Möglichkeit, ihr Rumänisch aufzufrischen oder sich damit vertraut zu machen (Vgl. Dazu: KK Weber „Neues Kinderbuch von Anne Junesch“. In „Siebenbürgische Zeitung“ vom 20. Dez. 2015, S.15).

Auch die Übersetzung einiger Werke von Jura Soyfer ins Rumänische sowie einige kritioschen Beitäge zu seinmem Werk ergänzen das Bild der Übertragungen aus der deutschsprachigen bzw. aus der österreichischen Litertur.

Am Anfang des 21. Jh. bleibt auf dem Gebiet der Übersetzungen aus dem Deutschen ins Rumänische und aus dem Rumänischen ins Deutsche noch viel zu tun. Ich könnte von einer Herausforderung an die deutschsprachigen Übersetzer und Kulturvermittler sprechen, die mit Fragen konfrontiert werden, wie: wieviel wurde schon übersetzt, was steht noch aus, was muss von alten Übersetzungen aktualisiert werden, um die siebenbürgischen und die europäischen Kulturtraditionen neu zu bewerten. Deshalb sollten Übersetzer gut ausgebildet, unterstützt und gefördert werden, vor allem in einem multikulturellen Raum wie Siebenbürgen, wo die Dreisprachigkeit (Rumänisch, Deutsch, Ungarisch) Tradition hat.

Übersetzungen tragen entscheidend zur Verbreitung und Bekanntmachung der Literaturen in einem multikulturellen Raum bei. Dieser Prozess sollte meiner Meinung nach auch auf die benachbarten europäischen Kulturlandschaften etwa nach Ungarn, Polen, Bulgarien ausgedehnt werden, indem die rumänische und die rumäniendeutsche Literatur bekannt gemacht werden. Es geht darum, die eigene Kultur nicht zu verlieren, sondern sie auch in den benachbarten Regionen bekannt zu machen, aber auch darum, andere kennen zu lernen. Das deutschsprachige Kulturerbe Mitteleuropas kann ein wichtiger Faktor für die Überwindung von vielen politischen Problemen sein, denn Europa ist zur Zeit eher wegen kultureller, nicht wegen wirtschaftlicher Probleme „verwirrt“.