Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 15. Nr. August 2004
 

5.3. I First Learned about Russia from Dostoievski. Literature as an Imaginary Way of Understanding Another Country
HerausgeberIn | Editor | Éditeur: Peter Horn (Pretoria)

Buch: Das Verbindende der Kulturen | Book: The Unifying Aspects of Cultures | Livre: Les points communs des cultures


Literaturwerke als das Verbindende der Kulturen

Binnaz Baytekin (Universität- Sakarya / Türkiye)

 

Was bedeutet Kultur?

Nach der Erklärung von Duden ist Kultur die Gesamtheit der geistigen und künstlerischen Äußerungen einer Gemeinschaft, eines Volkes; die auch die Bildung, die verfeinerte Lebensart bedeutet. (s. Duden.1970,s.397) Durch die entwickelte Technik und Kommunikationsmöglichkeiten ist die ganze Welt kleiner geworden und die künstlerischen, geistigen Äußerungen der Völker und die gegenseitigen Einflüsse untereinander leichter, deutlicher und erreichbar geworden.

Nach dem heutigen Sprachgebrauch bezeichnet Kultur den Gesamtzusammenhang von Theorie und Praxis. Praxis wird als Handeln und Machen verstanden. Kultur ist es, was die Menschen aus sich und ihrer Welt machen und was sie dabei denken und sprechen. "Kultur ist die Emanzipation des Lebewesens Mensch aus der Natur, eine Bewegung, die auf ihre Naturbasis angewiesen bleibt." (s. Maurer in: Hg. Krings/Baumgartner/Wild 1973,s.823) Wenn wir an die Verbindung der Kultur und der Zivilisation denken würden, bezeichnet Kultur ein menschlicher Bedürfnisbefriedigung dienendes, vorindustrielles, wie die Bearbeitung des Bodens, Traditionen u.a. Aber in technisierten und industriellen Ländern tendiert heute die Zivilisation die Basis, das wissenschaftlich- technisch- industrielle Machen. Kultur bezeichnet die ganze, Denken, Sprechen, Handeln, Machen umfassende Lebensform einer Person, einer Gruppe, eines Volkes, einer Religion, einer Völker- und Staatengruppe. Sie bekommt so den Sinn von "höherer Kultur" wie Kunst, Religion, Wissenschaft, Philosophie, Weltanschauung, Media, Kulturpark. Durch literarische Bildung, durch Geisteswissenschaften wird Kultur erweitert, wie Platon, Kant es mit ihren ästhetischen, historischen, ethischen Darstellungen uns ausgedeutet hatten. Nach Eliot ist Kultur weder so noch anders zu machen ist, weil sie die Art und Weise ist, in der gemacht und gehandelt wird. Für Habermass ist es relevant, eine zu der jetzigen Rationalität des Könnens passende Rationalität des Wollens zu entwickeln. Kultur sei die Dialektik von Können und Wollen oder -von Machen und Handeln.

Aus der soziologischen Perspektive wird Kultur als die Gesamtheit der typischen Lebensformen einer Bevölkerung, der sie tragenden Geistesverfassung, insbesondere der Wert- und Einstellungen. (s. Mühlmann in: Bernsdorf 1973, s. 479) Das kulturelle Leben der Gesellschaften, Regionen, Sippen, Stämme, oder Mann und Frau bewirken Differente in Wirtschaft, Recht, Staat, Religion. Kultur umfasst auch die Einheit der Sprache, die Siedlungsform, Lebensgewohnheiten wie Essen, Trinken, Bekleidung, moralische Anschauungen, soziale Organisationen, politische Einheit, Kultursysteme, Demokratisierung, zivilisatorische, technische, Ausrüstung, Unwandelbarkeit, Ungeschicklichkeit, die Haltung der Intellektuellen, kritisch Reflektierenden, Reaktionen in der Kunst, in der Poesie, soziale Utopien, Weltanschauung des Menschen u.a.

Das kulturelle Leben in den Regionen, in den Ländern, in den Schichten in seiner Vielseitigkeit mit innewohnenden Widersprüchlichkeiten und Kontroversen hat seine Wurzeln in der jahrhundertealten Tradition. Durch die Freiheit der Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre, durch finanzielle Unterstützungen und durch die Ausbildung werden schöpferische Kraft und Phantasie im kulturellen Leben eines Landes begünstigt (s. Kulturelles Leben in Bundes Republik Deutschland, s. 7 ) , weil es Literatur, Bildende Künste, Museen und Ausstellungen, Theater, Musik, Kunsthandwerk, Architektur und Denkmalpflege, Design, Film und Fernsehen, Brauchtum und Feste, Austausch und Begegnung umfasst, wie es auch von UNESCO vorgesehen wurde.

 

Verbindung zwischen Literatur- und Kulturwissenschaft

Norbert Groeben betrachtete die Literaturwissenschaft als empirisch-disziplinäre Kulturwissenschaft, weil die Konzeption des Symposiums "Germanistik! Forschungsperspektiven 2000" unter den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der (germanistischen) Philologie vor allem das Charakteristikum "Informationsgesellschaft" in den Mittelpunkt der Frageperspektiven gestellt hatte.(s. Groeben in: Jäger/ Switalla 1994,s.79)

Wie Franz Hebel in seinem Artikel " die Rolle der Literatur in der Kulturvermittlung..." es ausdeutete, betrifft "das Kriterium der Repräsentativen Relevanz" literarischer Texte eine zweifache Beziehung: Die zur geltenden Kultur der Entstehungszeit und die zur geltenden Kultur in der Zeit der Aufnahme." (s. Hg. Wierlacher 1980, s. 388 ) Nach Hebel' s Meinung sei Kultur Tätigkeit und Tätigkeit verschiedener Akt. Kulturelle Tätigkeiten sind als alternativ zur herrschenden Kultur, als oppositionell - und nach ihrer zeitlichen Beziehung, als risuduale Elemente und als neu entstehende Elemente der jeweils gegenwärtigen Kultur zu unterscheiden.

Literaturtexte, die sich zum Ziel setzen, die Menschen und die Kulturen zu verbinden, die anderen über Fremde landeskundlich zu informieren, dienen in der globalisierten Welt der internationalen Kooperation statt hegemonialer Dominanz, weil die Zeiten, in denen das machtpolitische Kalkül der Dynastien und Kabinette die Außenpolitik der Staaten bestimmte, vorbei sind.(s. Witte in: Wierlacher 2000,s.56)

Da wir durch Literaturwerke eigene und fremde Menschen, fremde Länder, die Weltanschauungen der Menschen, ihre Lebensweise erfahren, haben diese Texte eine Vermittlerrolle, sie sind die Verbindenden der Kulturen, die sowohl den Muttersprachlern als auch den Auslandsgermanisten/Innen einen umfangreichen und relevanten Forschungsbereich anbieten. "Die Interkulturelle Germanistik als ein Teil einer angewandten Kulturwissenschaft lehrt kulturelle Unterschiede zu respektieren und ihre Erkenntnis zum besseren Verstehen des Eigenen und der fremden Kultur zu nutzen." (s. Wierlacher 2000,s. 67)

Erziehungsziele von UNESCO und die der ganzen Menschheit beachtend möchte ich einige Schriftsteller und ihre Werke aus der deutschsprachigen Literatur in differenten Literaturepochen und in differenten Bereichen behandeln, die bei der Verbindung der Kulturen als landeskundliche, kulturelle Kenntnisse, Weltanschauungen, als Intentionen der Autoren, einen großen Beitrag geleistet haben.

 

Zur Verbindung der Kulturen: Modellbeispiele aus der Praxis

1. Johann Wolfgang von Goethe und "Faust"

In "Faust", der Tragödie in zwei Teilen von J. W. von Goethe können wir erst mal wegen seines Stoffes das Volksbuch, die Puppenspiele in den Kindheitsjahren von Goethe in Frankfurt, das verbreitete Teufelsbund im Mittelalter, den wissensdurstigen Helden und seine Orientierung zur Magie, seine Wendung von protestantisch-dogmatischen Standpunkt aus polemisch gegen das panreligiös gestimmte Erkenntnisstreben der Zeit finden.(s. Kluge/Radler 1974,s.178) In der Aufklärung änderte sich das Faustbild und aus dem verbrecherischen Apostaten und Gotteslästerer wurde ein lächerlicher Zauberkünstler und Obskurant. In der Zeit des " Sturm und Drang" wurde Faust zum Sprecher des titanischen Ich- und Freiheitsgefühl der jungen Generation und spottete der Bevormundung durch religiöse Tradition und antimystische Ratio gleichermaßen. Was uns besonders interessiert, ist es, dass die Gegensätze der Klassik und der Romantik sich in der nachklassischen Schaffenphase von Goethe versöhnen. Durch seine klassischromantischen, meisterhaften Darstellungen kommen Helena-Akt, der Kaiserhof, gesellschaftliche, merkantilistische Realitäten, der Prolog im Himmel, unbefriedigte Studien der Wissenschaften, trockener, traditionsgebundener Rationalismus, satanische Mächte, die wirkende Kraft der Natur, Osterglocken, Aufstehungschöre, feiernde Bürger und Bauer zu uns näher. Fremde Länder, fremde Kulturen kennen zu lernen, liegt auch im Herzen von Faust, von Goethe:

"Ja, wäre nur ein Zaubermantel mein,
Und trüg' er mich in fremde Länder!
Mir sollt' er um die köstlichsten Gewänder.
Nicht feil um einen Königsmantel sein." (Kluge/ Radler 1974,s.178)

Wir erfahren durch ironische und kritische Darstellungen von Goethe über Lehren und Lernen, Bierstuben mit Studenten in Leipzig, oder es, wie die Bindungen junger Mädchen an Familie und Traditionen in mittelalterlicher Stadt waren, oder wie man sich wegen der Entehrung der Mädchen an Schuldigen rächen wollte, und wie religiöse Bindungen an Gott die Menschen vor Teufel mächtig und unerreichbar machten, und wie die Zeiten, die Kulturen oder die Menschen durch Heirat zusammen kommen können, wie in der Helena-Akt Romantik und Klassik, Helena und Faust, die germanische Romantik und die ästhetische, griechische Klassik zusammengekommen sind. Weiter werden durch Faust kosmische Mächte, Antik-Zeit, kaiserlicher Hof, politisch-soziales Handeln, legitimes Reichtum oder inflationistische Papiergeld, die Urbilder der Schönheit, Wechselbeziehungen von Kunst und Leben, von Idee und Realität, von nordischer und mediterraner Geistigkeit, von Form und Geist, Faust' s christlich-aufklärerische Rettung durch Engel werden zum Ausdruck gebracht.

2.Das Versdrama "Nathan der Weise" (1779) von Gotthold Ephraim Lessing

wurde mit einer aufklärerischen Intention in seiner Bibliothekarzeit geschrieben. Lessing ,den das undogmatische und religionskritische Werk von Samuel Raimarus beeinflusste und ihn mit der zeitgenössischen Orthodoxie auseinander setzte und mit dem Hamburger Pastor Melchior Goeze in Konflikt geraten ließ, hatte dieses Drama nicht nur als eine " Frucht der Polemik" geschrieben, sondern er war auch von Boccaccios Decamerone fasziniert, in dem die Geschichte des Juden Melchisedech mit der alten Wanderfabel mit drei Ringen erzählt wurde. Durch "Nathan der Weise" wird der Ort des Geschehens, d.h. die Stadt der Weltreligionen, Jerusalem, zur Zeit der Kreuzzüge vorgestellt, wo Christentum, Judentum und Islam unmittelbar aufeinander treffen. Die Personen im Drama wie Nathan, der Jude, dessen Frau und 7 Kinder ermordet worden sind, Recha, seine angenommene Tochter, ihre Gesellschafterin die Christin Daja, ein junger die Recha vor dem Feuertod rettende Tempelherr, der einem christlichen Ritterorden angehörte und bei einem Gefecht in Gefangenschaft geraten war und von Sultan Saladin, dem Muselmann begnadigt wurde, weil er sich Saladin' s gestorbenem Bruder Assam ähnelte, und die Handlungen da, wie das Wunder beim Retten des Tempelherrn die Recha vor Feuer, das erfahrene, kluge Demonstrieren des Nathan die Kraft aufklärerischer Weisheit, die finanziell schwere Lage des Sultans, sein Testen die Vernunft des Juden und seine heikle Fragestellung nach der wahren Religion und Abspeisen den Sultan mit einem Märchen um den echten Ring und die Antwort des klugen Richters sind ein Zeichen für Zusammenkommen und Miteinanderleben der Menschen aus verschiedenen Religionen, Kulturen. Die Worte des Richters betonen auch den Maßstab für die Echtheit des Rings im praktischen Handeln:

"Es eifre jeder seiner unbestochnen
Von Vorurteilen freien Liebe nach!
Es strebe von euch jeder um die Wette ,
Die Kraft des Steins in seinem Ring an Tag
Zu legen! Komme dieser Kraft mit Sanftmut,
Mit herzlicher Vertraglichkeit, mit Wohltun,
Mit innigster Ergebenheit in Gott,
Zu Hülf'! " (Lessing 1985,s.74)

Das Drama zeigt uns auch, dass die Religion, in welcher Gestalt sie auch immer auftritt, sich durch praktische Humanität ausweisen muss und dass die Individuen, die den verschiedenen Religionen angehören, sogar einander leidenschaftlich lieben, Geschwister werden können und viele Menschen ohne Geistes- und Seelenverwandtschaft einander kennen und umarmen können. Somit zeichnete Lessing der Menschheit einen Weg in eine paradiesische Vollendung, eine schrankenlose Solidarität, Abbauung der Vorurteile und das Ersetzen der Leidenschaft durch die Vernunft. (s. Lessing 1985; Kluge/ Radler 1974; Frenzel 1975)

3. Ernst E. Hirsch und seine unzeitgemäße Autobiographie

Prof. Dr. jur. Dr. h.c. Ernst Hirsch beschreibt zuerst in seiner unzeitgemäßen Autobiographie "Aus des Kaisers Zeiten durch die Weimarer Republik in das Land Atatürk' s" (1982) bemerkenswerte Häuser wie das Goethehaus in Frankfurt a.M. am Hirschgraben, seine Kindheitserinnerungen, Kasperletheater, "Dietemannshusen" als der Spitzname für Eschwege an der Werra, wo das Wahrzeichen der Stadt als barocke Kunstuhr von 1650 zur Mitternachtsstunde noch immer in sein Horn bläßt, (s. Hirsch 1982,s.25), den Friedberge "Boulevard", "Soldätches Spielen" in der Burg in Friedberg, die "Stadt der Türme" genannt wird, seine Leistungen in der Schule, Klassenaufsätze, Sozialaktivitäten, Oberprimar, Erlebnisse und Stimmungen am Kriegsende.

Im zweiten Teil der Autobiographie von Ernst Hirsch werden die Goldenen Zwanziger Jahre, seine Lehre in Kopierpresse in Berlin besonders in der Zeit des Militärputsches und des politischen Generalstreiks, sein bürgerliches Berufsleben als Lehrling,- Bankkaufmann, sein Studium als "Werkstudent" an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakültät bei der Universität Frankfurt, Inflation, die Lebenskosten, (s.ebd.,s.116),seine erste juristische Staatsprüfung an der Landes Universität- Gießen, die Galoppierung bei der Inflation, Doktorgrad 1924, Gerichtsreferendar am Amtsgericht Offenbach a.M., in der Assessorprüfung, Start auf der akademischen Laufbahn, und - auf der Richterlaufbahn, sein Privatleben, Umbruch mit dem Kommen von Hitler an die Macht mit soziokulturellen, ökonomischen Angaben intim und als Selbsterlebnis dargestellt.

Im dritten Teil der Autobiographie macht Ernst Hirsch sein freiwilliges Verlassen die Heimat und seine Lebenszeit als Professor der Rechte im Lande Atatürk' s ausdrücklich klar und erklärt mit einer Vorbemerkung über Buchstaben in der türkischen Alphabet mit ihrer phonetischen Besonderheiten wie c= dsch, = tsch, = kaum hörbares deutsches Dehnungs h, i= dumpfes e, j= j in französischer Aussprache, = sch, v= w, y= j, z= s (s.ebd.,s.171) und darüber, wer Mustafa Kemal ist, den offiziellen Ruf von Prof. Malche an den Lehrstuhl des Handels-recht an der Universität- Istanbul im Jahre 1933,erste Beziehungen mit den deutschen Bekannten in Istanbul in "Köprü", "Tünel", Beyoglu", seine Erlebnisse in der Universität- Istanbul, Serailspitze, Galataturm, Ayasofya, Sultan Ahmet Moschee, Ufer Gülhane, Beyazit-Turm, verwirrende Ansammlung von Kuppeln und Minaretten, Bedestan, "selber einer, der in der deutschen Heimat wegen seiner minderwertigen Rasse missachtet, verjagt wurde und diesmal als ein ausländischer Emigrant weit hinten in die Türkei inmitten von Kristal, Alabastar, Marmor, Porphyre, Intarsien strotzenden, mit kostbaren Möbeln, Teppichen und Gemälden ausgestatteten ehemaligen Thronsaals, als einer zu der oberen Tausend gerechneter deutscher Professor stand.(s.ebd.,s.191) Hirsch erklärt uns inzwischen autobiographisch und landeskundlich, wie Geburtswehen der "Universität -Istanbul" waren, seine Tätigkeit als Fakültätsmitglied, als Forscher, als Bibliothekar, sein Privatleben, seine Badereisen und Reisen durch und um die Türkei, La Turquie Kemaliste, das miterlebte zweite Jahrzehnt der Kemalistischen Türkei, fast ein Jahrzehnt in Ankara und Einbürgerung, seine Tagebuchblätter aus Ankara über Entstehung der Gesetze, als türkischer Professor in der Amerikanischen Besatzungszone Deutschlands zuerst in München, Stuttgart, und Frankfurt a.M. 1948, später im amerikanischen Sektor von Berlin, sein Rektorat an der Freien Universität -Berlin und sein Ehrendiplom der Universität- Istanbul vom 26.05.1978.

4. Barbara Frischmuth und "Das Verschwinden des Schattens in der Sonne"

Frischmuth, die österreichische Autorin, die früh und intensiv ihr mit nicht verwandten Sprachen wie Ungarisch und Türkisch zu tun hatte und mit diesen fremden Sprachen umgehen wollte, musste sich ihnen anpassen, wie sie sich später wegen ihrer wissenschaftlichen Studien das Leben in einem anderen Land anpassen sollte. In ihrem Roman "Das Verschwinden des Schattens in der Sonne" ist eine Orientierung, d. h. eine Ausrichtung auf türkische, orientalische Umwelt hinzuweisen. Mit der Reise einer Studentin der Orientalistik, das Ich des Romans, nach Istanbul, um die Materialien für ihre Dissertation über die Geschichte des alevitischen Ordens der Bektasi zu finden, beginnt Suche nach der Vergangenheit. Während Forschungen zermürben die Stadt und die Menschen die wissenschaftliche Konzentration der Ich-Erzählerin, die Menschenbilder und politische Situation in der Türkei zeigt, wie eine türkische Lehrerin, die Deutsch lernen wollte, eine andere heimlich Wodka trinkende und sich emanzipiert fühlende junge Dame, ein türkischer Arzt, der Liebhaber der Ich-Erzählerin, ein Student, der noch ein Ziel erreichen wollte, ein Professor, der sie berät, und seine tatarische Frau, die der Ich- Erzählerin erotische Legenden des Ordensstifters Haci Bektas erzählte, Teilnahme der Studenten an den revolutionären Studenten Bewegungen, das Fliehen- Wollen aufs Land, aber das Scheitern der Flucht wegen Geschossenwerden, das Verschwinden des Exotischen. Individualistische Abenteuer und konkrete, politische Situation des Landes wurden märchenhaft und mit einem Fremdbild und zugleich wurde der Entwicklungsprozess der Hauptfigur mit einem Selbstbild und Interesse erweckend dargestellt, was auch für das Schrifttum der österreichischen Autorin und für das Näher- Kennen- Lernen der Kulturen eine sehr wichtige Bedeutung bilden könnte. (s. Frischmuth 1974; Aytaç 1990)

5. Günter Grass und " Kopfgeburten- oder Die Deutschen sterben aus"

Wenn wir die Stimmen zum Nobelpreisträger beachten würden, sagte Jürgen Habermass, dass mit dem reichen und breit ausladenden Werk die Auszeichnung zugleich dessen zeitgenössische Wirkung über Mentalität und die geistige Haltung bestätigte. Nach der Meinung von Völker Schlöndorff "bevölkern mehr sein Oskar Matzerath, seine kaschubische Großmutter, seine Köchinnen, seine Rättin, seine Fischerfrauen und viele Kopfgeburten schon längst die deutsche Mythologie, als wären sie Sagen und Märchen entsprungen. Diese Figuren werden auch sein Jahrhundert überdauern. (s.http://www.literaturseiten.de/grass-stimmen.htm)

Aus der Perspektive von Christa Wolf wäre und sei Grass als Künstler und Zeitgenösse, ein kritischer Wegbegleiter der deutschen Nachkriegsgeschichte, in den letzten zehn Jahren auch des Einigungsprozesses in Deutschland. Hans Georg Gadamer erklärte, dass die enorme Begabung von Grass, die eine tiefe Verwurzelung in seiner Herkunft und der Zeitgeschichte zeigt, immer unverkennbar war. György Konrád bewundert die Haltung von Grass in der Öffentlichkeit; immer Menschen verteidigend, solidarisch mit Minderheiten, mit Flüchtlingen, mit Menschen in Not, unabhängig davon, ob es politisch opportun ist. Konrád hält ihn auch für einen Patrioten, weil er gleichzeitig substantielle nationale Selbst-kritik übt. (s.ebd.,s.1/1)

Wenn wir den Roman "Kopfgeburten oder die Deutschen sterben aus" (1981) von Günter Grass als ein Beispiel, das verschiedene Kulturen zu uns näher bringt und die Menschen und die Kulturen zu verbinden versucht, beachten würden, sehen wir da, dass ein Lehrerehepaar aus Itzehoe im Sommer 1980 eine Ferienreise nach Asien machte und in Bangkok, in Bombay oder auf Bali, trotz der andringenden Bilder der Dritten Welt, die deutsche Fragen nicht los werden konnte. Der Erzähler, der Autor, mischt sich immer wieder in die destriktiven kulturellen und sozialen Angaben, weil er auch mit seiner Frau im Herbst und Winter 1979 eine China-Reise hinter sich hatte und ihnen dort die krause Idee gekommen war, wie es wohl wäre, wenn nicht Chinesen sondern die Deutschen ein Volk von 950.000.000 Menschen wären. Weiter erfahren wir, wie das Leben des Lehrer-ehepaars in Deutschland ist, sie sich eine Katze halten und noch immer kein Kind haben und dazu noch nicht bereit sind, eine Verantwortlichkeit zu übernehmen, während manche Politiker befürchten, die Deutschen in ihren beiden Staaten aussterben. Zwischen dem "Kind Ja" und dem "Kind Nein" ist das Lehrerehepaar unentschlossen, weil man die Zukunft nicht kennt und es Kernkraft, Rentnerberg, Kommunismus da und Kapitalismus hier gibt und Inder, Chinesen, Türken vor der Tür stehen, und es die Kopfgeburten der deutschen Schriftsteller diesseits und jenseits, die hinterlassenen Gedichte der Toten, die Literatur gibt.

In diesem Roman mit voller Rollentausch, Ortswechseln, Zeitverschiebung, voller Luft- und Gedankesprüngen finden wir deutsche Kultur in der Vergangenheit, in der Gegenwart und auch die Zukunft betreffend, das chinesische und indische Sozialleben mit übermäßiger Einwohnerzahl und mehr besonders in Armut, in ihrer Mentalität aber mit ihrer Menschlichkeit, und die deutsche Literatur in DDR und -in BRD, die Bestrebungen und die Funktionen von Schriftsteller/ Innen, der Dichter/Innen zur Einheit von Deutschland, und ein multikulturelles Leben wegen Arbeitsmigranten in Deutschland mit vielen Chinesen, Indern und Türken und mit ihren Kindern vor der Tür. Die Gedanken von Grass sind nicht nur damit, begrenzt, er schildert mit einer weltweiten Perspektive, dass es zu viele Kinder in Indien, Mexiko, Ägypten, in China gibt und in was für eine Zukunft die Menschen das Kind laufen lassen. Während Grass die Zukunft als Selbstgespräch voller Ironie und Witz und die Gegenwart als ernste Lage schilderte, gab er uns viel mögliche kulturelle Angaben aus Deutschland, aus beiden deutschen Staaten, aus der Vergangenheit und aus dem Asien. Somit übernimmt Grass als ein Schriftsteller seine Rolle, die Kulturen zu verbinden und die anwesenden Probleme zu lösen. (s. Kluge/ Radler 1974,s.471-474)

6. Hanne Straube und "Insallah" (Leben in einem türkischen Dorf)

Hanne Straube, die Autorin des Buches "Insallah", die mit ihren Eltern mehrere Jahre in der Türkei in Samsun gelebt und dort die Schule besucht hat, stellt uns mit ihren erkenntnis- und erfahrungsvollen, soziokulturellen Beobachtungen, Besichtigungen, Selbsterlebnissen türkische kulturelle Kenntnisse vor, die für das Verbinden der Kulturen, für Erkennung und Erweiterung interkultureller Beziehungen eine relevante Bedeutung haben könnten. Im informativen, landeskundlichen Buch werden der türkische Hennaabend, der Hochzeitsball, Baumwollepflücken, die vergrabene Nabelschnur, das Schicksal der Frauen, der Fastenmonat-Ramazan, das Zuckerfest, das Regengebet, der Kamelkampf, das Opferfest und die Traditionen im Dorf ausführlich dargestellt. Der Titel des Buches "Insallah" ist sogar ein Zeichen für kulturelle Angaben in der türkisch-islamischen Kultur, das -so Gott will-, hoffentlich- bedeutet, und man in jeder Zeit sagt, wenn man z.B. nach einem schönen Wetter vor dem Abend vor Hochzeit wünscht, oder immer dann, wenn etwas nicht genau vorauszusehen ist, oder man danach wünscht, ob morgen die Sonne scheint, die Baumwolle blüht, das Huhn ein Ei legt oder die Schafe vollzählig im Stall eintreffen, oder wenn man etwas im Leben nicht genau wissen kann.(s. Straube 1989,s.9-10)

Die Anreden im Dorfe wie " Große Schwester ","Großer Bruder", "Herr", "Frau" und Glaube an Allah und daran, dass blaue Perle die Menschen gegen bösen Blick abwehren wird, und es, dass Bier-und Rakiflaschen zwischen den Burschen hin und her gehen, obwohl das heilige Buch, der Koran ihnen jeden Schluck Alkohol verbietet, und sie deshalb scherzhaft "die mit dem verrückten Blut" genannt werden, und daß man mit dem rechten Fuß und mit einem "Bismillahirrahmanirrahiym", im Namen des Erbarmer' s, einem Wunsch tritt, u. a. werden kulturbezüglich ausdrücklich klar gemacht. Ein Teppich mit der neuen Bosporusbrücke an der Wand und ein Bildnis Atatürk' s, des Gründers der modernen, laizistischen und friedlichen Türkei sind auch zu erwähnen. Die anderen Traditionen, wie einem Kind einen Nabelnamen zu geben, die Nabelschnur bis zum 40.Tag aufzubewahren, leckere Teigkringel zu backen, Saubersein für Beten und- in der Wohnung,6.Mai,das Frühlingsfest u. a. werden betont. Daneben bringt Straube uns auch sozioökonomische Situation der Türkei, Kranken- und Renteversicherungsmöglichkeiten da, strebsame türkische Frauen und bequeme Männer, medizinische oder abergläubische Behandlungen, Ausbildungswunsch der Mädchen und islamische Verbote weiter näher und bietet als Kulturvermittlerin den deutschsprachigen Lesern eine Gelegenheit an, die türkische Kultur näher kennen zu lernen.

7. Alev Tekinay und "Nur der Hauch vom Paradies"

Tekinay, die türkische Schriftstellerin und die Universitätsdozentin in Augsburg, hat mit ihren Werken "Die Deutschprüfung"(1989),"Es brennt ein Feuer in mir" (1990),"Das Rosenmädchen und die Schildkröte"(1991),"Nur der Hauch vom Paradies"(1993) viele wichtige Literaturpreise in Deutschland erworben, wie Literaturpreis des Münchener Instituts für Deutsch als Fremdsprache, später Adalbert von Chamisso Förderpreis. Daneben hat sie wissenschaftliche Aufsätze, Lehr- und Wörterbücher, Erzählungen und Gedichte in Anthologien geschrieben, die der Migranten- Literatur gehören und Gefühle, Gedanken, Identitätsfrage in zwei Kulturen, Integration, universale Verständigungs- und Friedenthema und die kulturellen Angaben beinhalten. Da die Werke in der Migranten- Literatur in die komparatistische Literatur- und Imagewissenschaft gehören, beschäftigen sich "diese Werke mit ästhetischen Fragen und mit der gesamten Kultur eines Volkes, seinen Trachten und Sitten, seinen Aberglauben und seinen Werkzeugen" wie Wellek / Warren erwähnt hatten.(s. Wellek/ Warren 1985,s.50) Außerdem das Studium dieser Werke, die Kulturen miteinander verbinden, die Kulturen mit der Sprache, mit der Literatur, mit dem Leben der Menschen zusammen bringen, dienen der Komparatistik- und Imagestudien und bringen die Literaturwissenschaftler verschiedener Nationen, ihre Schriftsteller, ihre Literaturwelt näher zueinander und bieten einen friedlichen Dienst an.(s. Aytaç 1997,s.95)

Der Roman "Nur der Hauch vom Paradies" bietet uns die Anordnung der gesellschaftlichen Beziehungen, die in verschiedenen Kulturen gültig sind, die Weltanschauungen, die Wahrnehmungen der Fragen, die Ästhetik und die Reihe der Wertstrukturen an, wenn wir an die Funktion der Imagewissenschaft denken würden, wie Kula es erklärt hatte.(s. Kula 1992,s.18) Tekinay erklärt das türkische Vatermotiv als Vergangenheit, Kultur, Heimat, Traditionen, Autorität, Wurzeln, die Zweite Generation beeinflussen, so geschickt wie beim Erzählen von Franz Kafka. Sie bringt es zum Ausdruck, dass die Kinder aus der Perspektive der türkischen Eltern vor allem Deutsch lernen sollen, nicht so radebrechen wie die Eltern, sondern Deutsch sprechen und inzwischen ihre Muttersprache nicht vernachlässigen. (s. Tekinay 1993,s.64) Sie drückt es aus, dass die Zweisprachigkeit den Menschen das Gefühl gebe, in beiden Sprachen, in fremden Gewässern zu schwimmen. (s.ebd.,s.90) Sie, als Verbindende der Kulturen, erwähnt auch deutsche kulturelle Angaben, wie z.B. deutsche Klassik im Radio in Nachbarschaft wie leise Perlen, sanfte Klaviertöne von Schumann und Schubert, Schmücke an Christbäumen zu Weihnachten, Geschenke, Eingeladenwerden von Deutschen und große Ehre darüber, Duzen deutscher Studenten die Professoren und türkisch-islamische kulturelle Charakteristik wie Zuckerfest mit Süßigkeiten, Zähneputzen, Sich- waschen, Elham, d.h. islamische Version des Vaterunsers, Siezen der Jugendlichen die Erwachsenen, Gut-Beherrschung ihrer Muttersprache, um in fremden und in heimischen Gewässern gleich gut schwimmen und erkennen zu können, (s.ebd.s.91) rituelle, kulturelle Traditionen wie Duschen nach jedem Geschlechtsakt, das Schweinfleisch als größtes Tabu, ein Herz voller Liebe aller Leute aus dem Mittelmeerraum.

Als Erinnerungen und durch Rückblendetechnik werden die Möwen mit ihren Flugkünsten in Izmir, die Beschneidung, die Mannwerdung, Förderung der Ehen damals innerhalb der Sippschaft in manchen Regionen, türkische Mädchen wie schüchterne Gazellen, ihre Ablehnung auf die Beziehung mit Jungen wegen Nichtgesehenwerden, wegen Jungfräulichkeit, die türkische Welt mitten in der Bundesrepublik, deutsche Kolonie und ihr Wohlfühlen in der Türkei, ihre Vergötterung von den Einheimischen auktorial, sozialkritisch ausdrücklich klar gemacht. Folgende Sätze in der Migranten- Literatur, die auch die Kultur und die Weltanschauungen der Menschen symbolisieren, sind hinzuweisen:

"Ich bin ein Baum, der sich fast 3000 km. biegt. Die Wurzeln wachsen in der
anatolischen Erde, die Blüten in Deutschland. Und obwohl ich mich 3000 km.
biege, spüre ich keine Schmerzen. Die Verwandlung bedeutet für mich Eins-
werdung. Nicht nur mit Sabine, sondern auch mit mir, mit der ganzen Welt.
Es ist wie eine süße Versöhnung. Ich spüre das Leben und die Liebe in
meinen Gliedern, .Die Liebe gilt nicht nur Sabine, sondern allen Geschöpfen
dieser Erde; sie gilt der ganzen Welt." ( Tekinay 1993,.190)

8. Karl Friedrich May (1842-1912) und seine Reise-Abenteuergeschichten

Am Anfang seines Lebens im größten Elend und mit einer Nachtblindheit, später in seinem umstrittenen Leben auch mit Verhaftungen hatte Karl Friedrich May durch die Märchenromantik seiner Großmutter, durch grausame, strenge Erziehungsmethoden seines Vaters, durch die Verbindung zu seinem Paten, dem weitgereisten Schmied, durch Rache- nehmen- wollen an die Leute, die ihn am Anfang mit Intrige schuldig hielten, durch zu viele Bücherlesen in Bibliotheken und auch in der Bibliothek im Gefängnis, sein Schrifttum erworben und für seinen Lebensunterhalt bestellte Abenteuer-Bücher bei Münchmeyer ,- Rosegger ,- Fehsenfeld ,- Max Fuchs, bei Fischer 74 Europa, Asien, Afrika und Amerika

(Westen) bezogene Reise-Abenteuergeschichten mit den berühmten Romanhelden wie Winnetou, Kiang Lu, Tui Fanua, Kara Ben Nemsi, Hadschi Halef Omar, Derwisch, Satan und Ischariot u.a. fiktiv geschrieben,(- alle von Manfred Pawlak im Jahre 1983 neu veröffentlicht-) bevor er die erzählten Länder, Kulturen, Menschen besucht und kennen gelernt hatte.(s. http://www.karl-may-Stiftung.de/biograph2.html ) Er schrieb seine Reise-Abenteuergeschichten, die der Trivialliteratur gehören, so faszinierend, enthusiastisch und impulsgebend, dass die Leser sie bewundern, fremde Länder, fremde Kulturen, Glück und Reichtum in der Fremde, in der Ferne kennen zu lernen. Seine Reisen fingen erst 1897 durch Deutschland um Österreich an, wobei er zu viele Besuche hatte.1899-1900 reiste er in den Orient, nach Genua, Kairo, Beirut, Haifa, Jerusalem, Jaffa, Aden, Sumatra, Pisa, Rom, Neapel, Damaskus, Zypern, Istanbul, Korint, Bologna, Athen, Korfu, Venedig, Bozen.

"Karl May ist ein anderer Mensch geworden - die Old - Shatterhand -Legende
ist tot. Allein Menschenliebe und Aussöhnung der Völker sind fortan seine
großen Ideale, auch im Privatleben gibt es eine Zäsur, die Sinnlichkeit
Emmas vermag ihn nicht mehr zu fesseln." (s. http://www. Karl-may-stiftung.de/biograph2.html)

Für Joseph Kürschner schrieb May seinen pazifistischen Roman "Et in terra pax", somit unterlief er die imperialistische Tendenz - den Hurra - Patriotismus -des Sammelwerks "China", in dem sein Text erschien, wobei mehrere Anti- May - Vorträge gehalten wurden. Mit "Mir von Dschinistan"(1907) schuf May den Sprung zur Hochliteratur und verfasste "Frau Polmer" ,eine psychologische Studie "Schmach". Der Anthropologe F. S. Krauss besuchte May und nannte ihn "einen Segen für die Menschheit", während Rudolf Lebius ihn "für einen geborenen Verbrecher" hielt.1908 machte May mit seiner Frau, Klara, seine erste und einzige Amerikareise.

Karl May, der zu den meistgelesenen Reiseschriftstellern der Welt gehört, erklärte, dass er den Leser hinauf in das Gebirge führen wollte, da viele kamen, um seine Berge kennen lernen wollten, um sich zu unterhalten. Er führte sie dann einen anderen Weg, der von der flachen Wüste aufwärts stieg, durch fremdes Land und fremde Völker...

"Auf diesem Weg begann man zu begreifen...nur das Gewand für geistig
frohes Forschen. Man hat gelernt, zum Sinn hinabzusteigen, der uns des
Erzes Adern, der Tiefe Reichtum zeigt. Wer das ihm Nahe nicht verstehen will,
den muss man klüglich in die Ferne leiten, wenn auch auf die Gefahr, dabei
verkannt zu werden! Heute kehre ich nun ins Vaterland zurück"(May 1983,s.7)

Zum Schluss möchte ich hinfügen, dass es viele Perspektiven wie Ethnologische-, Philosophische-,Kulturgeschichliche-,Kommunikationstheoretische-, Religions-geschichtliche-, Hermeneutische-, Theologische Perspektiven gibt, um den Fremden zu begegnen, ihn zu sehen, ihn zu denken, mit ihm zu sprechen, ihn einzuordnen, ihn zu verstehen, ihn einzuladen, wie Theo Sundermeier uns "den Fremden verstehen" aus einer praktischen, hermeneutischen Perspektive dargestellt hat.(s. Sundermeier 1996,s.19-198) Die Grußworte- in Zitation von C. P. Snow- von Klaus Dieter Wolff über die Bedeutung von Kulturwissen, die wie folgt lauten, zeigen, wie die internationalen Beziehungen und die Kommunikation im internationalen System in der Praxis hergestellt werden sollten.

"Um andere Menschen zu verstehen, genügt es nicht, unsere Köpfe zu
informieren. Nur wenn wir auch unser Herz informieren und zur Begegnung
und zur Zusammenarbeit öffnen, indem wir lernen, aus uns herausblicken
und die Lage anderer Menschen nachzuempfinden, erst dann beginnt unser
Dasein in der Gesellschaft."(Wolff in: Hrsg. Wierlacher 2000,s.53)

Durch die Vermittlung von Kenntnissen über andere Länder und ihre Kultur, durch die Landeskunde entwickeln und erweitern sich das Kulturverstehen und Toleranz, die zu den traditionellen Lern -und Lehrzielen der Erziehungsprogramme gehören und zur Völkerverständigung und zum interkulturellen Lernen einen Beitrag leisten, deren Grundlagen auch in differenten, pädagogischen Initiativen und Appellen der UNESCO beachtet und behandelt werden.(s. Otto in : Wierlacher 2000,s.345) Die durch Literaturtexte, Kommunikationen, Reisen, Kontakte entstehende Toleranz wird von Karl Jasper als "Vollzug der Anerkennung ","das Ernstnehmen des Fremden" bezeichnet; Iring Fetscher erklärte sie als "Anerkennung der Legitimität des anderen in seiner Andersartigkeit". (s. ebd., s.434) Für Mitscherlich bedeutete sie, andere und fremde Mitmenschen in der Absicht zu ertragen, sie besser zu verstehen, weil Toleranz auch ein multiperspektivisches Sehen ist. Es ist hier wieder bemerkbar zu machen, dass die an der interkulturellen Kommunikation beteiligten Bereiche Sprache, Welt- und Kulturwissen, Sozialstruktur, situativer Kontext und selbstverständlich die Literatur und die Literaturwerke sind. Aus diesem Anlass ausgehend, möchte ich betonen, dass die Autoren/Innen, die Dichter/Innen und ihre Literaturwerke, deren Bereiche, Gattungen, Literaturepochen, Schreibintentionen, Mitteilungen different sein könnten, Brücken zwischen Kulturen zu bauen versuchen und zum Welt- und Kulturwissen, zur Toleranz , zur Völkerverständigung, zum Abbauen der Vorurteile Beitrag leisten können.

© Binnaz Baytekin (Universität- Sakarya / Türkiye)


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5.3. I First Learned about Russia from Dostoievski. Literature as an Imaginary Way of Understanding Another Country

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For quotation purposes:
Binnaz Baytekin (Universität- Sakarya / Türkiye): Literaturwerke als das Verbindende der Kulturen. In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 15/2003. WWW: http://www.inst.at/trans/15Nr/05_03/baytekin15.htm

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