Dr. Mohamed SOUDANI
Université Ibn Khaldoun – Tiaret
Laboratoire de Traduction et Méthodologie (TRADTEC)
Université d’Oran 2
Abstrakt: Im aktuellen Schul- und Hochschulwesen Algeriens wird Deutsch als Tertiärsprache L3 nach Französisch und Englisch unterrichtet. Algerische Deutschlerner können neben ihrer Muttersprache Arabisch bzw. Tamazight (Berberisch) wenigstens eine weitere Fremdsprache (Französisch/Englisch). In diesem Beitrag zu Funktionen und Gebrauch der vorher gelernten Fremdsprachen wird ein präzisiertes Bild zum Sprachwechsel (Code-swichting) in der fremdsprachlichen Lehrer-Lerner Interaktion am Beispiel des Deutschunterrichts an der Universität Ibn Khaldoun Tiaret vorgestellt. Dabei liegt der Schwerpunkt der Darstellung auf Fremdsprachenvermittlungsmethoden und Fremdsprachenlerntheorien. Dieser Beitrag möchte in seiner theoretischen Seite und im Bezug auf die kognitive Fremdsprachenlerntheorie dafür plädieren, dass die Verwendung von vorher gelernten Fremdsprachen bei der Gestaltung von der Lehr- und Lernprozessen eine unveräußerliche Rolle im Deutschunterricht zukommen kann. Anschließend daran werden die verschiedenen Theorien zum Sprachwechsel (Code-swichting) im Fremdsprachenunterricht am Beispiel des DaF-Unterrichts vorgestellt. Dabei wird der Einfluss der beteiligten Fremdsprachen (Französisch und Englisch) anhand vorhandener Studien beobachtet. Dieser Beitrag sollte sich dann grundsätzlich mit der folgenden zentralen Frage auseinandersetzen: wie viel Ein- bzw. Mehrsprachigkeit im DaF-Unterricht muss es sein?
Schlüsselwörter: Deutsch als Fremdsprache, Lerntheorien, Lehr- und Lernmethoden, Code-switching, Ein- und Mehrsprachigkeit.
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Einleitung
Seit der Harmonisierung von den LMD1-Studiengängen an algerischen Universitäten wird die Präsenz der Fremdsprachen im gesamten Hochschulwesen besonders geschätzt und weiter gefördert. Die ministerielle Verordnung vom 28 Juli 2013 für die philologischen Studiengängen im Bachlor-studium2 (Französisch, Englisch, Deutsch, Spanisch etc.) besagt, dass die Studierende der verschiedenen philologischen Studiengängen neben den Lehrveranstaltungen und Fächern wie Mündlicher, schriftlicher Ausdruck, Grammatik, Phonetik, Phonologie etc. in der Zielsprache, dazu eine weitere Fremdsprache als Wahlpflichtfach zum Lernen auswählen müssen. Französisch-, und Englischstudierende an der Ibn Khaldoun Universität in Tiaret zum Beispiel müssen sowohl in ihrem Bachlor- als auch im Masterstudium eine weitere Fremdsprache wie Deutsch oder Spanisch als Wahlpflichtfach (optionelle/obligatoire) auswählen. Die Entscheidung, welche Fremdsprache ausgewählt wird, ist weniger eine administrative Frage als ein wichtiger Aspekt der gesamten Regierungspolitik zum Fremdsprachenlernen. Die Präsenz der deutschen Sprache als Wahlpflichtfach (auch: als Nebenfach genannt) in den unterschiedlichen philologischen Studiengängen Französisch, Englisch, Spanisch etc. vieler algerischen Universitäten wird im Hinblick auf den gesamten Status der deutschen Sprache in Algerien als interessanter Fortschrift gesehen. Das Lernen der deutschen Sprache als Nebenfach bedeutet zumindest für viele Französisch- und Englischstudenten an der Universität Ibn Khaldoun Tiaret nicht nur die Fortsetzung ihres gymnasialen Deutschlernens bzw. Deutschkönnens, sondern ein weiterer Kompetenzerwerb trotz der geringe Zeitpensum.3
Wie dem Titel dieses Beitrags zu entnehmen ist, geht es in diesem vorliegenden Artikel grundsätzlich darum, einen gesamten Überblick über den Einsatz der Muttersprache und/oder eine andere Fremdsprache (Sprachwechsel) im Fremdsprachenunterricht zu verschaffen. Ein weiteres Hauptziel dieses Artikels ist es, darzustellen, warum es überhaupt zum Sprachwechsel (Code-swichting) im Deutschunterricht kommt? Bei der Darstellung werden dabei einige Sprachwechseltypen vorgestellt. Anschließend daran werden die unterschiedlichen Funktionen vom Sprachwechsel am Beispiel des Deutschunterrichts dargestellt.
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Kurzer Überblick zur Einsprachigkeit, Mehrsprachigkeit und die Rolle der Muttersprache im fremdsprachlichen Unterricht
Wenn man die Geschichte der Fremdsprachendidaktik kurz zurückblickt, so erkennt man, dass das Thema der Ein- und Mehrsprachigkeit sowie die Rolle der Muttersprache im freundsprachlichen Unterricht seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert wird. Die Anhänger der Grammatik-Übersetzungsmethode gingen davon aus, dass die Muttersprache als Lernhilfe im fremdsprachlichen Unterricht zu verwenden ist und argumentierten dies, dass das Lernen von Fremdsprachen nicht anders bedeutet als die in der Erstsprache heranreifende Sprachlichkeit des Menschen (Butzkamm, 1980: 181). Die Gegenposition gegenüber der Grammatik-Übersetzungsmethode bzw. gegen die Verwendung der Muttersprache im Fremdsprachenunterricht speiste sich aus neueren Theorien der Fremdsprachendidaktik wie der Kognitivismus, Konstruktivismus und aus den linguistischen Forschungsergebnissen des Strukturalismus, der Immersion im 20 J.h. Für die Anhänger dieser Kritik ist grundsätzlich die Empfehlung, den fremdsprachlichen Unterricht möglichst einsprachig zu planen ist und so weit wie möglich keinen Bezug der Muttersprache bzw. andere gelernte Fremdsprache im Unterrichtsgeschehen zu haben. Wenn man aktuelle Publikationen über fremdsprachlichen Lernen und Publikationen der letzten 30 bzw. 40 Jahren liest, stößt unmittelbar auf gemeinsamen Wunsch und zwar, dass das Fremdsprachenlernen möglichst ausschließlich in der Zielsprache erfolgt werden sollte. Das Thema der Ein- und Mehrsprachigkeit und die Rolle der Muttersprache und/oder einer anderen Fremdsprache im fremdsprachlichen Unterricht ist für RAABE (2015,319) zwar nicht mehr aktuell, aber mag immer noch in der Fremdsprachendidaktik ein ausdiskutiertes Thema sein.
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Code-Switching (Sprachwechsel), was ist das überhaupt?
Wenn man nach dem Begriff Code-Switching in der Fachliteratur und/oder im Internet sucht, dann stößt man auf weitere Nebenbegriffe wie Sprachumstellung, Kode-wechsel, Language-Mixing oder Code-Alternation, die sowohl in englischer als auch deutscher Fachsprache Anwendung finden. In den deutschen Publikationen kommt noch den Begriff Sprachwechsel hinzu. Der Begriff des Code-Switching oder Sprachwechsels wird immer noch als beliebter Forschungsgegenstand in der Sprachwissenschaft (Linguistik), der Soziolinguistik und der Fremdsprachendidaktik. In der Linguistik bezeichnet man mit dem Begriff Code-Switching einen sprachlichen Vorgang, bei dem man innerhalb eines Gesprächs oder einer sprachlichen Äußerung von Sprache A zu Sprache B wechselt. Beim Mischen bzw. Wechsel von Sprache A und Sprache B werden Wörter, Satzteile und sogar ganze komplette Sätze innerhalb einer Rede vorkommen. Für Linguisten ist Code-Switching nur dann möglich (erlaubt), wenn die grammatikalischen Strukturen der zwei Sprachen oder Sprachvarietäten gleich sind. Für Soziolinguisten wie Pütz (1994:137) verweist der Begriff Code-Switching generell auf den funktionalen Gebrauch zweier oder mehrerer Sprachen in sozialen Situationen bzw. in der konstituierenden interaktionalen Kommunikation (Konversation). Nach Pütz (1994) lässt sich ein Sprachwechsel in sozialen, pragmatischen und linguistischen/formalen Manifestierung identifizieren.
Die Anzahl der Untersuchungen über Sprachwechsel im Bereich der Sprachwissenschaft, der Soziolinguistik, der Pragmatik etc. sind umfangreich und facettenreich. Fragen und Ergebnisse aus diesen Untersuchungsbereichen haben gezeigt, dass das Thema Code-Switching (Sprachwechsel) kontrovers diskutiert wird. Während einige davon ausgehen, dass Code-Switching (Sprachwechsel) eine Kompetenz/Fähigkeit darstellt, stellt Sprachwechsel für Andere ein Sprachdefizit dar und argumentieren dabei, dass Code-Switching in Gesprächen deshalb angewendet wird, weil man an die Grenzen seiner Sprachenkompetenz kommt. Die Diskussionsfrage (Kompetenz vs. Defizit) ist zwar für die gesamte Thematik über Code-Switching hoch interessant, spielt aber eine wenige Rolle für den vorliegenden Artikel. Das Hauptziel des vorliegenden Artikels ist, herauszufinden, welche Rolle Sprachwechsel bei der Interaktion zwischen Lehrer und Lerner im Deutschunterricht spielen kann. Im Folgenden wird vor allem auf die didaktische Seite des Sprachwechsels in Bezug auf Lehrer-Lerner-Interaktion beschränkt, um der Thematik noch besser näheren zu können.
Sprachwechsel rückt auch in letzter Zeit in den Mittelpunkt der Forschungen der Fremdsprachendidaktik. Die bisherigen Forschungsleistungen im Bereich der Fremdsprachendidaktik beziehen sich vor allem auf Mehrsprachigkeit, Zweitsprachenerwerb, Bilingualismus etc. Aus dem Blinkwinkel der Fremdsprachendidaktik bedeutet der Sprachwechsel (Code-Switching) der bewusste Wechsel von Sprache A auf Sprache B, wenn der Sprecher (Lehrer/Lerner) bei seiner Rede den Eindruck hat, dass sein Kommunikationsziel nicht genug in der Zielsprache vermittelt werden kann (Vgl. Wenzel 2008: 45). Auch Apfelbaum (1993:228) geht von Unterrichtssituationen aus Tandemkursen davon aus, dass der Sprachwechsel auf Muttersprache und auch auf andere Fremdsprache bei der Verständnissicherung eine wichtige Rolle spielt und als Kommunikationsstrategie bei der Lösung problematischer Situationen eingesetzt werden kann. Sprachen miteinander vergleichen, Spracherfahrungen (GeR 2001), Wechsel zur Muttersprache oder zu anderen Sprache(n) (Bimmel, Rampillon 2000), Plurilinguale Strategien (Oxford 1990), (Hamers and blanc 1983) und andere sind darüber einig, dass der Sprachwechsel (Code-swichting) oder der Bezug zu Muttersprache und/oder einer anderen Sprache bei Lern-, und Gesprächssituationen als Lern-, und Kommunikationsstrategie bezeichnet wird, um ein gewisses Lernziel zu erreichen oder gleichzeitig kommunikativen Zwecken zu dienen. Vor diesem Hintergrund und im Bezug auf die Thematik des vorliegenden Artikels kann gesagt werden, dass das Thema des Sprachwechsels (Code-Switching) trotz Debatten über Interferenzen, Sprachkompetenz, hochkomplexe Prozesse etc. zu den wichtigsten Bestandteilen der Interaktion zwischen Lehrern und Lernern im Fremdsprachenunterricht gehört.
Die Typen und die Funktionen von Sprachwechsel (Code-switching) im Kontext der Fremdsprachendidaktik bilden zusammen zwei Seiten einer Münze, weil sie im Fremdspracheunterricht eng miteinander sind und weil die Kategorisierung des Sprachwechsels nach seinen Funktionen wie bei Blom und Grumperz (1972) Schwierigkeiten breitet, zu bestimmen, ob es sich dabei um Funktionen oder Typen handelt. Im Folgenden wird trotzdem versucht, die Sprachwechseltypen und die Kategorisierung des Sprachwechsels nach Funktionen separat darzustellen, um den Begriff Sprachwechsel auf seiner theoretischen Seite noch genauer zu bestimmen.
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Sprachwechseltypen
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Poplack (1980:582ff) hat das Phänomen des Sprachwechsels auf seiner grammatischen (syntaktischen) Seite am Beispiel des Englischen und Spanischen untersucht und hat auf der Basis seiner Untersuchung den Sprachwechsel in drei Haupttypen eingeteilt: satzexternen (extra-sentential oder inter- sententia), satzinternen (intra-sentential) und emblematischen (emblematic oder tag-switching) Sprachwechsel.
Satzexterner Sprachwechsel findet nach Poplack (1980) und nach Appel und Muysken (1987) zwischen den Sätzen bzw. Satzgrenzen, oder-teilen statt d.h. es handelt sich bei einer Unterhaltung um einen Übergang von einem Satz zu einem anderen. Poplack (1980:594) liefert dabei ein konkretes Beispiel für diese Art vom Sprachwechsel: „Somtimes I’ll start a sentence in Spanish Y TERMINO EN ESPAÑOL”. Im Gegensatz zu dieser Art vom Sprachwechsel steht auf der anderen Seite der Satzinterne Sprachwechsel, der nach den oben erwähnten Autoren innerhalb eines Satzes vorkommt. Bei dieser Art verlangt der Sprecher nach Müller (2003: 14) aber eine hohe Sprachkompetenz in beiden Sprachen und eine gute
Beherrschung der grammatikalischen Systeme beider Sprachen, um sie überhaupt in einer verständigen Kommunikation kombinieren zu können. Konkrete Beispiele für den Satzinternen Sprachwechsel können aus meinen DaF-Unterricht mit Französisch- und Englischstudenten erwähnt werden:
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Nous allons tout d’abord den Text auf Deutsch lesen und dann machen wir un peu de grammaire et exercices (Beispielsatz aus Deutschunterricht mit Französisch- studenten)
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Die Modalverben im Deutschen sind like (similar) the modal verbs in Englisch, they include Können, dürfen … (Beispielsatz aus Deutschunterricht mit Englisch- studenten)
Für den emblematischen Sprachwechsel (Tag-switching) werden vor allem Füllwörter, Interjektionen oder idiomatische Wendungen in einem Satz vorkommen. Für diese Art von Sprachwechsel braucht der Sprecher nach Poplack (1980:589) und Müller (2006:191) nur ein minimales Grammatikwissen der anderen Sprache. Aus meinem DaF-Unterricht können folgende Füllwörter und idiomatische Ausdrücke ein korrektes Beispiel für emblematischen Sprachwechsel darstellen: vous savez, alors, donc, you know, right, c’est vrai und Interjektionen wie: Ah oui, Ah bon, eh bien, my god, ohh no etc.
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Funktionen des Sprachwechsels
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Der Sprachwechsel lässt sich wie schon oben erwähnt nach seiner Funktionalität einteilen. Die Funktionen, die in den kommenden Abschnitten besprochen werden, können mehr oder weniger als weitere Typen von Sprachwechsel verstanden werden (Munukka 2006). Bom und Gumperz (1972:409ff) haben das Phänomen des Sprachwechsels aus soziolinguistischen Blinkwinkel untersucht und haben dabei den Sprachwechsel am Beispiel zweier Varianten des Norwegischen in situativen (situational) und metaphorischen (metaphorical) bzw. konversationellen (conversational) Sprachwechsel eingeteilt. Nach Bom und Gumperz (ebd.) spielen beim situativen Sprachwechsel die äußeren Faktoren bei Gespräch eine Rolle wie der Gesprächspartner, der Ort, das Thema und die sozialen Verhältnisse, das heißt, der Sprachwechsel hängt von den sozialen Situationen und äußeren Faktoren ab. Sprachwechsel dieser Art findet nach Bom und Gumperz (1972) dann statt, wenn z.B. eine Diskussion (Thema) gewechselt wird. Der konversationelle Sprachwechsel erfolgt dagegen aus persönlichen (meist strategischen) Gründen des Sprechers selbst, das heißt, der Sprecher wechselt von der Sprache A auf Sprache B, weil er etwas zitieren möchte, die einige Meinung sagen oder die innere Motivation betonen (Myers-Scotten 1993:52). Ein konkretes Beispiel für den konversationellen Sprachwechsel kann ich eben aus meinen DaF-Unterricht mit Französisch- und Englischstudenten erwähnen. Beim Unterrichtsgespräch mit den Deutschlernenden (Studenten) wird öfter festgestellt, dass sie die Sprache A (in diesem Fall Deutsch) auf Sprache B (Französisch/Englisch) wechseln, wenn sie z.B. nicht verstanden haben, Schwierigkeiten bei Aufgaben begegnen, einige Meinung zu einem Thema äußern oder weitere Erklärungen bitten.
Rekapituliert kann gesagt werden, dass beim funktionalen Sprachwechsel der Wechsel der Sprache entweder aufgrund von äußeren Faktoren (situational Code-switching) oder aus strategischen Gründen (metaphorical Code-switching) erfolgt. Myers-Scotten (1993) hat allerdings diese Einteilung kritisiert und geht davon aus, dass es relativ schwer ist, zwischen den äußeren Faktoren und persönlichen Motiven des Sprechers zu unterscheiden. Myers-Scotten (1993), Banaz (2002) u.a. haben im Schatten der Untersuchung von Bom und Gumperz (1972) weitere Funktionen von situational- und metaphorical Code-switching gefunden, die als weitere Untertypen vom Sprachwechsel fungieren können.
Um die weiteren Funktionen vom Sprachwechsel, die im unterrichtlichen Kontext vorkommen können, gehe ich im folgenden Abschnitt (4.) konkret darauf ein und stelle praktische Beispiele dar, die in meinem DaF-Unterricht tatsächlich vorkamen.
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Praktische Beispiele zum Sprachwechsel im DaF-Unterricht
Das Thema des Sprachwechsels Code-Switching im fremdsprachlichen Unterricht in Algerien ist relativ neu und wird in geringem Maße untersucht. Untersuchungen, die über das Thema Sprachwechsel im fremdsprachlichen Unterricht durchgeführt sind, haben sich meistens auf Französisch- und Englischunterricht konzentriert. Dies geht wahrscheinlich darauf zurück, dass Französisch und neulich Englisch führende Positionen im algerischen Schul- und Hochschulwesen als Fremdsprachen. Im algerischen DaF-Bereich existieren meines Wissens keine Publikationen zum Thema Sprachwechsel (Code-switching). Aus diesem Grund bietet sich das Thema Sprachwechsel im Fremdsprachenunterricht einen guten Anlass für die Durchführung von (weiteren) ausführlichen Untersuchungen an. Vor diesem Hintergrund werden in den folgenden Abschnitten praktische Beispiele aus meinem DaF-Unterricht dargestellt. Anschließend daran wird noch darüber diskutiert (5.) und reflektiert (6, wie der Sprachwechsel eine bedeutende Rolle im Deutschunterricht spielen kann.
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Gebrauch des Sprachwechsels vor dem Hintergrund: Motivation
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Zur Einführung einer neuen Lektion und/oder Deutschunterrichtsstunde wird oft am Unterrichtsanfang auf Französisch oder Englisch gesprochen, obwohl Deutsch die Matrixsprache im Unterrichtsgeschehen ist. Der Unterrichtsanfang findet in Französisch bzw. Englisch deshalb statt, damit die Adressaten im Deutschunterricht einen gesamten Überblick über den kommenden Unterrichtsverlauf (Thema, Grammatik, Übungen/Aufgaben/Ziele) verschaffen können. Der Wechsel auf der Sprache, die die Adressaten gut beherrschen und besser verstehen am Unterrichtsanfang schafft bei den Adressanten aus Lehrerfahrung ein gewisses Selbstvertrauen beim Deutschlernen und motiviert sie mehr oder weniger am Deutschunterricht teilzunehmen. Der Wechsel der Sprache am Unterrichtsanfang kann darüber hinaus die Adressaten dazu bringen und ihnen dabei helfen, ihr Vorwissen aus dem Französischen, Englischen und aus der Muttersprache Arabisch abzurufen und dies mit dem neuen Wissen (Deutsch) zu verknüpfen. Einen Text lesen, grammatischen Phänomenen behandeln, ein Thema aus dem Alltag besprechen, sind ja Elemente im Fremdsprachenunterricht, die die Adressaten (Französisch- und Englischstudenten) schon aus dem Französischen, Englischen und auch aus dem Arabischen kennen. Der Sprachwechsel am Unterrichtsanfang sollte die Adressaten nicht nur zum Deutschlernen motivieren und ein gewisses Selbstvertrauen beim Lernen sichern, sondern auch dafür sorgen, die Adressaten zu wecken und ihre Aufmerksamkeit auf den gesamten Lehr- und Lernprozess zu ziehen. Folgende Ausschnitte auf Französisch und Englisch sollten diesen Sprachwechseltyp noch klarer machen:
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Ein Beispiel mit Französischstudenten:
„ Bonjour mes chers étudiants …nous avons aujourd’hui un thème très intéressant…. aujourd’hui nous allons voir le système scolaire dans les pays germanophones, Allemagne, l’Autriche et la suisse… nous avons un texte assez long à lire ensuite nous allons ensemble faire des comparaisons entre le système scolaire allemand et algériens … pour la grammaire vous avez aujourd’hui les verbes de modalité vouloir, pouvoir etc. a la fin de cette séance d’allemand vous avez des exerces et des devoir a faire …alors, Schule in Deutschland …. ”.
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Ein weiteres Beispiel mit Englischstudenten trotz meiner geringen Englischkenntnisse:
Hi!! Everyone, how are you? Today we will have a important lesson on German…. We’ll see the Work-World (Arbeitswelt) in Germany… you can learn, how you can find/search a job as Student in Germany…you can study and work in the same time… our topic today is announces and Job Offer We will read different announces and Job Offers auf Deutsch, than we have to do some activities about this topic. After Reading, you have just like always the grammar, you learn today the infinitive form with zu…after the lesson you have some home activities to do …”.
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Wiederholungen zur Erklärung
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Mit den beiden Gruppen (Französisch- und Englischstudenten) werden Deutsch, Französisch, Englisch und manchmal Arabisch nebeneinander verwendet, wenn festgestellt wird, dass das Gesagte auf Deutsch relativ schwer einfällt. Bei diesem Sprachwechseltyp werden ganze Sätze aus der Matrixsprache (Deutsch) auf Französisch, Englisch und/oder Arabisch wiederholt, um sicher stellen zu können, dass das Gesagte genug klar ist. Dieser Sprachwechseltyp kommt vor allem bei Grammatikstrukturen und Wortschatzlernen vor, da es im Deutschen Grammatiktermini gibt, die sich vom Französischen und Englischen leicht abweichen wie (Substantive/ sujet), (Gegenwart/le présent/Present) etc. Beim Wortschatzlernen wird ebenso gezielt die Sprache gewechselt, wenn es sich dabei völlig um neuen Wortschatz handelt. Aus Lehrerfahrungen hat sich dieser Sprachwechseltyp (Wiederholung zur Erklärung) als Lehr- und Lernhilfe im Deutschunterricht durchgesetzt. Dieser Sprachwechseltyp kommt im Deutschunterricht oft als Antwort bzw. Reaktion auf die Fragen der Adressaten vor. Die Französisch- und Englischstudenten im Deutschunterricht stellen meist Verständnisfragen in französischer bzw. englischer Sprache, wenn sie einen Punkt nicht verstanden haben oder einen Punkt weiter vertiefen wollen. Die Lehrerfahrungen mit den beiden Gruppen (Französisch- und Englischstudenten) haben darüber hinaus gezeigt, dass die Adressaten aus affektiven und kognitiven Gründen meist bevorzugen, das gehörte erneut (wiederholt) in einer anderen Sprache (in diesem Fall Französisch/Englisch) hören wollen. Für den Lehrer kann das mehr oder weniger bedeuten, dass dieser Sprachwechseltyp ein Grant ist, dass die Wissensbestände und -strukturen gefestigt werden können.
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Individuelle Betreuungen
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Lehrer-Lerner-Interaktion im Fremdsprachenunterricht ist nicht völlig frei vom Sprachwechsel. Dies bestätigen eine Reihe von Studien Nachweise, die zeigen, dass Fremdsprachenlerner meist tendieren, ihre Fragen im Fremdsprachenunterricht in der Muttersprache und/oder in einer anderen Fremdsprache zu stellen (Raabe 2015:326). Selbst wenn Fremdsprachenlehrer ihren Unterricht völlig in der Zielsprache halten wollen, kann ihnen sicherlich mindestens einmal im Unterrichtsverlauf vorkommen, dass ihre Adressaten eine andere Sprache verwenden als die Zielsprache, wenn sie z.B. Verständnisfragen hätten oder Hilfe beim Lernen benötigen. Bei individuellen Betreuungen vor allem mit leistungsschwächen Lernern kommt häufig vor, dass der Lehrer auf die Sprache, die die Adressaten beherrschen, wechseln muss, um die gestellten Fragen zu beantworten. Mit dem Sprachwechsel bei individuellen Betreuungen zeigt der Lehrer darüber hinaus mehr Solidarität, Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Flexibilität beim Lernen. Folgende Beispielsätze können aus meinem Deutschunterricht mit den Französisch- und Englischstudenten erwähnt werden:
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Fragen von Studenten Französisch/Englisch:
Monsieur, excusez moi!! J’ai une question !!
Que dois-je faire avec mon ami?
Désolé, ahh….mmm je n’ai pas compris l’exercice
Sir !! What should we do ??
Please can you help me mm … in der Aufgabe?
How can I say it in German?
….etc.
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Lehreraussagen bei individuellen Betreuungen:
Oui, qu’est-ce que tu as ?
Donc, cela est facile, c’est juste….
Tu as bien fait, mais tu dois encore faire ça…
Well, what do you think about this Question?
Ok, I coming to you, I can help you, sure
You must find in the text similar words or sentences …
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Diskussion und Schlussreflektion
Zur Frage der Ein- und Mehrsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht gibt es unterschiedliche Antworten. Die Anhänger der Einsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht lehnen jede Art vom Einsatz Muttersprache und/oder einer anderen Fremdsprache wie Sprachwechsel (Codes-Swichting) im Fremdsprachenunterricht ab und argumentieren, dass der Einsatz von der Muttersprache bzw. einer anderen Fremdsprache auf den fremdsprachlichen Unterricht störend wirken kann, da die Systeme der Sprachen völlig unterschiedlich sind. Die Mischung von Sprachen im Fremdsprachenunterricht kann zu Interferenzen und nicht zum erfolgreichen Lernen führen, daher ist eher irrelevant (Nutzlos) beim Fremdsprachenlernen, eine weitere Sprache zu verwenden. Anhänger des kommunikativen und interkulturellen Ansatzes in der letzten Zeit betonen allerdings auch die Einsprachigkeit und Authentizität im Fremdsprachenunterricht und gehen davon aus, dass Fremdsprachenlerner nur durch die Einsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht befähigt werden, kommunikativ zu handeln. Trotz der positiven Aspekte der Einsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht hat sie auch ihre Schwächen im Fremdsprachenunterricht. Neuere Studien, die vor allem über Fremdsprachenlernen im erwachsenen Alter durchgeführt wurden, haben dagegen gezeigt, dass das Verfahren der Einsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht die Lerner nicht weiter ermutigt, die Fremdsprache zu lernen (Chababy 2007:100). Andere Studien ermitteln darüber hinaus, dass das Vorwissen und größeres Bewusstsein einer mehrsprachigen Person können das Erlernen weiterer Sprachen beschleunigen, indem der Lernende besser weiß, wie er am besten lernt. (Europarat 2001: 132f)
Aus Lehrerfahrungen mit den Französisch- und Englischstudenten konnte ich mehr oder weniger feststellen, dass die Mehrsprachigkeit im Deutschunterricht im Sinne von Sprachwechsel einen positiven Einfluss auf den gesamten Unterrichtsverlauf vor allem bei Lehrer-Lerner-Interaktion genommen hat und relativ sehr effektiv im Deutschunterricht beigetragen hat. Der Wechsel der Sprache auf Französisch bzw. Englisch hat z.B. die Blockaden (Verständnisprobleme/Angst) in der Kommunikation abgebaut und hat wie schon erwähnt bei den Studenten ein gewisses Selbstvertrauen entwickelt. Im Übrigen darf nicht vergessen werden, dass Französisch- und Englischstudenten schon über ein Sprachwissen verfügen, das sie sich zu Nutzen beim Deutschlernen machen können. Daher sollte es meiner Meinung nach, den erwachsenen Fremdsprachenlerner nicht verboten sein, auf ihr Sprachwissen zurückgreifen zu können. Es sei zum Abschluss wichtig zu betonen, einen ausgewogenen Platz für den Sprachwechsel im Fremdsprachenunterricht zu sichern, da sonst das Vorwärtskommen in der Fremdsprache (Deutsch) nicht vorangetrieben werden würde.
Literatur
AMIRDINE, Chababy (2007), Deutschunterricht auf Madagaskar, Mauritius und Komoren mit landeskundlichen und grammatischen Anmerkungen sowie Verbesserungsvorschläge zu den Lehrbüchern IHR und Wir, Saarbrücken Univ, Diss: Peter Lang-Verlag.
APFELBAUM, Birgit (1993), Erzählen im Tandem. Sprachlernaktivitäten und die Konstruktion eines Diskursmusters in der Fremdsprache. Tübingen: Gunter Narr Verlag
BANAZ, Helime (2002), Bilingualismus und Code-Switching bei der zweiten türkischen Generation in der Bundesrepublik Deutschland. Sprach- verhalten und Identitätsentwicklung. Essen: Linguistik
BIMMEL, Peter & Ute Rampillon (2000), Lernerautonomie und Lernstrategien. Berlin: Langenscheidt
BLOM, Jan-Petter & Gumperz John J. (1972), Social meaning in linguistic structure: code-switching in Norway. In: Gumperz John J. & Hymes, Dell (Hg.) 1972. Directions in sociolinguistics: the ethnography of communication. New York.
BUTZKAMM, Wolfgang (1980), Praxis und Theorie der bilingualen Methode. Heidelberg: Quelle/Mayer
Europarat für kulturelle Zusammenarbeit (GeR) (2001) „Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen, Berlin: Lagenscheidt Verlag
HAMERS, J. & M. Blanc (1983), Bilinguisme et bilingualité. Mardaga :Liège
Ministerielle Verordnung n. 500 vom 28. Juli 2013 zum Curriculum des Fremdsprachenstuidums in den algerischen Universitäten. (2013). Récupéré sur Offizielle Seite des Ministeriums für Hochschulbildung und -Forschung: https://www.mesrs.dz/documents/12221/519571/Socle+commun+domaine+LLE Zugriff am 16.07.2019
MYERS-Scotten, Carol (1993), Social motivations for code-switching: evidence from Africa. Oxford: Clarendon Press.
PÄVI, Munukka (2006), Funktionen und Typen des Code-Switchings im DaF-Unterricht, Pro Gradu -ArbeitDeutsche Sprache und Kultur Institut für moderne und klassische Sprachen Universität Jyväskylä. Finnland
POPLACK, Shana (1980), Sometimes I’ll start a sentence in Spanish y termino en español: towards a typology of code-switching. Linguistics. Vol. 18, Nos. 7/8, 581-618.
PÜTZ, Martin (1994), Sprachökologie und Sprachwechsel. Die deutsch-australische Sprachgemeinschaft in Canberra. [Language Ecology and Codeswitching: The German-Australian Speech Community in Canberra]. Series Duisburg Papers on Research in Language and Culture. Frankfurt a. Main: Peter Lang
RAABE, Horst (2015), Reflexionen zu Funktion und Gebrauch der Muttersprache beim Lehren und Lernnen von Fremdsprachen, [In:] Fremdsprachen lebenslang lernen, Konzepte aus der Sprachlehrforschung-Impulse für die Praxis, Festschrift für Karin Kleppin, Berndt, Annete (Herg.). Band 4. Frankfurt am Main: Peterlang: 319-332.
1 LMD steht als Abkürzung von Studiensystem: Licence-Master-Doctorat (Bachlor-Master-Doktorat)
2 Ministerielle Verordnung n. 500 vom 28. Juli 2013 zum Curriculum des Fremdsprachenstuidums in den algerischen Universitäten, 2013
3 Französisch-und Englischstudenten können eineinhalb Stunde (01.30h) pro Woche Deutsch als Nebenfach lernen.