Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 14. Nr. Dezember 2002

Bericht von der Sektion "Kultur und Zivilisation"

Sektionsleiterin: Gertrude Durusoy (Izmir)
[BIO]

 

In diesem am Freitag 6.12.2002 um 14.00 Uhr beginnenden Workshop waren acht Referate angemeldet. Es fielen aber vier davon aus und zwar diejenigen von Oskar Putzer (Innsbruck), Alexander Zlobin (Saransk), Elena Arsentieva (Kazan) und Michaela Bürger (Genua) entweder wegen Erkrankung, Höhe der Reisekosten oder Eintreffen erst am folgenden Tag, wobei die Zuteilung in einen anderes Workshop stattfand.

Die Anwesenden kamen zu Wort in der vom Programm her vorgesehenen Reihenfolge. Gertrude Durusoy aus Izmir sprach über Übersetzungsprozesse als Kulturakte. Sie bemerkte zuerst, dass jedes der Titelwörter des Workshops ein Workshop für sich bilden könnte und dass Kultur implizit in jedem der drei Begriffe steckt. Nachdem sie den Übersetzungsprozess als Treffpunkt verschiedener Zeiten charakterisiert hat, diskutierte sie die Äusserungen aus der Forschung und erörterte die Situation der Übersetzungsprozesse im besonderen Fall der Lyrik und besprach einige Beispiele (Goethe, Celan und Wosnessenskij).

Vilayet Hajiyev aus Baku bemerkte, dass Österreich, das Zentrum des europäischen Geistes und Aserbaidschan die Brücke zum Osten sei. Er legte den Schwerpunkt seines Referats auf die Österreichische Literatur in Aserbaidschan und zeigte anhand der Kafka - und Zweigübersetzungen das Schicksal der beiden Autoren in der Rezeption im Lande. Obwohl Stefan Zweig schon in den 30er Jahren ins Aserbaidschanische übertragen wurde, geschah dies für Kafka erst nach 1990. Die sowjetische Ideologie spielte dabei eine wichtige Rolle. Wie bei der "Verwandlung" von Kafka, die mit einem langen Nachwort versehen war, bekamen in Aserbaidschan die Übersetzungen aus dem Westen meistens ein Vorwort.

Alena Timofeeva aus Sankt Petersburg behandelte das Thema On cross-cultural Communication in Englisch, wo sie besonders betonte, dass nun Englisch die "lingua franca" geworden sei. Ihr Beitrag basierte auf dem "Common European Framework of References for Languages: Learning, Teaching, Assesment". Sie machte darauf aufmerksam, dass beim Unterricht der Kontext des Lernenden in Betracht genommen werden soll (ob teen-ager oder Akademir z.B.). Elemente wie gesprochene Interaktion, soziolinguistische Angepasstheit, Verständnis des native speakers auch in komplexen Diskursen wurden hervorgehoben.

Seinerseits referierte George Gutu aus Bukarest über "Sprachkampf"-Publizistik als Seismograf der Historie in der Bukowina der 30er Jahre. Erst vermittelte George Gutu einen historischen Überblick über die Zeitungen und Zeitschriften der Bukowina der 30er Jahre, die jeweils in anderen Sprachen erschienen. Er betrachtet sie als Spiegel der Zeitgeschichte und bewertet sie durch ihre Berührungen als konkrete interkulturelle Prozesse. Der Sprachkampf war ein ideologischer Kampf der deutschsprachigen Tageszeitungen der Deutschen und der deutschschreibenden Juden der Bukowina. Die Rolle, die der Feuilletonist Duzdrowski dabei gespielt hat, wurde eingehend erörtert.

Der Workshop, auch wenn er klein war, bot jedoch geographisch gesehen eine grosse kulturelle Bereicherung - hauptsächlich durch die spontane Interaktion während des Vortragens. Dabei konnten viele Wissensprozesse erweitert werden und die Auswirkungen von Übersetzungen in sehr verschiedenen Kulturkreisen bei den Diskussionen festgestellt werden.

© Gertrude Durusoy (Izmir)

TRANSINST       Inhalt / Table of Contents / Contenu: No.14


For quotation purposes - Zitierempfehlung:
Gertrude Durusoy (Izmir): Bericht über den WorkShop "Sprachen, 'Übersetzungen' und Wissensprozesse". In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 14/2002.
WWW: http://www.inst.at/trans/14Nr/durusoy14.htm.

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