Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 15. Nr. Mai 2004
 

10.2. Cyberspace - die Verbundenheit der Differenz: Kommunikation ohne Grenzen
HerausgeberIn | Editor | Éditeur: Gerald Ganglbauer (Sydney)

Buch: Das Verbindende der Kulturen | Book: The Unifying Aspects of Cultures | Livre: Les points communs des cultures


Ouranautes oder Guérillères? Science Fiction und Fiktionen einer feministischen Wissenschaft

Regina Schleicher (Frankfurt/Main)
[BIO]

 

Einleitung

Angesichts gegenwärtiger geschlechterpolitischer Tendenzen, die mit dem Konzept des Gender mainstreamings das Signum einer neoliberal-patriarchalen Vereinnahmung tragen, und einer Stagnation feministischer Praxen außerhalb institutioneller Zusammenhänge lohnt sich die Beschäftigung mit literarischen Texten des Feminismus der sechziger und siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Eine Relektüre von Françoise d'Eaubonnes Le satellite de l'amande (1975) und Monique Wittigs Les guérillères (1969) rückt diskursive Verschiebungen ins Licht, die den Ausgangspunkt feministischer Diskussionen über das Verhältnis von Technik und Geschlecht heute bilden. Inwiefern besteht insbesondere in Bezug auf die Reproduktionstechnologien die Polarisierung von technikeuphorischen und technikfeindlichen Positionen unter Feministinnen fort?(1) Wie lässt sich darauf basierend das Projekt einer feministischen Wissenschafts-Website entwerfen, die inhaltliche Debatten mit praktischer Wissenschaftskritik verbindet?

Bei den literarischen Texten von d'Eaubonne und Wittig handelt es sich um in der zeitgenössischen feministischen Literaturwissenschaft stark rezipierte Texte(2), die von der Forschung zur Science Fiction-Literatur und zur utopischen Literatur weniger zur Kenntnis genommen wurden(3). D'Eaubonne und Wittig setzen in ihrer literarischen Produktion auf unterschiedliche Art und Weise radikalfeministische Versatzstücke ein, die, auch in der Rezeption von Matriarchatsvorstellungen, in einen Prozess alternierender Remythisierung und Entmythisierung treten.(4) Sie schaffen auf diese Weise eine Reihe von Topoi der Selbstkritik des Feminismus.

Zunächst möchte ich untersuchen, in welcher Form die feministischen Kontroversen zu Geschlecht und Technik eingelassen sind. Insbesondere in der französischen Diskussion haben Sprachkritik und Sprachanalyse eine Schlüsselrolle bei der Herausbildung einer feministischen Literaturtheorie inne. In den gewählten Beispielen stellt Sprache nicht nur das Vehikel dar, mit dem fiktionale Zukunftsentwürfe zum Ausdruck gebracht werden. Sie wird zum Inhalt, zum Objekt der Reflexionen der Romanfiguren. Daher sollen in einem zweiten Schritt die immanenten Stellungnahmen im Themenfeld von Technik und Geschlecht auch in diesen Zusammenhang eingeordnet und zum Ausgangspunkt für die Beschreibung eines cyberfeministischen(5) Projekts gemacht werden.

 

Bittere oder süße Mandel

Françoise d'Eaubonnes 1975 erschienenes Buch Le satellite de l'amande enthält die Darstellung einer postpatriarchalen Gesellschaft. Die Handlung des Romans, der dem Science-Fiction-Genre zuzurechnen ist, spielt im 21. Jahrhundert. Der unerforschte satellite de l'amande soll mittels einer Expedition von Ouranautes ausgekundschaftet werden. Es nehmen an der, aus der Perspektive einer Teilnehmerin und in Form eines Berichts an die mit "votre Instance" angesprochene Autorität, beschriebenen Entdeckungsreise ausschließlich Frauen teil - Männer gibt es nicht mehr. Die Erfahrungen der Protagonistinnen auf dieser Reise veranlassen Rückblicke in die Geschichte der Gesellschaft, in der sie leben. Hierzu zählt die u.a. als "l'Age des Fécondateurs" (d'Eaubonne 1975, S. 29) bezeichnete Zeit(6), in der beschlossen wurde, alle Männer nach Valerie Solanas' SCUM-Gesetz(7) zu exterminieren. Der Planet entpuppt sich schließlich als überdimensionierter männlicher Körper, dessen Penis irrtümlicherweise für einen Megalithen gehalten wurde, der sich mit dem Sonnenaufgang erhebt und mit dem Sonnenuntergang niederlegt.

Die Gesellschaft, in der die Ouranautes leben, ist streng hierarchisch gegliedert und hat einen Rat als oberste Instanz. Die Hierarchie setzt sich in die Expeditionsgruppe fort, die aus einer chef mineure, majeure und doyenne besteht. Die neue Frauenwelt ist auf der Grundlage eines Massenmords, mit dem der patriarchalen Herrschaft ein Ende gesetzt werden sollte, entstanden. Es gibt kein Geld mehr, Drogen sind legal und frei verfügbar.

An die Stelle der patriarchalen Religionen und Mythen ist, mit Bezug auf Vorstellungen von einer vorpatriarchalen Gynäkokratie(8), ein kultischer Bezug auf den weiblichen Körper und auf Natur getreten. Am Beispiel des Kalendersystems, dass sich in gynäkokratischer Zeit ,natürlich' nach dem Monatszyklus der Frau und in patriarchaler Zeit ,künstlich' nach einem Megalithen gerichtet habe (d'Eaubonne 1975, S. 214) werden Natur und Nicht-Natur gegenübergestellt. Mit Nicht-Natur werden Mathematik und Technik assoziiert:

Lorsque les Fécondateurs s'emparèrent du pouvoir et inventèrent la phallique charme, ils durent inventer les mathématiques et l'astronomie pour édifier ces mégalithes qui déterminèrent, en rapport avec une position donnée, le jour que la reine détrônée connaissait grâce à la fête du sang sans nul effort. (d'Eaubonne 1975, S. 214)

Bis zu den weiblichen Genitalien, die das Wahrzeichen dieser Gesellschaft darstellen (d'Eaubonne 1975, S. 54) und Menstruationsritualen (d'Eaubonne, S. 209-222) wird eine biologisch definierte Zweigeschlechtlichkeit zur Grundlage eines weiblichen Spiritualismus gemacht. Zugleich haben die Frauen die hierarchische Ordnung und die Technikbeherrschung aus dem vergangenen Zeitalter beibehalten und fortgeschrieben. Sie ermöglicht letztlich auch die Fortpflanzung ohne Männer. (d'Eaubonne 1975, S. 78) Wie Auburtin richtig schreibt, gilt Ähnliches auch für die Sprache der ouranautes:

Françoise d'Eaubonne lässt in "Le satellite de l'amande" die Frauen aus dem Jahr100 [sic!] nach der "großen Revolution"(9) den operationellen, standardisierten, emotionslosen Code sprechen. Diese Frauen, die sich für den Kampf die Verhaltensweisen der Männer zu eigen machten, die sich dann der (männlichen?) Technik bemächtigen, haben auch die Sprache der Männer übernommen. (Auburtin 1979, S. 23)

Das Bewusstsein über eine Kontinuität von Herrschaft vor und nach der Revolution sowie der Ungeheuerlichkeit der begangenen Gewalttat nährt schließlich die Zweifel, welche die Protagonistinnen im Laufe der Erforschung des männlichen Körpers erfassen. Die Unterdrücker werden in diesen Zweifeln zu den Unterdrückten ihres eigenen Systems:

Ils ne se voulaient pas nos maîtres que parce qu'ils étaient esclaves. (d'Eaubonne, S. 235; auch zitiert bei Auburtin 1979, S. 160)

In den Dialogen zwischen Ariane, der Obersten der Forscherinnengruppe, und Concepcion, die heimlich einen Brief ihres Vaters aufbewahrt hatte, münden diese Zweifel in die Überlegung, dass die Frau nicht die Mörderin des Mannes, sondern dessen Befreierin hätte sein können. (d'Eaubonne 1975, S. 233)(10)

Wie der Feminismus nach d'Eaubonnes Auffassung aus einer geschichtlichen vorpatriarchalen Zeit Impulse erhalten kann, so wird hier die Erinnerung an die Zeit des revolutionären Umbruchs als Auslöser für ein mögliches Umdenken angesehen. Diese Erinnerung wird jedoch nur möglich, indem das Gesetz missachtet wird, das nicht nur das Aussprechen bestimmter Wörter (père etc.), sondern auch das Aufbewahren von schriftlichen Zeugnissen aus der Zeit der ,Befruchter' verbietet. In dieser Vorstellung von einem Gesetz, das die Sprache regelt, wird die Kritik an einem postpatriarchalen Herrschaftssystem, das entscheidende Elemente aus der Zeit der Männer übernommen hat, mit einer impliziten Skepsis gegenüber der umgekehrten Auffassung, ein männliches Gesetz determiniere jegliche sprachliche Produktion, verbunden.

Adrienne Munich warnt in ihrer Kritik an Mary Daly (Munich 1992) vor einem solchen Paradigma der männlichen Herrschaft über die Sprache. Es könne zu Festschreibungen führen und dazu, dass schlussendlich die Sprache dem Patriarchat überlassen werde. Auch der französische Feminismus, repräsentiert durch Hélène Cixous, Luce Irigaray und Marguerite Duras, sei laut Munich von der Vorstellung gekennzeichnet, dass Frauen keine Stimme haben, das Weibliche auf der Ebene des Unbewussten und Stummen angesiedelt werden. Sprechende Frauen treten so stets in einen männlichen Diskurs ein. (Munich 1992, S. 360ff.)

Françoise d'Eaubonnes Roman Le satellite de l'amande stellt keineswegs eine euphemistische Beschreibung der Aneignung männlicher Macht und Sprache dar. Das Verbot bzw. die Tabuisierung der Rede und des Texts über die Zeit des Patriarchats liest sich als Umkehrung des Vorherigen in Übernahme seiner Gesetze und ist somit, mit vielen anderen Elementen des Romans, als dystopisch zu werten. Ein Konzept der Aneignung könnte nur nach einem neuen Prinzip erfolgen.

 

Mut zur Lücke

Monique Wittigs Prosatext Les Guérillères von 1969 beschreibt keine Gesellschaft, die nur aus Frauen besteht. Die lernbereiten Männer scheinen sich durch die Frau befreien oder retten zu lassen, wie es als Idee in Le satellite de l'amande zum Ausdruck gebracht wird. Den Guérillères liegt nicht ein Konzept der Fortschreibung der Binarität der Geschlechter zugrunde, sondern die Vorstellung, dass Geschlecht in neuen Kategorien formuliert werden kann. Die Frauen in der Gesellschaft von Les Guérillères leben in einer regellosen Welt mit Reminiszenzen an ein vorzeitliches Matriarchat.

Der Text stellt nicht nur inhaltlich, sondern auch formal eine programmatische Stellungnahme gegen ein Anknüpfen an eine patriarchal-zweigeschlechtliche Literaturtradition dar. Er besteht aus kurzen Passagen, die von Zwischenräumen, die in der französischen Originalausgabe vom Layout berücksichtigt wurden, unterbrochen werden. Es sind immer wieder Seiten mit Namen von Frauen eingefügt. Hinzu kommen Bilder mit Kreisen, die neben den Zwischenräumen für Wittigs Sprachkonzept stehen:

Elles disent, le langage que tu parles est fait de signes qui à proprement parler désignent ce qu'ils se sont appropriés. Ce sur quoi ils n'ont pas fondu comme des rapaces aux yeux multiples, cela n'apparaît pas dans le langage que tu parles. Cela se manifeste juste dans l'intervalle que les maîtres n'ont pas pu combler avec leurs mots de propriétaires et de possesseurs, cela peut se chercher dans la lacune, dans tout ce qui n'est pas la continuité de leurs discours, dans le zéro, le O, le cercle parfait que tu inventes pour les emprisonner et pour les vaincre. (Wittig 1969, S. 162-164, auch zitiert bei Auburtin 1979, S. 32)

Die Aneignung von Sprache wird hier als Umschreibung unter Ausnutzung der Leerstellen, Zwischenräume, Auslassungen gedacht. Die Kämpferinnen arbeiten an einem feministischen Wörterbuch und sind daher permanent mit sprachkritischen Überlegungen befasst, überprüfen das Vokabular auf seine Verwendungsmöglichkeiten (Wittig 1969, S. 17-18 und 192; vgl. Auburtin 1979, S. 26).

Anders als es Judith Butlers Das Unbehagen der Geschlechter (Butler 1991) darstellt, wird hier nicht ein lesbisches Identitätskonzept vertreten, das letztlich die Zwangsheterosexualität festige statt sie zu resignifizieren. (Butler 1991, S. 165-189) So wie in der literarischen Produktion Wittigs Les Guérillères und der zusammen mit Sande Zweig verfasste Brouillon pour un dictionnaire des amantes (Wittig/Zweig 1976) aufeinander folgen, ist auch der (Lücken-)Text als Teil eines Prozesses zu verstehen, nicht als dessen Anfang oder Endpunkt, sondern als ein Zwischenschritt, von dem eine Pluralität von Diskursen ausgehen kann. Die Zwischenräume sind die Orte, die zu füllen sind, von der Leserin, der Autorin, der Leserin als Autorin und der Autorin als Leserin(11). Aufgrund seiner Offenheit trägt der Text mehr, als es ein Manifest vermag, zur Destabilisierung der Geschlechterdualität und der mit ihr verbundenen Hierarchien bei.

 

Science Fiction

Wie ließen sich diese in literarischen Texten niedergelegten Positionierungen zum Ausgangspunkt wissenschaftskritischer Überlegungen machen? In der Annahme, dass nur als Teil eines Prozesses, als Praxis neue Orte zu schaffen sind, ist das Projekt einer Website entwickelt worden, die den Rahmen für die Umschreibung der Diskurse bilden könnte.

Die Bedingungen für universitäre Forschung verschlechtern sich zunehmend. Für die Akademikerin wird es im universitären Kontext immer schwieriger, sich neben Lehre, Gremienarbeit und Drittmittelbeschaffung kontinuierlich Forschungsthemen zu widmen. Die Zusammenhänge, in denen geforscht wird, legen strukturell zahlreiche Beschränkungen auf, die sich auch inhaltlich auswirken. Wie können unter anderen Bedingungen neue Formen der Forschung etabliert werden?

Ausgangspunkt der Projektidee bildete zunächst die Erfahrung, dass an Geschlechterforschung interessierte AkademikerInnen oft sehr isoliert arbeiten. Dies trifft gerade dann zu, wenn sie an Universitäten, die keine Studiengänge im Bereich der Geschlechterforschung anbieten, oder an einzelnen Instituten, in denen es keine Professur für Geschlechterforschung gibt, studieren oder promovieren. Hier schien es, wie viele bekundeten, ein Interesse an mehr Austausch über theoretische und praktische Fragen zu geben. Zugleich stellte sich die Frage, inwiefern es sinnvoll und möglich sei, auch denjenigen, die "außeruniversitär" arbeiten und sich mit Fragen der Geschlechterforschung befassen, ein Forum zu bieten.

Es gibt bereits zahlreiche Erfahrungen mit der Nutzung des Internets für Plattformen des Austauschs zwischen Wissenschaftlerinnen und über feministische Themen. Auch die Internationale Frauenuniversität "ifu", ein aufgrund der Teilnahme an der Expo 2000 und ihrer elitären Struktur umstrittenes Projekt (Schleicher 2000, 48-49), war bereits in der Vorbereitungszeit virtuell begleitet worden und mündete schließlich in die vifu (Virtuelle Frauenuniversität). Als positiv hervorzuheben ist hier, dass von Beginn an mit dem Anspruch gearbeitet wurde, ein in feministischer Perspektive formuliertes Technikverständnis umzusetzen bzw. feministische Techniktheorie weiterzuentwickeln. (Schelhowe 2003)

In Form einer gemeinsamen Website für Geschlechterstudien, als gesellschaftspolitisches Diskussionsforum für Individuen und Gruppen wird die Vernetzung praktisch betrieben. Statt einen weiteren Umschlagplatz für Informationen über Tagungen, Vorträge, Projekte, Publikationen, Stellenanzeigen zu schaffen, wird hier der inhaltlichen Diskussion Raum gegeben.

Das Angebot, auf der Website mit dem Namen Liaisons zu veröffentlichen und Kontakte auf- und auszubauen, richtet sich also nicht ausschließlich an den sogenannten wissenschaftlichen Nachwuchs und nicht nur an diejenigen, die in einem festen universitären Rahmen forschen und publizieren. In Arbeitsgruppen, in Projekten wie Ausstellungen, Vortragsreihen und - nicht zuletzt - auf Tagungen entstehen zahlreiche Kontakte zwischen Akademikerinnen und Personen, die nicht an der Universität studieren, promovieren, arbeiten, die gleichwohl an einem Austausch interessiert sind.

Als Versuch, inner- und außeruniversitäre Forschung enger miteinander zu verbinden und dabei wirklich eine Beziehung zwischen beiden herzustellen, wird Wissenschaftlerinnen, die sich aufgrund mangelnder Arbeitsmöglichkeiten, wegen rigider Altersgrenzen, inakzeptablen Befristungen oder politischer Ablehnung der zugrundeliegenden Karrierekonzepte von der Universität weg orientieren wollten oder mussten, die Fortführung ihrer theoretischen und politischen Auseinandersetzungen erleichtert. Auf diese Weise sollen auch andere, nicht-institutionelle, dezentrale Formen des wissenschaftlichen Arbeitens aufgewertet werden.

 

Pragmatismus und Cyberfeminismus

Das Medium Internet wurde für dieses Projekt aus einer Mischung von pragmatischen und institutionskritischen Überlegungen gewählt. Als ein ,No-Budget-Projekt', das den technischen Aufwand möglichst gering hält, und mit einem niedrigen Grad an Institutionalisierung behält es eine offene Struktur. Man möge mit der Annahme vorsichtig sein, dass es sich bei den Liaisons um die Avantgarde des Cyberfeminismus handelt, aber selbstverständlich stellen sie ein Projekt feministischer Theorie und Praxis im Netz dar.

Die zunehmende Institutionalisierung der Gender Studies hat bereits den Effekt einer Retorsion, d.h., dass die mit dem Begriff des Feminismus noch verbundene Idee einer gesellschaftlichen Emanzipation bis hin zur Befreiung gedreht und entstellt wird. Um immer wieder die Inhalte institutionalisierter Geschlechterforschung hinterfragen und neu bestimmen zu können, sind Diskussionsräume notwendig, die nicht fest in die Institution eingebunden sind. Kritik an hegemonialen Geschlechterdiskursen und an praktizierten Geschlechtermodellen erfordert offenere Formen des Kommunizierens und des Zusammenarbeitens, face-to-face oder virtuell. Nur Impulse von einem relativen Außen können verhindern, dass Geschlechterstudien in einen Mainstream eingehen, in dem sie letztlich ihrer kritischen Zielsetzung beraubt werden.

Es ist nicht geplant, ein weiteres Projekt entstehen zu lassen, in dem Geschlechtergrenzen stabilisiert werden. Die Liaisons stellen weder ein traditionelles Frauenprojekt dar, noch verfolgen sie eine Strategie des Gender mainstreamings. Hier entsteht ein Versuchsfeld, auf dem zugrundeliegende binäre Codes zur Decodierung der Binarität eingesetzt werden können. Nicht nur die Veröffentlichung der Texte sondern auch die Offenheit für alle Geschlechter trägt hierzu bei. Liaisons soll nicht nur verbinden, sondern fesseln, an die Stelle institutioneller Ketten virtuelle Verkettungen setzen. Die closed community etablierter Frauenforscherinnen kann von einem cluster der Gendernauts abgelöst werden.

Liaisons - Geschlechterforschung im Internet

Für die inhaltliche Ausgestaltung der Homepage wird eine große thematische Bandbreite angestrebt. Es werden medien-, literatur- und sprachwissenschaftliche Beiträge und Texte zu gesellschaftspolitischen Fragestellungen veröffentlicht. Die eingereichten Texte werden sukzessive veröffentlicht, zwar unter zeitlich befristet gesetzten Schwerpunktthemen, jedoch nicht in Nummern gebündelt, die erst dann ein Erscheinen ermöglichten, wenn alle Beiträge eingetroffen wären.

Bereits jetzt können Beiträge eingereicht werden. Möglich ist die Veröffentlichung von Artikeln (ca. 20.000 Zeichen), von Tagungsberichten (bis zu 5.000 Zeichen) und natürlich von Rezensionen. Alle Texte können kommentiert werden, d.h. Nachfragen und Einwände werden direkt unter die Texte gesetzt. Der erste Schwerpunkt der virtuellen Zeitschrift, die im Jahr 2004 online geht, widmet sich der Frage nach Geschlecht und Utopie in verschiedenen Medien. Texte zu literarischen Geschlechterutopien, zu sprachlichen und künstlerischen Experimenten, zur Selbstreflexion des hier gewählten Mediums können mit einem Abstract vorgeschlagen werden.

Veröffentlicht werden kann auf Deutsch, Englisch, Französisch oder Spanisch mit einer Zusammenfassung in Deutsch oder Englisch. Formatierungshinweise sind bei liaisons@copyriot.com erhältlich. Die eingesandten Texte sollten bereits sorgfältig lektoriert und korrigiert sein.

Vorschläge für Links, für Veranstaltungshinweise und für Schwerpunktthemen (bitte mit Abstract) sind herzlich willkommen.

Es ist möglich, sich schon jetzt per eMail in einen Verteiler eintragen zu lassen, um regelmäßig über neue Texte auf der Seite und über angedachte Themenschwerpunkte informiert zu werden.

ab November 2004: www.copyriot.com/liaisons

Kontakt: liaisons@copyriot.com


© Regina Schleicher (Frankfurt/Main)


ANMERKUNGEN

(1) Vgl. hierzu etwa die Beiträge des Bands Techniken der Reproduktion (Bergermann/Breger/Nusser, Hrsg. 2002), bes. ab S. 103.

(2) Vgl. Auburtin 1979, bes. S. 15-37, S. 120-204 (zu d'Eaubonne und Wittig); vgl. auch Stephan 1983, S. 163-175 (zu d'Eaubonne); Holland-Cunz 1986.

(3) Ausnahmen stellen die Loseblattsammlung Werkführer durch die utopisch-phantastische Literatur dar (Petrik/Rottensteiner/Koseler 1989-1997, Erg. Lieferung Juni 1990 sowie Fricke/Siepe 1979, S. 239-266.

(4) Vgl. zur Ent- und Remythisierung Roland Barthes Mythologies (Barthes 1957).

(5) Der Begriff Cyberfeminismus bezeichnet hier die Nutzung der Möglichkeiten, die das Internet bietet, für feministische Theoriebildung und Praxen.

(6) Andere Bezeichnungen für dieses Zeitalter: "l'ère christ-ienne", "l'époque des ténèbres" (d'Eaubonne 1975, S. 10), "âges obscurs" (d'Eaubonne 1975, S. 11).

(7) Die Verfasserin des 1969 publizierten radikalfeministischen Manifests zur Vernichtung des Mannes - S.C.U.M. (Society for Cutting Up Men) Valerie Solanas ist vielen nur bekannt, weil sie einen Mordversuch auf Andy Warhol ausgeübt hat. Vgl. Solanas 1983 und Ganßloser 1997. Dagmar Ganßloser fragt nach der Bedeutung von Solanas' radikalfeministischem Denken für den Anschlag auf Warhol.

(8) Vgl. auch Françoise d'Eaubonnes Les femmes avant le patriarcat (d'Eaubonne 1976).

(9) Gemeint ist das Jahr 100 nach der als Revolution bezeichneten Vernichtung der Männer.

(10) Vgl. auch hierzu Auburtin 1979, S. 160.

(11) Die weibliche Form wird generisch verwendet.

 

LITERATURVERZEICHNIS

Auburtin, Graziella (1979): Tendenzen der zeitgenössischen Frauenliteratur in Frankreich: ein Beitrag zum literarischen Aspekt der weiblichen Identitätsfindung. Frankfurt/Main: Haag und Herchen.

Barthes, Roland (1957): Mythologies. Paris: Seuil.

Bergermann, Ulrike; Breger, Claudia; Nusser, Tanja, Hrsg. (2002): Techniken der Reproduktion. Königstein/Taunus: Ulrike Helmer Verlag.

Butler, Judith (1991): Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag.

d'Eaubonne, Françoise (1975): Le satellite de l'amande. Paris: Éditions des Femmes.

d'Eaubonne, Françoise (1976): Les femmes avant le patriarcat. Paris: Payot.

Fricke, Dietmar; Siepe, Hans T. (1979): Subjektivität als Subversion - Der gegenwärtige Frauenroman zwischen Realitätserfahrung und Utopieentwurf. In: Die französische Autorin vom Mittelalter bis zur Gegenwart, hrsg. von Renate Baader und Dietmar Fricke. Wiesbaden: Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion, S. 239-266.

Ganßloser, Dagmar (1997): S.C.U.M. In: Die Beute, Nr. 15; 3und 4/1997, S. 102-108.

Holland-Cunz, Barbara (1986): Politische Struktur und Machtverhältnisse in der feministische Utopie. In: Feministische Utopien - Aufbruch in die postpatriarchale Gesellschaft, hrsg. von ders. Meitingen: Corina-Verlag Wimmer.

Munich, Adrienne (1992): Bekannt, allzubekannt: Feministische Kritik und literarische Tradition. In: Dekonstruktiver Feminismus. Literaturwissenschaft in Amerika, hrsg. von Barbara Vinken. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, S. 360-385.

Petrik, Klaus W.; Rottensteiner, Frank; Koseler, Michael, Hrsg. (1989-1997). Werkführer durch die utopisch-phantastische Literatur (Loseblattsammlung), Meitingen: Corian.

Schleicher, Regina (2000): Summer in the expo-city: ifu und iksu. In: diskus 2, Frankfurt am Main, S. 48-49.

Schelhowe, Heidi (2003): Interaktion als spezifische Qualität informationstechnischer Medien - Die Virtuelle Internationale Frauenuniversität (vifu). In: Feministische Studien 1, Stuttgart, S. 126-132.

Solanas, Valerie (1983): Manifest zur Vernichtung des Mannes - S.C.U.M. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt [1. Auflage der deutschen Ausgabe von 1969 im März-Verlag].

Stephan, Inge (1983): "Daß ich Eins und doppelt bin ..." - Geschlechtertausch als literarisches Thema. In: Die verborgene Frau - sechs Beiträge zu einer feministischen Literaturwissenschaft, hrsg. von ders. Berlin: Argument, S. 163-175.

Wittig, Monique (1969): Les Guérillères. Paris: Les Éditons de minuit.

Wittig, Monique; Zweig (1976): Brouillon pour un dictionnaire des amantes. Paris: Bernard Grasset.


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For quotation purposes:
Regina Schleicher (Frankfurt/Main): Ouranautes oder Guérillères? Science Fiction und Fiktionen einer feministischen Wissenschaft. In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 15/2003. WWW: http://www.inst.at/trans/15Nr/10_2/schleicher15.htm

Webmeister: Peter R. Horn     last change: 25.5.2004     INST